Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.698/2004
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1P.698/2004 /ggs

Urteil vom 1. Februar 2005

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Fonjallaz, Eusebio,
Gerichtsschreiberin Gerber.

X. ________, Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, Postfach, 8023 Zürich,
Kassationsgericht des Kantons Zürich, Postfach, 8022 Zürich.

Strafverfahren,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss
des Kassationsgerichts des Kantons Zürich vom 21. Oktober 2004.

Sachverhalt:

A.
Am 3. September 2003 sprach der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirks
Meilen X.________ der fahrlässigen Körperverletzung und des pflichtwidrigen
Verhaltens bei Unfalls (Führerflucht) schuldig und bestrafte ihn mit 3
Monaten Gefängnis bedingt.

B.
Auf Berufung von X.________ hin hob die II. Strafkammer des Obergerichts des
Kantons Zürich am 25. Mai 2004 das Urteil des Einzelrichters auf und wies den
Prozess zur ordnungsgemässen Durchführung des Verfahrens an die Vorinstanz
zurück. Das Obergericht hegte aufgrund verschiedener Aussagen und Eingaben
von X.________ ernsthafte Zweifel an dessen psychischer Gesundheit und ging
davon aus, dass er nicht in der Lage gewesen sei, sich selbst zu verteidigen,
weshalb er im gesamten Strafverfahren obligatorisch hätte verteidigt sein
müssen.

C.
Gegen diesen Beschluss des Obergerichts erhob X.________ kantonale
Nichtigkeitsbeschwerde an das Kassationsgericht des Kantons Zürich. Nach
Einsichtnahme in die Akten und in die Eingabe des Beschwerdeführers ging das
Kassationsgericht mit der Vorinstanz einstweilen davon aus, dass ein Fall
notwendiger Verteidigung vorliege, und zwar auch für das Verfahren der
kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde. Es bestellte daher für dieses Verfahren
von Amtes wegen einen amtlichen Verteidiger in der Person von Rechtsanwalt
H.________. Dieser wurde ersucht, den vorinstanzlichen Entscheid auf das
Vorliegen von Nichtigkeitsgründen hin zu überprüfen und gegebenenfalls die
Beschwerde entsprechend zu ergänzen. Der amtliche Verteidiger verzichtete
nach Studium der Verfahrensakten und zwei Besprechungen mit X.________ auf
Ergänzungen.

D.
Am 21. Oktober 2004 trat das Kassationsgericht auf die von X.________
persönlich erhobene und begründete Nichtigkeitsbeschwerde nicht ein. Es
stellte fest, dass der Verteidiger keine Pflicht zur Begründung einer
Nichtigkeitsbeschwerde habe, wenn er das Vorhandensein von
Nichtigkeitsgründen geprüft und solche verneint habe, mithin die Beschwerde
als aussichtslos erachte. Somit sei im Kassationsverfahren über die vom
Beschwerdeführer persönlich verfassten Eingaben zu befinden. Diese genügten
den Anforderungen an die Begründung einer Nichtigkeitsbeschwerde nicht.
Soweit der Beschwerdeführer das vorinstanzliche Protokoll in inhaltlicher
Hinsicht bemängele, müsse er dies im Wege eines
Protokollberichtigungsbegehrens bei der Vorinstanz geltend machen.

E.
Gegen den Nichteintretensentscheid des Kassationsgerichts erhebt X.________
staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht. Er beantragt, der
angefochtene Beschluss sei aufzuheben, der amtlich beigefügte
(Zwangs)Verteidiger sei von seinem Mandat zu entbinden und es sei eine
Befragung nach Überwachungsmassnahmen und -instanzen richterlich anzuordnen.

F.
Die Staatsanwaltschaft und das Kassationsgericht des Kantons Zürich haben auf
eine Vernehmlassung verzichtet.

G.
Mit Eingabe vom 7. Dezember 2004 ersuchte der Beschwerdeführer um Gewährung
der aufschiebenden Wirkung. Diesem Ersuchen wurde mit Verfügung vom 21.
Januar 2005 statt gegeben.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid des
Kassationsgerichts, der auf eine kantonale Nichtigkeitsbeschwerde gegen einen
Rückweisungsbeschluss des Obergerichts nicht eintritt. Es erscheint
zweifelhaft, ob insoweit ein Endentscheid vorliegt, da das Strafverfahren vor
dem Einzelrichter des Bezirks Meilen fortgeführt wird. Diese Frage, sowie die
Frage ob allenfalls ein anfechtbarer Zwischenentscheid i.S.v. Art. 87 Abs. 2
OG vorliegt, können jedoch offen bleiben, weil auf die Beschwerde schon aus
anderen Gründen nicht eingetreten werden kann.

2.
Die staatsrechtliche Beschwerde muss die wesentlichen Tatsachen und eine
kurzgefasste Darlegung darüber enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte
bzw. welche Rechtssätze inwiefern durch den angefochtenen Entscheid verletzt
worden sind (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG). Das Bundesgericht untersucht nicht
von Amtes wegen, ob ein kantonaler Hoheitsakt verfassungswidrig ist, sondern
prüft nur rechtsgenügend vorgebrachte, klar erhobene und, soweit möglich,
belegte Rügen (BGE 110 Ia 1 E. 2a S. 3/4; 117 Ia 393 E. 1c S. 395). Der
Beschwerdeführer hat sich mit der Begründung im angefochtenen Entscheid im
Einzelnen auseinander zu setzen und zu erklären, welches geschriebene oder
ungeschriebene verfassungsmässige Individualrecht verletzt worden sein soll.

Im vorliegenden Fall ist das Kassationsgericht auf die Nichtigkeitsbeschwerde
nicht eingetreten, weil diese ungenügend begründet gewesen sei bzw. die Rügen
im Protokollberichtigungsverfahren vor Obergericht vorzubringen seien. Der
Beschwerdeführer hätte daher in seiner staatsrechtlichen Beschwerde darlegen
müssen, inwiefern diese Begründung des Kassationsgerichts auf einer
willkürlichen Auslegung kantonalen Prozessrechts beruht oder Verfahrensrechte
der Bundesverfassung verletzt. Statt dessen kritisiert er in erster Linie den
Beschluss des Obergerichts, dem er eine Verletzung des Grundsatzes "in dubio
pro reo" vorwirft. Dieser Grundsatz enthält jedoch lediglich Beweislast- und
Beweiswürdigungsregeln für die strafrechtliche Verurteilung des Angeklagten,
ist aber auf die Frage der notwendigen Verteidigung des Angeklagten im
Strafverfahren nicht anwendbar. Auch die übrigen Ausführungen des
Beschwerdeführers enthalten keine rechtsgenügende Begründung der
staatsrechtlichen Beschwerde gegen den Nichteintretensentscheid des
Kassationsgerichts.

3.
Nach dem Gesagten ist auf die staatsrechtliche Beschwerde im Verfahren nach
Art. 36a OG nicht einzutreten. Aufgrund der besonderen Umstände des Falles
ist auf die Erhebung einer Gerichtsgebühr zu verzichten.

Demnach erkennt das Bundesgericht im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft und dem
Kassationsgericht des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 1. Februar 2005

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: