Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2P.131/2004
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2P.131/2004 /sza

Urteil vom 9. März 2005
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Betschart, Hungerbühler,
Wurzburger, Müller,
Gerichtsschreiber Moser.

1. Apothekerverband des Kantons Zürich, Rotbuchstrasse 83, 8037 Zürich,
2.A.________,
3.B.________,
4.C.________,
Beschwerdeführer,
alle vertreten durch Rechtsanwalt Prof. Dr. Tomas Poledna,

gegen

Regierungsrat des Kantons Zürich, Kaspar Escher-Haus, 8090 Zürich.

Heilmittelverordnung; Befugnis zur ärztlichen Abgabe von Medikamenten,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss des Regierungsrates des
Kantons Zürich vom 10. März 2004.

Sachverhalt:

A.
Das zürcherische Gesetz über das Gesundheitswesen vom 4. November 1962 (im
Folgenden: Gesundheitsgesetz bzw. GesG/ZH) gewährt in § 17 den Ärzten
ausserhalb der Städte Zürich und Winterthur das Recht, mit Bewilligung der
Direktion des Gesundheitswesens eine Privatapotheke zu führen. Die Tätigkeit
der Apotheker ist in §§ 23 ff. GesG/ZH geregelt. Die regierungsrätliche
Verordnung über den Verkehr mit Heilmitteln vom 28. Dezember 1978 (im
Folgenden: Heilmittelverordnung bzw. HMV/ZH) enthält in §§ 51 ff. nähere
Bestimmungen über die Privatapotheken der Ärzte. Die Inhaber von
Privatapotheken dürfen Arzneimittel nur für Patienten mitgeben, die bei ihnen
in Behandlung stehen (§ 52 HMV/ZH).

B.
In einem Urteil vom 13. Juli 1973 (publ. in: ZBl 74/1973 S. 504 ff.)
verneinte das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich das Vorliegen einer
rechtsungleichen Behandlung durch den in § 17 GesG/ZH statuierten Ausschluss
der in Zürich und Winterthur praktizierenden Ärzte von der
Selbstdispensation. Hingegen gelangte das Verwaltungsgericht im genannten
Urteil zum Schluss, das für die Ärzte in den Städten Zürich und Winterthur
geltende Selbstdispensationsverbot verstosse gegen die Handels- und
Gewerbefreiheit. Aufgrund einer Vereinbarung der Ärztegesellschaft des
Kantons Zürich mit dem Apothekerverein des Kantons Zürich wurden in der Folge
aber nur wenige Selbstdispensationsbewilligungen für Ärzte in Zürich und
Winterthur erteilt (vgl. ZBl 99/1998 S. 572-574).

C.
C.aMit Entscheid vom 26. Februar 1998 (publ. in: ZBl 99/1998 S. 568 ff.) -
betreffend das Gesuch eines HMO-Zentrums in Zürich um Erteilung der
Bewilligung zur Medikamentenabgabe - bejahte das Verwaltungsgericht aufgrund
der dahingehenden bundesgerichtlichen Rechtsprechung die grundsätzliche
Vereinbarkeit von Einschränkungen der Selbstdispensation mit der Handels- und
Gewerbefreiheit. In der Beschränkung des Verbotes auf die Städte Zürich und
Winterthur erblickte das Gericht aber einen Verstoss gegen die
Rechtsgleichheit. Der kantonale Gesetzgeber sei bei Erlass bzw. Weiterführung
der in § 17 GesG/ZH enthaltenen Regelung davon ausgegangen, die
Medikamentenabgabe sei zum Schutze der öffentlichen Gesundheit durchwegs den
Apotheken vorzubehalten, wobei in Gebieten mit ungenügender Versorgung durch
öffentliche Apotheken die Selbstdispensation trotz der damit verbundenen
Gefahren als das kleinere Übel zugelassen werden müsse. Die seit dem Jahre
1951 bestehende Abgrenzung zwischen den Städten Zürich und Winterthur
einerseits und den übrigen Gemeinden andererseits habe seinerzeit noch als
zulässige Pauschalierung gelten können. Nachdem jedoch heute in zahlreichen
Landgemeinden eine oder mehrere Apotheken bestünden, halte die in § 17
GesG/ZH getroffene räumliche Abgrenzung vor dem Rechtsgleichheitsgebot nicht
mehr stand. Aufgrund der heutigen Dichte und Verteilung von Apotheken im
Kanton Zürich bestehe für die in § 17 GesG/ZH getroffene Unterscheidung kein
vernünftiger und sachlicher Grund mehr. Ob darüber hinaus auch ein Verstoss
gegen die Gleichbehandlung der Gewerbegenossen vorliege, liess das Gericht
offen. Aufgrund akzessorischer Normenkontrolle sei § 17 GesG/ZH nicht
anzuwenden, soweit diese Bestimmung eine Selbstdispensationsbewilligung für
Ärzte in Zürich und Winterthur ausschliesse. Da es Aufgabe des Gesetzgebers
und nicht des Verwaltungsgerichts sei, die Frage der Selbstdispensation
verfassungskonform zu regeln und der Entscheidungsspielraum durch das
ergehende Urteil nicht eingeschränkt werden dürfe, sei die konkret anbegehrte
Selbstdispensationsbewilligung nur bis zum Inkrafttreten einer neuen
gesetzlichen Regelung zu erteilen, ohne dass hiefür dannzumal ein
Bestandesschutz beansprucht werden könne.

C.b Der Inhaber einer in der Nähe des obenerwähnten HMO-Zentrums gelegenen
Apotheke führte gegen dieses Urteil des Verwaltungsgerichts staatsrechtliche
Beschwerde wegen Verletzung des Willkürverbotes sowie der derogatorischen
Kraft des Bundesrechts, auf welche das Bundesgericht mit Urteil 2P.195/1998
vom 15. Juni 1999 (publ. in: ZBl 101/2000 S. 533 ff.), von gewissen
Verfahrensrügen abgesehen, mangels Legitimation des Beschwerdeführers nicht
eintrat.

D.
Die Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich bewilligte in der Folge 87
Gesuche für die Medikamentenabgabe durch Ärzte in Zürich und Winterthur. Seit
September 1998 sistierte sie die noch hängigen, zu hunderten eingegangenen
Gesuche, dies zunächst bis zum Vorliegen des bundesgerichtlichen Entscheides
vom 15. Juni 1999 bzw. bis zum Vorliegen der Begründung desselben, dann bis
zu einem Volksentscheid über die Neuregelung der Selbstdispensation. Die
dagegen beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich erhobenen Beschwerden
blieben erfolglos.
Im Frühjahr 2001 befasste sich der Kantonsrat mit der Neuregelung der
Selbstdispensation. Eine erste Vorlage, welche als Gegenvorschlag zu zwei
eingereichten und wieder zurückgezogenen Volksinitiativen der Apothekerschaft
einerseits und der Ärzteschaft andererseits konzipiert war, sah im
Wesentlichen vor, dass Ärzten die Führung einer Privatapotheke bewilligt
wird, wenn sich in einer Gemeinde keine oder im Verhältnis zur Bevölkerung zu
wenige öffentliche Apotheken befinden oder wenn diese für wesentliche Teile
der Bevölkerung schlecht erreichbar sind. Ferner war die Abgabeberechtigung
für den Fall vorgesehen, dass sich innerhalb eines Umkreises von 500 m zur
Praxis keine Apotheke befindet und der Arzt sich an den allgemeinen
medizinischen Notfalldiensten der Standesorganisationen beteiligt. Diese
Vorlage wurde von den Stimmberechtigten am 23. September 2001 mit 54 %
Neinstimmen verworfen (vgl. die Darstellung in der Vernehmlassung der
Gesundheitsdirektion).
Die Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich hielt trotz dieses Ergebnisses
die Sistierung der Gesuche um Selbstdispensation für Ärzte in Zürich und
Winterthur aufrecht, wogegen eine Gesuchstellerin erfolglos an das
Verwaltungsgericht und hernach an das Bundesgericht gelangte (Urteil
2P.225/2002 vom 26. Mai 2003).
Eine zweite, vom Regierungsrat ausgearbeitete Gesetzesvorlage sah vor, dass
Ärzte in Gemeinden ohne mindestens eine Apotheke mit durchgehender
Öffnungszeit die Abgabeberechtigung erlangen konnten. Seitens der Ärzte wurde
gegen diese vom Kantonsrat verabschiedete Gesetzesänderung das Referendum
ergriffen. In der Volksabstimmung vom 30. November 2003 wurde auch diese
Neuregelung mit einer Mehrheit von 59 % abgelehnt.

E.
Der Regierungsrat des Kantons Zürich beschloss in der Folge am 10. März 2004
eine Änderung von § 51 der Verordnung über den Verkehr mit Heilmitteln,
wonach Ärzte nunmehr im ganzen Kantonsgebiet, d.h. auch in den Städten Zürich
und Winterthur, mit Bewilligung der Gesundheitsdirektion eine Privatapotheke
führen können. Die geänderte Bestimmung lautet wie folgt:
§ 51
Zur Führung einer ärztlichen Privatapotheke ist eine Bewilligung der
Direktion des Gesundheitswesens erforderlich. Die Bewilligung wird
praxisberechtigten Ärztinnen und Ärzten sowie ambulanten gemeinnützigen
Institutionen nach § 9 der Ärzteverordnung erteilt.
Für die Einrichtungen der Privatapotheken gelten die §§ 15 bis 18 sowie 23
und 35 dieser Verordnung. Zur Behebung untergeordneter Mängel kann die
Bewilligung mit Auflagen versehen werden. Die Bewilligungen werden befristet
und auf Gesuch erneuert, wenn die Voraussetzungen fortbestehen.
Die zur Abgabe von Medikamenten berechtigten Ärztinnen, Ärzte und ambulanten
gemeinnützigen Institute sind verpflichtet, in ihren Praxisräumen an gut
sichtbarer Stelle den Hinweis anzubringen, dass die Medikamente auch gegen
Rezept in der Apotheke bezogen werden können.

F.
Der Apothekerverband des Kantons Zürich sowie drei Inhaber von in Zürich,
Winterthur und Fehraltdorf gelegenen Apotheken führen gegen diesen Beschluss
des Regierungsrates am 19. Mai 2004 staatsrechtliche Beschwerde mit dem
Antrag, die Verordnungsänderung aufzuheben. Sie rügen eine Verletzung der
Gewaltenteilung, der derogatorischen Kraft des Bundesrechts sowie der
Rechtsgleichheit und des Vertrauensschutzes. In ihrer Beschwerdeergänzung vom
17. September 2004 halten die Beschwerdeführer an ihren Vorbringen fest.
Die Gesundheitsdirektion beantragt namens des Regierungsrates, auf die
Beschwerde wegen fehlender Legitimation nicht einzutreten, eventuell die
Beschwerde abzuweisen.
Mit Verfügung vom 10. Juni 2004 erteilte der Präsident der II.
öffentlichrechtlichen Abteilung der staatsrechtlichen Beschwerde
aufschiebende Wirkung.

G.
Mit Eingabe vom 19. Mai 2004 führte eine Gruppe von Stimmberechtigten aus dem
Kanton Zürich beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde (1P.301/2004)
wegen Verletzung der politischen Rechte gemäss Art. 85 lit. a OG, mit der
ebenfalls die Aufhebung des Beschlusses des Regierungsrates über die Änderung
von § 51 der Heilmittelverordnung verlangt wird. Mit der Behandlung dieser -
bei der I. öffentlichrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts hängigen -
Beschwerde wurde bis zum Abschluss des vorliegenden Verfahrens 2P.131/2004
zugewartet.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Der Kanton Zürich kennt gegen kantonale Erlasse kein Verfahren der abstrakten
Normenkontrolle, weshalb die streitige Verordnungsänderung direkt mit
staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden kann; ein anderes
eidgenössisches Rechtsmittel steht nicht zur Verfügung. Die 30-tägige
Beschwerdefrist seit Publikation ist eingehalten.

2.
Zu prüfen ist die Legitimation der Beschwerdeführer zur staatsrechtlichen
Beschwerde.

2.1 Im Vordergrund stehen die Rügen der Verletzung der Gewaltenteilung sowie
der derogatorischen Kraft des Bundesrechts. Für beide Rügen bedarf es, auch
im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle, wo an sich eine virtuelle
Betroffenheit genügt, eines Eingriffes in rechtlich geschützte Interessen
(BGE 127 I 60 E. 2a S. 63 und E. 4 S. 68 mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer
muss durch die als bundesrechtswidrig oder kompetenzwidrig beanstandete Norm
in seiner eigenen Rechtsstellung oder in rechtlich geschützten eigenen
Interessen betroffen sein.

2.2 Die angefochtene Verordnungsvorschrift richtet sich nicht an Apotheker,
sondern an die im Kanton tätigen Ärzte. Die Beschwerdeführer (bzw. der für
sie mitrekurrierende Apothekerverband) sind insoweit nicht in der eigenen
Rechtsstellung betroffen. Sie können sich, da zwischen den Berufsgruppen der
Apotheker und der Ärzte (solange diesen der Handverkauf verwehrt bleibt)
gemäss Rechtsprechung keine direkte Konkurrenz besteht, gegenüber der
behaupteten unzulässigen Begünstigung der Ärzte auch nicht auf den Grundsatz
der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen berufen (vgl. Urteil 2P.287/2002 vom
22. Dezember 2003 betreffend Apothekerverein Schwyz, E. 2.3 mit Hinweisen).
Es besteht kein Anlass, auf diese Rechtsprechung zurückzukommen.
Seitens der Beschwerdeführer wird geltend gemacht, dass die den Ärzten durch
die angefochtene Verordnungsänderung eingeräumte erweiterte
Selbstdispensationsbefugnis in durch Normen des Bundesrechtes geschützte
Interessen der Apotheker eingreife. In seinem (eingangs zitierten) Urteil vom
15. Juni 1999, welches ebenfalls die hier streitige Frage der Zulässigkeit
der Selbstdispensation in den Städten Zürich und Winterthur betraf, hat das
Bundesgericht der Vorschrift von Art. 37 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 18.
März 1994 über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10) den Charakter einer
den Interessen der Apotheker dienenden (selbständigen) Schutznorm
abgesprochen. Im gleichen Sinne entschied es im Urteil vom 22. Dezember 2003
betreffend den Kanton Schwyz. Von dieser Rechtsprechung grundsätzlich
abzuweichen besteht kein Anlass.

2.3 Zu prüfen bleibt, ob und wieweit § 17 des zürcherischen
Gesundheitsgesetzes - mit dem die streitige Verordnungsvorschrift
offensichtlich in Widerspruch steht - von den Apothekern als
legitimationsbegründende Schutznorm angerufen werden kann. Diese
Gesetzesvorschrift steht, auch wenn ihr das Verwaltungsgericht in einem
konkreten Anwendungsfall aus Gründen der Rechtsgleichheit die Gefolgschaft
verweigert hat, nach wie vor in Kraft und kann insoweit die Funktion einer
Schutznorm immer noch erfüllen, ohne dass es darauf ankäme, ob sie mit der
Rechtsgleichheit vereinbar ist; letzteres wäre eine Frage der materiellen
Beurteilung.

2.3.1 In BGE 119 Ia 433 E. 2c S. 437 f. hat das Bundesgericht einer
Gesetzesvorschrift des Kantons Schaffhausen, welche die Bewilligung der
Selbstdispensation durch Ärzte nur zuliess, soweit dies "für die ärztliche
Betreuung der Bevölkerung notwendig ist", den Charakter einer Schutznorm
zugunsten der Apotheker zuerkannt. Die Bestimmung wolle die genügende
Medikamentenversorgung der Bevölkerung sichern, indem sie Apotheken unter
gewissen Voraussetzungen vor der Konkurrenz durch selbstdispensierende Ärzte
schütze. Dieser Konkurrenzschutz sei zwar nicht das eigentliche Ziel der
Norm, sondern nur ein Mittel zur Erreichung des mit ihr verfolgten Zweckes.
Er sei aber nicht eine blosse faktische Reflexwirkung, sondern vom
Gesetzgeber durchaus beabsichtigt. Die betroffenen Apotheken hätten damit ein
rechtlich geschütztes Interesse an der Einhaltung der gesetzlichen
Voraussetzungen für die Zulassung der Selbstdispensation.
Das Bundesgericht nahm bei der Beurteilung der staatsrechtlichen Beschwerde
gegen das Urteil des zürcherischen Verwaltungsgerichts vom 26. Februar 1998,
worin dieses § 17 des kantonalen Gesundheitsgesetzes die Gefolgschaft
verweigerte und allen kantonalen Ärzten einen (bis zu einer gesetzlichen
Neuordnung befristeten) Anspruch auf Zulassung der Selbstdispensation
zuerkannte, auf die erwähnte Rechtsprechung zur Schaffhauser Regelung Bezug.
Es erblickte aber einen wesentlichen Unterschied der in § 17 des
zürcherischen Gesundheitsgesetzes enthaltenen Vorschrift darin, dass diese
Bestimmung, indem sie die Selbstdispensation in einem Kantonsteil generell
zulasse und im andern Kantonsteil (Zürich/Winterthur) generell verbiete,
nicht spezifisch darauf ausgelegt sei, den Weiterbestand des vorhandenen
Apothekennetzes zu schützen oder den Ausbau desselben zu fördern. Der aus §
17 GesG/ZH für die Apotheken (in Zürich und Winterthur) resultierende Vorteil
sei hier, anders als nach der Ordnung des Kantons Schaffhausen, eine blosse
(ungewollte) faktische Reflexwirkung, die als solche kein rechtlich
geschütztes Interesse zu begründen vermöge (zit. Urteil 2P.195/1998, publ. in
ZBl 101/2000 S. 533 ff., E. 3d/aa).

2.3.2 Es fragt sich, wieweit an dieser Betrachtungsweise festgehalten werden
kann. § 17 GesG/ZH ist zwar nicht direkt auf die Erhaltung oder den Ausbau
des bestehenden Apothekennetzes ausgerichtet, indem er die Zulassung der
Selbstdispensation nach einer räumlichen Zweiteilung des Kantonsgebietes
entweder generell zulässt oder generell verbietet, ohne auf die jeweils
vorhandenen Versorgungsmöglichkeiten durch die bestehenden Apotheken bzw. auf
die tatsächliche Bedürfnislage abzustellen. Das Gesetz nimmt aber in klarer
Weise eine Aufgabenteilung vor, indem es für das Gebiet der beiden grossen
Städte die Medikamentenversorgung ausschliesslich den Apotheken vorbehält. Zu
beachten ist in diesem Zusammenhang Art. 37 Abs. 3 KVG, wonach die Kantone
bei der Zulassung der Selbstdispensation die Zugangsmöglichkeiten zu
öffentlichen Apotheken zu berücksichtigen haben. Zwar erscheint diese
bundesrechtliche Vorschrift, wie das Bundesgericht in seinem Entscheid vom
15. Juni 1999 (E. 3d/bb, in: ZBl 101/2000 S. 537/38) festgestellt und in
einem späteren Urteil 2P.287/2002 vom 22. Dezember 2003, E. 2.3 (betreffend
die Ordnung des Kantons Schwyz) bestätigt hat, zu allgemein, um für sich
allein als Schutznorm gegenüber der Zulassung der Selbstdispensation
angerufen werden zu können. In Verbindung mit dieser - wenn auch lange nach
Erlass des zürcherischen Gesundheitsgesetzes in Kraft getretenen - Vorschrift
von Art. 37 Abs. 3 KVG, welche die Aufgabenteilung zwischen Apotheken und
Ärzten für die Leistungserbringung im Rahmen der Krankenversicherung als
anzustrebendes Ziel zum Ausdruck bringt, kann jedoch der in § 17 des
zürcherischen Gesundheitsgesetzes getroffenen Ordnung, was den Ausschluss der
Selbstdispensation in den Städten Zürich und Winterthur anbelangt, objektiv
die Funktion einer Schutznorm zugunsten der in diesen Städten gelegenen
Apotheken zuerkannt werden. Insoweit ist an der im Urteil vom 15. Juni 1999
erfolgten Beurteilung der Legitimationsfrage nicht festzuhalten. Die
Apotheker in den Städten Zürich und Winterthur haben ein rechtlich
geschütztes Interesse, zu verlangen, dass das vom Gesetzgeber für diesen Teil
des Kantons statuierte Selbstdispensationsverbot eingehalten und die
Medikamentenverteilung dementsprechend ausschliesslich den Apotheken
überlassen wird.
Festzuhalten ist jedoch - wie vorausgeschickt (oben E. 2.2 in fine) - an der
bisherigen Rechtsprechung insoweit, als Art. 37 Abs. 3 KVG nicht als
Schutznorm gegenüber Anordnungen des kantonalen Gesetzgebers angerufen werden
kann. Die im Urteil 2P.287/2002 vom 22. Dezember 2002 betreffend den Kanton
Schwyz sowie in dem mit heutigem Datum ergangenen Entscheid betreffend den
Kanton Solothurn (2P.324/2003) erfolgte Beurteilung der Legitimationsfrage
wird durch die geänderte Einschätzung der Tragweite von § 17 des
zürcherischen Gesundheitsgesetzes nicht in Frage gestellt.

2.4 Auf die staatsrechtliche Beschwerde ist nach dem Gesagten einzutreten.
Die Beschwerdeführer 2 und 3 sind als Inhaber von in Zürich bzw. Winterthur
gelegenen Apotheken durch die angefochtene Verordnungsänderung in ihren
rechtlich geschützten Interessen direkt betroffen; die Beschwerdeführerin 4,
welche eine ausserhalb der beiden Städte gelegene Apotheke betreibt und eines
Tages auf Stadtgebiet eine Apotheke eröffnen könnte, ist zumindest virtuell
betroffen (sofern man nicht schon im Wegfall der Ausführung von
Verschreibungen durch Ärzte aus den Stadtgebieten eine unmittelbare
Betroffenheit erblicken will); der mitrekurrierende Apothekerverband vertritt
gemäss Art. 2 seiner Statuten u. a. die Interessen seiner Mitglieder
gegenüber den Behörden und erscheint, da eine Grosszahl der ihm
angeschlossenen Apotheker durch die Aufhebung des Selbstdispensationsverbotes
für das Gebiet Zürich und Winterthur direkt oder virtuell betroffen ist,
ebenfalls als zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert.

3.
3.1 Die angefochtene Verordnungsänderung, durch welche die Befugnis zur
Selbstdispensation entgegen § 17 GesG/ZH auch den Ärzten in Zürich und
Winterthur zuerkannt wird, hält vor dem Grundsatz der Gewaltentrennung nur
stand, sofern die in der genannten Gesetzesbestimmung vorgenommene
Unterscheidung zwischen Ärzten in den beiden Städten Zürich und Winterthur
einerseits und jenen im übrigen Kantonsgebiet andererseits, wie im Urteil des
zürcherischen Verwaltungsgerichts vom 26. Februar 1998 seinerzeit angenommen,
tatsächlich gegen das Rechtsgleichheitsgebot verstösst und daher nicht zur
Anwendung gelangen darf. Der genannte Verwaltungsgerichtsentscheid ist zwar
damals beim Bundesgericht - wegen Verneinung der Legitimation - erfolglos
angefochten worden und in Rechtskraft erwachsen. Er beinhaltete jedoch
lediglich eine inzidente Kontrolle der Verfassungsmässigkeit von § 17
GesG/ZH, welcher formell nach wie vor in Kraft steht, weshalb das Ergebnis
der damaligen Prüfung das Bundesgericht für das vorliegende Verfahren nicht
bindet. Ob § 17 GesG/ZH mit dem Rechtsgleichheitsgebot vereinbar ist,
beurteilt das Bundesgericht mit freier Kognition (BGE 126 I 180 E. 2a S. 182
mit Hinweisen), und zwar aufgrund der heutigen Verhältnisse.

3.2 Es ist zuzugeben, dass die in § 17 GesG/ZH bezüglich des räumlichen
Geltungsbereiches des Selbstdispensationsverbotes getroffene Unterscheidung
sehr pauschal erscheint. Die vorgenommene räumliche Abgrenzung vermag
insofern nicht zu befriedigen, als heute auch andere grosse Gemeinden im
Kanton ein relativ dichtes Netz von Apotheken aufweisen und damit bezüglich
der Medikamentenversorgung durch öffentliche Apotheken in gewissen Gebieten
ausserhalb von Zürich und Winterthur ähnliche Verhältnisse wie in den
genannten Städten bestehen können. Eine feinere räumliche Abgrenzung - falls
überhaupt an einer abstrakten gebietsweisen Umschreibung des
Geltungsbereiches der beiden Regimes festgehalten und nicht, wie in den
beiden abgelehnten Gesetzesvorlagen vorgesehen, auf eine an die jeweilige
lokale Versorgungslage anknüpfende Regelung umgestellt wird - wäre daher
wünschbar. Damit ist aber noch nicht gesagt, dass die in § 17 GesG/ZH
festgelegte Abgrenzung aufgrund der heutigen Verhältnisse geradezu als
verfassungswidrig einzustufen ist. Dem Gesetzgeber sind schematische
Aufteilungen, wenn sie tendenziell vernünftig und sachgerecht erscheinen,
nicht verwehrt. Die in § 17 GesG/ZH vorgenommene gebietsmässige Aufteilung
hat insofern nach wie vor ihre Berechtigung, als jedenfalls in den beiden
grossen Städten Zürich und Winterthur ein dichtes und durch öffentliche
Verkehrsmittel gut erschlossenes Apothekennetz besteht, so dass für dieses
Gebiet das Bedürfnis nach ärztlicher Selbstdispensation zulässigerweise
generell verneint werden darf, während im übrigen Kantonsgebiet die
Versorgungsmöglichkeit mit Medikamenten tendenziell nicht im gleichen Masse
gewährleistet ist. Wohl mögen die Verhältnisse, was die Apothekendichte und
die Erschliessung durch öffentliche Verkehrsmittel anbelangt, in gewissen
Gebieten sich von jenen in den beiden grossen Städten kaum mehr
unterscheiden, und die Versorgungslage, welcher der Gesetzgeber mit § 17
GesG/ZH Rechnung tragen wollte, dürfte sich im Laufe der Zeit auch insgesamt
wesentlich geändert haben. Bevor jedoch der vom Gesetzgeber in § 17 GesG/ZH
getroffenen Unterscheidung aus Gründen der Rechtsgleichheit die
Verbindlichkeit abgesprochen wird, sind - unter dem Gesichtspunkt des
Verhältnismässigkeitsgebotes - die damit verbundenen Konsequenzen abzuwägen.
Sowohl die generelle Zulassung der ärztlichen Selbstdispensation im ganzen
Kantonsgebiet (so die Rechtsfolge nach der im Urteil des zürcherischen
Verwaltungsgerichts vom 26. Juni 1998 vertretenen Betrachtungsweise, welcher
der Regierungsrat mit der angefochtenen Verordnungsänderung nach der
Ablehnung der beiden Gesetzesvorlagen folgen möchte) als auch die als
Alternative ebenfalls in Betracht fallende Ausdehnung des für die beiden
Städte statuierten Selbstdispensationsverbotes auf den ganzen Kanton
widersprächen klar dem Willen des historischen Gesetzgebers, wie er in § 17
GesG/ZH zum Ausdruck kommt. Eine Änderung des heutigen Zustandes in die eine
oder andere Richtung hätte aber auch weitreichende sachliche Konsequenzen;
die dadurch neu geschaffenen und nicht mehr ohne weiteres reversiblen
Verhältnisse könnten mit den Intentionen des heutigen kantonalen
Gesetzgebers, welche aufgrund des Ergebnisses der kürzlich durchgeführten
Abstimmungen über die beiden gescheiterten Gesetzesvorlagen nicht ohne
weiteres erkennbar sind, kollidieren. Andererseits ist zu beachten, dass die
Ungereimtheiten der heutigen räumlichen Abgrenzung des
Selbstdispensationsverbotes unter dem Gesichtswinkel der Rechtsgleichheit wie
auch des Gebotes der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen insofern nicht
schwer ins Gewicht fallen, als sie nicht den Kern der ärztlichen Tätigkeit,
sondern nur einen potentiellen Nebenbereich derselben betreffen, welcher
aufgrund der ausbildungsbedingten Aufgabenteilung zwischen Ärzten und
Apothekern so oder so von untergeordneter Bedeutung bleiben muss und
legitimerweise nicht zu einem wichtigen Teil der ärztlichen Erwerbstätigkeit
werden darf. Eine Abwägung dieser Umstände führt zum Schluss, dass die in §
17 GesG/ZH festgelegte Regelung, auch wenn sie mit nicht unbedenklichen
Mängeln behaftet ist, weiterhin Geltung beanspruchen darf, solange der
zuständige kantonale Gesetzgeber keine neue Ordnung beschlossen hat. Damit
ist zugleich gesagt, dass für die streitige Verordnungsänderung - welche den
aufgrund des Verwaltungsgerichtsurteils vom 26. Januar 1998 geschaffenen
"faktischen" Rechtszustand gleichsam kodifizieren will - kein Raum besteht.
Die angefochtene neue Verordnungsvorschrift ist in Gutheissung der
staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung des Grundsatzes der
Gewaltentrennung aufzuheben. Eine Behandlung der weiteren Rügen erübrigt
sich.

4.
Der Kanton Zürich ist von der Tragung von Gerichtskosten befreit, da er im
vorliegenden Streitfall keine Vermögensinteressen verfolgt (Art. 156 OG). Er
hat jedoch den obsiegenden Beschwerdeführern für das bundesgerichtliche
Verfahren eine Parteientschädigung auszurichten (Art. 159 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen und der Beschluss des
Regierungsrates des Kantons Zürich vom 10. März 2004 betreffend Änderung von
§ 51 der Verordnung vom 28. Dezember 1978 über den Verkehr mit Heilmitteln
wird aufgehoben.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Der Kanton Zürich hat die Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 10'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern und dem Regierungsrat sowie (zur
Kenntnisnahme) dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 9. März 2005

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: