Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.487/2004
Zurück zum Index I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2004
Retour à l'indice I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2004


1P.487/2004 /ggs

Urteil vom 6. Juni 2005

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Nay, Ersatzrichter Seiler,
Gerichtsschreiberin Gerber.

X. ________ AG, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Armon Vital,

gegen

Y.________, Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Mario
Cavigelli,
Gemeinde Samnaun, 7562 Samnaun-Compatsch, vertreten durch Rechtsanwalt Dr.
Otmar Bänziger,
Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 4. Kammer, Obere Plessurstrasse 1,
7001 Chur.

Baueinsprache,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil R 03 51 des Verwaltungsgerichts
des Kantons Graubünden, 4. Kammer, vom 30. Juni 2004.
Sachverhalt:

A.
Am 16. Juli 1998 erteilte die Baubehörde der Gemeinde Samnaun A.________ eine
nachträgliche Baubewilligung für einen Ladeneinbau im Untergeschoss der
Liegenschaft Samnaun Parzelle Nr. 48. Am      4. November 1999 erteilte sie
eine weitere Baubewilligung für die Umnutzung von Lager- und Geschäftsflächen
im Untergeschoss zu Garagen und Verkaufsflächen.

Am 4. Februar 2003 reichte Y.________, der Sohn von A.________, erneut ein
Baugesuch ein, welches verschiedene Umbaumassnahmen innerhalb der bestehenden
Geschäftslokalitäten vorsah. Gegen das Gesuch erhob die X.________ AG,
Eigentümerin der benachbarten Parzelle Nr. 61, am 17. März 2003 Einsprache.
Am 9. Mai 2003 wies die Baubehörde die Einsprache der X.________ AG ab und
erteilte die Baubewilligung.

B.
Die X.________ AG erhob dagegen am 27. Mai 2003 Rekurs an das
Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, welches das Rechtsmittel mit
Urteil vom 30. Juni 2004 abwies.

C.
Die X.________ AG erhob am 8. September 2004 staatsrechtliche Beschwerde mit
dem Antrag, das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben. Zudem beantragte
sie die Erteilung der aufschiebenden Wirkung.

D.
Die Gemeinde Samnaun, das Verwaltungsgericht Graubünden sowie Y.________
beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.

E.
Mit Verfügung des Präsidenten der I. öffentlichrechtlichen Abteilung des
Bundesgerichts vom 4. Oktober 2004 wurde der Beschwerde die aufschiebende
Wirkung erteilt.

F.
In dem vom Bundesgericht angeordneten zweiten Schriftenwechsel halten die
Parteien an ihren Rechtsbegehren fest.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Gegen den kantonal letztinstanzlichen, auf kantonales Recht gestützten
Endentscheid ist grundsätzlich die staatsrechtliche Beschwerde zulässig (Art.
84 und 86 Abs. 1 OG). Die Beschwerdeführerin ist als Eigentümerin der
benachbarten Parzelle legitimiert, mit staatsrechtlicher Beschwerde eine
willkürliche Anwendung von Bauvorschriften zu rügen, die (auch) dem Schutz
nachbarlicher Interessen dienen (Art. 88 OG; BGE 127 I 44 E. 2c S. 46). Dazu
gehören Bestimmungen über die Ausnützungsziffern (BGE 127 I 44 E. 2d S. 47),
deren willkürliche Anwendung die Beschwerdeführerin in erster Linie rügt.

2.
2.1 In der rechtskräftigen Baubewilligung vom 4. November 1999 hatte die
Gemeinde festgestellt, dass für das damals bewilligte Einkaufszentrum des
Beschwerdegegners eine Bruttogeschossfläche von 1'072.4 m2 anrechenbar sei.
Bei der nun streitigen Baubewilligung ist die Gemeinde davon ausgegangen,
eine Umnutzung, bei welcher die Bruttogeschossfläche nicht erhöht werde, sei
auch dann zulässig, wenn die zulässige Ausnützung überschritten sei.
Vorliegend beanspruche die umstrittene Umnutzung gegenüber der rechtskräftig
bewilligten Baute keine zusätzliche Bruttogeschossfläche. Sie könne daher
bewilligt werden, selbst wenn die frühere Baubewilligung zu Unrecht erteilt
worden sein sollte.

2.2 Das Verwaltungsgericht hat erwogen, eine solche Praxis lasse sich
aufgrund des einer Gemeinde zustehenden Ermessens- und
Entscheidungsspielraumes ohne weiteres vertreten. Es hat sodann aufgrund der
von der Gemeinde erstellten Zusammenstellung erwogen, rechtskräftig bewilligt
seien 1'072.4 m2, mit den geplanten Nutzungsänderungen würden nur deren
1'064.5 beansprucht. Werde somit keine zusätzliche Bruttogeschossfläche
beansprucht, so sei der Bauentscheid nicht zu beanstanden.

2.3 Die Beschwerdeführerin rügt zunächst als willkürlich, dass das
Verwaltungsgericht die Praxis der Gemeinde als vertretbar und im Rahmen von
deren Ermessens- und Beurteilungsspielraum betrachtet habe. Das
Verwaltungsgericht habe damit auch eine formelle Rechtsverweigerung begangen,
indem es seine Kognition in rechtswidriger Weise auf eine Willkürprüfung
beschränkt habe.

Die vom Verwaltungsgericht geschützte Praxis der Gemeinde sei auch in der
Sache willkürlich: Die frühere Baubewilligung habe keine Anordnung über die
Anrechenbarkeit bestimmter Räume enthalten, so dass nicht von einer
rechtskräftig bewilligten Nutzung die Rede sein könne. Die Rechtsauffassung
der kantonalen Instanzen verstosse krass gegen die Art. 74 f. und 37 ff. des
Baugesetzes der Gemeinde Samnaun vom 15. Juli 1985 (BG): Nach diesen
Bestimmungen sei im Baubewilligungsverfahren in jedem Fall eine vollständige
Berechnung der Ausnützungsziffer (AZ) einzureichen; es bestehe keine
gesetzliche Grundlage für eine blosse Saldoberechnung. Die beanstandete
Rechtsauffassung verstosse gegen die sonstige Praxis des Verwaltungsgerichts
und führe zu Rechtsungleichheiten, namentlich auch im Verhältnis zu einem von
der Beschwerdeführerin etwa zu gleicher Zeit eingereichten Bauprojekt, bei
welchem die Behörde einen früher bewilligten AZ-Transport aberkannt habe
(vgl. dazu den Bundesgerichtsentscheid vom heutigen Tag im Verfahren
1P.537/2004).
Sodann sei die Annahme des Verwaltungsgerichts willkürlich, wonach das
Umbauvorhaben weniger Bruttogeschossfläche beanspruche als die bestehende
Baute. Diese Beurteilung beruhe auf willkürlicher Ermittlung und Würdigung
des Sachverhalts und auf einer willkürlichen Rechtsanwendung. In diesem
Zusammenhang rügt die Beschwerdeführerin zudem eine Verletzung des
rechtlichen Gehörs, indem das Verwaltungsgericht einen Beweisantrag
betreffend Ermittlung des gewachsenen Terrains abgelehnt habe.

2.4 Das Bundesgericht überprüft im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde
die Anwendung kantonalen und kommunalen Rechts durch die kantonalen Behörden
nur auf Willkür hin. Ein Entscheid ist willkürlich, wenn er offensichtlich
unhaltbar ist, zur tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, auf
einem offenkundigen Versehen beruht, eine Norm oder einen unumstrittenen
Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem
Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Willkür liegt sodann nur vor, wenn nicht
bloss die Begründung eines Entscheides, sondern auch das Ergebnis unhaltbar
ist (BGE 129 I 173 E. 3.1 S. 178 mit Hinweisen).

3.
Zu prüfen ist zunächst, ob es willkürlich ist, bei einem AZ-neutralen
Vorhaben keinen umfassenden neuen AZ-Nachweis zu verlangen.

3.1 Wenn das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil ausgeführt hat, die
Praxis der Gemeinde lasse sich aufgrund des ihr zustehenden Ermessens- und
Entscheidungsspielraumes ohne weiteres vertreten, so heisst das nicht, dass
es seine Kognition in unzulässiger Weise auf eine Willkürprüfung reduziert
hätte. Die Begriffe des Ermessens und des Entscheidungsspielraumes werden in
Lehre und Rechtsprechung nicht immer in einer eindeutig definierten Weise
verwendet. In der Sache hat das Verwaltungsgericht erwogen, dass den
Gemeinden bei der Auslegung und Anwendung ihres eigenen Rechts ein gewisser
Spielraum zustehe, in den das kantonale Gericht auch bei freier Rechtsprüfung
nicht einzugreifen brauche.

Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung besteht ein geschützter
Beurteilungsspielraum der Gemeinde bei der Anwendung kommunalen Rechts in
Zweifelsfällen, wenn die Auslegung schwierig ist und in besonderem Masse
örtliche Verhältnisse zu würdigen sind (grundlegend BGE 96 I 369 E. 4 S. 373
f.; vgl. auch Entscheid P.194/1975 vom 6. Oktober 1976, publ. in ZBl 78/1977
S. 220, E. 4 mit Hinweisen). Im vorliegenden Fall ist streitig, ob und
inwieweit bei Umbauvorhaben, die an sich keine zusätzliche
Bruttogeschossfläche beanspruchen, ein Ausnützungsnachweis für das gesamte
Grundstück erbracht werden muss. Diese Frage ist im kommunalen Baugesetz
nicht ausdrücklich geregelt: Dieses kennt nur eine Regelung über den
Wiederaufbau zerstörter oder abgebrochener Bauten im bisherigen Gebäudeumfang
(Art. 6 BG), aber keine Bestimmung über die Änderung bestehender
baugesetzwidriger Bauten. Da die Bündner Gemeinden im Bereich des Bauwesens
autonom sind (BGE 128 I 3 E. 2b S. 8 mit Hinweisen), ist es in erster Linie
Sache der Gemeinde zu beurteilen, ob ihr Baugesetz insoweit eine Lücke
aufweist und wenn ja, wie diese Lücke zu füllen ist.

Bestand nach dem Gesagten ein Beurteilungsspielraum der Gemeinde musste sich
das Verwaltungsgericht Zurückhaltung auferlegen. Es durfte deshalb die
gemeindliche Praxis nur auf ihre Vertretbarkeit hin überprüfen, ohne eine
formelle Rechtsverweigerung zu begehen.

3.2 Nach Art. 74 Abs. 1 lit. a und b BG ist u.a. für Umbauten und Änderungen
der Zweckbestimmung bestehender Bauten und Räume eine Baubewilligung
erforderlich. Nach Art. 75 Abs. 1 lit. h BG ist mit dem Baugesuch eine
detaillierte Berechnung der Ausnützungsziffer einzureichen. Die Art. 37 ff.
BG definieren sodann die Begriffe der Ausnützungsziffer, der anrechenbaren
Geschossfläche und der anrechenbaren Grundstücksfläche. Die Auffassung der
kantonalen Instanzen verstösst nicht gegen diese Bestimmungen: Es ist eine
Baubewilligung eingeholt und in diesem Rahmen die Bruttogeschossfläche
berechnet und überprüft worden. Umstritten ist in Wirklichkeit nicht die
Pflicht zur Berechnung der Ausnützung, sondern die Tragweite der früher
erteilten Baubewilligung.

Die Bestimmungen über die Ausnützung bezwecken eine Begrenzung der zulässigen
Nutzung; ist eine Baute gestützt auf eine rechtskräftige Baubewilligung
errichtet worden, so ist die damit bewilligte Nutzung formell rechtmässig,
selbst wenn die Baubewilligung zu Unrecht eine zu hohe Ausnützung bewilligt
haben sollte. Könnte somit die bewilligte Nutzung trotz ihrer allfälligen
materiellen Rechtswidrigkeit beibehalten werden, so ist es nicht willkürlich,
die bestehende Übernutzung auch dann zuzulassen, wenn anlässlich eines
späteren Umbaus die Bruttogeschossfläche nicht vermehrt wird; denn das
Ausmass der Rechtswidrigkeit wird gegenüber demjenigen Zustand, der ohnehin
bestehen bleiben dürfte, nicht erhöht. Es verhält sich ähnlich, wie wenn ein
rechtskräftig bewilligtes bestehendes Gebäude die geltenden Bestimmungen über
die Gebäudemasse oder Grenzabstände nicht einhält: Es ist allgemein üblich,
auch bei solchen Gebäuden innere Umbauten zuzulassen, ohne gleichzeitig eine
Anpassung der Gebäudedimensionen an die Vorschriften zu verlangen.

Zwar schützt die bundesverfassungsrechtliche Bestandesgarantie nur die
bestehende, nicht aber eine geänderte Nutzung, doch können die Kantone über
diesen minimalen Schutz hinausgehen (BGE 113 Ia 119 E. 2a S. 122), was die
meisten Kantone getan haben. Die Beschwerdeführerin vermag keine gesetzliche
Bestimmung anzugeben, gegen welche die Praxis der Gemeinde verstossen soll.
Es entsteht dadurch auch kein unhaltbares Ergebnis: Es wird bloss bei einem
Umbau dasjenige Mass an Übernutzung beibehalten, das ohne Umbau ohnehin
beibehalten werden dürfte. Dass eine Baute, die dem bestehenden Recht
widerspricht, teilweise geändert, umgebaut oder gar erweitert werden kann,
gilt sogar für zonenwidrige Bauten ausserhalb der Bauzone (Art. 24c Abs. 2
RPG) und ist erst recht innerhalb der Bauzone nicht unhaltbar, sondern im
Gegenteil üblich.

3.3 Das Verwaltungsgericht ist auch nicht in Willkür verfallen, indem es im
angefochtenen Entscheid angeblich von seiner bisherigen Praxis abgewichen
sei, wonach aus einer falschen AZ-Berechnung in einem früheren
Baubewilligungsverfahren keine verbindlichen Wirkungen für zukünftige
Bauvorhaben abgeleitet werden können: Die von der Beschwerdeführerin
erwähnten früheren Entscheide des Verwaltungsgerichts betreffen überwiegend
Sachverhalte, in denen anlässlich eines Umbauvorhabens die
Bruttogeschossfläche erweitert wurde. Dies ist eine andere Fragestellung als
wenn die Bruttogeschossfläche nicht erhöht wird (vgl. dazu Entscheid
1P.537+561/2004 vom 6. Juni 2005 betreffend ein Bauvorhaben des
Beschwerdeführers). Jedenfalls kann aufgrund der in den Akten liegenden
Urteile nicht von einer feststehenden Praxis des Verwaltungsgerichts zur
vorliegend streitigen Frage gesprochen werden, von der nur aus ernsthaften
sachlichen Gründen abgewichen werden dürfte (BGE 127 I 49 E. 3c S. 52 mit
Hinweis).

3.4 Die Beschwerdeführerin macht freilich geltend, die vorliegend angeblich
AZ-neutrale Umnutzung sei in Wirklichkeit keineswegs irrelevant, da eine
bestehende Wohnnutzung durch eine zusätzliche Ladennutzung ersetzt werde, was
andere Auswirkungen auf die Umgebung habe. Indessen kennt das Baugesetz keine
unterschiedlichen Nutzungsmasse für Wohn- und Gewerbenutzung. Es geht
klarerweise davon aus, dass sich die Ausnützungsziffer unabhängig von der Art
der Nutzung berechnet. Dann aber ist es nicht willkürlich, bei der
Beurteilung, ob ein Bauvorhaben zusätzliche erfordert, nicht zwischen Wohn-
und Ladennutzung zu differenzieren.

4.
Zu prüfen ist weiter, ob das Verwaltungsgericht willkürlich angenommen hat,
der Umbau beanspruche keine zusätzliche anrechenbare Geschossfläche.

4.1 Das Verwaltungsgericht ist aufgrund einer von der Gemeinde vorgenommenen
Aufstellung zum Ergebnis gekommen, dass mit den geplanten Nutzungsänderungen
eine Bruttogeschossfläche von lediglich 1'064.5 m2 realisiert werde, während
rechtskräftig 1'072.4 m2 bewilligt seien. Die geplanten Änderungen würden
daher sogar zu einer minimalen Reduktion der Bruttogeschossfläche führen.

Die Beschwerdeführerin kritisiert diese Berechnung in verschiedener Hinsicht:
Einige der vom Verwaltungsgericht als bewilligt angenommenen Flächen seien
bei der Bewilligung im Jahre 1999 gar nicht zur AZ hinzugerechnet worden. Sie
könnten daher jetzt auch nicht in den AZ-Vergleich einbezogen werden.

4.2 Es erübrigt sich, im Detail zu prüfen, welche der beanstandeten Flächen
anlässlich der früheren Baubewilligungen angerechnet worden sind. Das
Verwaltungsgericht hat diesen Bruttogeschossfläche-Vergleich nämlich nur als
Eventualerwägung für den Fall angestellt, dass in jedem Fall auch bei einem
AZ-neutralen Umbau eine vollständige AZ-Berechnung zu verlangen wäre (E. 3a
des angefochtenen Urteils). Primär ist es aber davon ausgegangen, dass ein
solcher Vergleich gar nicht notwendig sei, wenn gegenüber dem bewilligten
Zustand keine zusätzliche Ausnützung beansprucht werde (E. 2b des
angefochtenen Urteils). Diese Überlegung ist - wie dargelegt - grundsätzlich
verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Dies trifft auch dann zu, wenn mit der Beschwerdeführerin davon ausgegangen
wird, das einige der eigentlich als anrechenbar zu betrachtenden Flächen
früher fälschlicherweise nicht angerechnet worden sind: Diese Flächen wären
aufgrund der Besitzstandsgarantie und der rechtskräftigen früheren
Baubewilligungen so wie bewilligt nutzbar, selbst wenn dies aus heutiger
Sicht materiell rechtswidrig sein sollte. Wird nun die anrechenbare Fläche
gegenüber derjenigen Fläche reduziert, die zwar anrechenbar gewesen wäre,
aber früher nicht angerechnet wurde, so wird durch den Umbau das Ausmass der
Gesetzwidrigkeit reduziert. Es ist nicht willkürlich, anlässlich eines Umbaus
nicht eine vollständige Beseitigung der Gesetzwidrigkeit zu verlangen,
sondern sich mit deren Reduktion zu begnügen.

4.3 Es ist daher nur zu prüfen, ob das Verwaltungsgericht willkürlich
angenommen hat, es werde gegenüber dem rechtskräftig bewilligten Zustand
keine zusätzliche anrechenbare Bruttogeschossfläche beansprucht.

4.3.1 Die Dusche und das WC im 1. Untergeschoss wären anrechenbar gewesen und
dürfen nach dem soeben Gesagten willkürfrei in den Vergleich einbezogen
werden, selbst wenn sie (was in den Akten widersprüchlich behandelt wird)
früher fälschlicherweise nicht angerechnet worden sein sollten.

4.3.2 Analoges gilt für das nördliche Lager im 1. UG, welches möglicherweise
früher nicht angerechnet wurde, aber jedenfalls als Lager bewilligt war (vgl.
Plan zur Baubewilligung von 1999, von der Gemeinde genehmigt mit Stempel vom
27. Oktober 1999). Dieses Lager wird nun durch den Abbruch der Mauer zum Gang
mit diesem vereinigt. Das Verwaltungsgericht hat erwogen, dass das so
erweiterte Lager nicht anzurechnen sei, weil es einerseits durch die
rechtskräftige Baubewilligung abgedeckt sei und andererseits nach wie vor als
Durchgang/Korridor zu nicht anrechenbaren Räumen im Nordtrakt diene.
Die Beschwerdeführerin kritisiert, durch den Abbruch der Mauer werde ein
neues Lager geschaffen, welches mit dem bewilligten Zustand nicht identisch
sei. Dieses neue Lager sei AZ-pflichtig. Dabei geht die Beschwerdeführerin
irrtümlich davon aus (Beschwerde Ziff. 3.b S. 19 und Ziff. 4 S. 21), der
vormalige Korridor umfasse 24.74 m2. Diese Fläche bezieht sich - wie aus dem
Plan klar errechnet werden kann - auf die vereinigte Fläche des ehemaligen
nördlichen Lagers und des ehemaligen Korridors. Das vorbestehende Lager von
ca. 15-16 m2 ist als solches 1999 rechtskräftig bewilligt worden. Selbst wenn
derjenige Teil des Korridors, der nun zum Lager geschlagen wird, entgegen der
Annahme des Verwaltungsgerichts voll angerechnet wird, entsteht dadurch eine
zusätzliche anrechenbare Fläche von höchstens ca. 9.5 m2 (vgl. Beilage 2 zur
Vernehmlassung der Gemeinde vom 4. Oktober 2004).
Nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist dieser Raum nicht
anzurechnen, da er auch als Korridor zu nicht anrechenbaren Flächen dient.
Selbst wenn dies als unhaltbar erachtet würde, weil der ehemalige Korridor
nun teilweise auch als Lager genutzt werden kann, wäre es aber jedenfalls
vertretbar, ihn nur teilweise anzurechnen. Bei zum Beispiel hälftiger
Anrechnung ergäbe sich damit eine zusätzliche anrechenbare Fläche von knapp 5
m2.

4.3.3 Die Treppe vom 1. UG ins Freie und der Windfang im Obergeschoss sind
rechtskräftig bewilligt und werden nicht verändert, so dass keine zusätzliche
Bruttogeschossfläche gegenüber dem bewilligten Zustand errichtet wird.
Dasselbe gilt für die grossen Lagerräume im Nordosttrakt: Diese wurden früher
rechtskräftig bewilligt, ohne angerechnet zu werden. Selbst wenn dies
rechtswidrig gewesen sein sollte, weil - wie die Beschwerdeführerin vorbringt
- die Oberkante mehr als 1.2 Meter über das gewachsene Terrain hinausragt,
können diese Räume aufgrund der gültigen Bewilligung weiterhin als Lager
genutzt werden.

4.3.4 Das Verwaltungsgericht hat sodann angenommen, dass die Waschküche im
Obergeschoss nicht angerechnet werden muss. Dies ist entgegen der Auffassung
der Beschwerdeführerin nicht willkürlich, sondern entspricht im Gegenteil dem
klaren Wortlaut von Art. 38    Abs. 2 lit. a BG.

4.3.5 Selbst wenn entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts beim
nördlichen Lager ca. 5 m2 zusätzlich angerechnet werden (vorne        E.
4.3.2), wird per Saldo keine zusätzliche Bruttogeschossfläche geschaffen, da
das Verwaltungsgericht von einer Abnahme der anrechenbaren Fläche von rund 8
m2 ausgegangen ist. Es ist deshalb jedenfalls im Ergebnis nicht willkürlich,
wenn das Verwaltungsgericht davon ausgeht, die Umnutzung führe nicht zu einer
zusätzlichen anrechenbaren Fläche. Dass allenfalls bei korrekter Berechnung
heute die Ausnützung höher wäre als das zulässige Mass von 0.9, führt deshalb
nicht dazu, dass die Umnutzung unzulässig wäre.

4.4 Auf der Grundlage dieser willkürfreien Betrachtung ist es unerheblich, ob
die von der Beschwerdeführerin beanstandeten Lagerflächen unter- oder
oberhalb der Schnittlinie von 1.2 Meter über dem gewachsenen Terrain liegen,
da sie so oder anders rechtskräftig bewilligt sind (vorne E. 4.3.3). Das
Verwaltungsgericht durfte daher den Beweisantrag der Beschwerdeführerin
betreffend Ermittlung des gewachsenen und des aktuellen Terrains abweisen,
ohne das rechtliche Gehör zu verletzen.

5.
Die staatsrechtliche Beschwerde erweist sich damit als unbegründet. Bei
diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Beschwerdeführerin die Kosten des
Verfahrens (Art. 156 Abs. 1 OG). Sie hat zudem dem Beschwerdegegner die
Parteikosten zu ersetzen (Art. 159 Abs. 2 OG), ebenso der Gemeinde Samnaun,
die als kleine Gemeinde ohne professionellen Rechtsdienst auf den Beizug
eines Anwalts angewiesen war.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 4'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat den Beschwerdegegner und die Gemeinde Samnaun für
das bundesgerichtliche Verfahren mit je Fr. 3'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Gemeinde Samnaun und dem
Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, 4. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 6. Juni 2005

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: