Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2P.158/2004
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2P.158/2004 /kil

Urteil vom 26. Juli 2004
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Wurzburger, Präsident,
Bundesrichter Hungerbühler, Müller,
Gerichtsschreiber Häberli.

X. ________,
Y.________,
Beschwerdeführer,
beide vertreten durch Rechtsanwältin Eva Nill,

gegen

1.  Gemeinde Schaffhausen,
vertreten durch Rechtsanwalt Peter Sieber,

2.  Kanton Schaffhausen,
vertreten durch Rechtsanwalt Ulrich Sommerhalder,

3.  A.________,

4.  B.________,

5.  C.________,

6.  D.________,

7.  E.________,
Nrn. 3 - 7 vertreten durch Rechtsanwalt
Peter Sieber,

8.  F.________,
9. G.________,
Beschwerdegegner,
Nrn. 8 + 9 vertreten durch Rechtsanwalt
Ulrich Sommerhalder,
Obergericht des Kantons Schaffhausen, Postfach 568, 8201 Schaffhausen.

Art. 9 und 29 BV sowie Art. 6 und 13 EMRK
(Forderung aus Staatshaftung),

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid
des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom

7. Mai 2004.

Das Bundesgericht stellt fest und zieht in Erwägung:

1.
X.   und Y.________ erhoben, nachdem sie zuvor gestützt auf das kantonale
Haftungsgesetz beim Regierungsrat des Kantons Schaffhausen sowie beim
Stadtrat Schaffhausen erfolglos eine Forderung auf Schadenersatz und
Genugtuung geltend gemacht hatten, gegen die genannten beiden Behörden sowie
gegen weitere Stellen bzw. eine Reihe von Einzelpersonen Klage beim
Kantonsgericht Schaffhausen, wobei sie in ihrer Klageschrift vom 6. März 2000
folgende Anträge stellten:
"1. Es sei festzustellen, dass die Beklagten durch schuldhaft rechtswidrige
Handlungen sowie durch Amtspflicht- und Sorgfaltspflichtverletzungen, die in
der Klageschrift näher spezifiziert werden, die Persönlichkeit der Kläger in
schwerwiegender Weise verletzt haben,
2. es sei festzustellen, dass diese Handlungen und Pflichtverletzungen die
Kläger im Recht und in der Pflicht der Wahrnehmung der elterlichen
Weisungsbefugnis, gegenüber ihrer Tochter Z.________, geb. ... 1978, zwischen
23.11.1995 und 10.03.1996 in unerlaubter Weise verhindert haben,
3. es sei festzustellen, dass diese Handlungen und Pflichtverletzungen
Verhältnisse für das Kind entgegen dem elterlichen Erziehungswillen
geschaffen bzw. gefördert haben und ferner geeignet waren, der Tochter durch
Erziehung erfolgreich vermittelte Werte und ihr persönliches Verhältnis zu
den Eltern zu zerstören.

4.   Die Beklagten seien zu verpflichten, die Persönlichkeitsverletzungen zu
beseitigen; insbesondere seien unwahre Daten über die Kläger, die in der
Klageschrift näher bezeichnet werden, aus sämtlichen Akten der
Vormundschaftsbehörde, der Sozialhilfekommission und des KJPD zu entfernen
und die materiellen und immateriellen Folgen von deren Bearbeitung bzw.
Weitergabe zu beseitigen. Wo letzteres nicht möglich ist, sei den Klägern
Schadenersatz und/oder eine Genugtuung unter Solidarhaftung der Beklagten
nach Massgabe durch das Gericht zuzusprechen.
Die Kläger, welche seit dem 16. September 2000 durch Rechtsanwältin Eva Nill
vertreten waren, äusserten sich in weiteren Eingaben zu aufgeworfenen
prozessualen Fragen. Ein erster Entscheid des Kantonsgerichts vom 11. Februar
2002, mit dem dieses auf die Klage wegen fehlender Parteifähigkeit der
Beklagten nicht eintrat, wurde vom Obergericht des Kantons Schaffhausen am 6.
September 2002 aufgehoben mit der Anweisung, das Verfahren, soweit es
ursprünglich gegen bestimmte Behörden gerichtet war, als Verfahren gegen die
Einwohnergemeinde Schaffhausen bzw. gegen den Kanton Schaffhausen
fortzusetzen. Mit Urteil vom 17. Februar 2003 trat das Kantonsgericht mit
modifizierter Begründung auf die Klage erneut nicht ein. Den dagegen
erhobenen Rekurs der Kläger hiess das Obergericht mit Entscheid vom 7. Mai
2004 insoweit teilweise gut, als es die vom Kantonsgericht erhobene
Staatsgebühr von Fr. 5'000.-- auf Fr. 3'000.-- sowie die von den Klägern zu
ersetzenden Barauslagen von Fr. 400.-- auf Fr. 200.-- reduzierte; im Übrigen
wies es den Rekurs ab.

X.   und Y.________ führen hiegegen beim Bundesgericht wegen Verletzung des
Willkürverbotes und des Gebotes von Treu und Glauben (Art. 9 BV) sowie von
Verfahrensgarantien (Art. 29 BV sowie Art. 6 Ziff. 1 und Art. 13 EMRK)
staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, den Entscheid des Obergerichts
vom 7. Mai 2004 aufzuheben.

2.
Die staatsrechtliche Beschwerde erweist sich aufgrund der beigezogenen Akten
des kantonalen Verfahrens als offensichtlich unbegründet und ist daher im
Verfahren nach Art. 36a OG (Verzicht auf Einholung von Vernehmlassungen,
summarische Begründung) zu erledigen:
2.1 Das Obergericht führte im angefochtenen Urteil zur Rechtfertigung des
erstinstanzlichen Nichteintretensentscheides aus, ein Geschädigter könne
Ansprüche aus dem kantonalen Haftungsgesetz nur gegen das betreffende
Gemeinwesen richten, nicht jedoch direkt gegen den einzelnen öffentlichen
Arbeitnehmer, womit die vorliegende Staatshaftungsklage, soweit sie die ins
Recht gefassten natürlichen Personen bzw. die Beschwerdegegner 3-9 betreffe,
zum vornherein nicht durchzudringen vermöge. Soweit sich die gegen diese
natürlichen Personen gerichtete Klage nicht auf das kantonale
Staatshaftungsgesetz, sondern auf andere Haftungsnormen (vormundschaftliche
Verantwortlichkeit nach Art. 430 ZGB, Klage aus Verletzung der Persönlichkeit
nach Art. 28 Abs. 1 ZGB) stütze, fehle es hiefür an der Durchführung des
vorgeschriebenen Sühneverfahrens vor dem Friedensrichter, weshalb auf die
Klage gegen diese Beklagten mangels gehöriger Verfahrenseinleitung nicht
eingetreten werden könne. Da die Kläger bewusst direkt ans Kantonsgericht
gelangt seien, bestehe kein Anlass, die Sache bezüglich der Beschwerdegegner
3-9 an den Friedensrichter weiterzuleiten (Erw. 3). Des weitern entbehrten
nach Auffassung des Obergerichts die mit der Klageschrift vom 6. März 2000
gestellten Feststellungs- und Beseitigungsbegehren auch bei Berücksichtigung
der Klagebegründung der erforderlichen Klarheit und Bestimmtheit; dasselbe
gelte mit Blick auf die unterschiedlichen Anspruchsvoraussetzungen für den
Antrag auf Schadenersatz "und/oder" Genugtuung. Da diese ungenügenden
Sachanträge von den anwaltlich vertretenen Klägern innert der hiefür
angesetzten Frist nicht verbessert worden seien und in der Replik nicht mehr
geändert werden könnten, sei das Kantonsgericht auf die Klage, auch soweit
sie sich gegen die Gemeinde und gegen den Kanton gerichtet habe, zu Recht
nicht eingetreten (Erw. 4).

2.2  Was in der Beschwerdeschrift gegen das angefochtene Urteil vorgebracht
wird, vermag den Vorwurf der Verfassungs- oder Konventionsverletzung nicht zu
begründen: Das Fehlen der erforderlichen Prozessvoraussetzungen durfte, wovon
das Obergericht zulässigerweise ausging, auch nach Inangriffnahme der
Prozessinstruktion noch festgestellt werden; von einem Verstoss gegen Treu
und Glauben kann nicht gesprochen werden. Wenn die Beschwerdeführer trotz
ungenügender Kenntnis der prozessualen Vorschriften ohne Rechtsbeistand einen
weit gefassten Haftungsprozess einleiteten, der wegen der Mangelhaftigkeit
der gestellten (komplexen) Klagebegehren nach einem aufwendigen Verfahren zu
einem kostenfälligen Nichteintretensentscheid führte, haben sie sich dies
selber zuzuschreiben. Der blosse Hinweis auf die im Zeitpunkt der
Verfahrenseinleitung noch geltende Bestimmung von Art. 68 der kantonalen
Zivilprozessordnung, wonach eine Klage gegen mehrere Streitgenossen bei einem
der zuständigen Gerichte gegen alle Streitgenossen eingereicht werden könne,
ist nicht geeignet, die Argumentation des Obergerichtes, wonach für
Forderungen gestützt auf Haftungsnormen des ZGB zuerst ein Sühneverfahren vor
dem Friedensrichter hätte durchgeführt werden müssen, unter dem
Gesichtswinkel des Willkürverbotes in Frage zu stellen. Dasselbe gilt, soweit
sich die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auf die entsprechende
Bestimmung in Art. 7 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 24. März 2000 über den
Gerichtsstand in Zivilsachen berufen, umso mehr, als dieses letztere Gesetz
gemäss Art. 1 nur für "Zivilsachen", d.h. nicht auch für kantonale
Staatshaftungsprozesse gilt und zudem intertemporal (Art. 38) hier gar nicht
zum Zuge kommen könnte. Des Weitern durfte das Obergericht ohne
Verfassungsverletzung davon ausgehen, dass die gestellten Klagebegehren so
oder anders der erforderlichen Bestimmtheit und Klarheit entbehrten, zumal
auch die eingereichte Klageschrift die nötige Spezifizierung nicht lieferte.
Der Einwand, dass spezifizierende Ausführungen allenfalls auch noch in der
ausstehenden Replik hätten enthalten sein können, schlägt unter dem
Gesichtswinkel des Willkürverbotes nicht durch. Unbehelflich ist der Hinweis
auf die Garantien von Art. 13 und Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Soweit diese
Konventionsbestimmungen hier überhaupt zur Anwendung gelangen, befreien sie
den Rechtsuchenden nicht davon, sich bei der Wahl des Verfahrens und bei der
Formulierung seiner Klagebegehren an die einschlägigen prozessualen Normen zu
halten. Da die angerufenen Gerichtsinstanzen auf die Klage aus formellen
Gründen nicht eintreten konnten, durfte ohne öffentliche Verhandlung
entschieden werden. Schliesslich lässt sich auch die Kostenregelung des
angefochtenen Urteils verfassungsrechtlich nicht beanstanden: Von einer
willkürlichen Schätzung des Streitwertes für die Bemessung der Gerichtsgebühr
kann nicht die Rede sein, und es war auch vertretbar, die Beschwerdeführer
trotz der partiellen Korrektur des unterinstanzlichen Kostenspruches für die
Verteilung der Kosten des Verfahrens vor Obergericht als im Wesentlichen
unterliegend zu behandeln.

2.3  Die staatsrechtliche Beschwerde ist somit abzuweisen. Bei diesem Ausgang
sind die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens den Beschwerdeführern
aufzuerlegen (Art. 156 OG). Das Gesuch um aufschiebende Wirkung wird mit dem
vorliegenden Entscheid in der Sache hinfällig.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird den Beschwerdeführern auferlegt,
unter solidarischer Haftung.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Schaffhausen
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 26. Juli 2004

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: