Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.38/2004
Zurück zum Index I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2004
Retour à l'indice I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2004


1P.38/2004 /bie

Urteil vom 24. März 2004

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesgerichtspräsident Aemisegger, Präsident,
Bundesgerichtsvizepräsident Nay, Bundesrichter Féraud,
Gerichtsschreiber Härri.

X.________, Beschwerdeführerin,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Glarus,
8750 Glarus, vertreten durch Staatsanwalt Dr. Stefan Müller, Burgstrasse 16,
Postfach 621, 8750 Glarus,
Obergericht des Kantons Glarus,
Gerichtshaus, Gerichtshausstrasse 19, 8750 Glarus.

Art. 9 und 32 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziff. 2 EMRK (Strafverfahren [SVG]),

Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil
des Obergerichts des Kantons Glarus vom

28. November 2003.

Sachverhalt:

A.
Am 28. November 2003 verurteilte das Obergericht des Kantons Glarus
X.________ zweitinstanzlich wegen grober Verletzung von Verkehrsregeln zu
zehn Tagen Gefängnis, bedingt bei einer Probezeit von zwei Jahren.

B.
X.________ führt staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag (sinngemäss), das
Urteil des Obergerichtes aufzuheben; sie sei freizusprechen.

C.
Das Obergericht und die Staatsanwaltschaft haben sich vernehmen lassen. Sie
beantragen die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Die staatsrechtliche Beschwerde ist, von hier nicht gegebenen Ausnahmen
abgesehen, rein kassatorischer Natur, d.h. es kann mit ihr nur die Aufhebung
des angefochtenen Entscheids verlangt werden (BGE 124 I 327 E. 4 mit
Hinweisen).

Soweit die Beschwerdeführerin mehr als die Aufhebung des angefochtenen
Urteils verlangt, kann deshalb auf die Beschwerde nicht eingetreten werden.

1.2 Die Prüfungsbefugnis des Obergerichtes war nicht enger als die des
Bundesgerichtes. Die Beschwerdeführerin kann daher einzig das Urteil des
Obergerichtes anfechten (BGE 126 II 377 E. 8b S. 395 mit Hinweisen). Soweit
sie sich gegen das Urteil des Kantonsgerichts richtet, kann auf die
Beschwerde ebenfalls nicht eingetreten werden.

1.3 Im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde geht es, nachdem das
Obergericht die Beschwerdeführerin in Bezug auf den Vorfall ausgangs
A.________ freigesprochen hat, einzig noch um den Verkehrsunfall kurz nach
B.________. Soweit sich die Beschwerdeführerin zu anderen Sachverhalten und
anderen Verfahren äussert, ist sie ebenfalls nicht zu hören.

1.4 Das Bundesgericht hat die Vernehmlassungen der Beschwerdeführerin
lediglich zur Kenntnisnahme zugestellt. Einen weiteren Schriftenwechsel, der
gemäss Art. 93 Abs. 3 OG nur ausnahmsweise stattfindet, hat es nicht
angeordnet. Die von der Beschwerdeführerin dem Bundesgericht nach
Kenntnisnahme der Vernehmlassungen unaufgefordert zugestellten Bemerkungen
können daher nicht berücksichtigt werden.

2.
2.1 Die Beschwerdeführerin rügt eine willkürliche Beweiswürdigung. Sie macht
im Wesentlichen geltend, nicht sie habe den Unfall verschuldet, sondern der
Lenker des entgegenkommenden Fahrzeuges, da dieser trotz Regens das
Abblendlicht nicht eingeschaltet gehabt habe. Das Obergericht (S. 8) hat sich
dazu eingehend geäussert und den Einwand zurückgewiesen. Es kommt
insbesondere zum Schluss, dass sich der Lenker des entgegenkommenden
Fahrzeuges noch in der Kurve befand und damit für die Beschwerdeführerin
nicht sichtbar war, als sie zum Überholen ansetzte. Mit der vom Obergericht
insoweit gegebenen Begründung setzt sich die Beschwerdeführerin nicht in
einer den Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG genügenden Weise
auseinander. Sie wiederholt im Wesentlichen nur das, was sie bereits vor
Obergericht vorgebracht hatte. Selbst wenn man über den Begründungsmangel in
der staatsrechtlichen Beschwerde hinwegsehen wollte, würde das der
Beschwerdeführerin nicht helfen. Denn die Ausführungen des Obergerichtes zum
Einwand der Beschwerdeführerin sind nicht offensichtlich unhaltbar. Das gilt
insbesondere für die Annahme des Obergerichtes, dass dann, wenn das
entgegenkommende Fahrzeug bereits aus der Kurve heraus gewesen wäre und sich
somit am anderen Ende der für die Beschwerdeführerin frei überblickbaren
Strecke von knapp 400 Meter befunden hätte, als sie zu überholen begann, sie
nicht bis fast am Ende der verfügbaren Überholstrecke bei der Abzweigung
"C.________" auf der Gegenfahrbahn hätte bleiben können, ohne mit dem
entgegenkommenden Fahrzeug zusammenzustossen. Eine willkürliche
Beweiswürdigung kann dem Obergericht nicht vorgeworfen werden.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bundesgericht mit der staatsrechtlichen
Beschwerde Fotos eingereicht, mit denen sie belegen will, dass es entgegen
der Darstellung des Obergerichtes am fraglichen Ort keine unübersichtliche
Kurve gebe. Die Fotos sind jedoch zu unscharf, als dass sich daraus etwas zu
Gunsten der Beschwerdeführerin ergeben könnte. Die Fotos stützen, soweit man
darauf die Strassenführung an der massgeblichen Stelle überhaupt erkennen
kann und sie als neue Beweismittel in der staatsrechtlichen Beschwerde
zugelassen werden könnten, vielmehr die Darstellung des Obergerichts.

2.2 Die Beschwerdeführerin rügt eine Rechtsverweigerung, weil die Behörden
ihren Schreiben nicht die erforderliche Aufmerksamkeit schenkten. Darauf kann
schon deshalb nicht eingetreten werden, weil die Rüge den
Begründungsanforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG nicht genügt.

Das gleiche gilt für den Einwand, die kantonalen Richter seien befangen
gewesen.

3.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.

Die Beschwerdeführerin ersucht (S. 3) sinngemäss um Gewährung der
unentgeltlichen Rechtspflege gemäss Art. 152 OG. Dem Gesuch kann nicht
stattgegeben werden, da die Beschwerde aussichtslos war.

Die Beschwerdeführerin trägt damit die Kosten (Art. 156 Abs. 1 OG). Wie sich
aus dem angefochtenen Urteil (S. 10) ergibt, lebt sie in bescheidenen
finanziellen Verhältnissen, weshalb die kantonalen Gerichte von der
Aussprechung einer Busse abgesehen haben. Es wird daher lediglich eine
reduzierte Gerichtsgebühr erhoben.

Eine Parteientschädigung steht der Beschwerdeführerin nicht zu (Art. 159 Abs.
1 und 2 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 500.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin sowie der Staatsanwaltschaft und
dem Obergericht des Kantons Glarus schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 24. März 2004

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: