Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2P.30/2004
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2004
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2004


2P.30/2004 /kil

Urteil vom 15. September 2004
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Betschart, Merkli,
Gerichtsschreiber Wyssmann.

X. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
Peter Niggli,

gegen

Kantonale Steuerverwaltung Obwalden,
St. Antonistrasse 4, 6061 Sarnen 1,
Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden,
Postfach 1260, 6060 Sarnen.

Staats- und Gemeindesteuern 1987/88, 1989/90, 1991/92; Steuerbusse,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid
des Verwaltungsgerichts des Kantons Obwalden
vom 23. Dezember 2003.

Sachverhalt:

A.
Am 16. November 1992 wurde X.________ durch die Kantonale Steuerverwaltung
Obwalden für die Staats- und Gemeindesteuern 1987/88 und am 17. November 1992
für die Staats- und Gemeindesteuern 1989/90 nach Ermessen veranlagt. Der
Steuerpflichtige erhob Einsprache.

In der Folge erfuhr die kantonale Steuerverwaltung vom nicht deklarierten
Konto ---- bei der Spar- und Hypothekenbank Y.________  und von den damit im
Zusammenhang stehenden Liegenschaftsgeschäften des Steuerpflichtigen im
Kanton Tessin. Gemäss den - vorläufigen - Erkenntnissen der Steuerverwaltung
vereinnahmte er aus dieser Tätigkeit in den Jahren 1986 - 1989 Provisionen in
der Höhe von Fr. -.-- (1986), Fr. -.-- (1987), Fr. -.-- (1988) und Fr. -.--
(1989).

Am 18. Juli 1996 nahm die kantonale Steuerverwaltung die Veranlagung für die
Staats- und Gemeindesteuern 1991/92 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr.
-.-- vor. Darin enthalten ist eine Aufrechnung beim Einkommen 1989 von Fr.
-.-- aus Liegenschaftsvermittlung. Am 19. Juli 1996 sprach die kantonale
Steuerverwaltung zudem eine Busse von Fr. -.-- wegen versuchter Hinterziehung
der Staats- und Gemeindesteuern 1987 - 1992 aus. Der Steuerpflichtige focht
die Veranlagung 1991/92 mit Einsprache an und verlangte hinsichtlich der
Steuerbusse gerichtliche Beurteilung.

Die Steuerrekurskommission des Kantons Obwalden, welche über die Steuerbusse
zu befinden hatte, hob mit Entscheid vom 12. Februar/ 27. August 1998 die
Bussenverfügung auf und wies die Sache für weitere Abklärungen an die
kantonale Steuerverwaltung zurück.

Am 30. Juli 2001 erliess die kantonale Steuerverwaltung eine neue
Bussenverfügung über den Betrag von Fr. -.--. Am 11. Oktober 2002 wies sie
zudem die Einsprachen gegen die Steuerveranlagungen 1987/88, 1989/90 und
1991/92 ab und nahm die nicht deklarierten Einkünfte aus der
Vermittlungstätigkeit in die Veranlagungen auf, soweit das nicht bereits
geschehen war. Sie stützte sich dabei auf einen Bericht der Eidgenössischen
Steuerverwaltung vom 13. Juli 2001.

Der Steuerpflichtige verlangte hinsichtlich der Bussenverfügung erneut
gerichtliche Beurteilung und erhob gegen die Einspracheentscheide Rekurs. Mit
drei Entscheiden vom 20. Mai 2003 wies die Steuerrekurskommission des Kantons
Obwalden die gegen die Einspracheentscheide gerichteten Rekurse ab, und in
einem weiteren Entscheid gleichen Datums bestätigte sie die Steuerbusse.

B.
Hiegegen führte der Steuerpflichtige Beschwerde beim Verwaltungsgericht des
Kantons Obwalden. Dieses vereinigte die vier Verfahren und wies mit Urteil
vom 23. Dezember 2003 die Beschwerden ab.

C.
Mit staatsrechtlicher Beschwerde verlangt der Steuerpflichtige, das
Nachsteuerverfahren (recte: Veranlagungsverfahren) für die Steuerperiode
1987/88 sei einzustellen. Ebenso sei das Strafsteuerverfahren einzustellen,
und die Bussenverfügung vom 30. Juli 2001 sei aufzuheben.

Die Steuerverwaltung und das Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden
schliessen auf Abweisung der Beschwerde.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Mit der staatsrechtlichen Beschwerde wird nicht das kantonale Verfahren
fortgesetzt, sondern ein neues Verfahren eröffnet, bei dem das Bundesgericht
den angefochtenen Entscheid nur unter spezifischen, insbesondere
verfassungsmässigen Gesichtspunkten überprüft (Art. 84 OG). Das wirkt sich
auch auf die Beschwerdebegründung aus: Gemäss Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss
die Beschwerdeschrift die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste
Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte und inwiefern
sie durch den angefochtenen kantonalen Entscheid verletzt worden sein sollen.
Das Bundesgericht prüft im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde nur die
ausdrücklich erhobenen und ausreichend begründeten Rügen (statt vieler BGE
125 I 492 E. 1b, mit Hinweisen, ferner 129 I 113 E. 2.1, 127 I 38 E. 3c). Nur
in diesem Umfang ist der mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochtene
Entscheid des kantonalen Verwaltungsgerichts zu prüfen.

2.
Das kantonale Verwaltungsgericht wies im angefochtenen Entscheid die drei
Beschwerden, die sich gegen die Steuerveranlagungen 1987/88, 1989/90 und
1991/92 richteten, ab und bestätigte die Steuerbusse. Es hielt sich dabei
weitgehend an die Erwägungen des Bundesgerichts im Urteil 2A.315/2003 vom 24.
Oktober 2003, in welchem für die direkte Bundessteuer der Jahre 1987/88,
1989/90 und 1991/92 der gleiche Sachverhalt und identische
Beschwerdevorbringen zu beurteilen waren. Das Verwaltungsgericht kam - wie
bereits das Bundesgericht - zum Schluss, dass die Erkenntnisse, wie sie im
Bericht der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom 13. Juli 2001 enthalten
sind, verwendet werden dürften und zur Durchführung dieser Untersuchung eine
Ermächtigung des Vorstehers des Eidgenössischen Finanzdepartements nicht
erforderlich gewesen sei. Dem Beschwerdeführer sei auch der Anspruch auf
rechtliches Gehör im Verfahren vor der kantonalen Steuerrekurskommission
gewährt worden. Die verwaltungsgerichtliche Beurteilung deckt sich insoweit
mit derjenigen des Bundesgerichts im Urteil vom 24. Oktober 2003.

In materieller Hinsicht hielt das Verwaltungsgericht insbesondere fest, dass
die Vermittlung von Liegenschaften im Tessin durch den Beschwerdeführer als
eine auf Erwerb gerichtete Tätigkeit zu qualifizieren sei und er die
Einnahmen daraus hätte deklarieren müssen. Das Verwaltungsgericht verwarf -
wie schon das Bundesgericht - den Einwand, dass A.________ (anstelle des
Beschwerdeführers) in den Tessiner Geschäften als Vermittler tätig geworden
sei. Es sei auch nicht ersichtlich, inwiefern die Z.________ Stiftung, die
als Berechtigte am Konto ---- auftrete, bei den Liegenschaftsgeschäften des
Beschwerdeführers eine Rolle gespielt und Anspruch auf die Provisionen haben
könnte. Diese Erwägungen führten das Verwaltungsgericht dazu, die Einnahmen
aus den Liegenschaftengeschäften dem Beschwerdeführer zuzurechnen und die
Besteuerung und die Bussenverfügung zu bestätigen. Sein Entscheid gibt in
dieser Hinsicht zu keinen Beanstandungen Anlass und wird vom Beschwerdeführer
zu Recht nicht in Frage gestellt.

Zu prüfen ist einzig, ob das Recht, die Nachsteuer 1987/88 festzusetzen, am
23. Dezember 2003 verwirkt sei, wie der Beschwerdeführer geltend macht, und
ob die Steuerbusse für die versuchte Steuerhinterziehung verjährt sei. Nur
diese beiden Rügen werden mit der staatsrechtlichen Beschwerde erhoben.

3.
3.1  Gemäss Art. 187 Abs. 4 des Steuergesetzes des Kantons Obwalden vom 30.
Oktober 1994 (nStG) verjährt das Recht, eine Steuer zu veranlagen, auf jeden
Fall 15 Jahre nach Ablauf der Steuerperiode. Eine gleich lautende Bestimmung
enthielt bereits Art. 166 Abs. 4 des alten Steuergesetzes vom 21. Oktober
1979 (aStG). Auf diese Vorschriften bezieht sich der Beschwerdeführer und
macht geltend, das Recht die Nachsteuer (recte: Steuer) 1987/88 zu
veranlagen, sei spätestens am 31. Dezember 2003 verwirkt. Der angefochtene
Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 23. Dezember 2003 sei am 29. Dezember
2003 versandt worden. Unter Berücksichtigung der 30-tägigen Frist für die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht gemäss Art. 73 des
Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten
Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG, SR 642.14) sowie Art. 224a nStG sei
der Entscheid des Verwaltungsgerichts frühestens am 2. Februar 2004 in
Rechtskraft erwachsen. In diesem Zeitpunkt sei das Recht, die Steuer für die
Periode 1987/88 festzusetzen, verwirkt gewesen.

3.2  Entscheide des Verwaltungsgerichts Obwalden in Steuersachen sind
kantonal
letztinstanzlich und werden unmittelbar rechtskräftig. Es steht dagegen im
Kanton kein ordentliches Rechtsmittel offen. Solche Entscheide konnten bis
und mit Steuerperiode 2000 nur mit dem ausserordentlichen Rechtsmittel der
staatsrechtlichen Beschwerde beim Bundesgericht angefochten werden, doch
hemmt diese den Eintritt der Rechtskraft des kantonalen Entscheides nicht.
Nach Eingang der staatsrechtlichen Beschwerde kann das Bundesgericht
vorsorgliche Verfügungen treffen, die nötig sind, um den bestehenden Zustand
zu erhalten oder bedrohte Interessen sicherzustellen (Art. 94 OG), doch
stehen auch einstweilige Massnahmen dem Eintritt der Rechtskraft nicht
entgegen (vgl. Walter Kälin, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde,

2. Aufl. 1994, S. 382).

Mit Ablauf der Frist, die den Kantonen zur Anpassung ihrer Gesetzgebung an
die Vorgaben der Steuerharmonisierung offen stand, d.h. ab dem Steuerjahre
2001, steht gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen nunmehr die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht gemäss Art. 73 StHG offen.
Diese ist hier indessen ratione temporis noch nicht zulässig. Das wurde dem
Beschwerdeführer im Entscheid 2A.63/2004 vom 2. Februar 2004, mit welchem das
Bundesgericht auf die gleichzeitig mit der vorliegenden staatsrechtlichen
Beschwerde erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde gemäss Art. 73 StHG nicht
eintrat, mitgeteilt.

Die Veranlagung für die Steuerperiode 1987/88 wurde somit mit dem Entscheid
des Verwaltungsgerichts vom 23. Dezember 2003 rechtskräftig. Dieser wurde am
29. Dezember 2003 spediert und am 30. Dezember 2003 vom Anwalt des
Beschwerdeführers in Empfang genommen. In diesem Zeitpunkt war aber die
Veranlagung für die Steuerperiode 1978/88 noch nicht absolut verjährt,
sondern erst am 1. Januar 2004. Die Rüge, das Recht zur Veranlagung der
Steuer 1987/88 sei verjährt, ist unbegründet.

4.
4.1 Der Beschwerdeführer macht ferner geltend, das Verfahren wegen versuchter
Steuerhinterziehung sei am 30. November 1992 eingeleitet worden. Sowohl nach
altem Recht (Art. 232 Abs. 4 aStG) wie auch nach neuem Recht (Art. 272 nStG)
sei die Verjährung für die Strafverfolgung eingetreten.

Ob die Rüge zulässig ist, erscheint fraglich. Obschon nach Auffassung des
Beschwerdeführers die Verjährung für die Strafverfolgung spätestens am 30.
November 2002 eingetreten sein soll, hat er es in seinen Beschwerden an das
Verwaltungsgericht vom 20. Mai 2003 versäumt, auf die Verjährung hinzuweisen
und Einstellung des Steuerstrafverfahrens zu verlangen. Neue Vorbringen sind
im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde grundsätzlich nicht zulässig
(vgl. BGE 129 I 49 E. 3 S. 57; 118 Ia 20 E. 5a; 113 Ia 225 E. 1b/bb S 229; s.
auch 128 I 354 E. 6c mit Hinweisen). Die Frage, ob auf die Rüge einzutreten
sei, kann aber offen bleiben, weil sie auch materiell unbegründet ist, wie
sich aus der folgenden Erwägung ergibt.

4.2  Nach altem Recht verjährt die Strafverfolgung wegen versuchter
Steuerhinterziehung frühestens in fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres,
in dem sie eingeleitet wurde, wobei sie durch jede Strafverfolgungshandlung
unterbrochen wird, aber längstens um ihre ursprüngliche Dauer hinausgeschoben
werden kann (Art. 232 Abs. 4 aStG). Die Verfolgung der versuchten
Steuerhinterziehung verjährt somit auf jeden Fall zehn Jahre nach Ablauf des
Kalenderjahres, in dem sie eingeleitet worden ist. Wie die kantonale
Steuerverwaltung in ihrer Vernehmlassung zu Recht vermerkt, wurde das
Verfahren wegen versuchter Steuerhinterziehung im Zusammenhang mit den
Liegenschaftsverkäufen im Tessin erst mit Schreiben vom 23. November 1995
eingeleitet. Das Steuerstrafverfahren, das gegen den Beschwerdeführer am 30.
November 1992 eröffnet wurde, betraf zwar die Steuerperiode 1989/90, doch
ging es um einen anderen Sachverhalt, nämlich die Zahlung der B.________ AG
in C.________. Nach altem Recht (Art. 232 Abs. 4 aStG) würde die
Strafverfolgung mithin erst mit Ablauf des Kalenderjahres 2005, d.h. am 1.
Januar 2006, verjähren.

Nach neuem Recht wäre die Verjährung ebenfalls nicht eingetreten.
Anfangspunkt für die Strafverfolgungsverjährung ist gemäss Art. 272 Abs. 1
lit. a nStG nicht die Einleitung des Strafverfahrens, sondern der
rechtskräftige Abschluss des Veranlagungsverfahrens. Dieses wurde vorliegend
mit dem rechtskräftigen Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 23. Dezember
2003 und damit gleichzeitig mit dem Strafverfahren abgeschlossen. Nach neuem
Recht begann somit die Verjährungsfrist für die Strafverfolgung noch gar
nicht zu laufen.

5.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten
ist. Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens sind dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Eine Parteientschädigung ist nicht
zuzusprechen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.  Die Gerichtsgebühr von Fr. 17'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Kantonalen Steuerverwaltung
Obwalden und dem Verwaltungsgericht des Kantons Obwalden schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 15. September 2004

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: