Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2P.244/2004
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2P.244/2004/sza

Urteil vom 13. April 2005
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Betschart, Hungerbühler,
Wurzburger, Müller,
Gerichtsschreiber Hatzinger.

1. A.________,
2.B.________,
3.C.________,
4.D.________,
5.E.________,
Beschwerdeführer,
alle vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Markus Neff,

gegen

Regierungsrat des Kantons Thurgau, Regierungsgebäude, 8510 Frauenfeld.

Art. 27, 94 BV (Verordnung über Berufe des Gesundheitswesens),

Staatsrechtliche Beschwerde gegen die Verordnung des Regierungsrates über
Berufe des Gesundheitswesens vom 17. August 2004.

Sachverhalt:

A.
Der Regierungsrat des Kantons Thurgau erliess am 17. August 2004 eine neue
Verordnung über Berufe des Gesundheitswesens. Neu geregelt wurden dabei
namentlich die besonderen Bestimmungen über die Ausübung des Berufs des
Augenoptikers:
"§ 18. 1Der Augenoptiker oder die Augenoptikerin hat eine vorgängige
augenärztliche Untersuchung zu empfehlen, wenn er oder sie krankhafte oder
altersbedingte Augenveränderungen oder Korrelationsstörungen vermutet
beziehungsweise feststellt.
2Refraktionsbestimmungen an Kindern unter 16 Jahren dürfen nur im
Einverständnis mit dem Augenarzt oder der Augenärztin vorgenommen werden.
3Kontaktlinsen dürfen bei Aphakie und anderen postoperativen Zuständen, bei
krankhaften Veränderungen der brechenden Medien, bei Refraktionsanomalien
sowie bei Kindern unter 16 Jahren nur im Einverständnis mit dem Augenarzt
oder der Augenärztin angepasst werden."

B.
Am 27. September 2004 haben A.________, B.________, C.________, D.________
und E.________ beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde eingereicht.
Sie beantragen, § 18 Abs. 2 und 3 der Verordnung aufzuheben. Sie rügen die
Verletzung verfassungsmässiger Rechte, insbesondere der Wirtschaftsfreiheit.

Der Regierungsrat des Kantons Thurgau, vertreten durch das Departement für
Finanzen und Soziales, beantragt, die Beschwerde abzuweisen.

Am 22. November 2004 gab der Abteilungspräsident den Beschwerdeführern
Gelegenheit, ihre Beschwerde zu ergänzen. Diese hielten mit Eingabe vom 17.
Januar 2005 an den Anträgen und der Begründung gemäss Beschwerde fest. Am 15.
Februar 2005 liess sich der Regierungsrat hiezu vernehmen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Gegen kantonale Erlasse kann beim Bundesgericht staatsrechtliche
Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte der Bürger geführt
werden (Art. 84 Abs. 1 lit. a OG; so genannte abstrakte Normenkontrolle; vgl.
BGE 118 Ia 64 E. 2c S. 72). Die neue Thurgauer Verordnung über Berufe des
Gesundheitswesens wurde am 27. August 2004 im kantonalen Amtsblatt
veröffentlicht. Die Beschwerde vom 27. September 2004 ist damit rechtzeitig
eingereicht worden (Art. 89 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 32 Abs. 2 OG). Die
Beschwerdeführer sind als im Kanton Thurgau tätige Augenoptiker zur
staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert (Art. 88 OG). Ein abstraktes
Normenkontrollverfahren gegen kantonale Erlasse gibt es im Kanton Thurgau
nicht (vgl. Urs Haubensak/Peter Litschgi/Philipp Stähelin, Kommentar zum
Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege des Kantons Thurgau, Frauenfeld 1984,
S. 26), so dass der kantonale Instanzenzug erschöpft ist (vgl. Art. 86 Abs. 1
OG).

1.2 Die staatsrechtliche Beschwerde muss die wesentlichen Tatsachen und eine
kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte
bzw. welche Rechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen Erlass oder
Entscheid verletzt worden sind (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). Das Bundesgericht
prüft nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen.
Der Grundsatz der richterlichen Rechtsanwendung gilt im Bereich der
Verfassungsbeschwerde nicht. Das Bundesgericht beschränkt sich auch bei der
abstrakten Normenkontrolle auf die Prüfung rechtsgenügend vorgebrachter Rügen
(BGE 125 I 71 E. 1c S. 76; ZBl 103/2002 S. 322, 2P.52/2001, E. 3c; je mit
Hinweisen). Soweit die Beschwerde diesen Anforderungen nicht genügt, ist
darauf nicht einzutreten.

2.
Die Beschwerdeführer rügen eine Verletzung der Wirtschaftsfreiheit (Art. 27
bzw. 94 BV).
Dieses Grundrecht gewährleistet insbesondere die freie Wahl des Berufes sowie
den freien Zugang zu einer privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit und deren
freie Ausübung (Art. 27 Abs. 2 BV). Darauf können sich auch die Augenoptiker
berufen (BGE 112 Ia 322 ff.; 110 Ia 99 ff.; Urteile 2P.128/2000 vom 27.
Oktober 2000; 2P.273/1996 vom 10. Januar 1997; 2P.331/1994 vom 16. November
1995). Wie andere Grundrechte kann die Wirtschaftsfreiheit eingeschränkt
werden (vgl. Art. 36 BV): Einschränkungen bedürfen einer gesetzlichen
Grundlage; sind sie schwerwiegend, müssen sie im Gesetz selbst vorgesehen
sein (Abs. 1). Erforderlich ist zudem ein öffentliches Interesse (Abs. 2).
Schliesslich müssen Einschränkungen verhältnismässig sein (Abs. 3) und den
Kerngehalt des Grundrechts wahren (Abs. 4). Unzulässig sind sodann
wirtschafts- oder standespolitische Massnahmen, die den freien Wettbewerb
behindern, um gewisse Gewerbezweige oder Bewirtschaftungsformen zu sichern
oder zu begünstigen, oder sonst wie den Wettbewerb verzerren (Art. 94 Abs. 4
BV; BGE 130 I 26 E. 4.5 S. 43 mit Hinweisen).

3.
Die Beschwerdeführer machen geltend, es fehle eine genügende gesetzliche
Grundlage, um die Ausübung ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit einzuschränken.

3.1 Dass es vorliegend um eine schwerwiegende Einschränkung der
Wirtschaftsfreiheit geht, die nach Art. 36 Abs. 1 BV nur in einem Gesetz im
formellen Sinne hätte angeordnet werden dürfen, trifft entgegen ihrer Ansicht
nicht zu: Den Beschwerdeführern wird nicht verwehrt, ihren Beruf als
Augenoptiker auszuüben. Sie dürfen weiterhin Refraktionen bzw. Brillengläser
bestimmen und Kontaktlinsen anpassen. Einzig bei Kindern unter 16 Jahren wird
hierfür das Einverständnis des Augenarztes vorausgesetzt. Damit ist der
Kernbereich der Berufstätigkeit der Augenoptiker nicht betroffen (vgl. auch
BGE 128 I 295 E. 5b/dd S. 310).

3.2 Die Beschwerdeführer beziehen sich unter anderem auf BGE 110 Ia 99 ff.,
wo - weitergehend als hier - für die Anpassung von Kontaktlinsen in allen
Fällen ein Rezept eines Augenarztes verlangt wurde. Dass in diesem Entscheid
die Beschränkung in einem formellen Gesetz vorgesehen war, heisst nicht, dass
es sich von Verfassungs wegen in andern Fällen auch so verhalten müsse. Im
Übrigen entspricht es gesamtschweizerischer Übung, im (Gesundheits-) Gesetz,
wie hier, jeweils nur die Bewilligungspflicht für die Berufe der
Gesundheitspflege vorzusehen und einige zentrale Grundsätze der
Berufsausübung zu regeln (vgl. Thurgauer Gesetz vom 5. Juni 1985 über das
Gesundheitswesen, § 14 ff.), die detaillierte Regelung (Anforderungen an den
Fähigkeitsausweis, Abgrenzung der verschiedenen Heilberufe untereinander,
usw.) indes der Verordnung zu überlassen.

3.3 Es könnte sich höchstens fragen, ob der Regierungsrat befugt war, die
angefochtene Verordnung zu erlassen bzw. ob die Grundsätze für die Delegation
von Rechtsetzungsbefugnissen eingehalten sind. Die Beschwerdeführer erheben
denn auch eine entsprechende Rüge, allerdings eher beiläufig und kaum
hinreichend substantiiert (vgl. Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; E. 1.2). Der
Regierungsrat stützt sich diesbezüglich auf seine allgemeine Kompetenz zum
Erlass von Vollzugsverordnungen, wie sie in § 43 Abs. 1 der Kantonsverfassung
vorgesehen ist (vgl. dazu Urteil 2P.289/2003 vom 26. März 2004, E. 3.2.4,
betreffend den Kanton Thurgau). Mit diesem Aspekt setzen sich die
Beschwerdeführer gar nicht auseinander, auch nicht in der
Beschwerdeergänzung. Unter diesen Umständen besteht kein Anlass, die
Kompetenz des Regierungsrates zum Erlass der angefochtenen
Verordnungsbestimmungen in Zweifel zu ziehen (vgl. dazu auch BGE 130 I 140 E.
5.1 S. 149).

4.
Die Beschwerdeführer rügen, die Voraussetzungen des öffentlichen Interesses
und der Verhältnismässigkeit seien nicht erfüllt.

4.1 Ein öffentliches Interesse daran, dass bei Kindern (unter 16 Jahren) vor
der Verschreibung von Sehhilfen eine eingehende augenärztliche Untersuchung
stattzufinden hat, lässt sich grundsätzlich nicht bestreiten (vgl. auch BGE
103 Ia 272 E. 6b S. 276 f.; Urteile 2P.273/1996 vom 10. Januar 1997, E. 3a
und b; 2P.331/1994 vom 16. November 1995, E. 4 und 5b; je betreffend
Prüfungserfordernis für Augenoptiker zur Anpassung von Kontaktlinsen bzw. zum
Sehtest). In der Tat könnten den Augenoptikern bei den
Refraktionsbestimmungen oder der Anpassung von Kontaktlinsen krankhafte
Ursachen der jeweiligen Sehschwäche entgehen, zu deren Diagnose sie nicht
ausgebildet sind. Es mag auch sein, dass eine solche Gefahr bei Kindern eher
besteht; bei den Erwachsenen geht die Verordnung nämlich davon aus, dass die
Optiker diesbezügliche Abnormitäten bemerken können; deshalb haben sie bei
diesen Personen gegebenenfalls eine Untersuchung beim Augenarzt bloss zu
empfehlen (vgl. § 18 Abs. 1 der Verordnung).

Allerdings sind die Unterlagen, auf die sich der Regierungsrat in diesem
Zusammenhang stützt, nicht besonders aussagekräftig. Die Mehrheit der Kantone
kennt eine derartige Einschränkung nicht; soweit ersichtlich, ist sie nur in
den Kantonen Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Bern, Freiburg, Jura, Luzern, St.
Gallen und Waadt vorgesehen. Zwar ist dies nicht entscheidend, kann aber bei
der Prüfung der Verhältnismässigkeit bzw. für die Notwendigkeit der Regelung
als Indiz herangezogen werden, wenn einschlägige Untersuchungen fehlen.
Unmittelbarer Anlass, die Verordnung zu verschärfen, gab aufgrund der Akten
offenbar die Abgabe von prismatischen Brillengläsern oder Prismenbrillen
durch Optiker an Kinder mit latentem Schielen, allenfalls auch die so
genannte "Messmethodik MKH", mit der in einem Test das Schielen bestimmt
wird. Sollten sich deswegen tatsächlich Probleme ergeben haben - was sich
aufgrund der vorliegenden Akten nicht abschliessend beurteilen lässt -, hätte
es genügt, den Optikern zu verbieten, solche Brillen ohne augenärztliches
Rezept abzugeben bzw. diese Messmethode anzuwenden; insofern wäre es
unverhältnismässig, den Optikern die Refraktionsbestimmung an Kindern ohne
Einverständnis des Augenarztes überhaupt zu verbieten.

4.2
4.2.1Die angefochtenen Verordnungsbestimmungen sind zudem nicht klar
formuliert: Zwar wird der Augenoptiker als fähig erachtet, auch bei Kindern
selbständig Refraktionen zu bestimmen und Kontaktlinsen anzupassen. Aber er
darf dies nur "im Einverständnis mit dem Augenarzt" tun; in welcher Form
dieses Einverständnis zu erteilen ist, wird in den Bestimmungen nicht gesagt.
Ebenso ist die Praktikabilität dieser Anforderung zweifelhaft: Praktisch
betrachtet, muss das Kind vor dem Erwerb einer Brille den Augenarzt
aufsuchen, der ihm vernünftigerweise gleichzeitig ein Brillenrezept
ausstellt. Es erscheint kaum vorstellbar, dass der Arzt das Kind bei dieser
Gelegenheit nur generell untersucht und es dann mit einem förmlichen
Einverständnis zur Refraktionsbestimmung (die im Allgemeinen wohl zu einer
augenärztlichen Untersuchung gehört) an den Optiker überweist.

4.2.2 Nach dem Wortlaut von § 18 Abs. 2 der Verordnung setzt jede
Refraktionsbestimmung an Kindern unter 16 Jahren das Einverständnis des
Augenarztes voraus; insofern ginge den Optikern diese Tätigkeit, zu der sie
nach Auffassung des Regierungsrats an sich befähigt sind, grundsätzlich wohl
verloren. Indessen wird in der Praxis der Optiker, auch wenn bereits das
Rezept eines Augenarztes vorliegt, regelmässig noch selber eine
Refraktionsbestimmung machen, die manchmal sogar zuverlässiger sein dürfte
als jene des Augenarztes. Der Regierungsrat weist zwar darauf hin, das
Einverständnis könne auch für längere Zeit oder gar unbefristet erteilt
werden; folglich genüge in den meisten Fällen eine einmalige augenärztliche
Abklärung, um das Einverständnis zur nachfolgenden Anpassung der Sehhilfe zu
erteilen, die auch mehrfach erfolgen könne. Diese Interpretation des
Regierungsrates, dass der Augenarzt die erforderliche Zustimmung im Voraus
allenfalls auch für zukünftige Anpassungen erteilen könne, entspricht jedoch
nicht dem Wortlaut der Verordnung; eine solche Regelung wäre zudem mit
erheblichen Unsicherheiten behaftet. Der Verordnungstext sollte klar
festhalten, was verlangt wird.

Im Übrigen würde das allfällige Erfordernis, für jede Brillen- oder
Kontaktlinsenanpassung den Augenarzt zu konsultieren, nicht nur den Optiker
in seiner wirtschaftlichen Tätigkeit beeinträchtigen; die Zusammenarbeit
zwischen Arzt und Optiker, von der die streitigen Bestimmungen ausgehen,
würde überdies zu doppelten Kosten führen. Insofern wäre der Zwang zu
Arztkonsultationen heute auch gesundheitspolitisch fragwürdig.

4.2.3 Es ist demnach unverhältnismässig zu verlangen (vgl. zum Begriff der
Verhältnismässigkeit etwa BGE 129 I 337 E. 4.2 S. 345 f.; 128 I 92 E. 2b S.
95; je mit Hinweisen), dass für jede Refraktionsbestimmung oder
Kontaktlinsenanpassung bei Kindern unter 16 Jahren die Zustimmung des
Augenarztes vorliegen muss. Dieses Erfordernis lässt sich rechtfertigen für
die erstmalige Beschaffung einer Brille oder von Kontaktlinsen durch den
Optiker, aber nicht für jede Anpassung überhaupt, wie dies nach dem Wortlaut
der Verordnung gefordert wird.

4.2.4 § 18 Abs. 3 der Verordnung übernimmt bezüglich der Anpassung von
Kontaktlinsen beinahe wörtlich die frühere Bestimmung von § 14 Abs. 2 der
alten Verordnung, ausser dass anstelle des einstigen Ausdrucks "bei Kindern
des Schul- und Vorschulalters" nunmehr die Formulierung "bei Kindern unter 16
Jahren" verwendet wird. Dass § 18 Abs. 3 der Verordnung im Wesentlichen der
bisherigen Regelung entspricht, schliesst nicht aus, dass diese formell neu
erlassene Vorschrift einer abstrakten Normenkontrolle unterworfen wird: Der
Regierungsrat hat die Verordnung über Berufe des Gesundheitswesens
vollständig revidiert. Unter diesen Umständen unterliegen sämtliche
Verordnungsbestimmungen der Anfechtung, auch wenn sie (materiell) unverändert
aus der früheren Verordnung übernommen worden sind (vgl. ZBl 104/2003 S. 327,
1P.621/2001, E. 1.1 mit Hinweis auf BGE 108 Ia 126 E. 1b und c S. 130 f.).
Die für Partialrevisionen geltenden besonderen Regeln (vgl. dazu BGE 122 I
222 E. 1b S. 224 f.) sind bei Totalrevisionen nicht anwendbar.

§ 18 Abs. 3 der Verordnung ist nach dem Gesagten ebenfalls insofern
unverhältnismässig, als nach dem Wortlaut bei Kindern unter 16 Jahren nicht
nur die erstmalige Anpassung von Kontaktlinsen, sondern auch jede spätere
Anpassung des Einverständnisses eines Augenarztes bedarf. Das in Abs. 3
statuierte Erfordernis der ärztlichen Kontrolle bezieht sich aber noch auf
weitere Tatbestände (Aphakie, andere postoperative Zustände, krankhafte
Zustände der brechenden Medien, Refraktionsanomalien), bei denen sich das
Bedürfnis nach jeweiliger vorgängiger ärztlicher Kontrolle anders darstellen
könnte. Die Beschwerdeführer beanstanden indes nur die generelle ärztliche
Konsultationspflicht bei Jugendlichen und setzen sich mit der Frage der
Notwendigkeit einer ärztlichen Kontrolle bei den genannten speziellen
Tatbeständen nicht oder höchstens am Rande auseinander. Insoweit fehlt es für
den Antrag auf vollumfängliche Aufhebung dieses Absatzes an der
erforderlichen Begründung (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG), weshalb auf die
Beschwerde diesbezüglich nicht eingetreten werden kann.

5.
5.1 Das Bundesgericht überprüft die Verfassungsmässigkeit kantonaler Erlasse
im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle frei, auferlegt sich indes eine
gewisse Zurückhaltung; es hebt insofern eine Norm zwar nur dann auf, wenn sie
sich einer verfassungs- und konventionskonformen Auslegung entzieht, nicht
jedoch, wenn ihr nach anerkannten Auslegungsregeln ein Sinn zugemessen werden
kann, der sie mit den angerufenen Verfassungs- oder EMRK-Garantien vereinbar
erscheinen lässt (vgl. BGE 130 I 82 E. 2.1 S. 86, 26 E. 2.1 S. 31 f.; 129 I
12 E. 3.2 S. 15; 128 I 327 E. 3.1 S. 334 f.; je mit Hinweisen; siehe auch
Walter Kälin, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, 2. Aufl., Bern
1994, S. 198 f.). Dabei sind auch die Auswirkungen auf die Rechtssicherheit
und der Aufwand einer allfälligen Korrektur der beanstandeten Norm zu
berücksichtigen (vgl. BGE 109 Ia 273 E. 12c S. 302 f. mit Hinweisen; 125 I
127 E. 10b S. 158; 128 I 327 E. 3.1 S. 335; siehe auch BGE 125 II 440 E. 3c
und d S. 448).

5.2 Verordnungsbestimmungen, wie die hier umstrittenen, können anders als
Gesetze im formellen Sinne ohne grossen Aufwand jederzeit präzisiert werden.
§ 18 Abs. 2 und 3 der Verordnung richten sich vorab an die Augenoptiker, die
als juristisch wenig ausgebildete Personen auf eine eindeutige Regelung
angewiesen sind. Es wäre nach dem Gesagten zu erwarten gewesen, dass der
Regierungsrat solch klare Bestimmungen erlässt. Eine Verordnungsbestimmung,
wonach die erstmalige Anpassung von Kontaktlinsen bzw. die erstmalige
Refraktionsbestimmung bei Kindern unter 16 Jahren durch den Optiker eine
augenärztliche Untersuchung voraussetzt, erschiene, wie gesagt, allenfalls
zulässig. In ihrem jetzigen Wortlaut sind die angefochtenen Bestimmungen
entsprechend den vorstehenden Erwägungen für den angestrebten Schutz der
Gesundheit der Kinder nicht verhältnismässig.

5.3 Die staatsrechtliche Beschwerde erweist sich somit als begründet und ist
deshalb gutzuheissen, soweit darauf einzutreten ist:

In Bezug auf § 18 Abs. 2 der Verordnung ist - entsprechend dem
Beschwerdeantrag - der ganze Absatz aufzuheben; für eine bloss teilweise
Aufhebung besteht kein Raum. Der Regierungsrat muss diesen Absatz
gegebenenfalls neu formulieren, wenn er die vorgängige ärztliche Kontrolle
wenigstens für die erstmalige Verschreibung einer Brille verlangen will.

Bezüglich § 18 Abs. 3 der Verordnung ist dem Antrag der Beschwerdeführer
insofern zu entsprechen, als die Worte "sowie bei Kindern unter 16 Jahren"
aufzuheben sind; im Übrigen kann mangels Begründung auf die Beschwerde nicht
eingetreten werden; die Bestimmung behält indes auch ohne die gestrichenen
Worte einen Sinn. Es liegt hier ebenso am Verordnungsgeber, den Text dahin zu
ergänzen, dass er allenfalls für die erstmalige Anpassung von Kontaktlinsen
die Zustimmung eines Augenarztes verlangt.

6.
Bei diesem Verfahrensausgang sind keine Kosten aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 2
OG). Der Kanton Thurgau hat indessen den Beschwerdeführern eine
Parteientschädigung auszurichten (Art. 159 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten
ist. § 18 Abs. 2 und die Worte "sowie bei Kindern unter 16 Jahren" in § 18
Abs. 3 der Verordnung des Regierungsrates des Kantons Thurgau vom 17. August
2004 über Berufe des Gesundheitswesens werden aufgehoben.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Der Kanton Thurgau hat den Beschwerdeführern eine Parteientschädigung von Fr.
3'000.-- auszurichten.

4.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern und dem Regierungsrat des Kantons
Thurgau schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 13. April 2005

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: