Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.765/2004
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1P.765/2004 /ggs

Sitzung vom 22. Juni 2005

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Nay, Aeschlimann, Reeb, Eusebio,
Gerichtsschreiber Steinmann.

A. ________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bruno
Steiner,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau, Staubeggstrasse 8, 8510 Frauenfeld,
Obergericht des Kantons Thurgau, Promenadenstrasse 12A, 8500 Frauenfeld.

Strafverfahren,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil
des Obergerichts des Kantons Thurgau vom

23. November 2004.

Sachverhalt:

A.
A. ________ wird vorgeworfen, von November 2001 bis zu seiner Verhaftung am
19. Dezember 2001 mit Drogen gehandelt und dadurch in qualifizierter Weise
gegen das Betäubungsmittelgesetz verstossen zu haben. Die Untersuchungshaft
dauerte bis zum 15. Februar 2002.
Die Strafuntersuchung wurde während rund zwei Monaten geführt und mit einem
Geständnis sowie einer Schlusseinvernahme vom 19. September 2003
abgeschlossen. Mit Überweisung vom 14. April 2004 an die Bezirksgerichtliche
Kommission Arbon erhob die Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau Anklage
wegen qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz.

B.
Die Bezirksgerichtliche Kommission Arbon sprach A.________ mit Urteil vom
2./20. Juli 2004 der qualifizierten Widerhandlung gegen das
Betäubungsmittelgesetz schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingt
vollziehbaren Gefängnisstrafe von 12 Monaten. Ferner ordnete die Kommission
die Einziehung eines Mobiltelefons an und setzte zu Gunsten des Kantons eine
Ersatzforderung von Fr. 1'200.-- fest.

Mit Berufung beim Obergericht des Kantons Thurgau machte A.________ geltend,
seine Aussagen während der Strafuntersuchung seien mangels (amtlicher)
Verteidigung und wegen des Verhaltens der Strafverfolgungsbehörden nicht
verwertbar. Insbesondere hätte ihm in Anbetracht der Umstände im
Untersuchungsverfahren ein Verteidiger beigegeben werden müssen.

Das Obergericht wies die Berufung mit Urteil vom 23. November 2004 ab und
verurteilte A.________ wegen qualifizierter Widerhandlung gegen das
Betäubungsmittelgesetz unter Anrechnung der Untersuchungshaft zu einer
bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafe von 12 Monaten.

C.
Gegen dieses Urteil des Obergerichts hat A.________ beim Bundesgericht am 25.
Dezember 2004 staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Er macht Verletzungen von
Art. 3, 9, 29, 31 und 32 BV sowie von Art. 3, 5 und 6 EMRK geltend. Zudem
ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Auf die Begründung
im Einzelnen ist in den Erwägungen einzugehen.
Das Obergericht beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf
eingetreten werden könne. Die Staatsanwaltschaft hat sich nicht vernehmen
lassen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Die Eintretensvoraussetzungen geben vorbehältlich der nachfolgenden
Erwägungen zu keinen Bemerkungen Anlass. Insoweit kann auf die Beschwerde
eingetreten werden.

1.2 Der Beschwerdeführer macht vorerst geltend, seine Untersuchungshaft habe
gegen Art. 31 Abs. 2 BV sowie gegen Art. 31 Abs. 3 BV und Art. 5 Ziff. 3 EMRK
verstossen, weil er hinsichtlich der Haft nicht hinreichend auf seine
(Verteidigungs-)Rechte hingewiesen und keinem Richter vorgeführt worden sei.

Nach Art. 31 Abs. 2 BV hat jede Person, der die Freiheit entzogen wird,
Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über
die Gründe des Freiheitsentzuges und über ihre Rechte unterrichtet zu werden;
sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen (vgl. BGE 130 I
126 E. 2 S. 128). Ferner hat jede in Untersuchungshaft genommene Person nach
Art. 31 Abs. 3 BV und Art. 5 Ziff. 3 EMRK Anspruch darauf, unverzüglich einem
Richter vorgeführt zu werden, der darüber entscheidet, ob sie weiterhin in
Haft gehalten oder freigelassen wird. Diese Verfassungs- und
Konventionsbestimmungen umschreiben insbesondere die Anforderungen an die
Behörde, welche die Haft anordnet (vgl. BGE 124 I 274 E. 3c und 3e S. 279
ff., 131 I 36 und 131 I 66).

Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer die Verfassungs- und
Konventionswidrigkeit der Untersuchungshaft weder während der Inhaftierung
noch im Anschluss an die Entlassung und nach eigenen Aussagen auch nicht vor
erster und zweiter kantonaler Instanz gerügt. Damit liegt zur Frage der
Verfassungs- und Konventionsmässigkeit der Anordnung bzw. der richterlichen
Prüfung der Haft kein kantonaler Entscheid vor und ist der kantonale
Instanzenzug im Sinne von Art. 86 Abs. 1 OG nicht erschöpft worden. Daher
kann in diesem Punkte auf die vorliegende Beschwerde nicht eingetreten
werden. Es braucht demnach auch nicht geprüft zu werden, wie es sich mit der
Zulässigkeit und Begründetheit eines Entschädigungsverfahrens nach Art. 5
Ziff. 5 EMRK verhielte (vgl. BGE 129 I 139 E. 2 S. 141, 125 I 394 E. 5 S.
398, 124 I 274 E. 3d S. 279, mit Hinweisen).

1.3 Ferner rügt der Beschwerdeführer die Methoden der Untersuchung. Er macht
geltend, er sei zu gewissen Aussagen und in Aussicht einer Entlassung aus der
Haft bzw. eines milderen Urteils gar zu einem Geständnis genötigt worden.
Darin erblickt er Verletzungen von Art. 10 Abs. 3 und Art. 29 Abs. 1 BV sowie
von Art. 3 und Art. 6 Ziff. 1 EMRK.

Das Obergericht behandelte im angefochtenen Urteil ausschliesslich die Frage,
ob die Aussagen des Beschwerdeführers in Anbetracht der mangelnden
Verbeiständung während der Untersuchungshaft bzw. im Laufe der Untersuchung
verwertbar seien oder nicht, und bejahte dies. Dem fügte es an, für den Fall
der Verwertbarkeit verzichte der Beschwerdeführer ausdrücklich auf die
Anfechtung des Schuld- und Strafpunkts (E. 2). Demnach hat das Obergericht
die Verfassungs- und Konventionskonformität der Befragungsmethoden nicht
geprüft.

Der Beschwerdeführer behauptet nicht, die Befragungsmethoden der
Untersuchungsbehörden vor der Bezirksgerichtlichen Kommission oder dem
Obergericht beanstandet zu haben. Er macht auch nicht geltend, die
obergerichtlichen Ausführungen seien unzutreffend und das Obergericht habe
seine Rügen in formeller Rechtsverweigerung nicht geprüft. Demnach fehlt es
in Bezug auf die Frage der Zulässigkeit der Befragungsmethoden an der
Ausschöpfung des kantonalen Instanzenzuges gemäss Art. 86 Abs. 1 OG. Daher
ist auch in diesem Punkte auf die Beschwerde nicht einzutreten.

2.
Der Beschwerdeführer macht zur Hauptsache geltend, er hätte während der
Untersuchungshaft und der Durchführung der Untersuchung notwendig durch einen
(amtlichen) Rechtsbeistand vertreten werden müssen. Anlässlich von
Einvernahmen habe er auch tatsächlich um Bestellung eines Rechtsvertreters
ersucht. Der Umstand, dass er während dieser Zeit nicht vertreten gewesen
sei, mache die in der Untersuchung gemachten Aussagen unverwertbar.

Demgegenüber hält das Obergericht im angefochtenen Urteil fest, für die
fragliche Zeit ergebe sich weder aus dem Gesetz über die Strafrechtspflege
des Kantons Thurgau vom 30. Juni 1970/5. November 1991 (Strafprozessordnung,
StPO) noch aus übergeordnetem Verfassungs- und Konventionsrecht ein Anspruch
auf notwendige Verteidigung. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer auf die
Möglichkeit des Beizugs eines Anwalts in genügender Weise hingewiesen worden;
davon habe er indessen keinen Gebrauch gemacht, sei ohne Vertretung auch zur
Schlusseinvernahme angetreten und habe sich erst nach der Überweisung der
Strafsache an die Bezirksgerichtliche Kommission an einen Rechtsanwalt
gewandt.

Im Folgenden ist zu prüfen, ob für die Phase der Untersuchungshaft und der in
dieser Zeit durchgeführten Untersuchung nach dem kantonalen Strafprozessrecht
ein Anspruch auf eine notwendige Verteidigung bestanden habe und wie es sich
damit mit Blick auf das übergeordnete Verfassungs- und Konventionsrecht
verhält. Dabei wird die Anwendung des kantonalen Verfahrensrechts lediglich
unter dem Gesichtswinkel des Willkürverbots, die Anwendung des Verfassungs-
und Konventionsrechts indessen frei geprüft. Lediglich der Willkürprüfung
unterstehen ferner Sachverhaltsfragen.

2.1 Vorerst ist in terminologischer Hinsicht festzuhalten, dass notwendige
bzw. obligatorische Verteidigung im strafprozessualen Sinn bedeutet, dass der
Betroffene in Anbetracht der rechtlichen und tatsächlichen Umstände in den
verschiedenen Stadien des Strafverfahrens zwingend und auch ohne
entsprechendes Ersuchen vertreten sein muss und dass er darauf auch mit einer
persönlichen (Selbst-)Verteidigung nicht verzichten kann. Davon zu
unterscheiden ist die Frage, wer den Rechtsvertreter wählt und schliesslich
entschädigt; insoweit kann es sich um eine gewillkürte Verteidigung oder aber
um eine amtliche und unentgeltliche Verteidigung handeln (vgl. BGE 113 Ia 218
E. 3c S. 222; Niklaus Schmid, Strafprozessrecht, 4. Auflage 2004, Rz. 483
ff.; Robert Hauser/Erhard Schweri/Karl Hartmann, Schweizerisches
Strafprozessrecht, 6. Auflage 2005, § 40 Rz. 10 ff.; Jörg P. Müller,
Grundrechte in der Schweiz, 3. Aufl. 1999, S. 551 Fn. 53; vgl. auch
Vorentwurf zu einer schweizerischen Strafprozessordnung, Art. 133 ff. und
Begleitbericht [Begleitbericht VE-StPO/CH] Ziff. 234 S. 95 ff.; Niklaus
Schmid, "Anwalt der ersten Stunde", in: Festschrift für Stefan Trechsel,
Zürich 2002, S. 745/761).

2.2 Die Strafprozessordnung umschreibt in § 50 die freiwillige und notwendige
Verteidigung und in § 51 die amtliche Verteidigung. Diese Bestimmungen haben
folgenden Wortlaut:
§ 50 - Freiwillige und notwendige Verteidigung
1Der Angeschuldigte hat jederzeit das Recht, einen Verteidiger frei zu
wählen. (...)

3Der Untersuchungsrichter und nötigenfalls die Staatsanwaltschaft haben den
Angeschuldigten über das Recht auf einen Verteidiger aufzuklären und
gegebenenfalls dem Präsidenten des zuständigen Gerichts die Bestimmung eines
Pflichtverteidigers zu beantragen.
4Der Angeklagte muss vor Gericht grundsätzlich durch einen Anwalt verteidigt
sein, wenn er zur Wahrung seiner Interessen unfähig ist oder wenn eine Strafe
beantragt wird, bei welcher der bedingte Strafvollzug wegen ihrer Dauer
ausgeschlossen ist, die Anordnung einer freiheitsentziehenden Massnahme in
Frage kommt oder in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht Schwierigkeiten
bestehen, deren Beurteilung oder Erörterung die Fähigkeiten des
Angeschuldigten übersteigt.
5Von der notwendigen Verteidigung kann abgesehen werden, wenn der
urteilsfähige Angeklagte ausdrücklich hierauf verzichtet. (...)
§ 51 - Amtliche Verteidigung
1Das Gesuch um amtliche Verteidigung kann jederzeit gestellt werden. Der
Untersuchungsrichter hat den Angeschuldigten rechtzeitig darauf aufmerksam zu
machen.
2Dem Gesuch ist zu entsprechen, sofern der Angeschuldigte bedürftig ist und
die Voraussetzungen gemäss § 50 Absatz 4 gegeben sind.
3Der Präsident des für den Fall zuständigen Gerichts entscheidet, ob die
amtliche Verteidigung gewährt werde. Wird das Gesuch auch für das
Untersuchungsverfahren gestellt, so leitet es der Untersuchungsrichter mit
seinem Antrag an den Gerichtspräsidenten. (...)
2.3 Die Strafprozessordnung sieht in § 50 Abs. 4 unter den darin genannten
Voraussetzungen eine notwendige Verteidigung vor (auf die nach § 50 Abs. 5
StPO verzichtet werden kann). Diese gilt dem Wortlaut entsprechend für das
Verfahren vor Gericht. Das Obergericht führt im angefochtenen Entscheid unter
Hinweis auf die Materialien aus, der thurgauische Gesetzgeber habe - anders
als die Regelung in einzelnen andern Kantonen (vgl. BGE 126 I 153 und
Begleitbericht VE-StPO/CH S. 99) - die notwendige Verteidigung nicht auf das
Untersuchungsverfahren ausdehnen und eine solche auch nicht nach einer
bestimmten Dauer von Untersuchungshaft vorsehen wollen. Unter dem blossen
Gesichtswinkel von § 50 Abs. 4 StPO könne daher im vorliegenden Verfahren
nicht von einem Fall notwendiger Verteidigung gesprochen werden.

Diese Auslegung und Anwendung des kantonalen Verfahrensrechts hält ohne
weiteres vor dem Willkürverbot stand. Entgegen der Auffassung des
Beschwerdeführers kann unter dem Gesichtswinkel von Art. 9 BV der in § 50
Abs. 4 StPO enthaltene Ausdruck "vor Gericht" nicht einfach durch "im
Strafverfahren" ersetzt und allein aus diesem Umstand auf eine obligatorische
Verteidigung bereits im (ganzen) Untersuchungsstadium bzw. für den Fall von
Untersuchungshaft geschlossen werden.

2.4 Im angefochtenen Entscheid stützt sich das Obergericht zusätzlich auf die
materiellen Kriterien von § 50 Abs. 4 StPO. Es legt die Bestimmung in
Anlehnung an die bundesgerichtliche Rechtsprechung zum Anspruch auf amtliche
Verteidigung nach Art. 29 Abs. 3 BV aus. Dabei ging es von der Unterscheidung
zwischen sog. Bagatellfällen, relativ schweren Strafsachen und
schwerwiegenden Fällen aus (vgl. BGE 115 Ia 103 E. 4 S. 105, 120 Ia 43 E. 2a
S. 45, 128 I 225 E. 2.5.2 S. 232). Es bezeichnete die vorliegende Strafsache
als relativ schwer, weil eine unbedingte Freiheitsstrafe angesichts von
Verschulden und Vorleben nicht ernsthaft ins Auge zu fassen war und besondere
Schwierigkeiten in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht fehlten. Vor
diesem Hintergrund des kantonalen Verfahrensrechts verneinte das Obergericht
für das Stadium der Untersuchung bzw. der Untersuchungshaft das Vorliegen
eines Falles notwendiger Verteidigung.

Auch insoweit kann dem Obergericht bei der Anwendung des kantonalen
Verfahrensrechts keine Willkür vorgeworfen werden. Der Beschwerdeführer weist
zwar verständlicherweise auf die Schwierigkeiten hin, denen er angesichts
seiner mangelnden Sprachkenntnisse und des Drucks der Untersuchungshaft
ausgesetzt war. Das ändert indessen nichts am Umstand, dass das Obergericht
die Strafsache als lediglich von relativer Schwere bezeichnen und besondere
Schwierigkeiten verneinen durfte. Demnach hält das angefochtene Urteil auch
insoweit, als gestützt auf die materiellen Kriterien von § 50 Abs. 4 StPO ein
Fall von notwendiger Verteidigung verneint wurde, vor Art. 9 BV stand.

3.
Im Folgenden ist die Rüge zu prüfen, ob das Bundesverfassungs- und
Konventionsrecht erfordere, dass der Beschwerdeführer unter den gegebenen
Umständen bereits im Untersuchungsverfahren bzw. während der
Untersuchungshaft obligatorisch durch einen Rechtsanwalt vertreten gewesen
wäre.

3.1 Nach Art. 29 Abs. 3 BV hat jede Person, welche nicht über die
erforderlichen Mittel verfügt, einen Anspruch auf einen unentgeltlichen
Rechtsbeistand, soweit dies zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist. Die
Rechtsprechung hat diesen bereits aus Art. 4 aBV abgeleiteten Anspruch in
einer reichen Praxis konkretisiert und anhand von materiellen Kriterien
umschrieben (vgl. für das Strafverfahren BGE 115 Ia 103 E. 4 S. 105, 120 Ia
43 E. 2a S. 45, 128 I 225 E. 2.5.2 S. 232). Ziel der unentgeltlichen
Rechtspflege ist es, eine gewisse Waffengleichheit zu gewährleisten; jeder
Betroffene soll grundsätzlich ohne Rücksicht auf seine finanzielle Situation
unter den von der Rechtsprechung umschriebenen Voraussetzungen Zugang zum
Gericht und Anspruch auf Vertretung durch einen Rechtskundigen haben (BGE 119
Ia 134 E. 4 S. 135). Bei gegebenen Voraussetzungen kann daher eine amtliche
Verbeiständung geboten sein (vgl. BGE 120 Ia 43, 129 I 281).
In Anbetracht der Entstehung und der Entwicklung des Instituts der
unentgeltlichen Verteidigung unter der Herrschaft von Art. 4 aBV und im
Lichte des Wortlauts von Art. 29 Abs. 3 BV kann nicht angenommen werden, dass
Art. 29 Abs. 3 BV unter gewissen Voraussetzungen eine obligatorische
Verteidigung im oben umschriebenen Sinne erheischt. Verfassungsrechtlich
steht es dem Betroffenen grundsätzlich vielmehr frei, sich in den
unterschiedlichen Stadien des Strafverfahrens selbst zu verteidigen oder ein
Gesuch um Gewährung einer amtlichen Verteidigung zu stellen. Daran vermag der
Umstand nichts zu ändern, dass das Recht auf Selbstverteidigung eingeschränkt
werden kann und der Gesetzgeber in gewissen Fällen im Interesse des
Beschuldigten und zur Wahrung eines geordneten Verfahrens und einer optimalen
Wahrheitssuche eine obligatorische Verteidigung vorsehen darf (BGE 95 I 356).

Demnach kann dem Beschwerdeführer nicht gefolgt werden, wenn er aus Art. 29
Abs. 3 BV unter gegebenen Voraussetzungen einen Anspruch auf obligatorische
Verbeiständung ableitet.

3.2 Der Beschwerdeführer beruft sich ferner auf Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK
und macht geltend, er hätte auch gestützt auf das Konventionsrecht schon
während der Strafuntersuchung bzw. der Dauer der Untersuchungshaft zwingend
durch einen (amtlichen) Rechtsvertreter verbeiständet werden müssen.

Die Ansprüche nach Art. 6 Ziff. 3 EMRK bilden für das Strafverfahren Teil des
in Art. 6 Ziff. 1 EMRK allgemein garantierten fairen Verfahrens. Diese
Bestimmungen kommen schon vor dem eigentlichen gerichtlichen Strafverfahren
im Stadium der Untersuchung zur Anwendung, wenn das Vorverfahren die Fairness
des ganzen Verfahrens zu beeinträchtigen droht (vgl. BGE 111 Ia 341 E. 3d S.
347 ff. und Urteil des EGMR i.S. S. gegen Schweiz, Serie A Nr. 220 [= VPB
1991 Nr. 51, EuGRZ 1992 S. 298]; Urteil Brennan gegen Grossbritannien,
Recueil CourEDH 2001-X S. 239, Ziff. 45; Arthur Haefliger/Frank Schürmann,
Die Europäische Menschenrechtskonvention und die Schweiz, 2. Aufl. 1999, S.
218 f.). Insbesondere wenn dem Verhalten und den Aussagen des Beschuldigten
anlässlich von polizeilichen Befragungen für die Verteidigungsmöglichkeit und
den Ausgang des Verfahrens wesentliche Bedeutung zukommt, verlangen das
Fairnessgebot und Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK, dass der Beschuldigte bereits
im anfänglichen Stadium des Verfahrens einen Rechtsvertreter beiziehen kann.
Jedoch kann dieses Recht, das nicht ausdrücklich in der Konvention enthalten
ist, Gegenstand von wohlbegründeten Ausnahmen sein. Dabei ist in jedem
Einzelfall zu beurteilen, ob bei Gesamtbetrachtung des Verfahrens der
Beschuldigte angesichts von Einschränkungen einem fairen Verfahren entzogen
worden ist (vgl. BGE 126 I 153 E. 4 S. 159, mit Hinweisen; Urteil Brennan,
a.a.O., Ziff. 45; Urteil Murray gegen Grossbritannien, Recueil CourEDH 1996-I
S. 30, Ziff. 62 f. [= EuGRZ 1996 S. 587], Urteil Imbrioscia gegen Schweiz,
Serie A Nr. 275, Ziff. 36 ff. [= VPB 1994 Nr. 108, RUDH 1999 S. 345]).

Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich, dass der Beschuldigte schon in einem
sehr frühen Stadium einen Rechtsvertreter soll beiziehen können. Im genannten
Urteil Murray erkannte der Gerichtshof unter ausserordentlichen
Voraussetzungen in tatsächlicher und verfahrensmässiger Hinsicht, dass die
Verweigerung der gewünschten Verbeiständung während 48 Stunden und
insbesondere anlässlich der ersten polizeilichen Befragungen gegen Art. 6
EMRK verstossen habe (a.a.O., Ziff. 64 ff.). Keine Verletzung von Art. 6 EMRK
erblickte er in der Angelegenheit Brennan, in der dem Beschuldigten die
gewünschte Vertretung während 24 Stunden seit der Verhaftung verweigert
worden ist und in der Folge zwar gewährt wurde, davon aber während mehrerer
Tage und anlässlich verschiedener polizeilicher Befragungen kein Gebrauch
gemacht worden ist (a.a.O., Ziff. 46 ff.). Im Fall Imbrioscia schliesslich
wurde anlässlich der ersten polizeilichen Einvernahme um Beizug eines
Rechtsanwalts ersucht und ein solcher schliesslich bestellt; dessen
Inaktivität war indessen nicht den Behörden anzulasten, sodass der
Gerichtshof eine Verletzung von Art. 6 EMRK verneinte (a.a.O., Ziff. 39 ff.).
Schliesslich hat es das Bundesgericht als mit Art. 6 EMRK vereinbar erklärt,
dass in einer Genfer Angelegenheit der gewillkürte Rechtsvertreter erst nach
rund 24 Stunden zugelassen wurde (BGE 126 I 153).

Aus dem Anspruch auf einen Beizug eines Rechtsverteters in einem sehr frühen
Stadium kann indessen nicht geschlossen werden, dass Art. 6 Ziff. 3 lit. c
EMRK unter gegebenen Umständen eine obligatorische Verbeiständung auch ohne
entsprechendes Ersuchen oder gar entgegen dem Willen des Betroffenen
erfordern würde. Der Gerichtshof geht davon aus, dass dem Beschuldigten in
frühestem Stadium der Beizug eines Rechtsvertreters erlaubt wird. Weiter hält
er fest, dass dieser Anspruch eingeschränkt werden kann. Schliesslich spricht
Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK der beschuldigten Person das Recht zu, sich selbst
zu verteidigen oder sich durch einen gewillkürten oder amtlichen
Rechtsvertreter verteidigen zu lassen (vgl. BGE 109 Ia 239, insbesondere mit
Hinweis auf das Urteil des Gerichtshofes i.S. Pakelli gegen Deutschland,
Serie A Nr. 64 [= EuGRZ 1983 S. 344]), auch wenn dieses Recht zur
Selbstverteidigung in Fällen gesetzlich vorgesehener obligatorischer
Verteidigung aus öffentlichen Interessen an einem ordnungsgemässen Verfahren
eingeschränkt werden kann (vgl. Entscheid Correia de Matos gegen Portugal,
Recueil CourEDH 2001-XII S. 149, Urteil Croissant gegen Deutschland, Serie A
Nr. 237-B, Ziff. 27 ff. [= EuGRZ 1992 S. 542]; Haefliger/Schürmann, a.a.O.,
S. 226). Schliesslich zeigt die Strassburger Rechtsprechung, dass es keine
Konventionsverletzung darstellt bzw. darstellen muss, wenn ein tatsächlich
bestellter Anwalt sein Mandat nicht in jeglicher Hinsicht wirksam ausübt und
insbesondere trotz gegebener Möglichkeiten Befragungen des Beschuldigten
nicht beiwohnt (vgl. die genannten Urteile Brennan und Imbrioscia).

Daraus ergibt sich, dass Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK grundsätzlich keine
obligatorische Vertretung verlangt. Der Strassburger Rechtsprechung kann eine
solche auch für den blossen Umstand des Vorliegens von Untersuchungshaft und
den damit verbundenen Schwierigkeiten nicht entnommen werden. Der Gerichtshof
verlangt vielmehr ein gewisses Tätigwerden des Beschuldigten in dem Sinne,
dass tatsächlich um Beizug eines Rechtsvertreters ersucht wird oder eine
Verweigerung und allfällige Passivität von Seiten des Anwalts beanstandet
wird (vgl. BGE 118 Ia 462 E. 2b/bb S. 466; Urteil Imbrioscia, a.a.O., Ziff.
40; Urteil Brennan, a.a.O., Ziff. 47; vgl. auch das Urteil P. und
Mitbeteiligte gegen Grossbritannien, Recueil CourEDH 2002-VI S. 247). Soweit
ersichtlich hat der Gerichtshof denn in Fällen, in denen ein Rechtsvertreter
gar nicht verlangt worden ist, auch keine Konventionsverletzungen
festgestellt; davon wurde lediglich in einem Verfahren nach Art. 5 Ziff. 4
EMRK betreffend eine aus psychischen Gründen verwahrte Person abgewichen
(Urteil Megyeri gegen Deutschland, Serie A Nr. 237-A [= EuGRZ 1992 S. 347]).

Die Frage, ob Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK unter gegebenen Umständen zu einer
obligatorischen Verteidigung führt, wird in der Doktrin nur am Rande
gestreift. Frowein/Peukert führen aus, der Angeklagte habe stets das Recht,
sich selbst zu verteidigen, soweit er selber keinen Rechtsvertreter gewählt
hat und auch im Interesse der Rechtspflege keinen solchen benötige (Jochen
Abr. Frowein/Wolfgang Peukert, EMRK-Kommentar, 2. Aufl. 1996, Rz. 188 zu Art.
6). Ob daraus in gewissen Fällen eine obligatorische Verteidigung abzuleiten
ist, erscheint nicht restlos klar und kann insbesondere im Lichte des
Strassburger Urteils Pakelli nicht ohne weiteres angenommen werden. Aus den
Ausführungen von Haefliger/Schürmann kann ebenfalls nicht gefolgert werden,
dass Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK unter gegebenen Umständen eine obligatorische
Verteidigung erfordern würde (Haefliger/Schürmann, a.a.O., S. 226 ff.).
Villiger schliesslich spricht davon, dass einem Beschuldigten ein Verteidiger
zur Seite zu stellen ist, wenn er sich nicht selbst verteidigen kann (Mark E.
Villiger, Handbuch der Europäischen Menschenrechtskonvention, 2. Aufl 1999,
Rz. 517); er erwähnt den allfälligen Verzicht auf eine Vertretung nicht und
kann daher nicht als Befürworter einer konventionsrechtlichen obligatorischen
Verteidigung verstanden werden.

Demnach kann Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK nicht entnommen werden, dass der
Beschwerdeführer während seiner Untersuchungshaft und schon in frühem
Untersuchungsstadium obligatorisch und ohne entsprechendes Begehren hätte
vertreten sein müssen.

3.3 Schliesslich ist auf den UNO-Pakt II hinzuweisen. Dieser verbürgt dem
Angeschuldigten in Art. 14 Ziff. 3 lit. d u.a. das Recht, bei der Verhandlung
anwesend zu sein und sich selbst zu verteidigen oder sich durch einen
Verteidiger seiner Wahl verteidigen zu lassen; falls er keinen Verteidiger
hat, ist er über das Recht, einen Verteidiger in Anspruch zu nehmen, zu
unterrichten; fehlen ihm die Mittel zur Bezahlung eines Verteidigers, so ist
ihm ein Verteidiger unentgeltlich zu bestellen, wenn dies im Interesse der
Rechtspflege erforderlich ist. Auch aus diesen Garantien kann nicht auf das
Erfordernis von obligatorischer Verteidigung geschlossen werden (vgl. Walter
Kälin/Giorgio Malinverni/Manfred Nowak, La Suisse et les Pactes des Nations
unies relatifs aux droits de l'homme, 2. Aufl. 1997, S. 193).

3.4 Im Sinne eines Zwischenergebnisses kann vorderhand festgehalten werden,
dass aus Art. 29 Abs. 3 BV und Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK keine eigentliche
Pflicht fliesst, unter bestimmten Voraussetzungen eine obligatorische
Verteidigung im oben umschriebenen Sinne vorzusehen. Nachfolgend ist indes zu
prüfen, ob andere Bestimmungen des Verfassungs- und Konventionsrechts und die
allgemeine Garantie eines fairen Verfahrens es unter gewissen Umständen
gebieten, einem Angeschuldigten einen Rechtsvertreter zu bestellen.

4.
4.1 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Art. 4 aBV und Art. 6 Ziff.
1 EMRK fliesst aus dem Anspruch auf ein faires Verfahren für den Richter die
Pflicht, rechtsungewohnte, nicht anwaltlich vertretene Verfahrensbeteiligte
über ihre prozessualen Rechte im Allgemeinen aufzuklären und sie insbesondere
frühzeitig auf ihr Recht hinzuweisen, jederzeit einen Verteidiger beiziehen
zu können. Im gleichen Sinne schreibt Art. 14 Abs. 3 lit. d UNO-Pakt II vor,
dass beschuldigte Personen über ihr Recht, einen Rechtsvertreter beizuziehen,
zu unterrichten sind. Über diese Hinweispflicht hinaus haben die
richterlichen Behörden tatsächlich für eine wirksame Verteidigung zu sorgen.
Im Umstand, dass die Behörden untätig dulden, dass ein Verteidiger seine
anwaltlichen Berufs- und Standespflichten in schwerwiegender Weise
vernachlässigt, kann eine Verfassungs- und Konventionsverletzung begründet
sein. Unter gegebenen Voraussetzungen hat der Richter aufgrund der
Fürsorgepflicht einen amtlichen Rechtsvertreter zu ersetzen sowie bei
gewillkürter Verteidigung einzuschreiten und das Notwendige vorzukehren (BGE
124 I 185 E. 3 S. 189, 113 Ia 218 E. 3c S. 222, mit Hinweisen).

Entsprechendes gilt nach der Rechtsprechung der Strassburger Organe unter dem
Gesichtswinkel der Garantie des fair trial gemäss Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Der
Gerichtshof betont in stereotyper Weise, dass die Konvention nicht bloss
theoretische und illusorische, sondern vielmehr konkrete und wirksame Rechte
einräume (vgl. Urteil Czekalla, a.a.O., Ziff. 60; Urteil Daud gegen Portugal,
Recueil CourEDH 1998-II S. 739, Ziff. 38; Urteil Imbrioscia, a.a.O., Ziff.
38; Urteil Artico gegen Italien, Serie A Nr. 37, Ziff. 32 [= EuGRZ 1980 S.
662], Urteil Goddi gegen Italien, Serie A Nr. 76, Ziff. 30 [= EuGRZ 1985 S.
234]). Dies bedeutet, dass die Behörde den Beschuldigten in wirksamer Weise
auf seine Verteidigungsrechte hinweisen und bei krasser Vernachlässigung der
Verteidigung einschreiten muss. Im Falle von schwerwiegenden
Unzulänglichkeiten von amtlichen Verteidigern hat der Gerichtshof
verschiedentlich festgehalten, dass die Behörden ihrer Pflicht zur Behebung
des Mangels nicht nachgekommen seien und deshalb der Anspruch auf ein faires
Verfahren verletzt worden sei (vgl. die genannten Urteile Czekalla, Goddi und
Artico). Im genannten Urteil Czekalla erblickte der Gerichtshof eine
Missachtung des Grundsatzes des fair trial darin, dass wegen eines
schwerwiegenden prozessualen Fehlers des Rechtsvertreters auf ein
Rechtsmittel nicht eingetreten worden ist (a.a.O., Ziff. 68).

4.2 Unter der neuen Bundesverfassung ergibt sich eine entsprechende
richterliche Fürsorge- und Aufklärungspflicht nunmehr aus Art. 31 und 32 BV.
In allgemeiner Weise garantiert Art. 32 BV einen Anspruch auf ein faires
Strafverfahren und verpflichtet die Behörde zu entsprechendem Verhalten (vgl.
Botschaft des Bundesrates zur neuen Bundesverfassung, BBl 1997 I 1, S. 186;
Hans Vest, St. Galler BV-Kommentar, Zürich 2002, Rz. 18 zu Art. 32). Gemäss
Art. 32 Abs. 2 Satz 2 BV muss die angeklagte Person insbesondere die
Möglichkeit haben, die ihr zustehenden Verteidigungsrechte tatsächlich, d.h.
konkret und wirksam wahrzunehmen (vgl. Botschaft des Bundesrates, a.a.O., S.
187). Nach Art. 31 Abs. 2 BV sind Beschuldigte im Falle von Freiheitsentzug
in wirksamer Weise über ihre Rechte zu unterrichten. Diese müssen die
Möglichkeit haben, ihre Rechte effektiv geltend zu machen. Hierzu zählt nach
der neuesten Rechtsprechung unter anderem auch der Hinweis auf das
Aussageverweigerungsrecht des Angeschuldigten (BGE 130 I 126 E. 2.3 - 2.5 S.
129). In diesem Sinne haben die mit der Strafverfolgung betrauten Behörden
aufgrund ihrer Fürsorge- und Aufklärungspflicht nach Art. 32 Abs. 2 und Art.
31 Abs. 2 BV für die Voraussetzungen eines fairen Strafverfahrens zu sorgen
und allenfalls auch ohne entsprechendes Zutun des Betroffenen für eine
hinreichende Rechtsvertretung zu sorgen. Dies kann es gebieten, dass einem
Beschuldigten aufgrund der Verfassung auch ohne entsprechendes Ersuchen von
Amtes wegen ein Rechtsvertreter beigegeben wird (vgl. Hans Vest, St. Galler
BV-Kommentar, Zürich 2002, Rz. 19 ff. zu Art. 32).

4.3 Vor diesem Hintergrund ist im vorliegenden Fall zu prüfen, ob der
Beschwerdeführer hinreichend über die Möglichkeit des Beizuges eines
Rechtsvertreters während der Haft und für die in dieser Zeit durchgeführte
Untersuchung aufgeklärt worden ist (E. 4.3) und ob darüber hinaus dem
Beschwerdeführer angesichts der konkreten Umstände von Amtes wegen ein
Rechtsverteter hätte bestellt werden müssen (E. 4.4).
4.3.1 Aus den Akten zur Haftanordnung und zu den Befragungen durch die
Polizei und den Untersuchungsrichter, auf die sowohl das Obergericht wie auch
der Beschwerdeführer hinweisen, ergibt sich mit Deutlichkeit, dass der
Beschwerdeführer einerseits auf seine Rechte hinsichtlich der Haft
(Möglichkeit eines Haftentlassungsgesuches und einer richterlichen Prüfung)
und andererseits auf sein Recht der Aussageverweigerung und auf die Folgen
von Aussagen hingewiesen worden ist (Akten des Bezirksgerichts, act. 51, 85,
91, 141, 157). Vom Aussageverweigerungsrecht hat der Beschwerdeführer denn in
einer bestimmten Phase der Untersuchung auch tatsächlich Gebrauch gemacht
(Akten des Bezirksgerichts, act. 111 und 117).
Darüber hinaus ist der Beschwerdeführer gemäss Protokollen mehrmals mit den
folgenden Worten auf die Möglichkeit des Beizugs eines Rechtsvertreters
hingewiesen worden: "Sie können jederzeit einen Anwalt nach freier Wahl und
auf Ihre Kosten beiziehen. Ein Gesuch um amtliche Verteidigung ist
schriftlich zu stellen und zu begründen" (Akten des Bezirksgerichts, act. 85,
141 und später nach Haftentlassung act. 157). Gemäss den Protokollen blieb es
nicht bei diesem blossen Hinweis auf Recht und Möglichkeit, einen Anwalt
beizuziehen. Vielmehr ist der Beschwerdeführer danach gefragt worden, ob er
den Hinweis auch tatsächlich verstanden habe (vgl. Akten des Bezirksgerichts,
act. 85); auch in anderem Zusammenhang ist er bisweilen gefragt worden, ob er
den Dolmetscher verstehe (vgl. Akten des Bezirksgerichts, act. 120 und 149).
Daran kann nach den Protokollen kaum gezweifelt werden. Zum einen hat der
Beschwerdeführer im allgemeinen auf die polizeilichen und
untersuchungsrichterlichen Fragen sachgerecht geantwortet. Zum andern
entgegnete er auf die genannten Hinweise, er wisse noch nicht, ob dies (ein
Beizug eines Rechtsvertreters) nötig sei oder warum er einen Anwalt nehmen
sollte (Akten des Bezirksgerichts, act. 85). Insoweit kann den Behörden daher
nicht vorgeworfen werden, ihren gesetzlichen bzw. verfassungs- und
konventionsrechtlichen Aufklärungs- und Fürsorgepflichten nicht nachgekommen
zu sein.

4.3.2 Gemäss angefochtenem Urteil und der Beschwerdeschrift äusserte der
Beschwerdeführer ein einziges Mal einen Wunsch nach einem Rechtsvertreter und
sagte anlässlich der polizeilichen Befragung vom 15. Januar 2002: "Ich bin
gesund. Ich möchte einen Anwalt haben" (Akten des Bezirksgerichts, act. 112).
Im Protokoll finden sich danach keine weiteren Äusserungen dazu. Das
Obergericht ging davon aus, der Beschwerdeführer und der Polizeibeamte hätten
sich ausserhalb des Protokolls darüber unterhalten. Es könne ausgeschlossen
werden, dass der Beizug eines Rechtsvertreters hintertrieben werden sollte,
ansonsten die Äusserung des Beschwerdeführers gar nicht protokolliert worden
wäre. Zudem habe dieser das Protokoll vorbehaltlos unterzeichnet. Bei dieser
Sachlage kann ohne Willkür angenommen werden, dass der Beschwerdeführer nicht
ernstlich an einem Beizug eines Rechtsvertreters interessiert war und seinen
einmalig geäusserten Wunsch nicht weiter verfolgte. Ein entsprechender Wunsch
von Seiten des Beschwerdeführers kommt denn auch in den nachfolgenden
Befragungen bzw. den unterzeichneten Protokollen nie mehr zum Ausdruck. Wie
bereits dargelegt, kann angenommen werden, dass der Beschwerdeführer die
Tragweite der Belehrungen tatsächlich verstanden hatte. An der Beurteilung
des Obergerichts vermögen die Ausführungen in der Beschwerdeschrift nichts zu
ändern. Insbesondere kann nicht gesagt werden, der Beschwerdeführer habe in
Aussicht der Bestellung eines Rechtsvertreters vorerst weitere Aussagen
gemacht und am Tage darauf, als er realisiert habe, dass kein solcher
bestellt würde, weitere Aussagen verweigert. Auch in dieser Hinsicht kann
somit nicht auf eine Verletzung der behördlichen Aufklärungs- und
Fürsorgepflichten geschlossen werden.
Schliesslich verweist der Beschwerdeführer auf eine Aussage anlässlich der
Befragung vom 29. Januar 2002. Auf den Hinweis, wonach der Beschwerdeführer
Bedenken hatte, weitere Angaben zu machen, wurde er gefragt, warum er Angst
habe. Er antwortete: "Ich bin zur Zeit total überfordert mit der Situation,
wie sie jetzt für mich ist. Ich weiss, dass die Polizei sehr nett ist zu mir,
und ich möchte mich dafür revanchieren, aber verstehen Sie bitte, dass die
ganze Sache mich im Moment total überfordert. ... Nein, ich habe
diesbezüglich (nämlich hinsichtlich von Befürchtungen, der Polizei die ganze
Wahrheit über die Drogentätigkeiten zu sagen) keine Bedenken. Ich muss vor
niemandem Angst haben" (Akten des Bezirksgerichts, act. 119 f.). Diese
Aussagen bringen tatsächlich eine gewisse Überforderung des Beschwerdeführers
zum Ausdruck. Diese dürfte indessen mehr momentaner psychischer Natur gewesen
sein und sich kaum auf die rechtliche Situation und das Fehlen einer
Rechtsverbeiständung bezogen haben. Aus dem Zusammenhang kann nicht gefolgert
werden, dass der Beschwerdeführer tatsächlich den Wunsch nach einer
anwaltlichen Vertretung hätte zum Ausdruck bringen wollen.

4.3.3 Der Beschwerdeführer beanstandet ferner, dass das Recht, einen
amtlichen Rechtsvertreter bestellen zu lassen, von einem schriftlichen Gesuch
und einer entsprechenden Begründung abhängig gemacht worden sei. § 51 Abs. 1
StPO hält fest, dass jederzeit ein Gesuch um amtliche Verteidigung gestellt
werden kann; wird das Gesuch auch für das Untersuchungsverfahren gestellt, so
leitet es der Untersuchungsrichter gemäss § 51 Abs. 3 StPO mit seinem Antrag
an den Gerichtspräsidenten. Daraus kann ohne Willkür gefolgert werden, dass
ein entsprechendes Gesuch schriftlich gestellt werden muss. Entscheidend ist
im vorliegenden Fall, dass der Beschwerdeführer nach den vorstehenden
Erwägungen nicht ernsthaft um Bestellung eines Anwalts ersuchte. Er brachte
auch keineswegs zum Ausdruck, bereits mit einer solchen Gesuchsstellung
überfordert gewesen zu sein. Die Untersuchungsbehörden hatten daher weder
Anlass noch Gelegenheit, den Beschwerdeführer bei einem entsprechenden
Ersuchen zu unterstützen.

4.3.4 Den Behörden kann auch bei gesamthafter Würdigung der Umstände kein
Verstoss gegen die Aufklärungs- und Fürsorgepflichten im Sinne von Art. 32
Abs. 2 und Art. 31 Abs. 2 BV sowie von Art. 6 Ziff. 1 EMRK vorgeworfen
werden. Auf der einen Seite ist der Beschwerdeführer tatsächlich mehrmals auf
sein Recht, einen Privatverteidiger beizuziehen oder einen amtlichen
Rechtsvertreter zu bestellen, hingewiesen worden. Es gibt keine Anzeichen
dafür, dass dieser die entsprechenden Hinweise nicht verstanden hätte. Damit
kann davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer auf die Bestellung
eines Rechtsvertreters für die während der Haft geführte Untersuchung
verzichtete.

4.4 In Anbetracht der konkreten Strafsache konnte von den
Strafverfolgungsbehörden nicht verlangt werden, über die wiederholte
Information hinaus ein Mehreres zu tun und den Beschwerdeführer ausdrücklich
auf seinen Verzicht auf einen Rechtsvertreter zu behaften. In Anbetracht der
tatsächlichen Verhältnisse waren sie nach Verfassung und Konvention
insbesondere nicht verpflichtet, dem Beschwerdeführer von Amtes wegen einen
(obligatorischen) Verteidiger zu bestellen. Die Strafsache hat sich als wenig
komplex erwiesen, und schon in einem frühen Stadium ist eine lediglich
bedingt auszusprechende Freiheitsstrafe in Betracht gezogen worden. Dem
Umstand, dass nach der Strafprozessordnung schon erste Befragungen bei der
materiellen Beurteilung der Strafsache verwertbar sind, kommt für sich
alleine genommen keine entscheidende Bedeutung zu (vgl. die Urteile des
Gerichtshofes i.S. Brennan und Imbrioscia, a.a.O.). Die Sprachschwierigkeiten
sind durch den Beizug eines Dolmetschers behoben worden, und der
Beschwerdeführer antwortete in den polizeilichen und
untersuchungsrichterlichen Befragungen in sachgerechter Weise. Bei dieser
Sachlage kann gesagt werden, dass das Verfahren gesamthaft gesehen den
Anforderungen an einen fairen Prozess im Sinne von Art. 32 Abs. 2 und 31 Abs.
2 BV sowie von Art. 6 Ziff. 1 EMRK genügte und die Behörden daher nicht
verpflichtet waren, dem Beschwerdeführer von Amtes wegen einen
Rechtsvertreter zu bestellen.

4.5 Demnach erweist sich die Beschwerde als unbegründet, soweit der
Beschwerdeführer aus Art. 32 Abs. 2 und Art. 31 Abs. 2 BV sowie Art. 6 Ziff.
1 EMRK für die Dauer der Haft und die in dieser Zeit geführte Untersuchung
eine obligatorische Verbeiständung ableitet.
Bei dieser Sachlage und in Anbetracht der vorstehenden Erwägung 1.3 steht der
Verwertung der während der Untersuchungshaft ohne Beistand eines
Rechtsvertreters gemachten Äusserungen für die materielle Beurteilung der
Strafsache nichts entgegen. Auch in diesem Punkte erweist sich die Beschwerde
als unbegründet.

5.
Demnach ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.

Der Beschwerdeführer ersucht für das bundesgerichtliche Verfahren um
unentgeltliche Rechtspflege im Sinne von Art. 152 Abs. 1 und 2 OG. Seine
Mittellosigkeit kann ohne weiteres angenommen werden. Die Beschwerde erweist
sich zudem nicht von vornherein als unbegründet. Demnach ist dem Gesuch
stattzugeben, von einer Gerichtsgebühr abzusehen und der Rechtsvertreter für
das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen. Die Entschädigung ist
indessen im Ausmasse des Nichteintretens mangels Ausschöpfung des kantonalen
Instanzenzuges (E. 1.2 und 1.3) zu reduzieren.
Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Dem Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege wird stattgegeben:
2.1 Es werden keine Kosten erhoben.

2.2 Rechtsanwalt Dr. Bruno Steiner wird als amtlicher Rechtsvertreter
bezeichnet und für das bundesgerichtliche Verfahren aus der
Bundesgerichtskasse mit Fr. 1'200.-- entschädigt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft und dem
Obergericht des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 22. Juni 2005

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: