Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.472/2004
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1P.472/2004/bie

Urteil vom 13. September 2004

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesgerichtspräsident Aemisegger, Präsident,
Bundesrichter Aeschlimann, Reeb,
Gerichtsschreiber Bopp.

X. ________, Beschwerdeführer,

gegen

Y.________, Beschwerdegegner,
vertreten durch Fürsprecher Daniel Bögli,
Generalprokurator des Kantons Bern,
Postfach 7475, 3001 Bern,
Obergericht des Kantons Bern, Anklagekammer, Hochschulstrasse 17, 3012 Bern.

Art. 9 BV (Strafverfahren),

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss
des Obergerichts des Kantons Bern, Anklagekammer, vom 19. Juli 2004.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Mit Schreiben vom 24. Oktober 2002 erstattete X.________ Strafanzeige
namentlich gegen den Architekten Y.________ u.a. wegen Betrugs und
Urkundenfälschung. Zusätzlich verlangte er, es sei auch die Bauverwaltung der
Gemeinde Heimberg strafrechtlich zu belangen.

Hierauf eröffnete der Untersuchungsrichter 3 des Untersuchungsrichteramtes
III Bern-Mittelland am 22. November 2002 gegen Y.________ eine
Voruntersuchung wegen Urkundenfälschung, welche mit Verfügung vom 21. Oktober
2003 auf die Tatbestände der Erpressung, des betrügerischen Konkurses und
Pfändungsbetrugs, evtl. des Ungehorsams im Betreibungs- und Konkursverfahren
und - nach Übernahme eines vor Untersuchungsrichteramt IV Berner Oberland
angehobenen Verfahrens - der Veruntreuung zum Nachteil von A.________
ausgedehnt wurde.

Mit Erklärungen vom 28. April und 20. Mai 2003 konstituierte sich der
Anzeiger als Privatkläger gegen die Einwohnergemeinde Heimberg bzw. gegen
unbekannte Täterschaft, gegen Y.________ und die C.________ AG bzw.

C. ________.

Mit Beschluss des Untersuchungsrichters und des Staatsanwalts vom 30.
April/7. Mai 2004 wurde
die Strafverfolgung gegen Unbekannt (Bauverwaltung der Gemeinde Heimberg)
wegen "Nichtmeldens von Unregelmässigkeiten im Baugesuch und in vier
Projektplänen" nicht eröffnet, ohne Entschädigung und ohne Ausscheidung von
Verfahrenskosten;
die Strafverfolgung gegen Y.________ wegen Betrugs usw. aufgehoben, unter
Ausscheidung eines Verfahrenskostenanteils von Fr. 600.-- zu Lasten des
Staates und unter Zuerkennung einer Entschädigung von Fr. 3'100.-- zuzüglich
Mehrwertsteuer an den Angeschuldigten;
Y.________ wegen Veruntreuung zum Nachteil von A.________ an das
Strafeinzelgericht des Gerichtskreises VIII Bern-Laupen überwiesen.
Gegen diesen Beschluss rekurrierte X.________ mit folgenden Anträgen:
Der Beschluss sei aufzuheben in den drei Gesetzesverletzungen des Betrugs,
der Urkundenfälschung und des Pfändungsbetrugs, und die Strafuntersuchung
gegen Y.________ und die der Mittäterschaft zum Betrug angeklagten D.________
und C.________ sei umgehend gewissenhaft und speditiv zu tätigen;
die im Beschluss festgesetzten Kosten und "Parteizusprechungen" seien
aufzuheben;
es sei ihm, X.________, eine angemessene Parteientschädigung zuzusprechen.
Mit Beschluss vom 19. Juli 2004 wies die Anklagekammer des Obergerichts des
Kantons Bern den Rekurs ab, soweit sie auf ihn eintrat. Die Kosten in der
Höhe von Fr. 500.-- wurden X.________ auferlegt, und dem Angeschuldigten
wurde für das Rekursverfahren eine Entschädigung von Fr. 500.-- zugesprochen.

Mit Eingabe vom 1. September 2004 führt X.________ staatsrechtliche
Beschwerde mit dem Begehren, der Beschluss vom 19. Juli 2004 sei wegen "sehr
schwerer Willkür" aufzuheben, unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten
des Staates Bern.

Unter den gegebenen Umständen ist davon abzusehen, die übrigen
Verfahrensbeteiligten zur Beschwerde anzuhören.

2.
Das Bundesgericht prüft die Zulässigkeit der bei ihm eingereichten
Beschwerden von Amtes wegen und mit freier Kognition (BGE 130 II 65 E. 1, 249

E. 2).

Wie bereits mit seinem kantonalen Rechtsmittel bezweckt der Beschwerdeführer
als Anzeiger mit seiner beim Bundesgericht eingereichten Beschwerde der Sache
nach, den Entscheid der Strafverfolgungsbehörden, die fraglichen
Strafuntersuchungen nicht zu eröffnen bzw. aufzuheben, doch noch umstossen
und gegen die Beschuldigten ein Strafurteil erwirken zu können.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts fehlt jedoch einem
Strafanzeiger oder einem durch eine angeblich strafbare Handlung Geschädigten
nach Art. 88 OG grundsätzlich die Legitimation, gegen die Nichteröffnung oder
Einstellung eines Strafverfahrens wie auch gegen ein freisprechendes Urteil
staatsrechtliche Beschwerde zu erheben. Die Anzeige führende oder geschädigte
Person hat an der Verfolgung und Bestrafung des Täters nur ein tatsächliches
oder mittelbares, nicht aber ein rechtlich geschütztes, eigenes und
unmittelbares Interesse im Sinne der Rechtsprechung zu Art. 88 OG. Der
Strafanspruch, um den es im Strafverfahren geht, steht ausschliesslich dem
Staat zu, und zwar unabhängig davon, ob der Geschädigte als Privatstrafkläger
auftritt oder die eingeklagte Handlung auf seinen Antrag hin verfolgt wird
(BGE 128 I 218 E. 1.1; 125 I 253 E. 1b; 121 I 218 E. 4; 120 Ia 157 E. 2).
Eine auf materiellrechtliche Fragen erweiterte Legitimation aufgrund des
Bundesgesetzes über die Hilfe an Opfer von Straftaten kommt im vorliegenden
Fall nicht in Betracht (BGE 128 I 218 E. 1.1).

Unbekümmert um die fehlende Legitimation in der Sache selbst, ist der
Anzeiger oder Geschädigte nur befugt mit staatsrechtlicher Beschwerde die
Verletzung von Verfahrensrechten geltend zu machen, deren Missachtung eine
formelle Rechtsverweigerung darstellt (BGE 121 I 218 E. 4; 114 Ia 312 E. 3c,
zudem auch BGE 119 Ia 4 E. 1). Das nach Art. 88 OG erforderliche rechtlich
geschützte Interesse ergibt sich diesfalls nicht aus einer Berechtigung in
der Sache, sondern aus der Berechtigung, am Verfahren teilzunehmen. Kommt dem
Beschwerdeführer in diesem Sinne nach kantonalem Recht Parteistellung zu, so
kann die Verletzung jener Parteirechte gerügt werden, die nach dem kantonalen
Verfahrensrecht oder unmittelbar auf Grund der Bundesverfassung garantiert
sind (s. die soeben zitierten Urteile).

Aber auch gemäss dieser Rechtsprechung kann der Beschwerdeführer somit nicht
geltend machen, die anbegehrten Strafuntersuchungen seien in materieller
Hinsicht in verfassungswidriger Weise nicht durchgeführt worden. Soweit er
sinngemäss dennoch derartige Rügen erhebt, sind sie aus den genannten Gründen
nicht zu hören.

Eine Verletzung von Verfahrensrechten im dargelegten Sinne, welche hier
einzig in Frage stehen könnte, rügt der Beschwerdeführer jedenfalls nicht in
einer den gesetzlichen Erfordernissen (Art. 90 Abs. 1 lit. b OG) genügenden
Weise (s. in diesem Zusammenhang BGE 127 I 38 E. 3c; 127 III 279 E. 1b/c, mit
Hinweisen). Zwar behauptet er - soweit seine Eingabe überhaupt verständlich
ist - neben dem geltend gemachten Verstoss gegen das Willkürverbot auch
verschiedene formelle Rechtsverletzungen. Doch legt er dabei nicht dar,
inwiefern er durch den angefochtenen Entscheid in seinen verfassungsmässigen
Rechten verletzt worden sein soll.

3.
Nach dem Gesagten ist auf die vorliegende Beschwerde nicht einzutreten.

Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die bundesgerichtlichen Kosten
dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG

Dem privaten Beschwerdegegner ist durch das vorliegende Verfahren kein
Aufwand entstanden, weshalb ihm keine Parteientschädigung zuzusprechen ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Generalprokurator des Kantons Bern und
dem Obergericht des Kantons Bern, Anklagekammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 13. September 2004

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: