Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.91/2004
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1P.91/2004 /gij

Urteil vom 20. August 2004

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesgerichtspräsident Aemisegger, Präsident,
Bundesrichter Aeschlimann, Féraud,
Gerichtsschreiberin Gerber.

Stadt Zürich,
Beschwerdeführerin, handelnd durch die Amtsstelle für Reklameanlagen, Amt für
Städtebau, diese vertreten durch den Leiter der Rechtsabteilung des
Hochbaudepartements, Amtshaus IV, Lindenhofstrasse 19, Postfach, 8021 Zürich,

gegen

CAC City Advertising Company, Beschwerdegegnerin, vertreten durch
Rechtsanwältin Carmen Walker Späh,
Baurekurskommission I des Kantons Zürich, Neue Börse, Selnaustrasse 32, 8001
Zürich,
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer, Postfach
1226, 8021 Zürich.

Parteientschädigung,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer, vom 16. Oktober 2003.

Sachverhalt:

A.
Das Amt für Städtebau der Stadt Zürich verweigerte mit Verfügung vom 4. April
2002 der CAC City Advertising Company die Baubewilligung für die Errichtung
von drei Plakatwerbestellen auf einem Grundstück in Zürich-Wollishofen.

Gegen diese Verfügung legte die CAC City Advertising Company Rekurs ein. Die
Baurekurskommission I des Kantons Zürich hiess den Rekurs am 7. Februar 2003
gut. Den Antrag der CAC City Advertising Company auf Zusprechung einer
Umtriebsentschädigung wies sie dagegen ab.

B.
Die CAC City Advertising Company erhob gegen den Rekursentscheid Beschwerde
an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich und beantragte, ihr eine
angemessene Parteientschädigung für das vorinstanzliche Verfahren
zuzusprechen.

Mit Entscheid vom 16. Oktober 2003 hiess das Verwaltungsgericht die
Beschwerde gut und verpflichtete die Stadt Zürich, der CAC City Advertising
Company für das Verfahren vor der Baurekurskommission eine
Parteientschädigung von Fr. 1'000.-- zu bezahlen. Zudem verpflichtete es die
Stadt Zürich zu einer Parteientschädigung von Fr. 400.-- für das
verwaltungsgerichtliche Verfahren.

C.
Die Stadt Zürich hat gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts beim
Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Sie beantragt, der
angefochtene Entscheid sei in Bezug auf die ihr auferlegte Pflicht zur
Bezahlung einer Parteientschädigung an die CAC City Advertising Company für
das Rekursverfahren vor der Baukommission und für das Beschwerdeverfahren vor
dem Verwaltungsgericht aufzuheben.

D.
Die CAC City Advertising Company beantragt, auf die Beschwerde nicht
einzutreten, eventuell sie abzuweisen. Das Verwaltungsgericht schliesst auf
Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Die
Baurekurskommission I hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1  Der angefochtene Entscheid ist in Anwendung von kantonalem Recht
ergangen. Es handelt sich um einen kantonal letztinstanzlichen Endentscheid
im Sinn von Art. 86 und 87 OG, gegen den die staatsrechtliche Beschwerde
zulässig ist.

1.2  Die staatsrechtliche Beschwerde ist ein Rechtsmittel zum Schutz
verfassungsmässiger Rechte gegen Übergriffe der Staatsgewalt. Solche Rechte
stehen grundsätzlich nur dem Bürger zu, nicht aber dem Gemeinwesen als
Inhaber hoheitlicher Gewalt. Öffentlichrechtliche Körperschaften, die selber
als Hoheitsträger handeln, können gegen Hoheitsakte anderer Staatsorgane
grundsätzlich nicht staatsrechtliche Beschwerde führen.

Eine Ausnahme besteht insofern, als sie sich gegen eine Verletzung ihrer
durch das kantonale Recht gewährleisteten Autonomie oder Bestandesgarantie
zur Wehr setzen. Ausserdem sind öffentlichrechtliche Körperschaften zur
staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert, wenn sie nicht hoheitlich handeln,
sich auf dem Boden des Privatrechts bewegen oder sonst wie als dem Bürger
gleichgeordnete Rechtssubjekte auftreten und durch den angefochtenen Akt wie
eine Privatperson betroffen werden. Ob diese Voraussetzungen erfüllt sind,
bestimmt sich nicht in erster Linie danach, mit wem die Körperschaft in einem
Rechtsverhältnis steht, sondern aufgrund der Rechtsnatur des Verhältnisses,
das der Auseinandersetzung zugrunde liegt (BGE 120 Ia 95 E. 1a S 96 f. mit
Hinweisen).

1.3  Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht hauptfrageweise über die
umstrittene Parteientschädigung entschieden. Diesem Entscheid liegt ein
baurechtliches Verfahren zugrunde, in welchem streitig war, ob die geplanten
Plakatwerbeträger die Voraussetzungen von § 238 des Zürcher Planungs- und
Baugesetzes vom 7. September 1975 (PGB) erfüllen. Diese Bestimmung verlangt,
dass Bauvorhaben für sich und in ihrem Zusammenhang mit der baulichen und
landschaftlichen Umgebung eine befriedigende Gesamtwirkung erzeugen.

Die städtische Baubehörde war der Ansicht, das Vorhaben erfülle diese
gestalterischen Voraussetzungen nicht. Die Baurekurskommission entschied
jedoch anders und erteilte die Baubewilligung. Die Stadt Zürich war somit als
Trägerin hoheitlicher Gewalt am Rechtsmittelverfahren beteiligt. Sie ist
durch den sie belastenden Parteikostenspruch in dieser Stellung betroffen und
nicht etwa wie eine Privatperson. Daher ist sie nur insoweit zur
Beschwerdeführung befugt, als sie eine Verletzung ihrer Autonomie geltend
macht.

1.4  Soweit sie unter Hinweis auf den nicht veröffentlichten
Bundesgerichtsentscheid 1P.270/2003 vom 19. August 2003 eine weitergehende
Beschwerdebefugnis beansprucht, kann darauf nicht eingetreten werden. In
jenem Fall war die Stadt Zürich als Eigentümerin einer Scheune, deren
Unterschutzstellung streitig war, im Rechtsmittelverfahren Partei und somit
wie eine Privatperson betroffen. Vorliegend ist die Stadt Zürich in ihrer
Eigenschaft als Trägerin hoheitlicher Befugnisse im Baubewilligungsverfahren
berührt und als solche legitimiert, eine Verletzung ihrer Autonomie zu rügen
(Art. 189 Abs. 1 lit. b BV). Ob ihr im vorliegend interessierenden Bereich
tatsächlich Autonomie zusteht, ist nicht eine Frage des Eintretens, sondern
der materiellen Beurteilung (BGE 129 I 410 E. 1.1 S. 412 mit Hinweisen).

2.
Art. 50 Abs. 1 BV gewährleistet die Gemeindeautonomie nach Massgabe des
kantonalen Rechts. Art. 48 der zürcherischen Kantonsverfassung vom 18. April
1869 räumt den Gemeinden das Recht ein, ihre Angelegenheiten innerhalb der
Schranken der Verfassung und Gesetze selbständig zu ordnen. Eine Gemeinde ist
in einem Sachbereich autonom, wenn das kantonale Recht diesen nicht
abschliessend ordnet, sondern ihn ganz oder teilweise der Gemeinde zur
Regelung überlässt und ihr dabei eine relativ erhebliche
Entscheidungsfreiheit einräumt (BGE 128 I 3 E. 2a S. 8 mit Hinweisen). Der
geschützte Autonomiebereich kann sich auf die Befugnis zum Erlass oder
Vollzug eigener kommunaler Vorschriften beziehen oder einen entsprechenden
Spielraum bei der Anwendung des kantonalen oder eidgenössischen Rechts
betreffen. Voraussetzung ist jedoch, dass der erstinstanzliche Vollzug der
Gemeinde übertragen ist und die Art der zu regelnden Materie für ein
Selbstbestimmungsrecht der einzelnen Gemeinde Raum lässt. Der Schutz der
Gemeindeautonomie setzt eine solche nicht in einem ganzen Aufgabenbereich,
sondern lediglich im streitigen Bereich voraus (BGE 124 I 223 E. 2b S. 227).

3.
Bei der Anwendung von § 238 PBG kommt den kommunalen Baubehörden eine
erhebliche Entscheidungsfreiheit zu. Vorliegend ist jedoch nicht die
Anwendung dieser baurechtlichen Norm umstritten, sondern die Tragweite von §
17 Abs. 2 lit. a des Gesetzes vom 24. Mai 1959 über den Rechtsschutz in
Verwaltungssachen (VRG).
Gemäss § 17 Abs. 1 VRG werden im nichtstreitigen, erstinstanzlichen Verfahren
keine Parteientschädigungen zugesprochen. Im Verfahren vor Rekursbehörden und
vor Verwaltungsgericht kann nach § 17 Abs. 2 VRG die unterliegende Partei
oder Amtsstelle zu einer angemessenen Entschädigung für Umtriebe ihres
Gegners verpflichtet werden, namentlich wenn die in lit. a oder lit. b
genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

Die Zusprechung von Parteientschädigungen erfolgt somit nach kantonalem
Verwaltungsverfahrensrecht und ist Sache der kantonalen Rekursbehörden sowie
des Verwaltungsgerichts. Sie betrifft keine kommunale Zuständigkeit, weshalb
sich die Frage nach einem autonomierechtlich geschützten
Entscheidungsspielraum gar nicht stellt. Es ist auch nicht ersichtlich,
inwiefern Gemeinden durch die Auferlegung von Parteientschädigungen in ihrem
Bestand gefährdet werden könnten.

Der Stadt Zürich kommt im Sachbereich, der Gegenstand des angefochtenen
Entscheids bildet, keine Autonomie zu. Die Rüge der Autonomieverletzung
erweist sich somit als unbegründet. Ausserhalb der Autonomiebeschwerde kann
sich die Stadt Zürich nicht auf Art. 9 BV berufen.

4.
Die staatsrechtliche Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit auf sie
eingetreten werden kann.

Dem Verfahrensausgang entsprechend wird die Stadt Zürich verpflichtet, die
Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen (Art.
159 Abs. 2 OG). Die Beschwerdegegnerin macht eine Entschädigung von Fr.
4'821.-- (inklusive Spesen und Mehrwertsteuer) geltend. In Berücksichtigung
der bundesgerichtlichen Bemessungsgrundsätze wird die Entschädigung auf Fr.
2'500.-- festgesetzt. Es sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 156 Abs.
2 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Die Stadt Zürich hat die Beschwerdegegnerin, CAC City Advertising Company,
für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Baurekurskommission I des Kantons Zürich
und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 20. August 2004

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: