Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.404/2004
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1P.404/2004 /gij

Urteil vom 1. November 2004

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Aeschlimann, Fonjallaz,
Gerichtsschreiberin Scherrer.

X. ________, Beschwerdeführer,

gegen

Untersuchungsrichteramt des Kantons Solothurn, Wirtschaftsdelikte,
Werkhofstrasse 27, 4502 Solothurn,
Obergericht des Kantons Solothurn, Strafkammer, Amthaus 1, Postfach 157, 4502
Solothurn.

Hausdurchsuchung, Siegelung,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons
Solothurn, Strafkammer,
vom 8. Juni 2004.

Sachverhalt:

A.
Gestützt auf eine Meldung der kantonalen Steuerverwaltung eröffnete der
Untersuchungsrichter für Wirtschaftsdelikte des Kantons Solothurn ein
Ermittlungsverfahren gegen zwei Personen wegen Verdachts auf mehrfache
Urkundenfälschung und mehrfache Erschleichung einer Beurkundung. Ziel der
Abklärungen war es, festzustellen, ob im Büro eines im Kanton Solothurn
ansässigen Notars "Schwindelgründungen" von Aktiengesellschaften vorgenommen
worden waren. Im Laufe der Ermittlungen erschien u.a. der Name von X.________
im Zusammenhang mit zahlreichen im fraglichen Notariat gegründeten und
domizilierten Aktiengesellschaften, bei deren Gründung Motorfahrzeuge, Aktien
anderer Gesellschaften oder Gastroeinrichtungen als Sacheinlage gedient
hatten. Für einen genügenden Tatverdacht gegenüber X.________ reichten die
Erkenntnisse im damaligen Zeitpunkt jedoch nicht.

B.
Mit Verfügung vom 23. März 2004 ordnete der Untersuchungsrichter neun
Hausdurchsuchungen für den 7. April 2004 an, u.a. auch bei X.________ in
Zürich. Die Polizei wurde beauftragt, alle Akten namentlich aufgeführter
Firmen für den Zeitraum seit dem 1. Januar 1999 zu beschlagnahmen.

Am 7. April 2004 nahm die Polizei in Zusammenarbeit mit dem
Untersuchungsrichteramt und den zuständigen Behörden anderer Kantone die
Hausdurchsuchungen vor. X.________ war an der Adresse in Zürich nicht
erreichbar, so dass der anwesende Untersuchungsrichter die Räumlichkeiten
durch den Schlüsseldienst öffnen und die Durchsuchung vornehmen liess. Die
Kantonspolizei St. Gallen bestätigte gleichentags, dass sich X.________ bei
seiner Frau in Wattwil aufhalte, woraufhin der solothurnische
Untersuchungsrichter die Durchsuchung der dortigen Räumlichkeiten und die
Einvernahme X.________s anordnete. Mit Verfügung vom 7. April 2004 eröffnete
er überdies auch gegen X.________ ein Ermittlungsverfahren wegen des
Verdachts der mehrfachen Urkundenfälschung und mehrfachen Erschleichung einer
Beurkundung.

C.
X.________ erhob gegen die Durchsuchung der in Wattwil sichergestellten
Unterlagen Einsprache, welche er nachträglich am 13. April 2004 auch auf die
in Zürich beschlagnahmten Akten ausdehnte. Der Untersuchungsrichter ordnete
darum am gleichen Tag die Versiegelung der Unterlagen an.

Am 18. April 2004 reichte X.________ beim Obergericht des Kantons Solothurn
Beschwerde gegen die Hausdurchsuchungen vom 7. April 2004 ein und beantragte,
es sei festzustellen, dass die beiden Hausdurchsuchungen rechtswidrig erfolgt
seien. Neben der Rückgabe der seines Erachtens rechtswidrig beschlagnahmten
Akten verlangte er eine Entschädigung für den erlittenen materiellen und
ideellen Schaden.

Die Strafkammer des Solothurner Obergerichts wies die Beschwerde mit Urteil
vom 8. Juni 2004 ab, soweit es darauf eintrat.

D.
Mit als "Rekurs" bezeichneter Eingabe vom 16. Juli 2004 gelangt X.________
ans Bundesgericht. Er stellt Antrag auf die Feststellung, dass die beiden
Hausdurchsuchungen rechtswidrig erfolgt seien. Alle rechtswidrig
beschlagnahmten Akten seien ihm umgehend wieder auszuhändigen. Gleichzeitig
beantragt er eine Entschädigung für die erlittenen ideellen und materiellen
Schäden.
Das Obergericht verzichtet unter Hinweis auf den angefochtenen Entscheid auf
eine Vernehmlassung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Bundesgericht prüft die Zulässigkeit der bei ihm eingereichten
Beschwerden von Amtes wegen und mit freier Kognition (BGE 129 I 173 E. 1 S.
174; 128 I 46 E. 1a S. 48 mit Hinweisen).

1.1 Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung der Unschuldsvermutung, der
Privatsphäre sowie der persönlichen Integrität geltend. Gegen die Verletzung
verfassungsmässiger Rechte durch kantonale Erlasse oder Verfügungen kann beim
Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde erhoben werden (Art. 84 Abs. 1 lit.
a OG). Beim Beschwerdeentscheid des Obergerichts über die strafprozessuale
Hausdurchsuchung handelt es sich um einen letztinstanzlichen kantonalen
Zwischenentscheid, der das Verfahren gegen den Beschwerdeführer nicht
abschliesst. Nach Art. 87 Abs. 2 OG können (selbständig eröffnete)
Zwischenentscheide mit staatsrechtlicher Beschwerde nur angefochten werden,
wenn sie einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil zur Folge haben können.
Dieser Nachteil muss rechtlicher Natur sein, ein rein tatsächlicher Nachteil
reicht hierfür nicht aus. Gemäss ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts
stellt insbesondere eine Verlängerung, Verzögerung oder Verteuerung des
Verfahrens keinen derartigen nicht wiedergutzumachenden Nachteil rechtlicher
Natur dar (BGE 123 I 325 E. 3c S. 328 mit Hinweisen). Der Nachteil ist nur
dann rechtlicher Art, wenn er auch durch einen für den Beschwerdeführer
günstigen Endentscheid nicht mehr behoben werden könnte. Das Bundesgericht
soll sich als Staatsgerichtshof in der Regel nur einmal mit einem Prozess
befassen müssen, und zwar erst dann, wenn feststeht, dass die
beschwerdeführende Partei einen endgültigen Nachteil erlitten hat (BGE 116 Ia
197 E. 1b S. 199 mit Hinweisen).

1.2 Im vorliegenden Fall wurde am 7. April 2004 ein Ermittlungsverfahren
gegen den Beschwerdeführer wegen des Verdachts der mehrfachen
Urkundenfälschung und der mehrfachen Erschleichung einer Beurkundung
eröffnet. Sofern der Beschwerdeführer mit dem Ausgang dieses noch hängigen
Verfahrens nicht einverstanden sein sollte, wird er dannzumal die Möglichkeit
haben, dagegen ein Rechtsmittel zu ergreifen und in diesem Zusammenhang die
allfällige Rechtswidrigkeit der Hausdurchsuchungen zu rügen. Es ist nicht
ersichtlich und wurde vom Beschwerdeführer auch nicht rechtsgenüglich
dargetan, inwiefern ihm im jetzigen Zeitpunkt aus den Hausdurchsuchungen ein
nicht wiedergutzumachender Nachteil erwachsen soll, zumal der Ausgang des
Ermittlungsverfahrens noch offen ist.

1.3 Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss eine staatsrechtliche Beschwerde
überdies die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber
enthalten, welche verfassungsmässigen Rechte inwiefern durch den
angefochtenen Entscheid verletzt worden sind. Im staatsrechtlichen
Beschwerdeverfahren prüft das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene
und, soweit möglich, belegte Rügen (BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 262; 125 I 71 E.
1c S. 76; 122 I 70 E. 1c S. 73 mit Hinweisen). Auf rein appellatorische
Kritik am angefochtenen Urteil tritt es nicht ein (BGE 130 I 258 E. 1.3 S.
262). Soweit der Beschwerdeführer die Beschlagnahme von Akten rügt, vermag
die Beschwerde diesen Anforderungen nicht zu genügen, weshalb auch auf diesen
Punkt nicht einzutreten ist.

2.

Demnach ist auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht einzutreten. Bei diesem
Ausgang des Verfahrens sind die bundesgerichtlichen Kosten dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Untersuchungsrichteramt,
Wirtschaftsdelikte, und dem Obergericht des Kantons Solothurn, Strafkammer,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 1. November 2004

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied:  Die Gerichtsschreiberin: