Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2P.307/2004
Zurück zum Index II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2004
Retour à l'indice II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2004


2P.307/2004 /dxc

Urteil vom 9. Dezember 2004
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Bundesrichter Merkli,
Gerichtsschreiber Häberli.

X. ________,
Beschwerdeführer,

gegen

Steuerverwaltung des Kantons Bern, Erlassbehörde, Moserstrasse 2, Postfach,
3000 Bern 25.

Steuererlass (Kantons- und Gemeindesteuern 2001 und 2002 sowie direkte
Bundessteuer 2001),

Staatsrechtliche Beschwerde gegen die Verfügungen der Steuerverwaltung des
Kantons Bern vom 10. November 2004.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
X. ________ hat zweimal um Erlass der (rechtskräftig veranlagten) Kantons-
und Gemeindesteuern der Jahre 2001 und 2002 sowie der direkten Bundessteuer
2001 ersucht. Seine Gesuche wies die Steuerverwaltung des Kantons Bern
jeweilen ab (Verfügungen vom 12. Juli und 10. November 2004). Am 6. Dezember
2004 hat X.________ beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde mit
verschiedenen Anträgen eingereicht.

2.
Seine Eingabe ist offensichtlich unbegründet und kann - soweit auf sie
einzutreten ist - im vereinfachten Verfahren nach Art. 36a OG (Verzicht auf
Einholung von Vernehmlassungen und Akten) abgewiesen werden:
2.1 Nicht einzutreten ist auf die Eingabe des Beschwerdeführers zunächst,
soweit dieser mehr als die Aufhebung der angefochtenen Entscheide verlangt:
Die staatsrechtliche Beschwerde ist, von hier nicht in Betracht fallenden
Ausnahmen abgesehen, rein kassatorischer Natur (BGE 127 II 1 E. 2c S. 5, mit
Hinweisen; grundlegend BGE 124 I 327 E. 4 S. 332 ff.). Nicht einzutreten ist
auf die staatsrechtliche Beschwerde ferner, soweit sie sich gegen die
Abweisung des Erlassgesuchs für die direkte Bundessteuer 2001 richtet.
Abschlägige Entscheide der kantonalen Erlassbehörde sind gemäss Art. 167 Abs.
3 DBG endgültig; sie können weder mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde noch mit
staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden (Urteil 2P.390/1998, in: ASA
68 S. 78).

2.2 Soweit sie die Kantons- und Gemeindesteuer betrifft, ist die
staatsrechtliche Beschwerde zulässig: Gemäss Art. 240 des Berner
Steuergesetzes vom 21. Mai 2000 (StG/ BE) "kann" in Härtefällen die Zahlung
der Steuer ganz oder teilweise erlassen werden. Die "Kann"-Formulierung
dieser Bestimmung deutet zwar auf einen Ermessensentscheid der Erlassbehörde
hin, was einem rechtlich geschützten Interesse im Sinne von Art. 88 OG
entgegen stehen würde (vgl. BGE 122 I 373 E. 1a S. 374). Aus Art. 35 Abs. 1
und Art. 42 der kantonalen Bezugsverordnung (BEZV) vom 18. Oktober 2000
ergibt sich indessen klar, dass die kantonalen Steuern bei Vorliegen gewisser
Voraussetzungen zu erlassen sind; es verhält sich insofern gleich wie unter
dem alten Steuergesetz vom 29. Oktober 1944 (vgl. Urteil 2P.353/1994 vom 23.
Januar 1995 betreffend Art. 160 aStG/BE). Mithin kommt dem Steuerpflichtigen
gegebenenfalls ein Rechtsanspruch auf Steuererlass zu, weshalb ihn die
Verweigerung des Erlasses der kantonalen Steuern in rechtlich geschützten
Interessen betrifft und er insoweit zur staatsrechtlichen Beschwerde
legitimiert ist (vgl. Art. 88 OG). Da gegen den Entscheid über das
Steuererlassgesuch kein ordentliches kantonales Rechtsmittel offen steht
(Art. 240 Abs. 5 StG), ist die staatsrechtliche Beschwerde zulässig.

3.
3.1 Die Steuerverwaltung hat die Erlassgesuche des Beschwerdeführers gestützt
auf Art. 45 lit. c BEZV abgewiesen. Gemäss dieser Bestimmung kann von einem
Steuererlass abgesehen werden, wenn der Steuerpflichtige überschuldet ist und
ein Erlass vorab seinen übrigen Gläubigern zugute kommen würde. Der
Beschwerdeführer macht nunmehr geltend, im angefochtenen Entscheid sei sein
"sozialer Status" als arbeitsunfähiger Rentenbezüger nicht berücksichtigt
worden. Es sei widersprüchlich und verstosse gegen Art. 9 BV, wenn ihm bei
diesen Voraussetzungen ein Erlass der Steuern gerade wegen seiner Schulden
verweigert werde; es liege geradezu in der Natur der Sache, dass die
"Härtefälle", welche das Gesetz erfassen wolle, mit Schulden zu kämpfen
hätten.

3.2 Mit dieser Argumentation macht der Beschwerdeführer letztlich geltend,
Art. 45 lit. c BEZV sei verfassungswidrig, weil er gerade den sozial
Schwächsten den Steuererlass verweigere. Er verkennt damit die Stossrichtung
der streitigen Bestimmung: Ist der Steuerpflichtige überschuldet, so befindet
er sich zwar - wie der Beschwerdeführer zu Recht bemerkt - in besonders
schwierigen finanziellen Verhältnissen. Weil seine Mittel aber nicht zur
Befriedigung aller Gläubiger ausreichen, würde nicht er selbst von einem
Verzicht der Steuerbehörden profitieren, sondern primär seine übrigen
Gläubiger, welche beim Zugriff auf das pfändbare Einkommen und Vermögen einen
Konkurrenten verlieren. Diese Überlegung des Verordnungsgebers ist sachlich
haltbar, weshalb Art. 45 lit. c BEZV nicht gegen das Willkürverbot von Art. 9
BV (vgl. BGE 127 I 60 E. 5a S. 70) verstösst. Im Übrigen sieht die streitige
Bestimmung ausdrücklich die Möglichkeit eines Steuererlasses trotz
Überschuldung vor, falls die übrigen Gläubiger im gleichen Masse wie die
Steuerbehörden auf ihre Forderung verzichten. In einem solchen Fall kann
keiner der Gläubiger vom Verzicht der anderen profitieren und der
Steuererlass trägt zur Sanierung der Finanzen des Steuerpflichtigen bei. Das
Gesagte zeigt, dass die streitige Regelung ihren Zweck erreicht und
sicherstellt, dass ein Steuererlass nur gewährt wird, wenn er dem
Steuerpflichtigen und nicht Dritten zugute kommt.

4.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig
(vgl. Art. 156 OG). Das für das bundesgerichtliche Verfahren gestellte Gesuch
um unentgeltliche Prozessführung ist abzuweisen, zumal die vorliegende
Beschwerde der erforderlichen Erfolgsaussicht entbehrte (vgl. Art. 152 Abs. 1
OG). Den finanziellen Verhältnissen des Beschwerdeführers ist bei der
Festsetzung der Gerichtsgebühr Rechnung zu tragen (Art. 153a OG). Eine
Parteientschädigung ist nicht auszurichten (vgl. Art. 159 OG). Das ebenfalls
gestellte Gesuch um aufschiebende Wirkung wird mit dem vorliegenden Entscheid
hinfällig.

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und der Steuerverwaltung des Kantons
Bern schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 9. Dezember 2004

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: