Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2P.281/2004
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2P.281/2004 /kil

Urteil vom 2. März 2005
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Wurzburger,
Gerichtsschreiber Moser.

A. ________-Stiftung,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. David Fries,

gegen

Stadt Zürich, vertreten durch den Stadtrat von Zürich, Stadthaus, Postfach,
8022 Zürich,
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Abteilung, 3. Kammer, Postfach
1226, 8021 Zürich.

Art. 5, 8, 9 und 49 BV (Wasseranschlussgebühren),

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zürich, 3. Abteilung,

3. Kammer, vom 19. August 2004.

Sachverhalt:

A.
Die A.________-Stiftung, B.________, erstellte im Jahr 2001 auf ihren
Grundstücken an der C.________-/D.________strasse in Zürich eine neue
Wohnüberbauung mit 247 Wohneinheiten. Für den Anschluss der Liegenschaft an
das Wasserversorgungsnetz erhob die Wasserversorgung der Stadt Zürich
gestützt auf den von der kantonalen Gebäudeversicherung ermittelten
Versicherungswert (Fr. 51'489'000.--) eine Anschlussgebühr von Fr. 209'317.20
(inkl. 2,4 % MwSt). Weil sich die A.________-Stiftung weigerte, die Abgabe zu
bezahlen, erliess der Vorsteher des Departements der Industriellen Betriebe
der Stadt Zürich am 9. Dezember 2002 eine entsprechende formelle Verfügung
samt der Verpflichtung, den Betrag von Fr. 209'317.20 ab 10. Oktober 2002 zu
5 % zu verzinsen.

Am 5. März 2003 wies der Stadtrat von Zürich eine Einsprache, mit welcher die
A.________-Stiftung die Reduktion der Wasseranschlussgebühr auf Fr.
168'822.95 (inkl. MwSt) beantragte, in Bestätigung der angefochtenen
Verfügung ab.

B.
Am 15. Januar 2004 hiess der Bezirksrat des Bezirkes Zürich einen von der
A.________-Stiftung erhobenen Rekurs gut, hob den Stadtratsbeschluss vom 5.
März 2003 auf und setzte die umstrittene Gebühr auf Fr. 168'822.95 (inkl.
MwSt) fest, zuzüglich 5 % Zins seit 10. Oktober 2002.

C.
In Gutheissung einer von der Stadt Zürich eingereichten Beschwerde hob das
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (3. Kammer) mit Entscheid vom 19.
August 2004 den Beschluss des Bezirksrates des Bezirkes Zürich auf und
bestätigte die Verfügung des Departements der Industriellen Betriebe der
Stadt Zürich vom 9. Dezember 2002.

D.
Mit Eingabe vom 8. November 2004 erhebt die A.________-Stiftung beim
Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde, mit der sie die Aufhebung des
Entscheids des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 19. August 2004
beantragt.

Der Stadtrat von Zürich schliesst auf Abweisung der staatsrechtlichen
Beschwerde. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (3. Abteilung)
beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts stellt einen
letztinstanzlichen kantonalen Endentscheid dar, der sich auf kantonales Recht
stützt und gegen den als eidgenössisches Rechtsmittel einzig die
staatsrechtliche Beschwerde zur Verfügung steht (Art. 84 Abs. 2 sowie Art. 86
Abs. 1 OG).

1.2 Als Abgabepflichtige ist die Beschwerdeführerin in ihren rechtlich
geschützten eigenen Interessen betroffen und zur staatsrechtlichen Beschwerde
legitimiert (Art. 88 OG).

2.
Die vorliegend streitige Abgabenerhebung beruht auf den folgenden rechtlichen
Grundlagen: Gemäss § 29 Abs. 2 des zürcherischen Wasserwirtschaftsgesetzes
vom 2. Juni 1991 haben die Gemeinden, zu deren Aufgaben die Wasserversorgung
zählt (vgl. Urteil des Bundesgerichts 2P.117/2003 vom 29. August 2003, E. 2.2
mit Hinweisen), für die Benützung der öffentlichen Wasserversorgungsanlagen
"kostendeckende Anschluss- und Benützungsgebühren oder Benützungsgebühren
allein" zu erheben. Art. 3 Abs. 1 des vom Gemeinderat (Legislative) der Stadt
Zürich erlassenen Reglementes über die Abgabe von Wasser durch die
Wasserversorgung Zürich vom 25. Januar 1961 (letztmals geändert am 6.
Dezember 1995) sieht diesbezüglich vor:
"Die Wasserversorgung erhebt eine Anschlussgebühr, die sich nach der
Leistungsfähigkeit des Anschlusses und nach dem Gebäudewert richtet. Die Höhe
der Gebühr wird im Erlass über die Wassertarife festgesetzt."
Der (ebenfalls vom Gemeinderat beschlossene) Tarif über die Abgabe von Wasser
durch die Wasserversorgung Zürich vom 5. Juli 1989 (mit Änderung vom 6.
Dezember 1995) sieht hinsichtlich der Berechnung der Anschlussgebühr (ohne
MwSt) Folgendes vor:
"Die Anschlussgebühr berechnet sich
a) nach der Leistungsfähigkeit des Anschlusses; [...]
und
b) nach dem Gebäudewert; sie beträgt 0,397 % (Prozent) der Versicherungssumme
gemäss den Werten der Gebäudeversicherung des Kantons Zürich."

3.
3.1 Streitgegenstand des kantonalen Verfahrens bildete die Bemessung der auf
dem Gebäudewert erhobenen Anschlussgebühren. Das Verwaltungsgericht schützte
dabei die von den Behörden der Stadt Zürich vertretene Auffassung, wonach als
für die Gebührenberechnung massgebender Gebäudewert die von der kantonalen
Gebäudeversicherung festgelegte Versicherungssumme heranzuziehen sei. Diese
setze sich ihrerseits bei - wie vorliegend - im Rahmen einer Gesamtüberbauung
errichteten Liegenschaften zusammen aus den Erstellungskosten der einzelnen
Gebäude und den sog. Einzelobjektzuschlägen. Letztere berücksichtigten die
Mehrkosten, welche entstehen würden, wenn die fraglichen Objekte nicht als
Gesamtprojekt, sondern einzeln realisiert worden wären. Dadurch werde
erreicht, dass die Gebäude voll versichert seien, auch wenn im Schadenfall -
was wahrscheinlicher sei - nur ein einzelnes Gebäude und nicht die gesamte
Überbauung beschädigt oder zerstört würde, sei doch der Wiederaufbau eines
Einzelobjekts - relativ betrachtet (pro m3 umbauten Raumes) - aufwendiger als
die Erstellung der Gesamtüberbauung. Vom klaren Wortlaut des
Wasserabgabetarifs, welcher die Versicherungssumme als massgeblich bezeichne,
abzuweichen bestehe nur dann Anlass, wenn bei seiner Anwendung das
Äquivalenzprinzip verletzt würde, was vorliegend nicht der Fall sei. Im
Ergebnis werde durch das Abstellen auf die Versicherungssumme (mitsamt
Einzelobjektzuschlag) lediglich erreicht, dass jene, die im Rahmen einer
Gesamtüberbauung relativ kostengünstig hätten bauen können, hinsichtlich der
Anschlussgebühr gleich behandelt würden wie die Ersteller von Einzelobjekten.
Darin liege weder eine Anknüpfung an ein unsachliches Kriterium noch eine
nicht vernünftig begründbare Unterscheidung.

Die Beschwerdeführerin erblickt demgegenüber in der Mitberücksichtigung des
Einzelobjektzuschlags bei der Bemessung der Anschlussgebühr einen Verstoss
gegen das Äquivalenzprinzip: Im Unterschied zum realen Gebäudewert bestehe
zwischen dem Assekuranzwert eines Gebäudes und der Wasseranschlussgebühr
keine unmittelbare Wertrelation. Wenn die Praxis einen Rückgriff auf diesen
Wert erlaube, so nur deshalb, weil er einen zuverlässigen Massstab für den
Wert eines Gebäudes und damit für den Vorteil bilde, der dem Eigentümer aus
dem Anschluss erwachse. Auf die Versicherungssumme dürfe demgemäss nur
hilfsweise, aus Gründen der Verfahrensökonomie, zurückgegriffen werden.
Vorliegend könne jedoch der abgabefremde, rein versicherungstechnisch
bedingte Einzelobjektzuschlag ohne nennenswerten Verwaltungsaufwand abgezogen
werden. Der Einzelobjektzuschlag sage nichts über den realen Wert der
angeschlossenen Gebäude sowie über deren Wasserverbrauch und damit den Wert
der durch die Anschlussgebühr abzugeltenden Leistungen aus. Abzustellen sei
vielmehr auf den realen Gebäudewert (Erstellungskosten) im Zeitpunkt der
Veranlagung, ansonsten die Ersteller von Gesamtüberbauungen schlechter
gestellt würden als diejenigen von Einzelobjekten, wenn bei ersteren auf den
hypothetischen Wert der wesentlich teureren Wiederherstellungskosten der
einzelnen Objekte abgestellt würde. Eine solche Ungleichbehandlung sei
sachlich nicht zu rechtfertigen.

3.2 Das Äquivalenzprinzip stellt die gebührenrechtliche Ausgestaltung des
Verhältnismässigkeitsprinzips und des Willkürverbotes dar. Es bestimmt, dass
eine Kausalabgabe nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zum
objektiven Wert der Leistung stehen darf und sich in vernünftigen Grenzen
halten muss. Der Wert der Leistung bemisst sich nach dem Nutzen, den sie dem
Pflichtigen bringt, oder nach dem Kostenaufwand der konkreten Inanspruchnahme
im Verhältnis zum gesamten Aufwand des betreffenden Verwaltungszweigs, wobei
schematische, auf Wahrscheinlichkeit und Durchschnittserfahrung beruhende
Massstäbe angelegt werden dürfen. Es ist nicht notwendig, dass die Gebühren
in jedem Fall genau dem Verwaltungsaufwand entsprechen; sie sollen indessen
nach sachlich vertretbaren Kriterien bemessen sein und nicht Unterscheidungen
treffen, für die keine vernünftigen Gründe ersichtlich sind (BGE 128 I 46 E.
4a S. 52 f.; 126 I 180 E. 3a/bb S. 188, je mit Hinweisen).

Dass für die Bemessung der einmaligen Wasseranschlussgebühren und -beiträge
auf den Gebäudeversicherungswert abgestellt werden darf, steht ausser Frage
und entspricht einer weit verbreiteten Praxis. Dieses Kriterium ist nicht nur
leicht zu handhaben, sondern es bildet bei Wohnliegenschaften im Allgemeinen
auch einen zuverlässigen Massstab zur Ermittlung des dem Gebäudeeigentümer
aus dem Anschluss erwachsenden Vorteils (vgl. Adrian Hungerbühler, Grundsätze
des Kausalabgabenrechts, in: ZBl 104/2003 S. 524, mit Hinweisen). Nach dem
Wortlaut der vorliegend massgeblichen Regelung des städtischen
Wasserversorgungstarifs bestimmt sich die auf dem Gebäudewert erhobene
Anschlussgebühr nach der "Versicherungssumme gemäss den Werten der
Gebäudeversicherung". Dieser Wert bezeichnet den von der Gebäudeversicherung
ermittelten Schätzungswert - den Gebäudeversicherungswert - unter Einschluss
der Einzelobjektzuschläge. Das Verwaltungsgericht hat sich an diesen Wortlaut
gehalten. Der Berechnung der Gebühr wurde damit ein Wert zugrunde gelegt, der
nicht nur die - im Rahmen der Gesamtüberbauung der 247 Wohneinheiten
angefallenen - tatsächlichen Erstellungskosten umfasst, sondern einen
Zuschlag enthält, der die Mehrkosten abdeckt, welche der Wiederaufbau eines
zerstörten Einzelobjekts verursachen würde. Diese versicherungstechnischen
Differenzierungen sind für die Bemessung der Wasseranschlussgebühr nicht
unmittelbar massgebend. Der Gebäudeversicherungswert bringt durch seine
Verknüpfung mit den Baukosten in der Regel den Verkehrs- und Nutzungswert und
insoweit - wenn auch nur schematisch - zugleich das entsprechende Interesse
des gebührenpflichtigen Eigentümers am Anschluss der Liegenschaft zum
Ausdruck, nach dem sich die Gebühr bemessen soll. Es mag sein, dass es dieser
Überlegung aus der Sicht der Beschwerdeführerin als Bauherrin eher
entsprechen würde, vorliegend für die Anschlussgebühr allein auf die
tatsächlichen Erstellungskosten der Gesamtüberbauung abzustellen, ohne die
Mehrkosten, mit denen beim Wiederaufbau nach einer partiellen Zerstörung zu
rechnen wäre, zu berücksichtigen. Der objektive Nutzungswert der erstellten
Wohneinheiten lässt sich vertretbarerweise aber auch nach den (höheren)
Baukosten bemessen, welche die gesonderte Erstellung (bzw. der Wiederaufbau)
eines Einzelobjektes verursachen würde. Wohl liesse sich der dem
Grundeigentümer aus dem Wasseranschluss erwachsende Vorteil allein anhand des
realen Liegenschaftswertes ermitteln, doch erscheint es mit dem
Äquivalenzprinzip ebenso vereinbar, für die Quantifizierung des Nutzens eine
auf die einzelne Liegenschaft bezogene Bemessung mit objektiviertem Massstab
- abstrahiert von der jeweiligen Form der Realisierung des Bauunterfangens
(als Gesamtüberbauung oder Einzelprojekt) - anzuwenden, was vorliegend durch
die Bezugnahme auf den Gebäudeversicherungswert unter Einschluss allfälliger
Einzelobjektzuschläge erreicht wird. Diese Betrachtungsweise kommt dem
Anliegen der Rechtsgleichheit entgegen; sie ist jedenfalls nicht
offensichtlich falsch und sachwidrig, weshalb das Verwaltungsgericht nicht
gegen das Willkürverbot verstiess, wenn es die gemäss dem Wortlaut des
einschlägigen Reglementes veranlagte Gebühr schützte.

3.3 Als unbegründet erweist sich die Rüge, die streitige Bemessungsmethode
bzw. die Mitberücksichtigung der Einzelobjektzuschläge verletze den Grundsatz
der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (Art. 49 Abs. 1 BV). Wohl ist es
gemäss dem von der Beschwerdeführerin angerufenen Art. 108 Abs. 2 BV Aufgabe
des Bundes, u.a. die Verbilligung des Wohnungsbaus und der Wohnkosten zu
fördern, doch enthält die besagte Bestimmung hinsichtlich der Bemessung der
im Zusammenhang mit der Erschliessung erhobenen Kausalabgaben keinerlei
materiellen Vorgaben, welche die grosse Gestaltungsfreiheit der Kantone auf
diesem Gebiet einschränken würden. Inwiefern sich solche Einschränkungen
allenfalls aus der gestützt auf Art. 108 Abs. 3 BV erlassenen
Ausführungsgesetzgebung ergeben könnten, ist - mangels entsprechender Rüge -
nicht zu prüfen.

4.
Nach dem Gesagten ist die staatsrechtliche Beschwerde als unbegründet
abzuweisen.

Bei diesem Ausgang sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens der
Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 153
und 153a OG). Auf die Zusprechung einer Parteientschädigung besteht kein
Anspruch (Art. 159 Abs. 2 OG analog).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 4'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Stadt Zürich und dem
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Abteilung, 3. Kammer, schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 2. März 2005

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: