Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.662/2004
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1P.662/2004 /ggs

Urteil vom 3. Februar 2005

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Fonjallaz,
Gerichtsschreiberin Schoder.

X. ________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Duri Poltera,

gegen

1.A.________, Kantonsgerichtspräsident,
2.B.________, Kantonsrichterin,
3.C.________, Kantonsgerichtsschreiber,
Beschwerdegegner,
Vormundschaftsbehörde Appenzell, Marktgasse 10d, 9050 Appenzell,
Standeskommission des Kantons Appenzell I.Rh., Marktgasse 2, 9050 Appenzell,
Kantonsgericht Appenzell I.Rh., Unteres Ziel 20, 9050 Appenzell.

Art. 9 und 30 BV (psychiatrische Begutachtung; Ausstand),

Staatsrechtliche Beschwerde gegen die Bescheide des Kantonsgerichts Appenzell
I.Rh. vom 22. Oktober 2004 und vom 2. November 2004.
Sachverhalt:

A.
Das Kantonsgericht Appenzell I.Rh., Abteilung Zivil- und Strafgericht,
verurteilte X.________ am 6. November 2001 wegen Betrugs und mehrfacher
Urkundenfälschung zu einer unbedingt vollziehbaren Freiheitsstrafe von acht
Monaten Gefängnis (Strafverfahren K 2/01). In Ziffer 7 der Erwägungen des
Strafurteils hielt das Kantonsgericht fest, dass sich aufgrund der
allgemeinen Umstände und insbesondere des Betreibungsregisterauszugs vom 26.
April 2000 mit Betreibungen über Fr. 500'000.-- seit dem Jahr 1997 beim
Verurteilten vormundschaftliche Massnahmen aufdrängen, weshalb das Gericht
der Vormundschaftsbehörde entsprechende Mitteilung machen werde.

Am 5. April 2002 teilte der Kantonsgerichtspräsident der
Vormundschaftsbehörde des Kantons Appenzell I.Rh. mit, dass sich bei
X.________ eine vormundschaftliche Massnahme im Sinn von Art. 370 ZGB
aufdränge. Aufgrund seiner eigenen Wahrnehmungen im Zusammenhang mit dem
Strafverfahren betreffend Betrug und Urkundenfälschung (K 2/01) sowie
verschiedener zivilrechtlicher Verfahren sei das Kantonsgericht zum Schluss
gekommen, dass bei X.________ Verschwendung, eventuell Misswirtschaft im Sinn
von Art. 370 ZGB vorliege. X.________ habe als Gärtner immer wieder und zum
Teil in grösserem Ausmass Gartenartikel bestellt, ohne sie zu bezahlen.
Allenfalls könne eine medizinische Untersuchung Aufschluss über die
subjektive Seite der Misswirtschaft geben.

Am 22. März 2004 beschloss die Vormundschaftsbehörde, dass zur Abklärung der
Notwendigkeit und Verhältnismässigkeit der Anordnung einer Vormundschaft
gestützt auf Art. 370 ZGB für X.________ ein fachärztliches Gutachten
angeordnet wird.

Am 13. April 2004 erhob X.________ gegen den Beschluss der
Vormundschaftsbehörde Rekurs. Die Standeskommission des Kantons Appenzell
I.Rh. wies den Rekurs mit Entscheid vom 31. August 2004 ab.

Am 12. Oktober 2004 (Datum Poststempel) legte X.________ gegen den Entscheid
der Standeskommission beim Kantonsgericht, Kommission für Beschwerden auf dem
Gebiete des ZGB, Beschwerde ein. Er stellte sinngemäss den Antrag, der
angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Begutachtung sei "als
unverhältnismässig abzuweisen". Die Standeskommission sei in der Sache
befangen. Genauere Ausführungen fehlten. X.________ wurde deshalb
aufgefordert, innert Notfrist eine verbesserte Beschwerdeschrift
einzureichen.

Am 13. Oktober 2004 (Datum Poststempel) reichte der Rechtsvertreter von
X.________ eine Eingabe ein. Darin stellte er den zusätzlichen Antrag auf
Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und auf Ausstand aller
Gerichtspersonen, die im Jahr 2001 am Strafverfahren K 2/01 beteiligt waren.
Allerdings fehlte auch in dieser Eingabe eine detaillierte Begründung der
Begehren. Der Rechtsvertreter behielt sich aber weitere Ausführungen
tatsächlicher oder rechtlicher Natur für eine Ergänzungsbegründung oder
Replik ausdrücklich vor.

Am 14. Oktober 2004 teilte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers dem
Kantonsgerichtsschreiber mit, er werde eine Begründung der Beschwerdeschrift
nachreichen, sobald das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege behandelt
worden sei. Zudem warf er dem Kantonsgerichtsschreiber vor, ihn wie einen
"Schuljungen" behandelt zu haben.

Am 25. Oktober 2004 (Datum Poststempel) reichte X.________ eine eigenhändige
Eingabe ein. Darin beharrte er darauf, dass seine ursprünglich eingereichte
Beschwerdeschrift vom 12. Oktober 2004, bei der es sich um eine
Laienbeschwerde handle, ausreichend begründet sei.

Mit Entscheid vom 22. Oktober 2004 (KE 55/04) trat der
Kantonsgerichtsvizepräsident mangels rechtsgenüglicher Begründung der
Beschwerde auf das Begehren um Ausstand der Gerichtspersonen des
Kantonsgerichts nicht ein.

Mit Entscheid vom 2. November 2004 (KZB 3/04) trat das Kantonsgericht auf die
Beschwerde gegen die Anordnung der psychiatrischen Begutachtung mangels
Zuständigkeit nicht ein.

B.
X.________ hat mit Eingabe vom 15. November 2004 gegen den Entscheid des
Kantonsgerichtsvizepräsidenten vom 22. Oktober 2004 (KE 55/04) und gegen den
Entscheid des Kantonsgerichts vom 2. November 2004 (KZB 3/04)
staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Der Beschwerdeführer beantragt die
Aufhebung dieser Entscheide wegen Verletzung von Art. 30 Abs. 1 BV.
Eventualiter sei der Entscheid vom 2. November 2004 (KZB 3/04) wegen
Verletzung von Art. 9 BV aufzuheben. Zudem beantragt er die unentgeltliche
Prozessführung.

C.
Das Kantonsgericht beantragt die Abweisung der staatsrechtlichen Beschwerde.
Die abgelehnten Gerichtspersonen haben sich nicht  vernehmen lassen. Die
Standeskommission sowie die Vormundschaftsbehörde haben auf Vernehmlassung
ausdrücklich verzichtet.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Die staatsrechtliche Beschwerde richtet sich gegen zwei selbständig
eröffnete Zwischenentscheide. Gegen den Zwischenentscheid vom 22. Oktober
2004 (KE 55/04) ist die Beschwerde ohne weiteres zulässig, da es sich um
einen Zwischenentscheid über ein Ausstandsbegehren handelt (Art. 87 Abs. 1
OG). Auch gegen den Zwischenentscheid vom 2. November 2004 (KZB 3/04) ist die
Beschwerde zulässig, weil die Anordnung, sich einer psychiatrischen
Begutachtung zu unterziehen, in das Grundrecht der persönlichen Freiheit
(Art. 10 Abs. 2 BV) unwiderruflich eingreift und daher einen nicht
wiedergutzumachenden Nachteil rechtlicher Natur darstellt (Art. 87 Abs. 2 OG;
BGE 127 I 92 E. 1c S. 94).

1.2 Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss eine staatsrechtliche Beschwerde die
wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten,
welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze und inwiefern sie
durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind. Im staatsrechtlichen
Beschwerdeverfahren prüft das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene
Rügen. Auf ungenügend begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am
angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 129 I 185 E. 1.6 S. 189; 125
I 492 E. 1b S. 495, 71 E. 1c S. 76, je mit Hinweisen).

Soweit der Beschwerdeführer diesen Begründungsanforderungen nicht nachkommt,
ist er mit seinen Ausführungen nicht zu hören.

1.3 Nachfolgend soll zuerst der Zwischenentscheid vom 22. Oktober 2004 (KE
55/04) über das Ausstandsbegehren geprüft werden. Erweist er sich als
verfassungswidrig, muss auch der Zwischenentscheid vom 2. November 2004 (KZB
3/04) über die Anordnung einer psychiatrischen Begutachtung aufgehoben
werden.

2.
2.1 Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung der Garantie des
verfassungsmässigen Richters (Art. 30 Abs. 1 BV). Er macht geltend, es hätte
von Amtes wegen geprüft werden müssen, ob bezüglich der am angefochtenen
Entscheid mitwirkenden Gerichtspersonen ein Ausstandsgrund vorliegt. Ein
solcher sei darin zu sehen, dass dieselben Richter, welche am Strafverfahren
K 2/01 mitgewirkt und das Entmündigungsverfahren ausgelöst hätten, über die
Frage der psychiatrischen Begutachtung im Entmündigungsverfahren urteilen.

2.2 Nach der in Art. 30 Abs. 1 BV enthaltenen Garantie des
verfassungsmässigen Richters hat der Einzelne Anspruch darauf, dass seine
Sache von einem unparteiischen, unvoreingenommenen und unbefangenen Richter
ohne Einwirken sachfremder Umstände entschieden wird. Wird mit einer
staatsrechtlichen Beschwerde eine Verletzung des Anspruchs auf den
verfassungs- und konventionsmässigen Richter geltend gemacht, so überprüft
das Bundesgericht die Auslegung und Anwendung des kantonalen Verfahrensrechts
nur unter dem Gesichtswinkel der Willkür. Mit freier Kognition prüft es
dagegen, ob die als vertretbar erkannte Auslegung des kantonalen
Prozessrechts mit den Garantien von Art. 30 Abs. 1 BV vereinbar ist (BGE 126
I 68 E. 3b S. 73, mit Hinweisen).

Willkürlich ist ein Entscheid, wenn er offensichtlich unhaltbar ist,
insbesondere mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht,
eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in
stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 129 I 8 E. 2.1
S. 9, 49 E. 4 S. 58, je mit Hinweisen).

2.3 Der Kantonsgerichtsvizepräsident trat auf das Ausstandsbegehren nicht
ein, weil es nach seiner Auffassung nicht rechtsgenüglich begründet ist. Er
führte dazu aus, die im Schreiben vom 14. Oktober 2004 geäusserte Auffassung
des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers, dass die Beschwerdebegründung
erst einzureichen ist, wenn das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
bewilligt worden sei, sei unhaltbar. Überdies wies der
Kantonsgerichtsvizepräsident darauf hin, dass die Beschwerde ohnehin hätte
abgewiesen werden müssen. Ein einziger Hinweis auf einen Ausstandsgrund
ergebe sich aus Ziffer 7 der Erwägungen des Strafurteils im Verfahren K 2/01,
worin das Kantonsgericht seine Auffassung kundtat, dass sich
vormundschaftliche Massnahmen aufdrängen. Der Kantonsgerichtspräsident habe
der Vormundschaftsbehörde deshalb Anzeige erstattet. Die
Vormundschaftsbehörde treffe aufgrund ihrer eigenen Abklärungen selbständig
einen Entscheid. Die Tatsache, dass Gerichtspersonen in einem früheren
Verfahren betreffend den Antragsteller mitgewirkt hätten, begründe für sich
allein keinen Ausstandsgrund. Auch lasse das vom Rechtsvertreter des
Beschwerdeführers kritisierte Verhalten des Kantonsgerichtsschreibers nicht
den Eindruck einer Befangenheit entstehen.

2.4 Im Gegensatz zum Gerichtsorganisations- und Prozessrecht anderer Kantone
enthalten die betreffenden Erlasse des Kantons Appenzell I.Rh. keine
ausdrückliche Vorschrift über die Pflicht zur Begründung eines
Ausstandsbegehrens. Indessen ist davon auszugehen, dass das kantonale
Gerichtsorganisations- und Verfahrensrecht des Kantons Appenzell I.Rh. eine
solche Begründungspflicht stillschweigend voraussetzt. Auch nach den Gesetzen
der anderen Kantone und des Bundes müssen Ausstandsbegehren begründet werden
(vgl. dazu Frank/Sträuli/Messmer, ZPO - Kommentar zur zürcherischen
Zivilprozessordnung, 3. Aufl., Zürich 1997, Anhang II / zu GVG § 100, N. 19;
Leuch/Marbach, Die Zivilprozessordnung für den Kanton Bern, Bern 2000, N. 2
zu Art. 13-14; Rolf Geiser, Über den Ausstand des Richters im schweizerischen
Zivilprozessrecht, Diss. Winterthur 1957, S. 16 f.; Alfred Kölz/Isabelle
Häner, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 2. Aufl.,
Zürich 1998, N. 975).

Indessen durfte der Beschwerdeführer nach der Gerichtspraxis nicht erwarten,
dass der Kantonsgerichtspräsident von Amtes wegen einen selbständigen
Zwischenentscheid über die Frage des Ausstandes einzelner Gerichtsmitglieder
trifft, wenn er davon ausgeht, dass kein Ausstandsgrund vorliegt. Ein
selbständiger Zwischenentscheid, worin das Vorliegen eines Ausstandsgrundes
verneint wird, ergeht üblicherweise nur auf ein begründetes Begehren einer
Verfahrenspartei.

2.5 Nach der Formulierung des in der nachgereichten Beschwerdeschrift vom 13.
Oktober 2004 enthaltenen Ausstandsbegehrens verlangt der Rechtsvertreter des
Beschwerdeführers den Ausstand aller Gerichtspersonen, "welche am
Strafverfahren K 2/01 beteiligt waren". In Ziffer II.4. der Beschwerdeschrift
fügte er hinzu: "Zur Begründung des Ausstandsgesuches wird auf einstweilen
act. 25 der Beschwerdegegnerin verwiesen. Dieses Schreiben begründet
klarerweise eine Befangenheit." Damit meinte der Beschwerdeführer das
Schreiben des Kantonsgerichtspräsidenten vom 5. April 2002, worin dieser der
Vormundschaftsbehörde Anzeige über die Notwendigkeit vormundschaftlicher
Massnahmen erstattete. Sodann ergibt sich aus der Laieneingabe vom 12.
Oktober 2004, dass der Beschwerdeführer vormundschaftliche Massnahmen als
unverhältnismässig betrachtet. Dem am 14. Oktober 2004 innerhalb der Notfrist
eingereichten Schreiben des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers ist ferner
zu entnehmen, dass sich dieser vom Kantonsgerichtsschreiber als "Schuljunge"
behandelt fühlt.

Die Formulierung des Ausstandsbegehrens weist darauf hin, dass der
Beschwerdeführer die am Strafverfahren K 2/01 beteiligten Gerichtspersonen
infolge Vorbefassung ablehnt. Der in der Beschwerdeschrift vom 13. Oktober
2004 enthaltene Verweis auf das Orientierungsschreiben des
Kantonsgerichtspräsidenten an die Vormundschaftsbehörde lässt darauf
schliessen, dass der Beschwerdeführer die Gerichtspersonen nicht allein wegen
ihrer Mitwirkung am Strafverfahren, sondern wegen ihrer im Strafurteil
geäusserten Auffassung bezüglich der Erforderlichkeit vormundschaftlicher
Massnahmen als vorbefasst betrachtet. Ein blosser Verweis auf die Akten
genügt den prozessrechtlichen Begründungsanforderungen in der Regel nicht
(vgl. BGE 115 Ia 27 E. 4a S. 30, mit Hinweis).

Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers
sich in der Eingabe vom 13. Oktober 2004 ausdrücklich eine
Ergänzungsbegründung vorbehielt und in seinem Schreiben an den
Gerichtsschreiber vom 14. Oktober 2004 ankündigte, nach der Behandlung des
Gesuchs um unentgeltliche Rechtspflege eine Begründung der Beschwerde
nachzureichen. Der Rechtsvertreter war somit selbst der Auffassung, dass
seine Eingabe vom 13. Oktober 2004 unzureichend begründet war. Das
Kantonsgericht konnte aufgrund dieser Äusserungen des Rechtsvertreters nicht
ausschliessen, dass andere oder zusätzliche Gründe den Beschwerdeführer
bewogen, ein Ausstandsbegehren zu stellen. Es ist daher nicht willkürlich,
wenn der Kantonsgerichtsvizepräsident die Begründungsanforderungen des
kantonalen Prozessrechts als nicht erfüllt betrachtete und auf das
Ausstandsbegehren nicht eintrat. Es liegt infolgedessen auch keine Verletzung
der Garantie des verfassungsmässigen Richters (Art. 30 Abs. 1 BV) vor.

Die staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid vom 22. Oktober 2004 (KE
55/04) erweist sich demnach als unbegründet und ist abzuweisen.

3.
3.1 Bezüglich des Entscheids vom 2. November 2004 (KZB 3/04) über die
Anordnung einer psychiatrischen Begutachtung rügt der Beschwerdeführer
willkürliche Rechtsanwendung.

3.2 Das Kantonsgericht erwog, dass die Frage der Errichtung einer
Vormundschaft, einer Beiratschaft oder einer Beistandschaft nicht Gegenstand
des angefochtenen Entscheids der Standeskommission sei. Der Entscheid
betreffe lediglich die Anordnung einer psychiatrischen Begutachtung im
Hinblick auf die Prüfung vormundschaftlicher Massnahmen. Nach dem Wortlaut
von Art. 12 Abs. 1 lit. b des Einführungsgesetzes zum Schweizerischen
Zivilgesetzbuch des Kantons Appenzell I.Rh. vom 30. April 1911 (EG ZGB)
handle es sich somit nicht um einen bei der kantonsgerichtlichen Kommission
für Beschwerden auf dem Gebiete des ZGB anfechtbaren Entscheid. Auf die
Beschwerde könne mangels Zuständigkeit nicht eingetreten werden. Daran ändere
auch nichts, dass der Entscheid der Standeskommission eine falsche
Rechtsmittelbelehrung enthalte. Es könne vorliegend offen bleiben, ob es sich
beim angefochtenen Entscheid um eine Zwischenverfügung handelt. Eine solche
sei nach Art. 264 Abs. 1 und Art. 113 Abs. 2 der Zivilprozessordnung für den
Kanton Appenzell I.Rh. vom 24. April 1949 (ZPO), welche auf das Verfahren vor
der kantonsgerichtlichen Kommission für Beschwerden auf dem Gebiete des ZGB
analog zur Anwendung komme, nicht weiterziehbar. Im Übrigen sei die
Beschwerde unzureichend begründet, weshalb bereits aus diesem Grund darauf
nicht einzutreten sei.

3.3 Der Beschwerdeführer macht geltend, das Kantonsgericht habe die
Vorschrift von Art. 199a ZPO übersehen, wonach gegen eine Zwischenverfügung
über die Anordnung einer Zwangsbegutachtung Beschwerde nach Art. 296 ZPO
erhoben werden könne. Art. 12 EG ZGB beziehe sich lediglich auf die
Zuständigkeit bezüglich der Sachmaterie, nicht aber bezüglich des
Prozessgegenstands. Art. 12 Abs. 1 lit. b EG ZGB schliesse daher nicht aus,
dass auch Zwischenentscheide auf dem Gebiet des Vormundschaftswesens
angefochten werden können.

Der Beschwerdeführer verkennt, dass sich die Anordnung der psychiatrischen
Begutachtung nicht auf Art. 199a ZPO, sondern auf eine sinngemässe Anwendung
von Art. 374 Abs. 2 ZGB stützt. Nach dieser Bestimmung besteht bei
Entmündigung wegen Geisteskrankheit und Geistesschwäche eine Pflicht zur
Begutachtung des zu Entmündigenden. Bei einer Entmündigung aus anderen
Gründen geht die Praxis davon aus, dass aufgrund der Umstände des
Einzelfalles entschieden werden muss, ob eine Begutachtung notwendig ist
(Thomas Geiser, Basler Kommentar zum Zivilgesetzbuch, 2. Aufl., Basel 2002,
N. 18 zu Art. 374). Es trifft daher nicht zu, dass das Kantonsgericht Art.
199a ZPO in Verletzung des Willkürverbots nicht angewendet hat.

Im Übrigen ist der Wortlaut von Art. 12 Abs. 1 lit. b EG ZGB klar, wonach nur
gegen Entscheide der Standeskommission betreffend Errichtung bzw.
Weiterführung einer Vormundschaft, einer Beistandschaft oder Beiratschaft bei
der kantonsgerichtlichen Kommission Beschwerde erhoben werden kann. Eine
willkürliche Anwendung dieser Bestimmung ist ebenfalls nicht ersichtlich.

Die staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid vom 2. November 2004 (KZB
3/04) erweist sich somit ebenfalls als unbegründet und ist abzuweisen.

4.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die staatsrechtliche Beschwerde sowohl
gegen den Entscheid vom 22. Oktober 2004 (KE 55/04) über das
Ausstandsbegehren als auch gegen den Entscheid vom 2. November 2004 (KZB
3/04) über die Anordnung einer psychiatrischen Begutachtung abzuweisen ist.

Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend wird der Beschwerdeführer
kostenpflichtig. Der Beschwerdeführer stellt das Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege im bundesgerichtlichen Verfahren. Ein Anspruch auf
unentgeltliche Rechtspflege besteht nur insoweit, als ein Rechtsbegehren
nicht aussichtslos erscheint (Art. 152 Abs. 1 OG). Diese Voraussetzung ist
vorliegend zwar nicht erfüllt, jedoch werden umständehalber keine Kosten
erhoben. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid vom 22. Oktober 2004 (KE
55/04) wird abgewiesen.

2.
Die staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid vom 2. November 2004 (KZB
3/04) wird abgewiesen.

3.
Es werden keine Kosten erhoben.

4.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Vormundschaftsbehörde, der
Standeskommission des Kantons Appenzell I.Rh. und dem Kantonsgericht
Appenzell I.Rh. schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 3. Februar 2005

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: