Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.581/2004
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1P.581/2004 /ggs

Urteil vom 3. Februar 2005

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Ersatzrichter Bochsler,
Gerichtsschreiberin Scherrer.

X. ________ AG, Beschwerdeführerin, vertreten durch Fürsprecher Hans Peter
Aeberhard,

gegen

Y.________, Beschwerdegegner, vertreten durch Fürsprecher Friedrich Kramer,
Einwohnergemeinde Bern, handelnd durch den
Gemeinderat, 3011 Bern, vertreten durch das Bauinspektorat der Stadt Bern,
Bundesgasse 38, Postfach 2731, 3011 Bern,
Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern, Rechtsamt,
Reiterstrasse 11, 3011 Bern,
Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Verwaltungsrechtliche Abteilung, Speichergasse 12, 3011 Bern.

Baubewilligung; Zonenkonformität; Besitzstandsgarantie,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des
Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, vom 23. August 2004.
Sachverhalt:

A.
Am 26. Oktober/1. November 2002 reichte die X.________ AG bei der Stadt Bern
ein Baugesuch für den Einbau eines Gastgewerbebetriebs mit Take-Away im
Erdgeschoss der Liegenschaft Weissensteinstrasse 22a, Parzelle Bern Gbbl. Nr.
1475, ein. Dagegen erhob unter anderem Y.________, Eigentümer der
benachbarten Liegenschaft Weissensteinstrasse 22, Einsprache. Mit Entscheid
vom 3. April 2003 wies der Regierungsstatthalter I von Bern die Einsprachen
ab und erteilte die Gesamtbaubewilligung, enthaltend die Baubewilligung und
die Zusicherung einer Betriebsbewilligung A für Gastwirtschaftsbetriebe.

B.
Gegen den Entscheid des Regierungsstatthalters I von Bern legte Y.________
bei der Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern Beschwerde ein.
Diese hiess das Rechtsmittel gut, hob den angefochtenen Entscheid auf und
erteilte dem Baugesuch den Bauabschlag. Zur Begründung erwog sie, das
zulässige Mass an Gewerbenutzung im Gebäude sei bereits überschritten, so
dass die bisher als Wohnungen bewilligten Räume im Erdgeschoss nicht in
Gewerberäume umgewandelt werden dürften.

Die von der X.________ AG dagegen erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde wies
das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Urteil vom 23. August 2004 ab.

C.
Hiergegen führt die X.________ AG staatsrechtliche Beschwerde. Sie beantragt,
der Entscheid des Verwaltungsgerichts sei aufzuheben und die Sache sei zur
Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an das Verwaltungsgericht
zurückzuweisen.

Y. ________ beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten
sei. Die Einwohnergemeinde Bern und die Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion
des Kantons Bern haben auf eine Vernehmlassung verzichtet. Das
Verwaltungsgericht schliesst auf Abweisung der Beschwerde.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Beim angefochtenen Entscheid des Verwaltungsgerichts handelt es sich um
einen letztinstanzlichen kantonalen Endentscheid, gegen den die
staatsrechtliche Beschwerde offen steht (Art. 86 Abs. 1 OG). Als Eigentümerin
der streitbetroffenen Liegenschaft Gbbl. Nr. 1475 ist die Beschwerdeführerin
durch die verweigerte Baubewilligung für den Einbau eines
Gastwirtschaftsbetriebs im Erdgeschoss in ihren rechtlich geschützten
Interessen berührt (Art. 88 OG) und befugt, die Verletzung
verfassungsmässiger Rechte zu rügen. Da auch die übrigen formellen
Voraussetzungen erfüllt sind, ist unter Vorbehalt der nachfolgenden
Erwägungen auf die Beschwerde einzutreten.

1.2 Das Bundesgericht prüft auf staatsrechtliche Beschwerde hin nur klar und
detailliert erhobene Rügen hinsichtlich konkreter Verletzungen
verfassungsmässiger Rechte (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG); auf nicht
substantiierte Vorbringen und appellatorische Kritik am angefochtenen
Entscheid tritt es nicht ein (BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261 f.; 129 I 185 E.
1.6 S. 189; 127 I 38 E. 3c und 4 S. 43).

2.
Die Beschwerdeführerin macht eine mehrfache Verletzung des rechtlichen Gehörs
(Art. 29 Abs. 2 BV) geltend. Diese Rüge ist angesichts der formellen Natur
des Gehörsanspruchs vor den weiteren Vorbringen der Beschwerdeführerin zu
behandeln (BGE 126 V 130 E. 2b S. 132; 124 V 389 E. 1 S. 389; 118 Ia 17 E. 1a
S. 18, je mit Hinweisen).

2.1 Das rechtliche Gehör dient einerseits der Sachaufklärung, andererseits
stellt es ein persönlichkeitsbezogenes Mitwirkungsrecht dar. Dazu gehört
insbesondere das Recht des Betroffenen, sich vor Erlass eines in seine
Rechtsstellung eingreifenden Entscheids zur Sache zu äussern, erhebliche
Beweise beizubringen, Einsicht in die Akten zu nehmen, mit erheblichen
Beweisanträgen gehört zu werden und an der Erhebung erheblicher Beweise
entweder mitzuwirken oder sich zumindest zum Beweisergebnis zu äussern, wenn
dieses geeignet ist, den Entscheid zu beeinflussen (BGE 127 I 54 E. 2b S. 56
mit Hinweisen).

2.2 Die Beschwerdeführerin kritisiert zunächst, dass bei der Urteilsberatung
des Verwaltungsgerichts die vier auf Abweisung der Beschwerde stimmenden
Gerichtsmitglieder auf persönliche Nachforschungen im Internet hingewiesen
und ausgeführt hätten, es werde nach wie vor auf diversen einschlägigen
Seiten für Salons an der Weissensteinstrasse 22a geworben. Daraus hätten sie
geschlossen, dass die Hauseigentümerin die Behörde zu täuschen versuche und
nicht gewillt sei, der Wiederherstellungsverfügung des Bauinspektorats der
Stadt Bern vom 27. März 2001 Nachachtung zu verschaffen. Dabei sei die
Kammerschreiberin während der öffentlichen Verhandlung angewiesen worden, die
im Internet gemachten Feststellungen nicht in die schriftliche
Urteilsbegründung aufzunehmen. In der Tat sei dort hierüber auch nichts zu
finden. Dies ändere jedoch nichts daran, dass das Verwaltungsgericht über
diesen streitigen Punkt Beweis geführt und die Ergebnisse verwertet habe.
Damit habe es das rechtliche Gehör im Sinne von Art. 29 Abs. 2 BV verletzt.

2.2.1 Das Verwaltungsgericht hat in seiner Vernehmlassung an das
Bundesgericht den von der Beschwerdeführerin dargelegten Verlauf der
Urteilsberatung insoweit bestätigt, als zwei Mitglieder des Gerichts gestützt
auf eigene Internetrecherchen vorgetragen hätten, in den Wohnungen der
Beschwerdeführerin werde weiterhin Prostitution betrieben. In der zweiten
Diskussionsrunde hätten jedoch beide Gerichtsmitglieder unmissverständlich
ausgeführt, dass sie aufgrund der vom Instruktionsrichter durchgeführten und
in den Akten dokumentierten Beweiserhebungen auch ohne Internetrecherchen zu
diesem Ergebnis gelangt wären.

2.2.2 Der Instruktionsrichter hat zwecks Überprüfung der tatsächlichen
Nutzung der Liegenschaft Weissensteinstrasse 22a einen Augenschein
durchgeführt und zudem Mieterinnen, den Verwalter der Liegenschaft und
Nachbarn als Auskunftspersonen bzw. Zeugen befragt. Die beim Augenschein
gemachten Feststellungen hat der Instruktionsrichter in einem Protokoll
festgehalten und dieses zusammen mit den Einvernahmeprotokollen zu den
Gerichtsakten gelegt. Bei den Gerichtsakten befinden sich zudem mehrere
Rapporte der Stadtpolizei Bern über die von ihr in der fraglichen
Liegenschaft durchgeführten Kontrollen. Schliesslich wird mit Fotos
dokumentiert, dass am Gebäude an verschiedenen Stellen Überwachungskameras
installiert sind. Wie dem angefochtenen Entscheid zu entnehmen ist, hat sich
das Verwaltungsgericht zur Frage der gegenwärtigen Nutzung der Liegenschaft
ausschliesslich auf diese Beweiserhebungen abgestützt (vgl. E. 4.2.1-4.2.7
des angefochtenen Entscheids) und daraus nach eingehender Beweiswürdigung
geschlossen, dass dort auch heute noch gewerbliche Prostitution betrieben
werde, wenn auch in einem gegenüber früher reduzierten Umfang. Die
Internetrecherchen waren demnach entgegen der Behauptung der
Beschwerdeführerin für den Entscheid des Verwaltungsgerichts nicht
massgebend, auch wenn bei der Urteilsberatung hierüber gesprochen wurde.
Bildeten sie nicht Grundlage des angefochtenen Entscheids, liegt in dieser
Hinsicht auch keine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor (vgl. BGE 114 Ia
307 E. 4b S. 314 f.; Merkli/Aeschlimann/Herzog, Kommentar zum bernischen
VRPG, Bern 1997, N. 11 zu Art. 69 Abs. 3 VRPG). Eine Verletzung des
rechtlichen Gehörs wäre aber selbst dann zu verneinen, wenn das
Verwaltungsgericht die Internetrecherchen als entscheidwesentliches
Beweismittel betrachtet und es daher in die Urteilsfindung mit einbezogen
hätte. Beim fraglichen Interneteintrag handelt es sich um ein Dokument, das
öffentlich zugänglich ist und das demzufolge auch die Beschwerdeführerin
hätte einsehen können. Zudem musste sie in Anbetracht der sich schwierig
gestaltenden Beweiserhebungen damit rechnen, dass auch Internetrecherchen
erhoben werden. Unter diesen Umständen war das Verwaltungsgericht nicht
gehalten, der Beschwerdeführerin die Kenntnisnahme dieses Dokuments
mitzuteilen und ihr Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen (vgl. BGE 112
Ia 198 E. 2a S. 202; Kölz/Bosshart/Röhl, Kommentar zum
Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, Zürich 1999, § 8 N. 13, 35
und 44; Merkli/Aeschlimann/Herzog, a.a.O., N. 11 zu Art. 23 Abs. 1 VRPG).

2.3 Soweit die Beschwerdeführerin dem Verwaltungsgericht weitere
Gehörsverletzungen vorwirft, zeigt sie nicht auf, welche Mitwirkungsrechte
ihr hätten gewährt werden müssen. Darauf ist daher mangels hinreichender
Begründung nicht einzutreten (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG).

3.
Die Beschwerdeführerin macht im Zusammenhang mit den Internetrecherchen nebst
einer Verletzung des rechtlichen Gehörs eine Verletzung von Art. 5 und 9 BV
geltend.

3.1 Art. 5 BV zählt verschiedene Grundsätze rechtstaatlichen Handelns auf.
Die Beschwerdeführerin legt nicht dar, welcher dieser Grundsätze inwiefern
vorliegend verletzt sein soll. Damit genügt die Beschwerde auch in diesem
Punkt den Anforderungen an die Begründung gemäss Art. 90 Abs. 1 lit. b OG
nicht, so dass darauf nicht einzutreten ist.

3.2 Aus dem nämlichen Grund nicht einzutreten ist auf die Beschwerde, soweit
die Beschwerdeführerin eine willkürliche Beweiswürdigung rügt. Nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichts verfällt eine Behörde in Willkür, wenn sie
ihrem Entscheid Tatsachenfeststellungen zugrunde legt, die mit den Akten in
klarem Widerspruch stehen. Im Bereich der Beweiswürdigung besitzt der Richter
allerdings einen weiten Ermessensspielraum. Das Bundesgericht greift auf
staatsrechtliche Beschwerde hin nur ein, wenn die Beweiswürdigung
offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem
Widerspruch steht, auf einem offenkundigen Versehen beruht oder in stossender
Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Willkür liegt sodann nur vor,
wenn nicht bloss die Begründung eines Entscheids, sondern auch das Ergebnis
unhaltbar ist (BGE 129 I 173 E. 3.1 S. 178; 127 I 54 E. 2b S. 56, je mit
Hinweisen). Die Beschwerdeführerin unterlässt es darzutun, inwiefern das
Verwaltungsgericht eine derartige, gegen Art. 9 BV verstossende
Beweiswürdigung vorgenommen haben soll. Es reicht nicht aus, bloss diese
Verfassungsbestimmung anzurufen mit der Bemerkung, weitere Ausführungen dazu
erübrigten sich. Die Beschwerde genügt auch insofern den
Begründungsanforderungen im Sinne von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG nicht.

4.
Die Beschwerdeführerin macht unter Hinweis auf die Erwägungen des
Verwaltungsgerichts geltend, die Wiederherstellungsverfügung vom 21. März
2001, welche den Bauabschlag für die bisherige sexgewerbliche Nutzung
beinhaltet und zudem die Aufhebung der Massagesalons sowie die
Wiederherstellung der Wohnnutzung verlangt, setze sich nicht mit der
Bestandesgarantie auseinander. Trotzdem habe sich das Verwaltungsgericht
geweigert, die umstrittene Verfügung als nichtig zu qualifizieren und die
Sache im Lichte der Bestandesgarantie zu prüfen. Damit habe das
Verwaltungsgericht die Eigentumsgarantie im Sinne von Art. 26 BV verletzt;
zudem sei es durch die Nichtanwendung der in Art. 3 des Baugesetzes des
Kantons Bern vom 9. Juni 1985 (BauG; BSG 721.0) verankerten
Besitzstandsgarantie in Willkür verfallen.

4.1 Fehlerhafte Verwaltungsakte sind in der Regel nicht nichtig, sondern nur
anfechtbar, und sie werden durch Nichtanfechtung rechtsgültig. Nichtigkeit,
d.h. absolute Unwirksamkeit einer Verfügung, wird nur angenommen, wenn der
ihr anhaftende Mangel besonders schwer wiegt, wenn er offensichtlich oder
zumindest leicht erkennbar ist und wenn zudem die Rechtssicherheit durch die
Annahme der Nichtigkeit nicht ernsthaft gefährdet wird (BGE 122 I 97 E. 3a/aa
S. 99). Als Nichtigkeitsgründe fallen hauptsächlich schwer wiegende
Verfahrensfehler sowie die Unzuständigkeit der verfügenden Behörde in
Betracht; dagegen haben inhaltliche Mängel nur in seltenen Ausnahmefällen die
Nichtigkeit der Verfügung zur Folge (vgl. die Zusammenfassung der
Rechtsprechung bei Ulrich Häfelin/Georg Müller, Allgemeines Verwaltungsrecht,
4. Auflage, Zürich/Bern/Genf 2002, N. 958 ff.). Liegt eine nichtige
Verwaltungsverfügung vor, geht ihr jede Verbindlichkeit und Rechtswirksamkeit
ab. Nichtigkeit ist jederzeit und von sämtlichen staatlichen Instanzen von
Amtes wegen zu beachten (BGE 116 Ia 215 E. 2a S. 217; 115 Ia 1 E. 3 S. 4).

4.2 Das Verwaltungsgericht ist zum Schluss gelangt, dass die Nichtigkeit der
unbestrittenermassen in Rechtskraft erwachsenen Wiederherstellungsverfügung
zu verneinen sei, auch wenn sie sich nicht mit dem Aspekt der
Bestandesgarantie auseinandergesetzt habe. Diese Auffassung ist - jedenfalls
im Ergebnis - nicht zu beanstanden. Entgegen der Meinung der
Beschwerdeführerin leidet die umstrittene Verfügung durch die beanstandete
Unterlassung nicht an einem inhaltlich schweren Mangel. Ein solcher liegt
nicht bereits dann vor, wenn die Frage der Wiederherstellung nicht auch unter
dem Gesichtspunkt der Bestandesgarantie geprüft worden ist. Massgebend ist
vielmehr, ob der dadurch bewirkte materielle Rechtsverlust als besonders
schwer einzustufen ist. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die
Wiederherstellungsverfügung verlangt von der Beschwerdeführerin einzig die
Aufhebung der Massagesalons und die Wiederherstellung der Wohnnutzung nach
Art. 7 der Vorschriften vom 8. Juni 1975 zum Zonenplan der Stadt Bern über
die zulässigen Nutzungsarten (VzNZP). Gemäss dieser Bestimmung sind die in
der Wohnzone Wb gelegenen Liegenschaften vorwiegend dem Wohnen vorbehalten.
Nichtstörende Nutzungen, wie Ladengeschäfte, Kleingewerbe, Ateliers und
dergleichen sind zulässig, soweit dadurch 10% der Bruttogeschossfläche nicht
überschritten werden (Art. 5 Abs. 2 VzNZP). Bei diesen Vorschriften über die
zulässige Nutzung handelt es sich um planungsrechtliche
Eigentumsbeschränkungen, welche nach der Praxis des Bundesgerichts nicht
besonders schwer wiegen (vgl. dazu Urteil des Bundesgerichts 1P.191/1997 vom
26. November 1997, E. 2a). Folglich stellen auch
Wiederherstellungsverfügungen, welche in Anwendung der vorerwähnten
Bestimmungen erlassen werden, keinen besonders schweren Eigentumseingriff
dar. Ist der Eingriff in das von der Bestandesgarantie geschützte Rechtsgut
nicht schwerwiegend, vermag die unterlassene Prüfung der
Wiederherstellungsverfügung unter dem Gesichtspunkt dieser Schutznorm keine
Nichtigkeit des Verwaltungsakts zu bewirken. Soweit die Beschwerdeführerin
dagegen vorbringt, die umstrittene Verfügung betreffe nur die Mieterinnen und
nicht sie als Eigentümerin der Liegenschaft, ist ihr nicht beizupflichten.
Entgegen ihrer Auffassung richten sich zonenplanerische
Eigentumsbeschränkungen - wie hier das Verbot, die Liegenschaft
Weissensteinstrasse 22a sexgewerblich zu nutzen - und damit auch gestützt
darauf erlassene Wiederherstellungsverfügungen in erster Linie an die
betroffenen Eigentümer (vgl. dazu Urteil des Bundesgerichts 1P.191/1997 vom
26. November 1997, E. 1b).

4.3 Ist die Nichtigkeit der Wiederherstellungsverfügung vom 27. März 2001
nach dem Gesagten zu verneinen, hatten die Behörden im vorliegenden
Baubewilligungsverfahren nicht von Amtes zu prüfen, ob das damals verfügte
Verbot sexgewerblicher Nutzung in der Liegenschaft der Beschwerdeführerin mit
der Bestandesgarantie vereinbar ist. Der Vorwurf der Beschwerdeführerin, das
Verwaltungsgericht habe durch die unterlassene Prüfung die Eigentumsgarantie
(Art. 26 BV) und das Willkürverbot (Art. 9 BV) verletzt, ist daher
unbegründet.

5.
5.1 Die Beschwerdeführerin stellt sich des Weiteren auf den Standpunkt, die
Wiederherstellungsverfügung vom 27. März 2001 verlange nur die Aufhebung der
rechtswidrigen Nutzung der Wohnungen als Massagesalons und die
Wiederherstellung der Wohnnutzung nach Art. 7 VzNZP. Die Auffassung des
Verwaltungsgerichts, dass damit auch sporadisch erbrachte sexuelle
Dienstleistungen in der eigenen Wohnung verboten worden seien, sei
willkürlich und widerspreche insbesondere dem Text der
Wiederherstellungsverfügung.

Die Beschwerdeführerin will damit offenbar geltend machen, solche
(entgeltliche) Dienstleistungen seien selbst dann, wenn die Bestandesgarantie
vorliegend nicht zum Tragen komme, nach Art. 7 VzNZP und der
Wiederherstellungsverfügung weiterhin zulässig.

5.2 Die Wiederherstellungsverfügung verlangt die Aufhebung der rechtswidrigen
Nutzung der Wohnungen als Massagesalons, ohne dass sie diesen Begriff näher
definiert. Soweit die Beschwerdeführerin dazu vorbringt, die Mieterinnen
würden vom Text der Wiederherstellungsverfügung nicht erfasst, ist ihr nicht
zu folgen.  Unter dem Begriff "Salon" werden Gesellschafts- und
Empfangszimmer verstanden (vgl. Duden, Die deutsche Rechtschreibung, Band 1,
Mannheim/Leipzig/ Wien/Zürich 2000). Weitere Voraussetzungen sind an diesen
Begriff nicht geknüpft. Als Massagesalons für sexgewerbliche Dienstleistungen
fallen demzufolge nicht nur Zimmer in Betracht, die Dritten dazu zur
Verfügung gestellt werden, sondern auch solche, die Mieterinnen selbst zur
Prostitution dienen. Mit der im Dispositiv der Wiederherstellungsverfügung
verlangten Aufhebung der Massagesalons war somit hinreichend klar, dass
jegliche sexuellen Dienstleistungen zu unterbleiben hatten. Nichts anderes
ergibt sich aus den dem Dispositiv vorangehenden Erwägungen. Das
Bauinspektorat hat dort ebenfalls unmissverständlich zum Ausdruck gebracht,
dass nicht nur sexgewerbliche Dienstleistungen Dritter, sondern auch von
Mieterinnen mit der Wohnnutzung im Sinne von Art. 7 VzNZP unvereinbar seien.
Das Verwaltungsgericht ist, wenn auch mit teils anderer Begründung, zum
gleichen Ergebnis gelangt. Die Beschwerdeführerin zeigt nicht auf, inwiefern
dieses Ergebnis nachgerade unhaltbar sein soll. Damit genügt die Beschwerde
auch insoweit den Anforderungen an die Beschwerdebegründung gemäss Art. 90
Abs. 1 lit. b OG nicht (vgl. E. 3.2 hiervor), so dass auf diese Rüge nicht
eingetreten werden kann.

6.
6.1 Das Verwaltungsgericht ist zum Schluss gelangt, die Beschwerdeführerin
setze sich über das rechtsgültige Verbot der sexgewerblichen Nutzung hinweg
und dulde die faktische (widerrechtliche) Nutzung. Wer sich zu seinen Gunsten
auf eine Rechtslage berufe, die er selber bewusst missachte, handle
rechtsmissbräuchlich und verdiene keinen Rechtsschutz. Abzustellen sei daher
vorliegend nicht auf die rechtlich zulässige, sondern auf die von der
Rechtslage abweichende faktische Nutzung. Die weiterhin sexgewerbliche
Nutzung in der Liegenschaft der Beschwerdeführerin sei daher an den
Gewerbeanteil anzurechnen. Damit sei der zulässige Gewerbeanteil ausgeschöpft
bzw. durch das Bauvorhaben überschritten. Sobald die Beschwerdeführerin in
ihrer Liegenschaft die Wohnnutzung durchgesetzt habe, sei es ihr unbenommen,
ein neues Baugesuch für den Einbau eines Gastgewerbebetriebs mit Take-Away
einzureichen.

6.2 Die von der Beschwerdeführerin dagegen erhobenen Einwände sind
unbegründet. Wohl trifft es zu, dass sie im Sommer 2002 mit allen
Mietparteien neue Mietverträge abgeschlossen und darin ausdrücklich darauf
hingewiesen hat, dass die jeweilige Wohnung nur im Rahmen der
baupolizeilichen Vorschriften genutzt werden dürfe bzw. nur zur Wohnnutzung
erlaubt sei. Diese Vorkehren ändern jedoch nichts an der durch das
Beweisergebnis erstellten Tatsache, dass verschiedene Mieterinnen in der
Liegenschaft weiterhin sexuelle Dienstleistungen anbieten. Dass die
Beschwerdeführerin davon Kenntnis hatte, kann nicht ernsthaft bezweifelt
werden. Trotzdem unterliess sie es, weitere Massnahmen gegen die untersagte
sexgewerbliche Nutzung zu treffen. Der Schluss des Verwaltungsgerichts, die
Beschwerdeführerin dulde bewusst die widerrechtliche Nutzung und ihre
Berufung auf die rechtlich zulässige Nutzung sei daher rechtsmissbräuchlich,
ist unter diesen Umständen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Unbehelflich ist sodann auch der Vorwurf, das Verwaltungsgericht argumentiere
widersprüchlich, wenn es die zulässige gewerbliche Nutzung als ausgeschöpft
betrachte und zugleich sexgewerbliche Dienstleistungen unterbinde. Werden
trotz der Wiederherstellungsverfügung weiterhin solche Dienstleistungen
angeboten, ist nicht ersichtlich, weshalb die Anrechnung dieser Nutzung an
den Gewerbeanteil unhaltbar sein soll.

7.
Die staatsrechtliche Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf
eingetreten werden kann.

Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten der
Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Diese hat zudem den
anwaltlich vertretenen privaten Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren angemessen zu entschädigen (Art. 159 Abs. 2 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Einwohnergemeinde Bern, der Bau-,
Verkehrs- und Energiedirektion und dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Verwaltungsrechtliche Abteilung, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 3. Februar 2005

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: