Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.77/2004
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1P.77/2004 /sta

Urteil vom 9. August 2004

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesgerichtspräsident Aemisegger, Präsident,
Bundesgerichtsvizepräsident Nay,
Bundesrichter Eusebio,
Gerichtsschreiber Pfäffli.

X. ________, Beschwerdeführer,

gegen

Bezirksamt Zofingen, Untere Grabenstrasse 30,
4800 Zofingen,
Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus, 5001 Aarau,
Beschwerdekammer in Strafsachen des Obergerichts des Kantons Aargau, Obere
Vorstadt 38, 5000 Aarau.

Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid der Beschwerdekammer in
Strafsachen des Obergerichts des Kantons Aargau vom 12. Dezember 2003.
Sachverhalt:

A.
X.  ________ erstattete am 27. März 2003 Strafanzeige wegen fahrlässiger
Tötung gegen den Hausarzt seines am 25. März 2003 verstorbenen 94-jährigen
Vaters Y.________. Das Bezirksamt Zofingen erliess am 31. März 2003 eine
Nichteintretensverfügung, welche die Beschwerdekammer in Strafsachen des
Obergerichts des Kantons Aargau mit Entscheid vom 2. Juni 2003 aufhob. Mit
der Einholung von ärztlichen Auskünften sei bereits ein Ermittlungsverfahren
eröffnet worden, welches nur noch mit Einstellungsverfügung der
Staatsanwaltschaft eingestellt werden könne.

Nach Einholung einer schriftlichen Stellungnahme des Hausarztes des
Verstorbenen beantragte das Bezirksamt Zofingen mit Schlussbericht vom 22.
September 2003 die Einstellung des Strafverfahrens, da dem Hausarzt keine
Verletzung seiner ärztlichen Sorgfaltspflicht vorgeworfen werden könne.
Gestützt darauf stellte die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau das
Strafverfahren mit Verfügung vom 2. Oktober 2003 ein.

Gegen diese Einstellungsverfügung erhob X.________ Beschwerde, welche die
Beschwerdekammer in Strafsachen des Obergerichts des Kantons Aargau mit
Entscheid vom 12. Dezember 2003 abwies. Die obergerichtlichen
Verfahrenskosten von Fr. 485.-- wurden X.________ auferlegt
(Dispositiv-Ziffer 2).

B.
Gegen diesen Entscheid der Beschwerdekammer in Strafsachen des Obergerichts
des Kantons Aargau vom 12. Dezember 2003 führt X.________ mit Eingabe vom 6.
Februar 2004 staatsrechtliche Beschwerde. In der Hauptsache beantragt er die
Aufhebung des angefochtenen Entscheids im Kostenpunkt; allenfalls sei der
angefochtene Entscheid "in seiner Gesamtheit" aufzuheben. Mit Eingabe vom 24.
Februar 2004 stellte er sinngemäss ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege.

Die kantonalen Behörden haben auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Der Beschwerdeführer richtet seine Beschwerde zur Hauptsache gegen die
Auferlegung von Verfahrenskosten im obergerichtlichen Verfahren. Gemäss den
vom Obergericht zitierten Gesetzesbestimmungen trage in der Regel der Staat
die Kosten der eingestellten Strafuntersuchung. Es fehle jeder Hinweis,
aufgrund welcher Bestimmung ihm die Kosten auferlegt wurden.

1.1  Das Obergericht begründete die Kostenauflage damit, dass der
Beschwerdeführer ausgangsgemäss "die durch seine unbegründete Beschwerde
verursachten obergerichtlichen Kosten zu tragen" habe. Dabei verwies das
Obergericht auf die Bestimmungen von § 212 Abs. 1 i.V.m. §§ 139/140 des
Gesetzes über die Strafrechtspflege des Kantons Aargau vom 11. November 1958
(Strafprozessordnung, StPO).

1.2  § 212 Abs. 1 StPO verweist für das Rechtsmittelverfahren auf die für das
Verfahren vor dem Bezirksgericht geltenden Vorschriften. §§ 139 und 140 StPO
regeln die Kosten- und Entschädigungsfrage im Falle der Einstellung einer
Strafuntersuchung. Gemäss § 139 Abs. 2 StPO trägt bei einer eingestellten
Untersuchung in der Regel der Staat die Kosten. Dem Anzeiger können nach
Absatz 4 dieser Bestimmung die Kosten lediglich auferlegt werden, wenn er
absichtlich oder grobfahrlässig unrichtige Angaben gemacht hat.

1.3  Gemäss den vom Obergericht in seinem angefochtenen Kostenentscheid
zitierten Gesetzesbestimmungen können dem Anzeiger bzw. Beschwerdeführer die
Kosten auferlegt werden, wenn er absichtlich oder grobfahrlässig unrichtige
Angaben gemacht hat. Ein solches Verhalten wirft das Obergericht dem
Beschwerdeführer indessen nicht vor. Es auferlegte ihm die Verfahrenskosten
allein aufgrund seines Unterliegens, was sich mit Blick auf die genannten
Bestimmungen als willkürlich erweist. Der angefochtene Entscheid ist deshalb
im Kostenpunkt aufzuheben.

2.
Soweit der Beschwerdeführer den obergerichtlichen Entscheid über den
Kostenpunkt hinaus auch in der Sache selbst anfechten möchte, kann auf seine
Eingabe weder als staatsrechtliche Beschwerde noch als eidgenössische
Nichtigkeitsbeschwerde eingetreten werden.

2.1  Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss eine staatsrechtliche Beschwerde die
wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten,
welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze und inwiefern sie
durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind. Im staatsrechtlichen
Beschwerdeverfahren prüft das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene
Rügen (BGE 127 I 38 E. 3c mit Hinweisen). Diesen Anforderungen vermag die
Eingabe des Beschwerdeführers nicht zu genügen. So legt der Beschwerdeführer
beispielsweise nicht rechtsgenüglich dar, inwiefern der Schluss des
Obergerichts, der beschuldigte Hausarzt sei offensichtlich sorgfältig und
aufmerksam vorgegangen und habe den tödlichen Verlauf der Krankheit nicht
voraussehen können, auf einer willkürlichen Beweiswürdigung beruhen sollte.
Mangels einer genügenden Begründung kann deshalb insoweit auf die
staatsrechtliche Beschwerde nicht eingetreten werden.

2.2  Aus der Eingabe geht ebenfalls nicht hervor, inwiefern der angefochtene
Entscheid eidgenössisches Strafrecht verletzen sollte. Eine solche Rüge wäre
mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde vorzubringen (Art. 269 BStP).
Dabei muss kurz dargelegt werden, welche Bundesrechtssätze und inwiefern sie
durch den angefochtenen Entscheid verletzt sein sollen (Art. 273 Abs. 1 lit.
b BStP). Dies unterlässt der Beschwerdeführer, weshalb auf die vorliegende
Beschwerde auch als Nichtigkeitsbeschwerde nicht einzutreten ist.

3.
Es ergibt sich somit, dass die vorliegende Beschwerde insoweit gutzuheissen
ist, als dem Beschwerdeführer im angefochtenen Entscheid Verfahrenskosten
auferlegt wurden. Die Dispositiv-Ziffer 2 des angefochtenen Entscheids ist
aufzuheben. Im Übrigen ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.

Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 156 Abs.
2 OG). Der nicht anwaltlich vertretene Beschwerdeführer hat praxisgemäss
keinen Anspruch auf eine Entschädigung.

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Die Beschwerde wird, soweit auf sie einzutreten ist, gutgeheissen und
Dispositiv-Ziffer 2 des Entscheids der Beschwerdekammer in Strafsachen des
Obergerichts des Kantons Aargau vom 12. Dezember 2003 aufgehoben.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bezirksamt Zofingen sowie der
Staatsanwaltschaft und der Beschwerdekammer in Strafsachen des Obergerichts
des Kantons Aargau schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 9. August 2004

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: