Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.451/2004
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1P.451/2004 /sta

Urteil vom 16. September 2004

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesgerichtspräsident Aemisegger, Präsident,
Bundesgerichtsvizepräsident Nay, Bundesrichter Reeb,
Gerichtsschreiber Pfäffli.

X.  ________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Daniel
Ehrenzeller,

gegen

Y.________, Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Johann-Christoph
Rudin,
Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, Postfach, 8023 Zürich,
Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, Postfach, 8023 Zürich.

Strafverfahren; Einstellung der Untersuchung,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons
Zürich, III. Strafkammer, vom 12. Juni 2004.
Sachverhalt:

A.
Am 4. November 1994 liess sich X.________ im Spital Lachen an seinem rechten
Knie operieren. In der Folge wurde auf Anzeige von X.________ hin gegen den
Operateur eine Strafuntersuchung wegen fahrlässiger Körperverletzung
durchgeführt. Aufgrund der Gutachten von Prof. Y.________ und von Dr. med.

Z. ________ kam die zuständige Untersuchungsrichterin des Bezirksamtes March
am 27. Dezember 2001 zum Schluss, dass dem Angeschuldigten keine fahrlässige
Körperverletzung nachgewiesen werden könne. Gegen diese Einstellungsverfügung
erhob X.________ Beschwerde, auf welche die Staatsanwaltschaft des Kantons
Schwyz mit Verfügung vom 13. Mai 2002 nicht eintrat. Dagegen erhob X.________
Beschwerde beim Kantonsgericht Schwyz.

B.
Am 2. April 2002 reichte X.________ bei der Bezirksanwaltschaft Zürich
Strafanzeige gegen Prof. Y.________ wegen falschen Gutachtens gemäss Art. 307
StGB bzw. wegen falschen ärztlichen Zeugnisses gemäss Art. 318 StGB ein. Die
Bezirksanwaltschaft V für den Kanton Zürich stellte mit Verfügung vom 23.
Juli 2002 die Untersuchung gegen den Gutachter ein. Dagegen erhob X.________
Rekurs, der vom Einzelrichter in Strafsachen des Bezirkes Zürich am 29.
Januar 2003 abgewiesen wurde. Eine dagegen von X.________ erhobene kantonale
Nichtigkeitsbeschwerde wies die III. Strafkammer des Obergerichts des Kantons
Zürich mit Beschluss vom 12. Juni 2004 ab.

C.
Gegen diesen Beschluss der III. Strafkammer des Obergerichts des Kantons
Zürich führt X.________ mit Eingabe vom 23. August 2004 staatsrechtliche
Beschwerde. Er beantragt die Aufhebung des obergerichtlichen Beschlusses.

Das Bundesgericht verzichtet auf die Einholung von Vernehmlassungen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob und
gegebenenfalls in welchem Umfang auf eine staatsrechtliche Beschwerde
einzutreten ist (BGE 129 I 185 E. 1; 128 I 177 E. 1).

1.1  Die Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde setzt die persönliche
Betroffenheit des Beschwerdeführers in eigenen rechtlich geschützten
Positionen voraus (Art. 88 OG).

Nach der Praxis des Bundesgerichts ist der durch eine angeblich strafbare
Handlung Geschädigte grundsätzlich nicht legitimiert, gegen die Einstellung
eines Strafverfahrens oder gegen ein freisprechendes Urteil staatsrechtliche
Beschwerde zu erheben. Der Geschädigte hat an der Verfolgung und Bestrafung
des Täters nur ein tatsächliches oder mittelbares Interesse im Sinne der
Rechtsprechung zu Art. 88 OG. Der Strafanspruch, um den es im Strafverfahren
geht, steht ausschliesslich dem Staat zu, und zwar unabhängig davon, ob der
Geschädigte als Privatstrafkläger auftritt oder die eingeklagte Handlung auf
seinen Antrag hin verfolgt wird. Unbekümmert um die fehlende Legitimation in
der Sache selbst ist der Geschädigte aber befugt, mit staatsrechtlicher
Beschwerde die Verletzung von Verfahrensrechten geltend zu machen, deren
Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt. Das nach Art. 88 OG
erforderliche rechtlich geschützte Interesse ergibt sich diesfalls nicht aus
einer Berechtigung in der Sache, sondern aus der Berechtigung, am Verfahren
teilzunehmen. Ist der Beschwerdeführer in diesem Sinne nach kantonalem Recht
Partei, kann er die Verletzung jener Parteirechte rügen, die ihm nach dem
kantonalen Verfahrensrecht oder unmittelbar aufgrund der Bundesverfassung
zustehen (BGE 128 I 218 E. 1.1).

Der Beschwerdeführer kann beispielsweise geltend machen, auf ein Rechtsmittel
sei zu Unrecht nicht eingetreten worden, er sei nicht angehört worden, habe
keine Gelegenheit erhalten, Beweisanträge zu stellen, oder habe nicht
Akteneinsicht nehmen können. Hingegen kann er weder die Würdigung der
beantragten Beweise noch die Tatsache rügen, dass seine Anträge wegen
Unerheblichkeit oder aufgrund antizipierter Beweiswürdigung abgelehnt wurden.
Die Beurteilung dieser Fragen kann von der Prüfung der materiellen Sache
nicht getrennt werden. Auf eine solche hat der in der Sache selbst nicht
Legitimierte jedoch keinen Anspruch (BGE 120 Ia 157 E. 2a/bb mit Hinweisen).

1.2  Etwas anderes gilt für das Opfer im Sinne von Art. 2 Abs. 1 OHG. Gemäss
Art. 8 Abs. 1 lit. b OHG kann das Opfer den Entscheid eines Gerichts
verlangen, wenn das Verfahren eingestellt wird. Es kann nach Art. 8 Abs. 1
lit. c OHG den betreffenden Gerichtsentscheid mit den gleichen Rechtsmitteln
anfechten wie der Beschuldigte, wenn es sich bereits vorher am Verfahren
beteiligt hat und soweit der Entscheid seine Zivilansprüche betrifft oder
sich auf deren Beurteilung auswirken kann. Art. 8 Abs. 1 lit. c OHG geht Art.
88 OG als "lex specialis" vor. Die Legitimation des Opfers zur
staatsrechtlichen Beschwerde ist insoweit auf materiellrechtliche Fragen
erweitert (BGE 128 I 218 E. 1.1 mit Hinweisen).

1.3  Gemäss Art. 2 Abs. 1 OHG ist Opfer, wer durch eine Straftat in seiner
körperlichen, sexuellen oder psychischen Integrität unmittelbar
beeinträchtigt worden ist, unabhängig davon, ob der Täter ermittelt worden
ist und ob er sich schuldhaft verhalten hat. Nach der Rechtsprechung muss die
Beeinträchtigung von einem gewissen Gewicht sein. Bagatelldelikte wie z.B.
Tätlichkeiten, die nur unerhebliche Beeinträchtigungen bewirken, sind daher
vom Anwendungsbereich des Opferhilfegesetzes grundsätzlich ausgenommen (BGE
128 I 218 E. 1.2).
1.4  Der Beschwerdeführer erfüllt im vorliegenden Fall den Opferbegriff von
Art. 2 Abs. 1 OHG nicht. Falsches Gutachten gemäss Art. 307 StGB stellt eine
Straftat gegen die Rechtspflege dar und führt grundsätzlich nicht zu einer
unmittelbaren Beeinträchtigung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 OHG des von einem
falschen Gutachten Betroffenen. Eine solche Beeinträchtigung ist auch für den
angezeigten Straftatbestand des falschen ärztlichen Zeugnisses gemäss Art.
318 StGB weder ersichtlich noch wird dies vom Beschwerdeführer geltend
gemacht. Dem Beschwerdeführer kommt daher keine Opferstellung im Sinne des
OHG zu.

1.5  Somit kann dem Beschwerdeführer keine gegenüber der Praxis zu Art. 88 OG
erweiterte Legitimation zuerkannt werden. Er ist deshalb nach der angeführten
Rechtsprechung in der Sache nicht legitimiert und kann nur die Verletzung von
Verfahrensrechten geltend machen, deren Missachtung eine formelle
Rechtsverweigerung darstellt. Eine Verletzung von Verfahrensrechten im
dargelegten Sinn rügt der Beschwerdeführer nicht in einer den
Begründungserfordernissen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG genügenden Weise (vgl.
BGE 127 I 38 E. 3c). Er behauptet zwar eine Verletzung seines Anspruchs auf
rechtliches Gehör. Seine Vorbringen betreffen im Wesentlichen die Sache
selber, und er legt insoweit nicht substantiiert dar, inwiefern sein Anspruch
auf rechtliches Gehör verletzt sein sollte.

2.
Nach dem Gesagten ist auf die vorliegende Beschwerde nicht einzutreten.

Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die bundesgerichtlichen Kosten
dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG).

Dem privaten Beschwerdegegner ist durch das vorliegende Beschwerdeverfahren
kein Aufwand entstanden, weshalb ihm keine Parteientschädigung zuzusprechen
ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 1'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien sowie der Staatsanwaltschaft und dem
Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 16. September 2004

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: