Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.747/2004
Zurück zum Index I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2004
Retour à l'indice I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2004


1P.747/2004 /gij

Urteil vom 27. Januar 2005

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Nay, Reeb,
Gerichtsschreiber Pfäffli.

X. ________, Beschwerdeführer,

gegen

Y.________, amtlicher Verteidiger,
Präsident der Strafabteilung des Obergerichts des Kantons Bern, Postfach
7475, 3001 Bern.

Abweisung der Gesuche um Entbindung vom Mandat des amtlichen Verteidigers
bzw. um Wechsel der Person des amtlichen Verteidigers,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss des Präsidenten der
Strafabteilung des Obergerichts des Kantons Bern vom 3. Dezember 2004.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Mit Überweisungsbeschluss vom 6. Februar / 22. März 2004 wurde X.________ dem
Kreisgericht VIII Bern-Laupen zur Beurteilung wegen Mordes, evtl.
vorsätzlicher Tötung, begangen am 28. Dezember 2002 zum Nachteil seiner
Ehefrau, überwiesen. Die Hauptverhandlung wurde auf den 11. bis 15. Oktober
2004 angesetzt.

Mit Schreiben vom 22. April 2004 ersuchte X.________ um Wechsel seines
amtlichen Verteidigers. Der Präsident des Kreisgerichts VIII Bern-Laupen wies
dieses Gesuch mit Verfügung vom 17. Mai 2004 ab. Eine dagegen von X.________
erhobene Beschwerde wies die Anklagekammer des Obergerichts des Kantons Bern
mit Beschluss vom 25. Juni 2004 ab. Mit Entscheid vom 1. September 2004 trat
das Bundesgericht auf eine von X.________ erhobene staatsrechtliche
Beschwerde mangels einer genügenden Begründung nicht ein (Verfahren
1P.395/2004).

Am 11. Oktober 2004, zu Beginn der Hauptverhandlung vor dem Kreisgericht VIII
Bern-Laupen, stellte X.________ erfolglos ein weiteres Gesuch um
Verteidigerwechsel.

Am 4. November 2004 ersuchte der amtliche Verteidiger von X.________ um
Entbindung von seinem Mandat, und am 5. November 2004 verlangte X.________
zum dritten Mal die Auswechslung des amtlichen Verteidigers. Der Präsident
der Strafabteilung des Obergerichts des Kantons Bern wies die beiden Gesuche
mit Verfügung vom 3. Dezember 2004 ab. Zur Begründung führte er
zusammenfassend aus, dass von einem sachlich nicht vertretbaren bzw.
offensichtlich fehlerhaften Prozessverhalten des Verteidigers im konkreten
Fall nicht die Rede sein könne. Im Vorgehen des Verteidigers, vor
Kreisgericht nicht den vom Angeschuldigten verlangten Schuldspruch wegen
fahrlässiger, sondern einen Schuldspruch wegen vorsätzlicher Tötung zu
beantragen, könne keine fehlerhafte Mandatsführung gesehen werden. Denn
bereits die offenkundig lege artis erhobenen rechtsmedizinischen Befunde
seien mit einer unfallbedingten Todesursache gemäss Darstellung des
Angeschuldigten schlicht nicht vereinbar. Die Verteidigung müsse die
aktenmässigen Grundlagen zur Kenntnis nehmen und dürfe nicht bloss ein
Sprachrohr des Angeschuldigten sein. Eine solche Mandatsführung läge nicht im
Interesse des Angeschuldigten.

2.
Gegen diese Verfügung des Obergerichts des Kantons Bern wandte sich
X.________ mit Eingaben vom 11. und 18. Dezember 2004 an den Präsidenten der
Strafabteilung des Obergerichts. Dieser leitete die Eingaben mit Schreiben
vom 22. Dezember 2004 ans Bundesgericht weiter zur allfälligen Behandlung als
staatsrechtliche Beschwerde. In der Folge teilte das Bundesgericht X.________
mit Schreiben vom 29. Dezember 2004 mit, dass seine Eingaben aufgrund einer
vorläufigen Prüfung den Begründungsanforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG
nicht zu genügen vermögen. Er könne jedoch seine Beschwerde bis zum Ablauf
der 30-tägigen Beschwerdefrist verbessern. Daraufhin reichte X.________ am
17. Januar 2005 eine Beschwerdeergänzung ein.

Das Bundesgericht verzichtet auf die Einholung von Vernehmlassungen.

3.
Der Beschwerdeführer stellt sinngemäss den Antrag, es sei eine mündliche
Schlussverhandlung anzuordnen. Art. 91 Abs. 2 OG sieht vor, dass das
Bundesgericht ausnahmsweise, wenn eine Partei es verlangt und besondere
Gründe vorliegen, eine mündliche Schlussverhandlung anordnen kann. Gemäss
Art. 36a und b OG kann jedoch das Gericht auf dem Weg der Aktenzirkulation
entscheiden, wenn sich Einstimmigkeit ergibt und kein Richter mündliche
Beratung verlangt. Von dieser grundsätzlichen gesetzlichen Ordnung
abzuweichen, wie das der Beschwerdeführer beantragt, rechtfertigt sich nur,
wenn er das Vorliegen besonderer Gründe für eine Ausnahme darlegt. Vorliegend
macht der Beschwerdeführer geltend, er wolle anlässlich der mündlichen
Schlussverhandlung seine Beschwerde erklären und begründen. Gemäss Art. 89 OG
in Verbindung mit Art. 90 Abs. 1 lit. b OG ist die Beschwerde samt Begründung
innert 30 Tagen seit Eröffnung des angefochtenen Entscheids dem Bundesgericht
schriftlich einzureichen. Eine Fristerstreckung für eine allfällige
Beschwerdeergänzung kann nicht gewährt werden (Art. 33 Abs. 1 OG). Da
vorliegend, wie ausgeführt, auch keine Vernehmlassungen eingeholt werden,
besteht kein Grund, den Beschwerdeführer anlässlich einer mündlichen
Schlussverhandlung seine Beschwerdegründe erläutern zu lassen. Das Gesuch ist
daher abzuweisen.

4.
Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss eine staatsrechtliche Beschwerde die
wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten,
welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze und inwiefern sie
durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind. Im staatsrechtlichen
Beschwerdeverfahren prüft das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene
Rügen (BGE 127 I 38 E. 3c mit Hinweisen).

Der Beschwerdeführer setzt sich mit seiner appellatorischen Kritik überhaupt
nicht mit der ausführlichen Begründung des Präsidenten der Strafabteilung des
Obergerichts auseinander und legt somit nicht dar, inwiefern dessen Verfügung
verfassungs- oder konventionswidrig sein soll. Mangels einer genügenden
Begründung kann daher auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht eingetreten
werden.

5.
Bei diesem Verfahrensausgang hat der Beschwerdeführer die bundesgerichtlichen
Kosten zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG). Angesichts der offensichtlichen
Aussichtslosigkeit der vorliegenden Beschwerde kann dem Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege unter Beiordnung eines Rechtsbeistandes nicht
entsprochen werden (Art. 152 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, seinem amtlichen Verteidiger und dem
Präsidenten der Strafabteilung des Obergerichts des Kantons Bern schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 27. Januar 2005

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: