Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2P.264/2004
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2P.264/2004 /ast

Urteil vom 9. Februar 2005
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiber Klopfenstein.

X. ________AG,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Fritz Frey,

gegen

Zweckverband für Abfallverwertung im Bezirk Y.________, Beschwerdegegner,
vertreten durch Rechtsanwalt Rolf Weber, Stünzi & Weber,
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer, Postfach
1226, 8021 Zürich,
Z.________AG.

Art. 9, 29, 49 Abs. 1 BV (Submission),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom
10. September 2004.

Sachverhalt:

A.
Der Zweckverband für Abfallverwertung im Bezirk Y.________ eröffnete mit
Ausschreibung vom 28. November 2003 ein Vergabeverfahren für die Entsorgung
von Rauchgasreinigungsrückständen der Kehrichtverbrennungsanlage Y.________.
Gemäss den abgegebenen Ausschreibungsunterlagen werden in dieser
Kehrichtverbrennungsanlage pro Jahr rund 60'000 Tonnen Abfall verbrannt. Aus
dem Verbrennungs- und Rauchgasreinigungsprozess fallen im selben Zeitraum ca.
1'800 Tonnen Rauchgasreinigungsrückstände zur Entsorgung an. Diese teilen
sich in 1'500 Tonnen Flugasche und 300 Tonnen Rückstände aus der
Abwasserbehandlung (Schlamm) auf.

Der ausgeschriebene Auftrag umfasste sowohl den Abtransport der Flugasche
bzw. des Schlamms als auch die "Behandlung und/oder Deponierung" der
betreffenden Rauchgasreinigungsrückstände; dies für die Dauer von zwei
Jahren.

Innert Frist gingen fünf Offerten ein, darunter diejenigen der X.________AG,
und der Z.________AG, zum exakt gleichen Preis von Fr. 1'065'000.--. Diese
Angebote erwiesen sich auch als die beiden günstigsten. Sie unterschieden
sich aber in der Art und Weise, wie der Entsorgungsauftrag erfüllt werden
sollte: Die X.________AG beabsichtigte, die Rückstände in einem
Zement-Wasser-Gemisch zu binden und sie anschliessend auf die Deponie
Tännlimoos (Baar [ZG]) zu bringen, wo sie endgelagert werden sollten. Die
Z.________AG sah demgegenüber vor, die Rückstände in grosse Pakete ("Big
Bags") abzufüllen und diese danach der Endlagerung in der Untertagdeponie
Herfa-Neurode (Teil eines Kali-Salz-Bergwerks in Deutschland) zuzuführen.

Am 26. Februar 2004 beschloss die Betriebskommission des Zweckverbands, den
Auftrag an die Z.________AG zu vergeben. Diesen Entscheid eröffnete sie den
Beteiligten am 27. Februar 2004.

B.
Eine gegen diesen Vergebungsentscheid gerichtete Beschwerde der X.________AG
wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 10. September
2004 ab. Es stellte im Wesentlichen fest, zwischen zwei gleichwertigen
Angeboten könne die Vergabestelle nach ihrem Ermessen wählen. Daraufhin
prüfte es, ob die Vergabestelle im vorliegenden Fall ihr Ermessen
pflichtgemäss ausgeübt habe, und bejahte dies. In diesem Zusammenhang ging
das Verwaltungsgericht der Frage nach, ob der den Auftrag vergebende
Zweckverband gegen den Grundsatz der Inlandentsorgung im Sinne von Art. 30
Abs. 3 des Bundesgesetzes über den Umweltschutz (Umweltschutzgesetz [USG], SR
814.01) verstossen habe. Es kam zum Schluss, der Ermessensentscheid der
Vergabestelle sei auch unter diesem Gesichtspunkt nicht zu beanstanden (E.
7.1 - 7.8 des Urteils vom 10. September 2004).

C.
Mit Eingabe vom 18. Oktober 2004 führt die X.________AG
"Verwaltungsgerichtliche und Staatsrechtliche Beschwerde" beim Bundesgericht
mit den Anträgen, den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich
vom 10. September 2004 aufzuheben und den Zweckverband für Abfallverwertung
im Bezirk Y.________ anzuweisen, den Zuschlag an sie zu erteilen; eventuell
sei die Sache zur Ergänzung des Sachverhalts und Fällung eines neuen
Entscheides an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen.

Die Beschwerdeführerin rügt "in erster Linie die unrichtige Anwendung von
Bundesrecht" bzw. "dessen Vereitelung", weshalb es nahe liege,  die
vorliegende Beschwerde als Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu behandeln (S. 3
der Beschwerdeschrift). Die Vergabe des Entsorgungsauftrages an die
Z.________AG bzw. dessen richterliche Bestätigung ohne Berücksichtigung des
bundesrechtlichen Grundsatzes der Inlandentsorgung verletze den Grundsatz der
derogatorischen Kraft des Bundesrechts (Art. 49 Abs. 1 BV) und sei
willkürlich (Art. 9 BV). Im Weiteren habe das Verwaltungsgericht den
Beweisführungsanspruch der Beschwerdeführerin ignoriert und deren Anspruch
auf rechtliches Gehör (Art. 29 BV) verletzt.

Die Z.________AG hat sich zur Beschwerde nicht vernehmen lassen. Der
Zweckverband Abfallverwertung im Bezirk Y.________ beantragt, die Beschwerde
abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das Verwaltungsgericht des Kantons
Zürich stellt denselben Antrag.

D.
Mit Verfügung vom 9. November 2004 hat der Abteilungspräsident der
vorliegenden Beschwerde - antragsgemäss - aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob und
inwieweit auf ein Rechtsmittel eingetreten werden kann (BGE 128 I 177 E. 1 S.
179; 128 II 13 E. 1a S. 16, je mit Hinweisen). Entsprechend der subsidiären
Natur der staatsrechtlichen Beschwerde (Art. 84 Abs. 2 OG) ist zunächst zu
prüfen, ob die Verwaltungsgerichtsbeschwerde offen steht.

1.2 Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist zulässig gegen Verfügungen, die
sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen oder hätten stützen sollen
(Art. 5 VwVG in Verbindung mit Art. 97 OG), sofern diese von einer in Art. 98
OG genannten Vorinstanz erlassen worden sind und keiner der in Art. 99 ff. OG
oder in der Spezialgesetzgebung vorgesehenen Ausschlussgründe greift. Sodann
unterliegen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gemischt-rechtliche Verfügungen
bzw. (auch) auf unselbständiges kantonales Ausführungsrecht zum Bundesrecht
gestützte Anordnungen sowie auf übrigem kantonalen Recht beruhende
Anordnungen, die einen hinreichend engen Sachzusammenhang mit der im Rahmen
der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu beurteilenden Frage des
Bundesverwaltungsrechts aufweisen. Soweit dem angefochtenen Entscheid
selbständiges kantonales Recht ohne den genannten Sachzusammenhang zum
Bundesrecht zugrunde liegt, steht die staatsrechtliche Beschwerde zur
Verfügung (BGE 128 I 46 E. 1b/aa S. 49; 123 II 359 E. 1a/aa S. 361, je mit
Hinweisen).

1.3 Die Beschwerdeführerin will ihre Eingabe als
Verwaltungsgerichtsbeschwerde behandelt wissen, soweit die unrichtige
Anwendung des Umweltschutzrechts des Bundes bzw. dessen Vereitelung
beanstandet wird. Sie übersieht mit ihrer diesbezüglichen Argumentation
jedoch, dass das Anfechtungsverfahren gegen den Vergabeentscheid nicht die
Funktion eines Bewilligungsverfahrens für das auszuführende Projekt
übernehmen kann. Wenn für ein bestimmtes Vorhaben der Zuschlag erteilt wird,
steht dies unter der Voraussetzung, dass dieses Vorhaben in der gewählten
Form rechtlich durchführbar ist bzw. über die erforderlichen Bewilligungen
verfügt. Dass das Verwaltungsgericht in den Erwägungen seines Urteils
(vorfrageweise) auch die bundesrechtlichen Normen des Umweltschutzes (über
die Abfallentsorgung) berücksichtigt hat, ändert nichts daran, dass sich der
angefochtene Entscheid auf kantonales Submissionsrecht stützt und
dementsprechend nur mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden kann.
Die Eingabe ist als solche entgegenzunehmen und es ist - unter Vorbehalt der
nachfolgenden Erwägung - auch darauf einzutreten; die Beschwerdeführerin ist
als übergangene Bewerberin im Vergabeverfahren zur Ergreifung dieses
Rechtsmittels legitimiert (BGE 125 II 86 E. 5b S. 97  f.).
1.4 Die staatsrechtliche Beschwerde ist, von hier nicht zutreffenden
Ausnahmen abgesehen, rein kassatorischer Natur (BGE 129 I 173 E. 1.5 S. 176
mit Hinweis). Soweit die Beschwerdeführerin mehr verlangt als die Aufhebung
des angefochtenen Urteils (nämlich die Erteilung bestimmter Anweisungen an
die kantonale Behörde [Ziff. 2 der Rechtsbegehren] oder eine explizite
Rückweisung an das Verwaltungsgericht [Ziff. 3]), ist auf die
staatsrechtliche Beschwerde nicht einzutreten.

2.
2.1 Bei öffentlichen Beschaffungen steht der Submissionsbehörde ein grosser
Ermessensspielraum zu. Das Bundesgericht auferlegt sich bei der materiellen
Überprüfung von Vergebungsentscheiden eine entsprechende Zurückhaltung und
schreitet nur ein, wenn die Schranken des Bundes(verfassungs)rechts bzw. des
Staatsvertrags- oder Konkordatsrechts missachtet werden (BGE 125 II 86 E. 6
S. 98 f.).

2.2 Vorliegend werden in den Ausschreibungsunterlagen zwei Zuschlagskriterien
genannt: Der Preis (Gewichtung 95%, maximale Punktezahl 95) und die
Verwertung (Gewichtung: 5%, d.h. eine "vom BUWAL schriftlich als solche
anerkannte und mit Massenbilanzen belegte Verwertung" sollte 5 Punkte
erhalten). Eine Verwertung im Sinne dieser Umschreibung wurde einzig von
einer Anbieterin offeriert, deren Angebot wegen des hohen Preises zum
Vornherein ausser Betracht fiel. Alle anderen Anbieter offerierten lediglich
eine Endlagerung und erhielten daher bei diesem Kriterium 0 Punkte. Da sowohl
die Beschwerdeführerin als auch die Z.________AG beim Zuschlagskriterium
"Verwertung" keine Punkte erhalten hatten und beide den genau gleichen
Gesamtpreis offerierten, waren die beiden Angebote aufgrund der festgelegten
Zuschlagskriterien an sich gleichwertig. Die Frage der Kompatibilität mit dem
Umweltschutzrecht war alsdann im Rahmen des zu treffenden
Ermessensentscheides mitzuwürdigen. Für die Rüge der Verletzung der
derogatorischen Kraft des Bundesrechts besteht nach dem Gesagten kein Raum:
Das Verwaltungsgericht hatte nicht verbindlich darüber zu befinden, ob die
vom ausgewählten Anbieter vorgesehene Art der Beseitigung der
Rauchgasreinigungsrückstände bundesrechtskonform ist, sondern nur darüber, ob
der Zuschlagsentscheid in Berücksichtigung der diesbezüglichen Rechtslage als
vertretbar, d.h. noch im Rahmen des Ermessens liegend, erscheint. Dies durfte
es zulässigerweise bejahen: Der Grundsatz der Inlandentsorgung von Abfällen
gilt nicht absolut (vgl. Art. 30 Abs. 3 USG), und es erscheint deshalb
vertretbar, auch Modelle, die den Export der Rauchgasreinigungsrückstände
vorsehen, zur Submission zuzulassen (vgl. dazu Ziff. 8 der
Ausschreibungsunterlagen). Die Vergabebehörde hat sich vorliegend im Rahmen
des ihr zustehenden Ermessens weder von unsachlichen Erwägungen leiten lassen
noch hat sie allgemeine Rechtsprinzipien (wie etwa das Willkürverbot oder das
Verbot rechtsungleicher Behandlung) verletzt (vgl. Galli/Lehmann/Rechsteiner,
Das öffentliche Beschaffungswesen in der Schweiz, Zürich 1996, Rz. 554 S.
167). Aus den im angefochtenen Urteil dargelegten Gründen erscheint ihr
Entscheid, ein Entsorgungsmodell mit Endlagerung der
Rauchgasreinigungsrückstände in Deutschland einem solchen mit einer
Endlagerung der Rückstände in der Schweiz vorzuziehen, nicht unhaltbar. Das
Verwaltungsgericht war auch nicht verpflichtet, im Rahmen der Überprüfung der
streitigen Vergabe zusätzliche Beweise zu erheben bzw. die von der
Beschwerdeführerin beantragte Expertise anzuordnen (vgl. zu den
Voraussetzungen einer zulässigen vorweggenommenen Beweiswürdigung BGE 122 II
464 E. 4a S. 469); eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt
nicht vor.

2.3 Ziff. 8 der Ausschreibungsunterlagen bestimmt, dass - falls ein
Verfahren, das den Export der Rauchgasreinigungsrückstände vorsieht, den
Zuschlag erhält - die notwendigen Bewilligungen spätestens im Zeitpunkt der
beidseitigen Unterzeichnung des Entsorgungsvertrages vorliegen müssen. Das
Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft hat am 11. Mai 2004 die Bewilligung
für den Export der Rückstände zum Zweck der Deponierung in der
Untertage-Deponie Herfa Neurode (Deutschland) erteilt. Diese rechtskräftige
Bewilligung des Bundesamtes (gültig bis zum 9. Mai 2005), auf welche sich die
kantonalen Behörden stützen durften, widerlegt die in der Beschwerdeschrift
geäusserten Zweifel an der Rechtmässigkeit des vorgesehenen Exportes der
Rauchgasreinigungsrückstände vollends.

3.
Dies führt zur Abweisung der staatsrechtlichen Beschwerde, soweit darauf
eingetreten werden kann.

Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin
aufzuerlegen (Art. 156 in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG).
Die mit dem Auftrag betraute Unternehmung (die Z.________AG) hat sich nicht
vernehmen lassen. Sie hat deshalb keinen Anspruch auf Parteikostenersatz.
Hingegen hat der Zweckverband für Abfallverwertung im Bezirk Y.________ durch
einen Anwalt eine Beschwerdeantwort eingereicht. Mangels eines eigenen
Rechtsdienstes war diese Korporation auf den Beizug eines Rechtsanwaltes
angewiesen, weshalb die Beschwerdeführerin sie für das bundesgerichtliche
Verfahren angemessen zu entschädigen hat (Art. 159 Abs. 2 OG analog, vgl. BGE
125 I 182 E. 7 S. 202 mit Hinweisen).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerdeeingabe wird als staatsrechtliche Beschwerde entgegengenommen
und abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 7'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat den Zweckverband für Abfallverwertung im Bezirk
Y.________ für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 5'000.-- zu
entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich
(1. Abteilung, 1. Kammer) sowie der Z.________AG schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 9. Februar 2005

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: