Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2P.123/2004
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2P.123/2004/mks
2A.291/2004

Urteil vom 21. Oktober 2004
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Betschart, Müller,
Gerichtsschreiber Hatzinger.

X. _________,
Beschwerdeführerin,

gegen

Steuerverwaltung des Kantons Luzern, Buobenmatt 1, 6002 Luzern,
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Abgaberechtliche Abteilung,
Obergrundstrasse 46, 6002 Luzern.

2A.291/2004
Direkte Bundessteuer 1999/2000,

2P.123/2004
Art. 29 BV (Staats- und Gemeindesteuern 1999/2000),

Verwaltungsgerichtsbeschwerde (2A.291/2004) und staatsrechtliche Beschwerde
(2P.123/2004) gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom
19. April 2004.

Sachverhalt:

A.
X. _________ ist Eigentümerin mehrerer Liegenschaften in Luzern, auf denen
sie in den Jahren 1999 und 2000 Mietzinsausfälle von insgesamt Fr. 421'165.--
erlitt. Nach einem Einspracheverfahren veranlagte die zuständige
Steuerbehörde sie am 19. September 2001 für die Steuerperiode 1999/2000 mit
einem steuerbaren Einkommen von Fr. 268'900.-- (Staats- und Gemeindesteuern)
und Fr. 354'900.-- (direkte Bundessteuer) sowie mit einem steuerbaren
Vermögen von Fr. 5'628'000.--; die Mietzinsausfälle wurden dabei nicht
berücksichtigt. Am 31. Oktober 2001 verlangte die Steuerpflichtige eine
Revision der Steuerveranlagung 1999/2000 unter Berücksichtigung der
Mietzinsausfälle. Dieses Ersuchen wurde am 7. Oktober 2002 abgewiesen. Das
entsprechende Einspracheverfahren blieb erfolglos.

B.
Am 20. August 2003 gelangte die Steuerpflichtige an das Verwaltungsgericht
des Kantons Luzern, welches die Beschwerde mit Urteil vom 19. April 2004
abwies.

C.
Am 18. Mai 2004 hat X._________ beim Bundesgericht
Verwaltungsgerichtsbeschwerde und staatsrechtliche Beschwerde eingereicht.
Sie beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und verlangt
"für beide Veranlagungen eine Berücksichtigung im Sinne meiner Anträge in der
Beschwerde anzuordnen".

Gemäss Antrag der Steuerverwaltung des Kantons Luzern sind die beiden
Beschwerden abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Das Verwaltungsgericht
des Kantons Luzern, Abgaberechtliche Abteilung, und die Eidgenössische
Steuerverwaltung beantragen, die Beschwerde abzuweisen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die mit einer Rechtsschrift erhobenen Beschwerden betreffen die gleichen
Parteien, richten sich gegen denselben Entscheid und werfen im Wesentlichen
übereinstimmende Rechtsfragen auf. Es rechtfertigt sich deshalb, sie
gemeinsam zu behandeln und zu diesem Zweck die Verfahren zu vereinigen.

2.
Die Beschwerdeführerin rügt eine verfassungswidrige Anwendung von § 251 des
luzernischen Steuergesetzes vom 22. November 1999 (StG/LU) und sinngemäss von
Art. 218 des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte
Bundessteuer (DBG; SR 641.11). Beide Bestimmungen regeln den Wechsel der
zeitlichen Bemessung der Einkommenssteuer der natürlichen Personen, mithin
die Besteuerung ausserordentlicher Einkünfte. Betroffen sind hier die Steuern
der Periode 1999 und 2000.

Wie das Bundesgericht in einem Urteil vom 16. September 2003 (2P.202/2002 E.
2) entschieden hat, ist für die kantonalen Steuern in dieser Frage
ausnahmsweise nicht die staatsrechtliche Beschwerde, sondern die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gemäss Art. 73 des Bundesgesetzes vom 14.
Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und
Gemeinden (Steuerharmonisierungsgesetz, StHG; SR 642.14) zu ergreifen: Nach
Art. 69 StHG muss das kantonale Recht insoweit bereits ab dem 1. Januar 1999
und somit vor Ablauf der allgemeinen achtjährigen Übergangsfrist (per 1.
Januar 2001; vgl. Art. 72 Abs. 1 und 2 StHG) harmonisiert sein (vgl. auch die
Urteile 2P.199/2003 vom 21. Januar 2004, E. 2; 2P.189/2003 vom 13. April
2004, E. 2). Auf die staatsrechtliche Beschwerde kann daher nicht eingetreten
werden (vgl. Art. 84 Abs. 2 OG; BGE 128 II 56 E. 1c S. 59 f.); sie ist indes
als Verwaltungsgerichtsbeschwerde entgegenzunehmen.

Ob die für beide Beschwerden gleichlautende Beschwerdeschrift den
gesetzlichen Anforderungen an klare Begehren genügt (vgl. Art. 108 Abs. 2 und
3 OG), kann offen bleiben, da sich die Eingabe - wie sich aus den folgenden
Erwägungen ergibt - so oder anders als unbegründet erweist.

3.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, das Verwaltungsgericht des Kantons
Luzern sei auf ihren Einwand nicht eingegangen, der Fiskus berücksichtige
sämtliche Möglichkeiten der Besteuerung ausserordentlicher Einkünfte in der
Übergangsperiode, hingegen nicht auch ausserordentliche Einkommensausfälle.
Hierin liege eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör.

Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) folgt die
grundsätzliche Pflicht, einen Entscheid zu begründen. Die Begründung muss so
abgefasst sein, dass der Betroffene den Entscheid sachgerecht anfechten kann.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör verlangt indessen nicht, dass sich die
Behörde mit jeder tatbeständlichen Behauptung und jedem rechtlichen Einwand
im Einzelnen auseinandersetzt; vielmehr kann sie sich auf die für den
Entscheid wesentlichen Gesichtspunkte beschränken (BGE 129 I 232 E. 3.2 S.
236 mit Hinweisen; 126 I 97 E. 2b S. 102 f.; Pra 2002 Nr. 119 S. 680 f. E.
2.2). Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Urteil. Die Vorinstanz hat
sich einlässlich mit den entscheidwesentlichen Fragen befasst; sie musste
dabei nicht auf jedes einzelne Argument detailliert eingehen. Die
entsprechende Rüge erweist sich demzufolge als unbegründet.

4.
4.1 Ausserordentliche Einkünfte, die in der Steuerperiode vor dem Wechsel der
zeitlichen Bemessung oder in einem Geschäftsjahr erzielt werden, das in
dieser Periode abgeschlossen wird, unterliegen in dem Steuerjahr, in dem sie
zugeflossen sind, einer vollen Jahressteuer (vgl. Art. 69 Abs. 2 StHG, der im
Wesentlichen § 251 Abs. 2 StG/LU sowie Art. 218 Abs. 2 DBG entspricht). In
Bezug auf den Begriff der "ausserordentlichen Einkünfte" weichen Art. 69 Abs.
3 StHG und § 251 Abs. 3 StG/LU sowie Art. 218 Abs. 3 DBG nicht voneinander
ab. Mit der Sonderbesteuerung zu erfassen sind insoweit namentlich auch
aperiodische Vermögenserträge. In der Bemessungslücke angefallene
Einkommensminderungen sind, auch wenn sie als ausserordentlich zu gelten
haben, nach der klaren bundesgesetzlichen Regelung, die für das Bundesgericht
verbindlich ist (Art. 191 BV), nicht zu berücksichtigen. Demgegenüber können
periodische Vermögenserträge auch bei überdurchschnittlicher Höhe nicht als
ausserordentliche Einkünfte im Sinne der genannten Regelungen besteuert
werden.

Vor diesem Hintergrund hat das Verwaltungsgericht die streitigen
Mietzinsausfälle zu Recht steuerlich nicht berücksichtigt: Weder die
kantonalrechtlichen noch die bundesgesetzlichen Bestimmungen bieten hierfür
eine Grundlage. So ist es entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin
nicht möglich, die Mindereinnahmen als "Negativ-Einkünfte" zu erfassen und
den entsprechenden Betrag gutzuschreiben.

4.2 Was die Beschwerdeführerin weiter einwendet, überzeugt ebenfalls nicht:
4.2.1Sie erblickt eine rechtsungleiche Behandlung darin, dass
ausserordentliche Einkünfte in der Übergangsperiode namentlich gemäss § 251
Abs. 3 StG/LU besteuert werden, "Negativ-Einkünfte" wie ihre Mietzinsausfälle
jedoch unberücksichtigt blieben. Aufgrund der Ausfälle führe der
Systemwechsel bei ihr zu einem Härtefall.

Die Beschwerdeführerin verkennt, dass es sich bei § 251 Abs. 3 StG/LU bzw.
Art. 69 Abs. 3 StHG sowie Art. 218 Abs. 3 DBG um Besteuerungstatbestände
handelt, die aufgrund ihres klaren Sinnes keinen Raum lassen,
Einkommensminderungen in der Bemessungslücke zu erfassen. Das Bundesgericht
als rechtsanwendende Behörde ist an diese Vorgabe gebunden (Art. 191 BV). Im
Übrigen könnten Mietzinserträge als periodische Vermögenserträge auch bei
überdurchschnittlicher Höhe nicht als ausserordentliche Einkünfte im Sinne
der genannten gesetzlichen Regelungen besteuert werden, womit ohnehin keine
rechtsungleiche Behandlung vorliegt. Schliesslich behauptet die
Beschwerdeführerin selbst nicht, dass es sich bei den Mietzinsausfällen um
ausserordentliche Aufwendungen handelt, die nach Art. 69 Abs. 4 und 5 StHG
sowie § 251 Abs. 4 und 5 StG/LU bzw. Art. 218 Abs. 4 und 5 DBG abgezogen
werden können.

4.2.2 Die Beschwerdeführerin verlangt auch vergeblich eine
Zwischenveranlagung, wie sie bei Erwerbsunterbrüchen selbständig Erwerbender
vorgesehen ist. Nach Art. 45 lit. b DBG erfolgt eine solche bei dauernder und
wesentlicher Änderung der Erwerbsgrundlagen infolge Aufnahme oder Aufgabe der
Erwerbstätigkeit oder Berufswechsels. Einkommensminderungen, die von
Mietzinsausfällen herrühren, stellen damit keinen Grund für eine
Zwischenveranlagung dar. Nichts anderes folgt aus der entsprechenden
kantonalrechtlichen Regelung (vgl. § 112 des alten luzernischen Gesetzes vom
27. Mai 1946 über die direkten Staats- und Gemeindesteuern); wie das
Verwaltungsgericht zutreffend festgehalten hat, fehlt es für eine
Zwischenveranlagung an einer gesetzlichen Grundlage.

5.
Nach dem Gesagten ist auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht einzutreten;
die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten
ist.

Dem Verfahrensausgang entsprechend wird die unterliegende Beschwerdeführerin
kostenpflichtig (Art. 153, 153a und 156 Abs. 1 OG). Es sind keine
Parteientschädigungen geschuldet (vgl. Art. 159 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verfahren 2P.123/2004 und 2A.291/2004 werden vereinigt.

2.
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten.

3.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

4.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 5'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

5.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Steuerverwaltung und dem
Verwaltungsgericht des Kantons Luzern sowie der Eidgenössischen
Steuerverwaltung schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 21. Oktober 2004

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: