Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2P.261/2004
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2P.261/2004 /kil

Beschluss vom 9. Mai 2005
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiber Feller.

X. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Max Flückiger,

gegen

Kantonsschule A.________,
Departement für Bildung und Kultur des Kantons Solothurn, Rathaus,
Barfüssergasse 24, 4509 Solothurn.

Art. 9 und 29 BV (Wegweisung von der Kantonsschule A.________),

Staatsrechtliche Beschwerde gegen die Verfügung des Departements für Bildung
und Kultur des Kantons Solothurn vom 13. September 2004.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 X.________ besuchte die Kantonsschule A.________ (1. Klasse des
wirtschaftlich-rechtlichen Maturitätsprofils). Am 6. Juli 2004 wurde ihm ein
Zeugnis mit ungenügendem Notendurchschnitt ausgestellt; unter der Rubrik
"Promotion" war vermerkt: "tritt aus". X.________ nahm am 8. Juli 2004
Einblick in dieses Zeugnis. Mit Schreiben vom 9. Juli 2004 teilte der Rektor
der Kantonsschule X.________ mit, dass er dem Departement für Bildung und
Kultur des Kantons Solothurn angesichts der zahlreichen unentschuldigten
Absenzen und wegen des ungenügenden Zeugnisses einen Antrag auf Wegweisung
von der Schule stellen werde; das Schreiben enthielt eine
Rechtsmittelbelehrung, wonach dagegen innert zehn Tagen Beschwerde an das
besagte Departement erhoben werden könne. In einem zweiten Schreiben vom
gleichen Tag drohte der Rektor dem Betroffenen die Wegweisung von der Schule
an; auch dieses Schreiben enthielt eine Rechtsmittelbelehrung (Beschwerde an
das Departement).

Mit Schreiben vom 19. Juli (Postaufgabe 20. Juli) 2004 erhob X.________ gegen
den Antrag auf Wegweisung von der Schule Rekurs an das Departement für
Bildung und Kultur. In einer prozessleitenden Verfügung vom 24. August 2004
hielt das Departement fest, dass die Schulentlassung dem Betroffenen bereits
mit dem Zeugnis vom 6. Juli 2004 (unter der Rubrik "Promotion") eröffnet
worden sei; da dieser das Zeugnis am 8. Juli 2004 habe einsehen können, habe
die Rechtsmittelfrist zu dessen Anfechtung am 19. Juli 2004 (Montag) geendet;
da eine Anfechtung des Zeugnisses nicht (rechtzeitig) erfolgt sei, erscheine
die Schulentlassung rechtskräftig; ein genügendes Rechtsschutzinteresse an
der Anfechtung der diesfalls obsolet gewordenen Wegweisungsandrohung bestehe
daher nicht; keine anfechtbare Verfügung stelle sodann der Antrag auf
Wegweisung von der Schule dar. Das Departement räumte X.________ Frist bis
zum 6. September 2004 ein, um zur in Aussicht gestellten
Nichteintretensverfügung Stellung zu nehmen; X.________ äusserte sich innert
dieser Frist. Mit Endverfügung vom 13. September 2004 trat das Departement
auf die Beschwerde nicht ein.

1.2 Am 15. Oktober 2004 erhob X.________ beim Bundesgericht staatsrechtliche
Beschwerde gegen die Departementsverfügung, deren Aufhebung er beantragte.
Zudem stellte er das Gesuch, ihm für das bundesgerichtliche Verfahren die
unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung zu gewähren. Das Departement
beantragte Abweisung der Beschwerde.

Mit Verfügung vom 18. November 2004 entsprach der Abteilungspräsident dem in
der Beschwerdeschrift gestellten Gesuch um aufschiebende Wirkung. X.________
konnte dementsprechend (weiterhin) in Repetition die 1. Klasse des
wirtschaftlich-rechtlichen Profils der Kantonsschule A.________ besuchen.

1.3 Da der Beschwerdeführer gemäss Zeugnis vom 2. Februar 2005 die
Promotionsbedingungen, denen er als Repetent zu genügen hatte, nicht
erfüllte, musste er mittlerweile die Schule verlassen. Das Departement
beantragt daher mit Eingabe vom 17./18. März 2005, das bundesgerichtliche
Verfahren wegen Dahinfallens des aktuellen praktischen Rechtsschutzinteresses
abzuschreiben, eventuell auf die Beschwerde nicht einzutreten, und die
Verfahrenskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen. Dieser beantragt mit
Schreiben vom 14. April 2005 innert der ihm mit Verfügung des
Abteilungspräsidenten vom 31. März 2005 eingeräumten Frist zur Stellungnahme
seinerseits, das Verfahren abzuschreiben, ihm die unentgeltliche Rechtspflege
zu gewähren und die Verfahrenskosten dem Kanton Solothurn aufzuerlegen. Die
Kantonsschule A.________ hat sich nicht geäussert.

2.
2.1 Da der Beschwerdeführer die Kantonsschule während der Dauer des Verfahrens
endgültig verlassen hat, fällt der Rechtsstreit mangels rechtlichen
Interesses dahin und ist er als erledigt zu erklären, wobei das Gericht - mit
bloss summarischer Begründung - über die Prozesskosten auf Grund der Sachlage
vor Eintritt des Erledigungsgrundes entscheidet (Art. 72 BZP in Verbindung
mit Art. 40 OG).

2.2 Ausschlaggebend für die angefochtene Nichteintretensverfügung ist nach
Auffassung des Departements, dass der Austritt aus der Schule ohnehin schon
wegen der Nichtanfechtung des Zeugnisses vom 6. Juli 2004 rechtskräftig
geworden sei.

Zwar darf nach der Aktenlage angenommen werden, dass der Beschwerdeführer das
Zeugnis zu keinem Zeitpunkt angefochten hat. Unter den gegebenen Umständen
vermochte dies indessen einen Nichteintretensentscheid nicht zu
rechtfertigen: Die Kantonsschule versah das Zeugnis nicht mit einer
Rechtsmittelbelehrung. Drei Tage nach Ausfertigung des Zeugnisses sodann
stellte sie einerseits dem Departement einen Antrag auf Schulausschluss und
drohte andererseits in einem separaten Schreiben dem Beschwerdeführer die
Wegweisung von der Schule an, wobei sie dieses Schreiben als "Ultimatum"
bezeichnete und es mit einer Rechtsmittelbelehrung versah. Es muss davon
ausgegangen werden, dass die Kantonsschule selber das Zeugnis nicht als
Entscheid über den Schulausschluss verstand; es fragt sich zumindest, ob ihre
späteren förmlichen Äusserungen einen im Zeugnis allenfalls enthaltenen
Wegweisungsentscheid nicht sinngemäss aufgehoben haben. Jedenfalls aber
erscheint, selbst in Berücksichtigung der Belehrungen in der prozessleitenden
Verfügung des Departements vom 24. August 2004, nachvollziehbar, dass der
Beschwerdeführer es unterliess, nachträglich auch das Zeugnis ausdrücklich
anzufechten. Er hatte angesichts der widersprüchlichen Abläufe im kantonalen
Verfahren, insbesondere unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben,
begründeten Anlass, gegen den Nichteintretensentscheid des Departements
staatsrechtliche Beschwerde zu führen.

2.3 Dies hat zur Folge, dass keine Gerichtsgebühr zu erheben ist (Art. 156
Abs. 1 und 2 OG) und der Kanton Solothurn den Beschwerdeführer für das
bundesgerichtliche Verfahren prozessual zu entschädigen hat (Art. 159 Abs. 1
und 2 OG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird
gegenstandslos.

Demnach beschliesst das Bundesgericht:

1.
Der Rechtsstreit wird als erledigt erklärt und vom Geschäftsverzeichnis
abgeschrieben.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Der Kanton Solothurn hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 1'500.-- zu bezahlen.

4.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird
gegenstandslos erklärt.

5.
Dieser Beschluss wird den Parteien und dem Departement für Bildung und Kultur
des Kantons Solothurn schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 9. Mai 2005

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: