Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.722/2004
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1P.722/2004 /gij

Urteil vom 9. März 2005

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Nay, Eusebio,
Gerichtsschreiberin Schoder.

X. ________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. J.
Mischa Mensik,

gegen

Statthalteramt des Bezirkes Horgen, Seestrasse 124, 8810 Horgen,
Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, Postfach, 8023 Zürich.

Art. 9, 29 Abs. 1 und Art. 32 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziff. 2 EMRK (Strafverfahren
[SVG]),

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons
Zürich, III. Strafkammer, vom 30. Oktober 2004.

Sachverhalt:

A.
X. ________ wurde mit Strafverfügung des Statthalteramtes des Bezirks Horgen
vom 10. Oktober 2002 wegen Verkehrsdelikten gebüsst. Es wurde ihr
vorgeworfen, als Lenkerin eines Personenwagens unvorsichtig gewendet zu
haben, wodurch es zur Kollision mit einem aus der Gegenrichtung kommenden
Radfahrer gekommen war. Dieser erlitt Verletzungen. Zudem entstand an beiden
Fahrzeugen Sachschaden.

X. ________ verlangte gerichtliche Beurteilung. Mit Urteil vom 8. Mai 2003
bestätigte der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirksgerichts Horgen die
Strafverfügung. Zur Begründung führte der Einzelrichter aus, X.________ hätte
den geschädigten Radfahrer sehen müssen. Es sei erstellt, dass sie nur knapp
vor dem Geschädigten eingebogen sei und dieser sich regelkonform verhalten
habe. X.________ habe bei ihrem Wendemanöver den Geschädigten behindert,
indem sie ihn übersehen und seinen aus dem Vortrittsrecht fliessenden
Rechtsanspruch auf ungestörte Fortsetzung der Fahrt verweigert habe. Damit
sei der Tatbestand von Art. 36 Abs. 4 SVG in Verbindung mit Art. 14 Abs. 1
VRV und Art. 90 Ziff. 1 SVG erfüllt. Die gegen dieses Urteil erhobene
Nichtigkeitsbeschwerde wies das Obergericht des Kantons Zürich, III.
Strafkammer, mit Beschluss vom 30. Oktober 2004 ab, soweit es darauf eintrat.

B.
X.________ hat gegen den Beschluss des Obergerichts vom 30. Oktober 2004
wegen Verletzung von Art. 9, 29 Abs. 1 und Art. 32 Abs. 1 BV sowie Art. 6
Ziff. 2 EMRK staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Die Beschwerdeführerin
beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und Rückweisung der
Sache an die kantonalen Instanzen zur neuen Beurteilung.

C.
Sowohl das Statthalteramt als auch das Obergericht haben auf Vernehmlassung
verzichtet.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss eine staatsrechtliche Beschwerde die
wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten,
welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze und inwiefern sie
durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind. Im staatsrechtlichen
Beschwerdeverfahren prüft das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene
Rügen. Auf ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am
angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 129 I 185 E. 1.6 S. 189; 125
I 492 E. 1b S. 495, 71 E. 1c S. 76, je mit Hinweisen).

Soweit die Beschwerdeführerin diesen Begründungsanforderungen nicht
nachkommt, ist auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht einzutreten.

2.
Vorab kritisiert die Beschwerdeführerin die Sachverhaltsdarstellung im
angefochtenen Entscheid. Sie bringt vor, die Feststellung des Obergerichts,
dass kein Strafantrag gestellt worden sei, treffe nicht zu; der Geschädigte
habe Strafantrag gestellt und diesen wieder zurückgezogen. Mit diesem
allgemeinen Vorbringen kommt die Beschwerdeführerin den Anforderungen an die
Beschwerdebegründung nicht nach, zumal nicht ersichtlich ist, inwiefern
dadurch der angefochtene Entscheid im Ergebnis Verfassungsrechte verletzen
soll. Darauf ist nicht weiter einzugehen.

3.
3.1 Sodann wirft die Beschwerdeführerin den kantonalen Gerichten vor, das
unvorsichtige Verhalten des geschädigten Radfahrers nicht berücksichtigt zu
haben. Der Schuldspruch basiere diesbezüglich auf aktenwidrigen tatsächlichen
Annahmen und stehe im Widerspruch zu den Zeugenaussagen. Mit diesen
Vorbringen rügt die Beschwerdeführerin implizit eine Verletzung des
Willkürverbots (Art. 9 BV).

3.2 Das Obergericht erwog, die Beschwerdeführerin befasse sich mit dem
Verhalten des Geschädigten lediglich insoweit, als sie auszugsweise aus
dessen Einvernahmeprotokoll beim Statthalter zitiere und bestreite, dass er
sich regelkonform verhalten habe. Die Beschwerdeführerin setze sich mit den
einzelrichterlichen Erwägungen in diesem Zusammenhang mit keinem Wort
auseinander, weshalb die Nichtigkeitsbeschwerde dem Rügeprinzip nicht genüge.
Auch im Verfahren vor Bundesgericht beschränkt sich die Beschwerdeführerin
darauf, einzelne Aussagen des Geschädigten zu zitieren. Sie zeigt indessen
nicht auf, inwiefern das Obergericht in diesem Punkt zu Unrecht auf die
Nichtigkeitsbeschwerde nicht eintrat. Auf die staatsrechtliche Beschwerde ist
insoweit nicht einzutreten.

4.
4.1 Weiter rügt die Beschwerdeführerin eine Verletzung der Unschuldsvermutung
(Art. 32 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziff. 2 EMRK) als Ausdruck des Gebots eines fairen
Verfahrens (Art. 29 Abs. 1 BV). Sie habe vor Obergericht ohne Erfolg gerügt,
dass der Einzelrichter seinen Entscheid auf aktenwidrige tatsächliche
Annahmen abstützte. Da sie nunmehr als Alleinschuldige des Unfallgeschehens
gelte, sei die Unschuldsvermutung verletzt.

4.2 Vor Obergericht brachte die Beschwerdeführerin zur Unschuldsvermutung
vor, der Einzelrichter habe die Verletzung des Geschädigten in die
Beurteilung ihres Verschuldens einfliessen lassen, obwohl dieser keinen
Strafantrag stellte. Nach Auffassung des Obergerichts geht die Argumentation
der Beschwerdeführerin an der Sache vorbei, da sie nicht wegen
Körperverletzung, sondern wegen unvorsichtigem Wenden im Sinne des
Strassenverkehrsrechts verurteilt worden sei.

Mit dieser Erwägung des angefochtenen Beschlusses setzt sich die
Beschwerdeführerin wiederum nicht auseinander. Auf die staatsrechtliche
Beschwerde ist auch in diesem Punkt nicht einzutreten.

5.
Zusammenfassend ergibt sich, dass auf die staatsrechtliche Beschwerde mangels
rechtsgenüglicher Begründung nicht einzutreten ist (Art. 90 Abs. 1 lit. b
OG). Ausgangsgemäss hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen
(Art. 156 Abs. 1 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'500.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Statthalteramt des Bezirkes
Horgen und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 9. März 2005

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: