Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilabteilung 4C.126/2004
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4C.126/2004 /lma

Urteil vom 15. September 2004

I. Zivilabteilung

Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichterinnen Klett, Kiss,
Gerichtsschreiber Arroyo.

A. ________,
Beklagter und Berufungskläger, vertreten durch Rechtsanwältin Karin Bürgi
Locatelli,

gegen

B.________,
Kläger und Berufungsbeklagten.

Vermögensverwaltungsvertrag,

Berufung und Anschlussberufung gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons
Thurgau vom 15. Januar 2004.

Sachverhalt:

A.
Mit Vermögensverwaltungsvertrag vom 3./9. September 1996 beauftragte
B.________ (Kläger) den unter der Firma C.________ zeichnenden A.________
(Beklagter) mit der Verwaltung eines Bankdepots. Das Depot enthielt
Wertschriften in Höhe von rund Fr. 900'000.--. Mit Schreiben vom 23.
September 1998 wurde dem Kläger eine Zusatzvereinbarung betreffend Kauf und
Verkauf von Warrants bis zu maximal 10 % des Depotwerts vorgeschlagen. Diesen
Vorschlag lehnte der Kläger ab mit der Bemerkung, statt neuer Risikopapiere
sei gegenwärtig ein echtes Risikomanagement gefragt. Am 9. Februar 1999
kaufte der Beklagte für den Kläger 80'000 Put-Optionsscheine der Bank
D.________ auf den SMI-Index. Mit Schreiben vom 17. April 1999 kündigte der
Kläger den Vermögensverwaltungsvertrag mit sofortiger Wirkung. Als Grund gab
er die ungünstige Entwicklung seines Depots an. Gleichzeitig verlangte er die
Rückerstattung zu viel bezahlter Gewinnbeteiligungen von Fr. 11'866.--. Mit
Schreiben vom 9. August 1999 ersuchte er um Stellungnahme zu dem aus dem
Optionsgeschäft erlittenen Verlust von Fr. 79'111.--.

B.
Die vom Kläger in der Folge erhobene Klage hiess das Bezirksgericht
Bischofszell mit Urteil vom 15. Januar/14. März 2001 im Teilbetrag von Fr.
14'905.90 gut. Im Mehrbetrag wies das Gericht die Klage ab.

Auf Berufung des Klägers bzw. Anschlussberufung des Beklagten hin wies das
Obergericht des Kantons Thurgau die Streitsache zur Durchführung eines neuen
Beweisverfahrens und zu neuer Entscheidung an das Bezirksgericht Bischofszell
zurück. Nach Einholung eines Gutachtens und Befragung der Parteien schützte
das Bezirksgericht die Klage mit Urteil vom 7./17. Juli 2003 im Teilbetrag
von Fr. 42'456.89 zuzüglich 5 % Zins seit dem 17. April 1999. Dem Kläger
wurde für die Verfahrenskosten der Rückgriff auf den Beklagten zu 3/10
eingeräumt. Zudem wurde der Kläger verpflichtet, den Beklagten mit Fr.
2'850.-- zu entschädigen.

Das Bezirksgericht schloss, der Kauf von 80'000 Put-Optionen sei lediglich zu
43 % durch den Vermögensverwaltungsvertrag gedeckt gewesen. Dem Beklagten
seien die offensichtlich grundlegenden Bemessungskriterien nicht bekannt
gewesen. Er habe daher gegen die elementaren Regeln verstossen, was ohne
weiteres als grobfahrlässig einzustufen sei. Unter diesen Umständen greife
der vertragliche Haftungsausschluss nicht.

C.
Gegen dieses Urteil erhoben beide Parteien Berufung beim Obergericht. Der
Kläger brachte im Wesentlichen vor, entgegen der Auffassung der Vorinstanz
sei das gesamte Optionsgeschäft vertragswidrig gewesen. Der Beklagte machte
geltend, der Kläger habe den Mechanismus von Optionen schon lange vor dem
fraglichen Geschäft gekannt; die Markteinschätzung des Beklagten habe sich
nachträglich als nicht richtig erwiesen; ihm könne aber weder
Grobfahrlässigkeit noch Absicht vorgeworfen werden; auch nach den
Ausführungen des Gerichtsgutachters liege keine Grobfahrlässigkeit vor, denn
dieser stufe das Fehlverhalten unter dem Gesichtspunkt der branchenüblichen
Sorgfalt keineswegs als schwerwiegend ein; da gemäss dem
Vermögensverwaltungsvertrag der Beklagte nur für Vorsatz und grobe
Fahrlässigkeit hafte, entfalle ein Schadenersatzanspruch des Klägers.

Mit Urteil vom 15. Januar 2004 wies das Obergericht beide Berufungen ab. Das
Gericht schützte die Klage im Betrag von Fr. 42'456.89 nebst 5 % Zins seit
17. April 1999 und wies sie im Mehrbetrag ab. Der Kläger wurde zur
Entschädigung des Beklagten für das Berufungsverfahren verpflichtet. Das
Obergericht gelangte in Übereinstimmung mit dem Bezirksgericht zum Schluss,
dass der Beklagte mindestens grobfahrlässig gehandelt habe und daher der von
den Parteien im Vermögensverwaltungsvertrag vorgesehene Haftungsausschluss
nicht greife.

D.
Mit eidgenössischer Berufung beantragt der Beklagte, es sei das Urteil des
Obergerichts des Kantons Thurgau aufzuheben, und es sei der Beklagte
stattdessen zu verpflichten, dem Kläger lediglich Fr. 10'506.89.-- zuzüglich
5 % Zins seit 17. April 1999 zu bezahlen.

In seiner Antwort beantragt der Kläger die Abweisung der Berufung. Zudem
erhebt er Anschlussberufung mit folgenden Rechtsbegehren: es sei das
angefochtene Urteil des Obergerichts aufzuheben mit Ausnahme der dem Kläger
für Retrozessionen zuerkannten Fr. 14'905.90; der Beklagte sei zu
verurteilen, dem Kläger Fr. 22'400.-- für den Wertverlust der Put-Optionen
zwischen Vertragskündigung und ihrem Verkauf zu ersetzen; der Beklagte sei zu
verurteilen, dem Kläger zusätzlich Fr. 56'800.-- zu bezahlen (für 80'000
vertragswidrig gekaufte Put-Optionen à Fr. 0.71); eventualiter sei der
Beklagte zur Zahlung von Fr. 46'213.-- zu verurteilen (für 65'089
Put-Optionen à Fr. 0.71); ausserdem sei der Beklagte zur Leistung einer
angemessenen Umtriebsentschädigung an den Kläger zu verurteilen. Der Beklagte
beantragt, die Anschlussberufung sei abzuweisen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1  Im Berufungsverfahren hat das Bundesgericht seiner Entscheidung die
tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz zugrunde zu legen, es sei denn,
sie beruhten auf einem offensichtlichen Versehen, seien unter Verletzung
bundesrechtlicher Beweisvorschriften zustande gekommen oder bedürften der
Ergänzung, weil das kantonale Gericht in fehlerhafter Rechtsanwendung einen
gesetzlichen Tatbestand nicht oder nicht hinreichend klärte, obgleich ihm die
entscheidwesentlichen Behauptungen und Beweisanträge rechtzeitig und in der
vorgeschrie-benen Form unterbreitet wurden (Art. 63 und 64 OG; BGE 127 III
248 E. 2c). Blosse Kritik an der Beweiswürdigung des kantonalen Gerichts kann
dagegen mit Berufung nicht vorgetragen werden (BGE 127 III 73 E. 6a). Auf die
Berufung und Anschlussberufung (Art. 59 Abs. 3 OG) ist daher nicht
einzutreten, soweit sie die vorinstanzliche Beweiswürdigung beanstanden und
die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil ergänzen bzw. von
diesen abweichen.

1.2  In seiner Anschlussberufung macht der Kläger geltend, das gesamte
Optionsgeschäft sei ungültig gewesen. Deshalb seien der Schadensberechnung
nicht 45'000, sondern 80'000 Put-Options zugrunde zu legen. Im
vorinstanzlichen Verfahren führte er dazu folgende Begründung an: Da Warrants
gleichbedeutend mit Optionen seien, hätten seine Weisungen, keine Warrants zu
kaufen, eine Vertragsänderung dargestellt, die auch den Einsatz der im
Vermögensverwaltungsvertrag zu Absicherungszwecken zugestandenen Optionen
untersagt habe. Die Vorinstanz hat diese Argumentation als nachgeschobene
Konstruktion bezeichnet, da der Kläger diese erst vor Obergericht vorgebracht
und er im Zeitpunkt der Erteilung der Weisungen nicht daran gedacht habe, den
Vertrag bezüglich der Absicherungsfrage zu ändern; besonders deutlich ergebe
sich die Unwahrheit der klägerischen Behauptung aus dem Faxschreiben vom 13.
April 1999, in dem der Kläger dem Beklagten wenige Tage vor der
Vertragskündigung mitteilte: "Ich habe gesagt, dass ich mit Warrants nur
einverstanden bin, sofern sie zur Absicherung bestehender Anlagen dienen,
nicht aber, wenn sie zu spekulativen Zwecken eingesetzt werden." Hinzu komme,
dass der Kläger, hätte er wirklich eine Vertragsänderung im Sinne eines
völligen Ausschlusses von Optionen gewollt, unverzüglich nach der Kaufanzeige
hätte reagieren müssen, da er auch ohne Fachwissen hätte erkennen können,
dass der Beklagte gegen den Vertrag verstiess.

Der Kläger rügt, er habe entgegen dem angefochtenen Urteil Warrants als
Anlageinstrument bzw. zu Absicherungszwecken nie akzeptiert. Dabei
beanstandet er in mehrfacher Hinsicht die Beweiswürdigung und die
tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz. Er ist damit nicht zu hören.
Daraus folgt, dass seine Schadensberechnung, bei der er von 80'000
vertragswidrig erworbenen Put-Warrants bzw. Optionen ausgeht, jeglicher
Grundlage entbehrt.

2.
Nach Ziffer 6 des Vermögensverwaltungsvertrages vom 3./9. September dürfen
Anlagen in Optionen, Futures und Devisen nur zu Absicherungszwecken getätigt
werden. Anlagen bzw. Spekulationen à la baisse sind dagegen nach Ziffer 4
ausgeschlossen. Ziffer 15 des Vertrages bestimmt, dass der Beauftragte im
Zusammenhang mit der Vermögensverwaltung nur für grobfahrlässige Handlungen
haftet.

2.1  Der Beklagte rügt, die Vorinstanz habe zu Unrecht eine grobfahrlässige
Handlung des Beklagten angenommen. Es treffe ihn keinerlei Verschulden. Er
bringt vor, der Gutachter habe ausdrücklich festgehalten, dass dem Beklagten
keine grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden könne. Dies sei der einzige
Punkt, in dem die Vorinstanz nicht der Auffassung des Gutachters gefolgt sei.
Durch die Bejahung der Grobfahrlässigkeit habe sie Art. 97 Abs. 1 und Art. 99
Abs. 1 OR verletzt.
Bei der Prüfung der Frage, in welchem Mass der Kauf von 80'000 Put-Optionen
bzw. -Warrants durch den Beklagten eine zulässige Absicherung des Portfolios
des Klägers dargestellt habe, hielt die Vorinstanz gestützt auf das
Gerichtsgutachten fest, dass nur etwa 35'000 zu verkaufen gewesen wären,
während die verbleibenden 45'000 Put-Warrants einer Spekulation à la baisse
gedient hätten. Die vom Gerichtsgutachter zur Ermittlung dieses Ergebnisses
verwendete Formel sei von den Parteien nicht grundsätzlich bestritten worden.
Der Gutachter habe anhand dieser Formel einleuchtend und überzeugend
dargelegt, dass lediglich 35'000 der erworbenen Put-Warrants als Absicherung
zu rechtfertigen gewesen seien. Deshalb bestehe kein Anlass, davon
abzuweichen, zumal die Rüge, das Ermessen hätte auch anders ausgeübt werden
können, offensichtlich keinen triftigen Grund abgebe.

2.2  Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts finden auf den zwischen den
Parteien geschlossenen Vermögensverwaltungsvertrag die auftragsrechtlichen
Bestimmungen Anwendung (BGE 124 III 155 E. 2b mit Verweisen). Die Vorinstanz
hat daher zu Recht festgehalten, dass der Beklagte als Beauftragter gemäss
Art. 398 Abs. 2 OR dem Kläger für getreue und sorgfältige Ausführung des ihm
übertragenen Geschäfts hafte. Das Mass der Sorgfalt bestimmt sich nach
objektiven Kriterien. Erforderlich ist diejenige Sorgfalt, die ein
gewissenhafter Beauftragter in der gleichen Lage bei der Besorgung der ihm
übertragenen Geschäfte anzuwenden pflegt, wobei an den berufsmässigen
Beauftragten höhere Anforderungen zu stellen sind (BGE 115 II 62 E. 3a mit
Hinweisen). Besitzt der Beauftragte diese Fähigkeit nicht, so liegt bereits
in der Übernahme einer solchen Tätigkeit ein haftungsbegründendes
Übernahmeverschulden (BGE 124 III 155 E. 3b mit Hinweisen). Das Verhalten des
Beklagten ist mit der Vorinstanz an der von einem durchschnittlichen und
gewissenhaften Vermögensverwalter aufgebrachten Sorgfalt zu messen. Aufgrund
der dargelegten Abweichung vom vertraglich Vereinbarten beim Kauf der 80'000
Put-Warrants ergibt sich, dass der Beklagte die vertraglich geschuldete
Sorgfalt nicht aufbrachte. Ein berufsmässiger Vermögensverwalter muss beim
Kauf von Optionen in der Lage sein, die zu Absicherungszwecken vertraglich
erlaubte Menge korrekt zu ermitteln. Mit der Vorinstanz kann dabei
dahingestellt bleiben, ob der Beklagte die vom Gerichtsgutachter dargelegte
Berechnungsformel zwar kannte, aber nicht anwandte oder ob er diese überhaupt
nicht kannte. Denn die Unkenntnis dieser Formel wäre ihm als
Übernahmeverschulden in jedem Fall anzurechnen.

2.3  Nach Lehre und Rechtsprechung gilt der Verstoss gegen die elementarste
Sorgfalt als grobfahrlässig (Gauch/Schluep/Schmid/Rey, Schweizerisches
Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 8. Aufl. Bd. II, 2003, N 2778; Wiegand,
Basler Kommentar, N 6 zu Art. 99 OR; Weber, Berner Kommentar, N 95 zu Art.
100 OR; Urteil des Bundesgerichts 5C.146/2000 vom 15. Februar 2001, E. 3c mit
Hinweisen, Pra 90/2001 S. 706). Der Kauf der 80'000 Put-Warrants war, wie
dargelegt, nur zu 43 % durch den Vertrag gedeckt. Dadurch hat der Beklagte
die Sorgfalt, welche die Verkehrssitte von ihm verlangt, in besonders
schwerer Weise vermissen lassen (Weber, Berner Kommentar, N 95 zu Art. 100
OR; Weber, Basler Kommentar, N 27 zu Art. 398 OR). Als seit Jahrzehnten mit
Börsengeschäften vertrauter und erfahrener Vermögensverwalter hätte ihm
einleuchten müssen, dass vertraglich nur der Kauf von 35'000 Warrants erlaubt
war (vgl. BGE 107 II 161 E. 7c mit Verweis). Die zur Berechnung des
zulässigen Masses erforderliche Formel hätte er kennen und anwenden müssen.
Hinzu kommt, dass die vom Beklagten verletzten Vertragsbestimmungen
Optionskäufe unmissverständlich nur zu Absicherungszwecken erlaubten (vgl. E.
2). Ein dermassen offensichtlicher Verstoss gegen klar festgelegte
Vertragspflichten beruht im Regelfall auf Grobfahrlässigkeit.

Die Vorinstanz hat kein Bundesrecht verletzt, indem sie das vom Beklagten
getätigte Geschäft angesichts der erheblichen Abweichung vom vertraglich
erlaubten Mass als grobfahrlässig einstufte. Sie hat bei der Bestimmung des
Verschuldensgrades das ihr zustehende Ermessen in bundesrechtskonformer Weise
ausgeübt. Es besteht für das Bundesgericht kein Anlass, in diesen
Ermessensentscheid einzugreifen (vgl. BGE 123 III 246 E. 6a). Daraus ergibt
sich, dass der für leichte Fahrlässigkeit vereinbarte Haftungsausschluss
nicht greift. Die Frage, ob der Beklagte gar absichtlich gehandelt habe, kann
daher offen bleiben.

2.4  Der Beklagte rügt, die Vorinstanz habe in unzulässiger Weise
Vertragsverletzung und Verschulden vermischt. Dem Beklagten ist zwar insoweit
zuzustimmen, als aus der blossen Vertragsverletzung nicht bereits auf das
Vorliegen einer zumindest mittleren Fahrlässigkeit geschlossen werden kann.
Indessen übersieht er, dass die Vorinstanz sowohl die Vertragsverletzung
(Kauf von mehr als den vertraglich zulässigen 35'000 Put-Warrants) als auch
die Grobfahrlässigkeit (erhebliche Verletzung der Sorgfaltspflicht durch die
Nichtanwendung der einschlägigen Berechnungsformel und durch den -
unzulässigen - Erwerb von weiteren 45'000 Warrants) in bundesrechtlich nicht
zu beanstandender Weise bejaht hat.

2.5  Die Vorinstanz hielt für unbeachtlich, dass der vom Bezirksgericht
beauftragte Gutachter ein grobfahrlässiges Verhalten des Beklagten verneint
habe. Denn die Beurteilung, welches Verschuldensmass vorliege, sei eine
Rechtsfrage, die allein das Gericht zu beurteilen habe. Dieser von der
Vorinstanz gezogene Schluss ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Der
Gerichtsgutachter ist zwar Entscheidungsgehilfe des Richters, dessen Wissen
er durch besondere Kenntnisse aus seinem Sachgebiet ergänzt; er teilt dem
Richter aufgrund seiner Sachkunde Erfahrungs- oder Wissenssätze seiner
Disziplin mit, erforscht für das Gericht erhebliche Tatsachen oder zieht
sachliche Schlussfolgerungen aus bereits bestehenden Tatsachen. Indessen
bleiben die Beweiswürdigung und die Beantwortung der sich stellenden
Rechtsfragen in jedem Fall Sache des Richters (BGE 113 II 190 E. 1a mit
Verweis).

Unbehelflich ist weiter das Argument des Beklagten, die Nichtbefolgung der
vom Gerichtsgutachter verwendeten Formel begründe keine grobe Fahrlässigkeit.
Der Beklagte behauptet in diesem Zusammenhang, die Vorinstanz habe aus der
Vertragsverletzung einfach auf das Vorliegen der Grobfahrlässigkeit
geschlossen. Damit gibt er die vorinstanzliche Begründung unrichtig wieder.
Die Vorinstanz hat einzig festgehalten, es sei davon auszugehen, dass die
Vertragsverletzung zumindest eine mittlere Fahrlässigkeit darstelle. Obwohl
dieser Schluss, wie erwähnt, nicht zu überzeugen vermag, ändert sich dadurch
im Ergebnis nichts. Im Übrigen blieb nach den verbindlichen Feststellungen im
angefochtenen Urteil die vom Gerichtsgutachter angewandte Berechnungsformel
im vorinstanzlichen Verfahren unbestritten. Nach dieser Formel waren nur 43 %
des getätigten Geschäfts vom Vertrag gedeckt, was einer erheblichen
Abweichung und damit einer elementaren Unsorgfalt gleichkommt. Unbeachtlich
ist deshalb auch das Vorbringen des Beklagten, die vertragswidrig eingesetzte
Summe habe nur einen sehr geringen Teil des ingesamt verwalteten Vermögens
ausgemacht.

3.
Der Kläger geht fehl in der Annahme, den Beklagten treffe über den Zeitpunkt
der Kündigung des Vermögensverwaltungsvertrages hinaus eine Haftung. Die
Vorinstanz hat festgestellt, dem Kläger sei bereits kurz nach der Kündigung
durchaus bewusst gewesen, welches Risiko die Warrants darstellten und dass
diese laufend an Wert verlieren könnten; der Verkauf wäre einfach zu
bewerkstelligen gewesen; wenn der Kläger nicht unverzüglich verkauft habe, so
habe er dies - sich eine Kurssteigerung erhoffend - auf eigene Gefahr getan;
dadurch habe er den adäquaten Kausalzusammenhang zwischen der
Vertragsverletzung und dem eingetretenen Schaden unterbrochen; daher könne
der nach der Vertragskündigung eingetretene Kursverlust nicht mehr dem
Beklagten angelastet werden.

Eine Unterbrechung des adäquaten Kausalzusammenhanges ist dann gegeben, wenn
eine andere hinzutretende (ebenfalls adäquate) Ursache derart intensiv ist,
dass die an sich adäquate Erstursache nach wertender Betrachtungsweise
rechtlich nicht mehr beachtlich erscheint (BGE 116 II 519 E. 4b mit
Verweisen). Das Selbstverschulden des Klägers hinsichtlich des nach der
Vertragskündigung eingetretenen Schadens ist als äusserst schwerwiegend
einzustufen. Der Nichtverkauf der Warrants nach Kündigung des
Vermögensverwaltungsvertrages trotz Kenntnis des hohen Verlustrisikos durch
den Kläger lässt die vom Beklagten begangene Vertragsverletzung derart in den
Hintergrund treten, dass die Unterbrechung des adäquaten Kausalzusammenhanges
zu bejahen ist. Dies muss umso mehr gelten, als der Verkauf einfach zu
bewerkstelligen gewesen wäre und dem Beklagten durch die Vertragskündigung
jegliche Verfügungsmöglichkeit über die Warrants des Klägers genommen wurde.
Das angefochtene Urteil erweist sich damit auch in diesem Punkt als
bundesrechtskonform.

4.
Der nicht anwaltlich vertretene Kläger beantragt die Zusprechung einer
Umtriebsentschädigung. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist für
persönlichen Aufwand und Umtriebe einer unvertretenen Partei grundsätzlich
keine Parteientschädigung zu gewähren, ausser wenn besondere Verhältnisse
vorliegen (vgl. Art. 2 Abs. 2 des Tarifs über die Entschädigung an die
Gegenpartei für das Verfahren vor dem Bundesgericht; SR 173.119.1). Dies ist
nach der Praxis namentlich der Fall, wenn es sich um eine komplizierte Sache
mit hohem Streitwert handelt und die Interessenwahrung einen hohen
Arbeitsaufwand notwendig macht, der den Rahmen dessen überschreitet, was der
Einzelne üblicher- und zumutbarerweise nebenbei zur Besorgung der
persönlichen Angelegenheiten auf sich zu nehmen hat (BGE 125 II 518 E. 5b mit
Verweisen). Erforderlich ist somit ein Arbeitsaufwand, der die normale (z.B.
erwerbliche) Betätigung während einiger Zeit erheblich beeinträchtigt (BGE
110 V 72 E. 7).
Im vorliegenden Fall ist zumindest die zweite dieser Voraussetzungen nicht
gegeben. Denn es kann nicht gesagt werden - und wird im Übrigen auch nicht
geltend gemacht -, dass der Beschwerdeführer durch die Verfassung seiner
Rechtsschrift und die in diesem Zusammenhang betriebene Interessenwahrung in
seiner normalen Berufstätigkeit während einiger Zeit erheblich beeinträchtigt
worden wäre. Somit entfällt eine Parteientschädigung unter dem Titel des
persönlichen Arbeitsaufwandes und der Umtriebe.

5.
Sowohl die Berufung als auch die Anschlussberufung erweisen sich als
unbegründet, soweit darauf überhaupt eingetreten werden kann. Diesem
Verfahrensausgang entsprechend ist die Gerichtsgebühr verhältnismässig zu
verteilen (Art. 156 Abs. 3 OG). Der Kläger hat überdies dem anwaltlich
vertretenen Beklagten die Parteikosten anteilsmässig zu ersetzen (Art. 159
Abs. 3 OG). Gebühr und Entschädigung bemessen sich nach dem Streitwert.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Berufung und die Anschlussberufung werden abgewiesen, soweit darauf
einzutreten ist.

2.
Die Gerichtsgebühr wird zu Fr. 4'000.-- dem Kläger und zu Fr. 2'000.-- dem
Beklagten auferlegt.

3.
Der Kläger hat den Beklagten für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr.
4'200.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 15. September 2004

Im Namen der I. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: