Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.538/2004
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1P.538/2004 /sng

Urteil vom 21. Dezember 2004

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesgerichtspräsident Aemisegger, Präsident,
Bundesrichter Aeschlimann, Eusebio,
Gerichtsschreiber Haag.

X. ________, Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus, 5001 Aarau,
Obergericht des Kantons Aargau, 2. Strafkammer, Obere Vorstadt 38, 5000
Aarau.

Rechtsverweigerung (Rechtsmittelfrist),

Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons
Aargau, 2. Strafkammer,
vom 22. Juni 2004.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Mit Urteil des Präsidenten des Bezirksgerichts Brugg vom 13. Januar 2004
wurde X.________ des Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung schuldig
gesprochen und mit einer Busse von Fr. 210.- bestraft. Zudem wurden ihm die
Verfahrenskosten auferlegt.

Auf die vom Verurteilten erhobene Berufung trat das Obergericht des Kantons
Aargau am 22. Juni 2004 wegen verspäteter Einreichung des Rechtsmittels nicht
ein. Zur Begründung führte das Obergericht aus, das Urteil sei dem
Verurteilten mit Gerichtsurkunde zugestellt worden, welche jedoch erst nach
der 7-tägigen Abholfrist abgeholt worden sei. Sendungen, die der Adressat mit
einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu erwarten habe und innert der Abholfrist
nicht abhole, gälten als am letzten Tag dieser 7-tägigen Frist zugestellt.
Dies gelte auch, wenn die Post eine andere Abholfrist gewähre (BGE 127 I 31
E. 2b S. 34 f. mit Hinweisen; Kreisschreiben A I 3.1 des Obergerichts vom 20.
Dezember 1989). Im konkreten Fall sei die Abholfrist am 29. April 2004
abgelaufen. Die 20-tägige Berufungsfrist habe somit bis zum 19. Mai 2004
gedauert. Dass X.________ die Sendung erst am 30. April 2004 in Empfang
genommen habe, habe den Fristenlauf nicht beeinflussen können. Mit
Postaufgabe vom 21. Mai 2004 sei die Berufung somit verspätet eingereicht
worden.

Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 21. September 2004 beantragt X.________
im Wesentlichen die Aufhebung des Urteils des Obergerichts vom 22. Juni 2004
wegen Verletzung von Bundesrecht, Missachtung des Willkürverbots, Verstoss
gegen Treu und Glauben und Verweigerung des rechtlichen Gehörs (überspitzter
Formalismus, mangelhafte Rechtsmittelbelehrung).

2.
Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen kantonal
letztinstanzlichen Endentscheid, gegen den die staatsrechtliche Beschwerde
zulässig ist (Art. 86 Abs. 1 OG). Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung
verfassungsmässiger Rechte, wozu er befugt ist (Art. 88 OG). Da auch die
übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde,
unter dem Vorbehalt gehörig begründeter Rügen (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG; BGE
127 I 38 E. 3c; 125 I 492 E. 1b; 122 I 70 E. 1c), einzutreten.

Der angefochtene Entscheid entspricht der bundesgerichtlichen Praxis zur
Berechnung der Rechtsmittelfristen (BGE 127 I 31 mit Hinweisen). Das
Obergericht hat diese Rechtsprechung in seinem Urteil zutreffend zitiert und
angewendet. Der Beschwerdeführer setzt sich mit der Begründung des
Nichteintretensentscheids nur ansatzweise auseinander. Soweit er überhaupt
hinreichend substanziierte Rügen erhebt, erscheinen diese angesichts der
zitierten bundesgerichtlichen Rechtsprechung als offensichtlich unbegründet.
Die Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.

Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten
werden kann.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer sowie der Staatsanwaltschaft und dem
Obergericht des Kantons Aargau, 2. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 21. Dezember 2004

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: