Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Zivilabteilung 4C.103/2004
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4C.103/2004 /lma

Urteil vom 18. Mai 2004

I. Zivilabteilung

Bundesrichter Corboz, Präsident,
Bundesrichter Favre, Bundesrichterin Kiss,
Gerichtsschreiberin Charif Feller.

A. ________,
Kläger und Berufungskläger, vertreten durch Fürsprecher Felix Baumann,

gegen

B.________,
Beklagten und Berufungsbeklagten, vertreten durch Fürsprecher Eric
Blindenbacher.

Kaufsrecht,

Berufung gegen den Entscheid des Appellationshofs des Kantons Bern, II.
Zivilkammer, vom 23. Januar 2004.

Sachverhalt:

A.
Mit öffentlich beurkundetem Erbteilungsvertrag vom 14. Juni 1978 wurden die
nachfolgend aufgeführten Liegenschaften dem Beklagten zum Anrechnungswert von
netto Fr. 115'195.-- zu Alleineigentum zugewiesen. Im gleichen
Erbteilungsvertrag räumte der Beklagte dem Kläger folgendes Kaufsrecht ein:
"VI.Kaufsrecht
17.Einräumung
Herr B.________ räumt seinem Bruder, A.________, am Heimwesen X.________ ein
Kaufsrecht ein. Dieses Kaufsrecht ist nicht übertragbar und unvererblich. Es
ist auf Y.________-Grundbuchblatt Nrn. 2560, 2561, 2379, 2397, 2937 für die
gesetzliche Maximaldauer von 10 Jahren ab Grundbuchanmeldung vorzumerken,
wozu B.________ seine Einwilligung erteilt. ...
18.Voraussetzungen
A.________ kann das Kaufsrecht ausüben, sofern er verheiratet ist und unter
der Voraussetzung, dass er das Heimwesen X.________ zum Zwecke der
Selbstbewirtschaftung übernehmen will, jedoch frühestens am 1. März 1987."
In der Folge schlossen die Parteien einen mündlichen Pachtvertrag, und der
Kläger bewirtschaftete das Heimwesen. Im November 1997 kündigte der Beklagte
den Pachtvertrag.

Am 19. Februar 1987 teilte der Notar dem Beklagten mit, dass der Kläger
vorsehe, in nächster Zeit das Kaufsrecht auszuüben. Am 14. Dezember 1989
schrieb der Notar dem Beklagten, dass der Kläger "das ihm zustehende
Kaufsrecht am Heimwesen ... per 1. März 1990 ausüben wird." Der vom Beklagten
beigezogene Anwalt antwortete, das Kaufsrecht sei mit Ablauf der
Vormerkungsdauer untergegangen. Ferner bestritt er die stipulierte
Voraussetzung der Selbstbewirtschaftung. Knapp 8 Jahre später, am 2. Dezember
1997, gelangte der Kläger erneut an den Beklagten und erinnerte ihn an das
Schreiben des Notars vom 14. Dezember 1989. Für den Fall, dass dieses wider
Erwarten nicht genügen sollte, erklärte der Kläger, dass er sein Kaufsrecht
hiermit nochmals ausübe. Der Beklagte stellte sich wiederum auf den
Standpunkt, das Kaufsrecht sei mit Ablauf der Vormerkungsdauer am 13. Juli
1988 untergegangen, weshalb eine Eigentumsübertragung an den Kläger nicht in
Frage komme.

B.
Am 24. Juni 2000 stellte der Kläger beim Gerichtskreis VIII Bern-Laupen das
Begehren, es sei festzustellen, dass das dem Kläger zustehende Kaufsrecht
gültig ausgeübt worden und der Kläger Eigentümer dieser Liegenschaften sei.
Ferner beantragte er die Festsetzung des vom Kläger an den Beklagten zu
leistenden Kaufpreises und die Anweisung an das zuständige Grundbuchamt, den
Kläger als Eigentümer der besagten Liegenschaften einzutragen. Die
Gerichtspräsidentin 6 des Gerichtskreises VIII Bern-Laupen beschränkte das
Verfahren auf die Frage des Eigentums an den Liegenschaften. Mit
Zwischenentscheid vom 16. April 2002 stellte sie fest, dass das Kaufsrecht
gültig ausgeübt worden ist.

Die vom Beklagten dagegen erhobene Appellation hiess der Appellationshof des
Kantons Bern, II. Zivilkammer, am 23. Januar 2004 gut und wies die Klage ab.

C.
Der Kläger beantragt mit eidgenössischer Berufung, es sei festzustellen, dass
das im Erbteilungsvertrag vom 14. Juni 1978 zu seinen Gunsten begründete
Kaufsrecht von unbeschränkter Dauer und damit gültig ausgeübt worden ist. Die
Sache sei zur Beurteilung der weiteren Klagebegehren an die erstinstanzliche
Richterin zurückzugeben.

Der Beklagte schliesst auf Abweisung der Berufung, soweit darauf einzutreten
sei.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Der Appellationshof hat die Klage abgewiesen und damit einen Endentscheid
gefällt. Dieser kann mit keinem ordentlichen kantonalen Rechtsmittel
angefochten werden, sodass er sich insofern als berufungsfähig erweist (Art.
48 Abs. 1 OG). Von den übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen ist einzig
fraglich, ob der Kläger zulässige Berufungsgründe vorträgt (vgl. Art. 43 und
Art. 55 Abs. 1 lit. c OG).

2.
2.1 Im Berufungsverfahren hat das Bundesgericht seiner Entscheidung die
tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz zugrunde zu legen, es sei denn,
diese beruhten auf einem offensichtlichen Versehen, seien unter Verletzung
bundesrechtlicher Beweisvorschriften zustande gekommen oder bedürften der
Ergänzung, weil das kantonale Gericht in fehlerhafter Rechtsanwendung einen
gesetzlichen Tatbestand nicht oder nicht hinreichend klärte, obgleich ihm die
entscheidwesentlichen Behauptungen und Beweisanträge frist- und formgerecht
unterbreitet wurden (vgl. Art. 63 und 64 OG; BGE 127 III 248 E. 2c). Eine
blosse Kritik an der Beweiswürdigung des Sachrichters ist, soweit nicht
Vorschriften des Bundesrechts in Frage stehen, im Berufungsverfahren
ausgeschlossen (vgl. BGE 127 III 73 E. 6a).

2.2 Der Inhalt eines Vertrags bestimmt sich in erster Linie durch subjektive
Auslegung, das heisst nach dem übereinstimmenden wirklichen Parteiwillen
(Art. 18 Abs. 1 OR). Nur wenn eine tatsächliche Willensübereinstimmung
unbewiesen bleibt, sind zur Ermittlung des mutmasslichen Parteiwillens die
Erklärungen der Parteien aufgrund des Vertrauensprinzips so auszulegen, wie
sie nach ihrem Wortlaut und Zusammenhang sowie den gesamten Umständen
verstanden werden durften und mussten (BGE 128 III 265 E. 3a; 127 III 444 E.
1b). Während das Bundesgericht die objektivierte Vertragsauslegung als
Rechtsfrage prüfen kann, beruht die subjektive Vertragsauslegung auf
Beweiswürdigung, die vorbehältlich der Ausnahmen von Art. 63 Abs. 2 und Art.
64 OG der bundesgerichtlichen Überprüfung im Berufungsverfahren entzogen ist
(BGE 129 III 118 E. 2.5; 128 III 419 E. 2.2, je mit Hinweisen).

3.
Unter den Parteien ist streitig, ob das im Erbteilungsvertrag vom 14. Juni
1978 begründete Kaufsrecht für die Dauer von zehn Jahren oder zeitlich
unbeschränkt eingeräumt worden ist. Der Appellationshof hat diese Frage im
Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (BGE 129 III 118 E. 2.5)
beurteilt und demnach zuerst geprüft, ob ein übereinstimmender wirklicher
Parteiwille erwiesen ist. Dabei ist er nach einlässlicher Würdigung der
Beweise zum Schluss gelangt, dass ein solcher vorliegt, womit sich eine
objektivierte Vertragsauslegung erübrigte. Die Vorinstanz stellte fest, dass
die Parteien bei Vertragsschluss den übereinstimmenden Willen hatten, das
Kaufsrecht zusammen mit der Vormerkung auf die Dauer von zehn Jahren zu
beschränken.

An diese Feststellung eines übereinstimmenden wirklichen Willens der Parteien
ist das Bundesgericht gebunden. Auf die dagegen erhobenen Einwendungen des
Klägers kann im Berufungsverfahren nicht eingetreten werden (siehe E. 2.2).
Der Kläger macht auch keine Ausnahmen im Sinne von Art. 63 Abs. 2 und Art. 64
OG geltend. Die Begründung seiner Berufung erschöpft sich in unzulässiger
Kritik an der Beweiswürdigung der Vorinstanz. Mit seinen Vorbringen gegen die
vorinstanzliche Schlussfolgerung, dass ein übereinstimmender wirklicher
Parteiwille auf eine zehnjährige Dauer des Kaufsrechts vorliegt, richtet sich
der Kläger gegen eine für das Bundesgericht verbindliche
Tatsachenfeststellung.

4.
Da der Kläger keine Rügen vorträgt, die das Bundesgericht im
Berufungsverfahren prüfen kann, ist auf die Berufung nicht einzutreten. Bei
diesem Verfahrensausgang ist die Gerichtsgebühr dem Kläger zu auferlegen
(Art. 156 Abs. 1 OG). Er hat dem anwaltlich vertretenen Beklagten überdies
die Parteikosten für das bundesgerichtliche Verfahren zu ersetzen (Art. 159
Abs. 2 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Berufung wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 8'000.-- wird dem Kläger auferlegt.

3.
Der Kläger hat den Beklagten für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr.
9'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationshof des Kantons Bern, II.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 18. Mai 2004

Im Namen der I. Zivilabteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: