Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2P.238/2004
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2P.238/2004
2P.270/2003 /vje

Urteil vom 4. November 2005
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Müller, Ersatzrichter Cavelti,
Gerichtsschreiber Küng.

X. ________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Stephan Neidhardt und Dr. Markus Oehrli,
Rechtsanwälte,

gegen

Kantonales Steueramt Zürich, Abteilung Erbschafts-, und Schenkungssteuer,
Walcheplatz 1, 8090 Zürich,
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Abteilung, 2. Kammer, Postfach,
Militärstrasse 36, 8090 Zürich.

Art. 9 BV
(Nachveranlagung der Erbschaftssteuern und Revision)

Staatsrechtliche Beschwerden gegen die Entscheide des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zürich vom 27. August 2003 und 7. Juli 2004.

Sachverhalt:

A.
Am 30. Juli 1993 verstarb die in S.________ wohnhaft gewesene Y.________
(geb. 1909). Mit Verfügung vom 12./17. Juni 1996 auferlegte das Kantonale
Steueramt Zürich den von der Verstorbenen eingesetzten 35 Erben
Erbschaftssteuern im Betrag von insgesamt Fr. 433'236.--. Bei der Ermittlung
des Nachlassvermögens bewertete es die landwirtschaftlich genutzten
Grundstücke Nr. 103 und Nr. 3624 in S.________ zum Ertragswert, das
Grundstück Nr. 3618 hingegen zum Verkehrswert. Diese Verfügung ist in
Rechtskraft erwachsen.

Im Rahmen der Erbteilung übernahm einer der Erben, X.________, am 17. Juli
1996 alle drei Grundstücke zu Alleineigentum. Mit Verfügung vom 17. Juni 2002
auferlegte ihm das Kantonale Steueramt Zürich (im Nachveranlagungsverfahren)
in Abänderung der Verfügung vom 12. Juni 1996 eine Erbschaftssteuer von Fr.
520'950.--. Dies mit der Begründung, die Voraussetzung der
landwirtschaftlichen Nutzung für die Vorzugsbewertung der Grundstücke Nr. 103
und Nr. 3624 sei inzwischen weggefallen. Auf Einsprache hin setzte das
Kantonale Steueramt Zürich am 17. Dezember 2002 die Erbschaftssteuer auf Fr.
572'838.-- hinauf.

Dagegen wandte sich X.________ an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich,
welches seinen Rekurs am 27. August 2003 abwies, soweit es darauf eintrat.

B.
X.________ gelangte am 24. Oktober 2003 gegen den Entscheid des
Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 27. August 2003 mit
staatsrechtlicher Beschwerde ans Bundesgericht. Da er zudem gegen den
gleichen Entscheid am 22. Dezember 2003 beim Verwaltungsgericht des Kantons
Zürich ein Revisionsbegehren eingereicht hatte, sistierte der Präsident der
II. öffentlichrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts das Verfahren bis zum
Vorliegen des Entscheids im Revisionsverfahren.

Am 7. Juli 2004 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich das
Revisionsgesuch ab, soweit es darauf eintrat. Auch gegen diesen Entscheid
wandte sich X.________ mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 17. September
2004 ans Bundesgericht.

Am 3. November 2004 wurde das bundesgerichtliche Verfahren wieder
aufgenommen.

Das Verwaltungsgericht und das Kantonale Steueramt des Kantons Zürich
beantragen, beide Beschwerden abzuweisen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Die Entscheide des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich sind kantonal
letztinstanzliche Endentscheide, gegen die auf Bundesebene kein anderes
Rechtsmittel zur Verfügung steht, da die Erbschafts- und Schenkungssteuern
nicht Gegenstand der Steuerharmonisierung nach Art. 129 Abs. 2 BV sind; Art.
73 Abs. 1 StHG ist damit nicht anwendbar. Die staatsrechtlichen Beschwerden
sind somit zulässig (Art. 84 Abs. 2, Art. 86 Abs. 1 und Art. 87 OG). Der
Beschwerdeführer ist als Steuerpflichtiger zur staatsrechtlichen Beschwerde
legitimiert (Art. 88 OG).

1.2 Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss die staatsrechtliche Beschwerde die
wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten,
welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze inwiefern durch den
angefochtenen Entscheid verletzt worden sind. Das Bundesgericht prüft nur
klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen; auf
ungenügend begründete Vorbringen und appellatorische Kritik tritt es nicht
ein. Macht der Beschwerdeführer eine Verletzung des Willkürverbots geltend,
muss er anhand der angefochtenen Subsumtion im Einzelnen darlegen, inwiefern
der Entscheid an einem qualifizierten Mangel leidet (BGE 125 I 492 E. 1b S.
495, mit Hinweisen).

1.3 Angefochten sind zwei Entscheide des Verwaltungsgerichts des Kantons
Zürich, die sich mit der gleichen Materie befassen. Es rechtfertigt sich
daher, die beiden Verfahren zu vereinigen.

2.
In seiner staatsrechtlichen Beschwerde vom 17. September 2004 wiederholt der
Beschwerdeführer im Wesentlichen die in der ersten Beschwerde gemachten
Vorwürfe. In Bezug auf den Revisionsentscheid rügt er einzig, das
Verwaltungsgericht sei von einem nicht publizierten Entscheid abgewichen
(Beschwerde Ziff. 51). Darin kann jedenfalls kein Revisionsgrund erblickt
werden, wie das Verwaltungsgericht ohne Willkür festhalten durfte (vgl.
angefochtenes Urteil vom 7. Juli 2004 E. 2.2). Im Übrigen ist auf die
Beschwerde betreffend Revision nicht näher einzutreten und die Rügen nur
insoweit zu prüfen, als sie auch Gegenstand der ersten staatsrechtlichen
Beschwerde gegen das Urteil vom 27. August 2003 bilden.

3.
Der Beschwerdeführer macht geltend, das Verwaltungsgericht habe seine
subjektive Steuerpflicht auf eine alte Verfügung (vom 12./17. Juni 1996)
gestützt, welche auf einem offensichtlichen Irrtum basiere. Weder sei ein
Steuerobjekt vorhanden noch sei er Steuersubjekt.

3.1 Das Kantonale Steueramt Zürich veranlagte die eingesetzten Erben der
Verstorbenen am 12./17. Juni 1996 mit einem steuerbaren Vermögen von Fr.
2'065'760.-- und stellte diese Verfügung dem gemeinsamen Erbenvertreter
Z.________ zu. Diese Verfügung blieb unangefochten und erwuchs in
Rechtskraft. Die Veranlagungsverfügung ging noch - offensichtlich im
Wesentlichen gestützt auf den Erbteilungsvertrag vom 30. Mai 1996, wonach die
drei Liegenschaften zum Anrechnungswert von Fr. 1'840'000.-- dem Käufer und
heutigen Beschwerdeführer übertragen wurden - von einem Verkehrswert der
Liegenschaft Nr. 3618 von Fr. 1'840'000.-- und einem geschätzten Ertragswert
der Liegenschaften Nr. 103 und Nr. 3624 von Fr. 8'028.-- aus. Dies unter der
Annahme, dass nur die Liegenschaft Nr. 3618 zum Verkehrswert zu schätzen war,
während die übrigen beiden Liegenschaften landwirtschaftlich genutzt und
daher zum Ertragswert zu bewerten waren. Diese unterschiedliche Behandlung
stützte sich insbesondere auf das Schreiben des Erbenvertreters an das
Kantonale Steueramt Zürich vom 15. April 1996, wonach dieser bestätigte, dass
die Grundstücke Nr. 103 und Nr. 3624 immer noch landwirtschaftlich genutzt
würden. Deshalb wurde zu Recht davon ausgegangen, der Anrechnungswert gemäss
Erbteilungsvertrag von Fr. 1'840'000.-- für alle drei Grundstücke gelte im
Wesentlichen den Verkehrswert des Grundstücks Nr. 3618 ab. Dementsprechend
wurden die landwirtschaftlich genutzten Grundstücke mit Fr. 8'028.--
Ertragswert zusätzlich mitberücksichtigt. Es kann deshalb keine Rede davon
sein, dass die rechtskräftige Veranlagungsverfügung auf einem
offensichtlichen aktenkundigen Irrtum beruhte.

3.2 Nach § 3 Abs. 1 des Zürcher Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes vom
28. September 1986 (ESchG/ZH) unterliegen alle Vermögensübergänge (Erbanfälle
und Zuwendungen) kraft gesetzlichen Erbrechts oder aufgrund einer Verfügung
von Todes wegen der Erbschaftssteuer. Die Steuer wird vom Verkehrswert des
übergegangenen Vermögens bei der Entstehung des Steueranspruchs (§ 13 Abs. 1
ESchG/ZH) auf den Zeitpunkt des Todesfalls (§ 7 lit. a ESchG) berechnet. Nach
§ 15 ESchG/ZH werden land- und forstwirtschaftliche Grundstücke privilegiert,
nämlich zum Ertragswert bewertet. Wird ein derartiges landwirtschaftliches
Grundstück innert 20 Jahren ganz oder teilweise veräussert, oder fallen
innert dieser Frist die Voraussetzungen der Vorzugsbewertung dahin, so wird
die Steuer nachträglich vom damaligen Verkehrswert, höchstens jedoch vom
erzielten Erlös berechnet. Steuerpflichtig ist der Veräusserer oder der
Eigentümer des Grundstücks (§ 17 ESchG/ZH).

Nachdem wie oben dargelegt die Verfügung vom 12./17. Juni 1996 die
Grundstücke Nr. 103 und Nr. 3624 lediglich mit dem Ertragswert erfasst hat,
setzte die Finanzdirektion mit Verfügung vom 17. Juni 2002 nach dem Wegfall
der Voraussetzungen für die Vorzugsbewertung zu Recht eine ergänzende
Erbschaftssteuer fest. Zur Ermittlung des Verkehrswerts der beiden
Grundstücke gab die Finanzdirektion eine Expertise in Auftrag. Diese kam zum
Schluss, der Verkehrswert des Grundstücks Nr. 103 habe zum Zeitpunkt der
Entstehung des Steueranspruchs, mithin im Jahre 1993, Fr. 1'480'000.--
betragen, während sich für das Grundstück Nr. 3624 im Jahre 1993 ein
Verkehrswert von Fr. 475'000.-- ergebe. Demgegenüber macht der
Beschwerdeführer geltend, die von den Erben in Auftrag gegebene
Verkehrswertschätzung des Hauseigentümerverbandes Zürich habe für alle drei
Liegenschaften nur einen Wert von Fr. 2'100'000.-- ergeben. Wie das
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich in seinem Entscheid zu Recht ausführt,
basiert die Verkehrswertschätzung des Hauseigentümerverbandes, welche für die
beiden landwirtschaftlich genutzten Grundstücke einen Wert von total Fr.
1'100'000.-- ergab, auf dem Verkehrswert des Jahres 1995, und nicht auf dem
massgebenden Stichjahr 1993. Der heutige Beschwerdeführer hat im
Rekursverfahren denn auch geltend gemacht, der Liegenschaftencrash habe die
Preise vom 30. Juli 1993 bis zum 30. Mai 1996 massiv in die Tiefe gerissen.
Von einer willkürlichen Festsetzung des Nachveranlagungsanspruchs durch die
Finanzdirektion des Kantons Zürich kann deshalb keine Rede sein, zumal der
Beschwerdeführer nicht näher begründet, weshalb für das Jahr 1993 die
Verkehrswertschätzung zu hoch ausgefallen sei.

4.
4.1 Der Beschwerdeführer macht im Weiteren geltend, die Zweckentfremdung sei
am 30. Mai 1996, d.h. zu einem Zeitpunkt erfolgt, als nicht er
Grundeigentümer gewesen sei, sondern die Erbengemeinschaft.

4.2 Wie dargelegt, übernahm der Beschwerdeführer die drei Liegenschaften mit
Erbteilungsvertrag vom 30. Mai 1996. Die Grundbuchanmeldung erfolgte am 17.
Juli 1996. Während der bevollmächtigte Erbenvertreter mit Schreiben vom 15.
April 1996 gegenüber dem Kantonalen Steueramt Zürich noch bestätigt hat, die
Grundstücke Nr. 103 und Nr. 3624 würden durch Z.________ landwirtschaftlich
genutzt, erklärte der Beschwerdeführer auf Anfrage hin am 10. September 2001,
die genannten Grundstücke würden nicht mehr professionell landwirtschaftlich
genutzt. Dass zwischen dem 15. April 1996 und dem 30. Mai 1996 bzw. 17. Juni
1996 eine Änderung in der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung eingetreten
wäre, wird nicht geltend gemacht. In den Akten finden sich denn auch
keinerlei Hinweise auf eine Zweckänderung in dieser Zeit. Demzufolge ging das
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich ohne Willkür davon aus, dass die
Zweckentfremdung der beiden Grundstücke erst vom Beschwerdeführer selber im
Rahmen der übernommenen Eigentümerbefugnisse in die Wege geleitet worden ist.
Ging die Zweckänderung aber auf Handlungen des neuen Eigentümers nach dem
Besitzesantritt zurück, der auf das Datum der Eigentumsübertragung festgelegt
worden war (Ziff. 1 und 2 der "weiteren Bestimmungen" im Erbteilungsvertrag
vom 30. Mai 1996), erscheint es auch nicht als willkürlich, dass die
Zweckänderung dem Beschwerdeführer als neuem Eigentümer zugerechnet und er
als gemäss § 17 Abs. 2 ESchG/ZH steuerpflichtig bezeichnet worden ist.
Von einer willkürlichen Bestimmung des Steuersubjekts kann deshalb nicht
gesprochen werden.

5.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Vorbringen des Beschwerdeführers den
angefochtenen Entscheid nicht als willkürlich erscheinen lassen. Die
staatsrechtlichen Beschwerden erweisen sich somit als unbegründet und sind
abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Entsprechend diesem
Ausgang hat der Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens vor Bundesgericht
zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verfahren 2P.270/2003 und 2P.238/2004 werden vereinigt.

2.
Die staatsrechtlichen Beschwerden werden abgewiesen, soweit darauf
einzutreten ist.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 15'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Kantonalen Steueramt Zürich und
dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 2. Abteilung, 2. Kammer,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 4. November 2005

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: