Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.367/2004
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1P.367/2004 /sta

Urteil vom 8. Juli 2004

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesgerichtspräsident Aemisegger, Präsident,
Bundesgerichtsvizepräsident Nay,
Bundesrichter Aeschlimann,
Gerichtsschreiber Pfäffli.

X. ________, Beschwerdeführer,

gegen

Anklagekammer des Obergerichts des Kantons Bern, Hochschulstrasse 17, 3012
Bern.

Nichteintretensbeschluss im Strafverfahren, usw.,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss der Anklagekammer des
Obergerichts des Kantons Bern vom 25. Mai 2004.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
X. ________ wird verdächtigt, am 28. Dezember 2002 seine von ihm getrennt
lebende Ehefrau erdrosselt zu haben. Im Rahmen der gegen ihn geführten
Strafuntersuchung wurde ein psychiatrisches Gutachten in Auftrag gegeben,
welches am 16. September 2003 vom stellvertretenden Chefarzt im Spital Thun
erstellt wurde. Mit Eingabe vom 29. September 2003 unterbreitete der Anwalt
der am Verfahren als Privatkläger beteiligten Kinder der zuständigen
Untersuchungsrichterin Ergänzungsfragen zum psychiatrischen Gutachten, welche
vom Gutachter am 17. November 2003 beantwortet wurden.

2.
Mit Schreiben vom 4. Dezember 2003 erhob X.________ "Klage/Anzeige" gegen den
Gutachter und gegen den Anwalt seiner Kinder. Dem Gutachter wirft er vor, ein
falsches Gutachten verfasst zu haben, und der Anwalt seiner Kinder habe in
seinen Zusatzfragen vom 29. September 2003 falsche und beleidigende
Anschuldigungen gegen ihn erhoben. Der Untersuchungsrichter 1 des
Untersuchungsrichteramtes III Bern-Mittelland und der Prokurator 1 der
Staatsanwaltschaft III Bern-Mittelland traten mit Beschluss vom 16./19.
Dezember 2003 auf die "Klage und Anzeige" von X.________ nicht ein. Gegen
diesen Nichteintretensbeschluss erhob X.________ Rekurs. Gleichzeitig
rekurrierte er gegen den Überweisungsbeschluss der Untersuchungsrichterin 11
des Untersuchungsrichteramtes III Bern-Mittelland und des Prokurators 4 der
Staatsanwaltschaft III Bern-Mittelland vom 6. Februar/22. März 2004.
Ausserdem erhob er eine Beschwerde gegen den Kreisgerichtspräsidenten des
Kreisgerichts VIII Bern-Laupen, Gerichtspräsident 9, stellte ein
Ablehnungsbegehren gegen den Prokurator 4 der Staatsanwaltschaft III
Bern-Mittelland und stellte den Antrag, es sei auf die Einholung eines
Berichts bei der Vormundschaftsbehörde im Hinblick auf die erstinstanzliche
Hauptverhandlung zu verzichten.

Die Anklagekammer des Obergerichts des Kantons Bern wies mit Beschluss vom
25. Mai 2004 den Rekurs gegen den Nichteintretensbeschluss des
Untersuchungsrichters 1 des Untersuchungsrichteramtes III Bern-Mittelland und
des Prokurators 1 der Staatsanwaltschaft III Bern-Mittelland vom 16./19.
Dezember 2003 ab, trat auf den Rekurs gegen den Überweisungsbeschluss nicht
ein, trat auf die Beschwerde gegen den Präsidenten des Kreisgerichts VIII
Bern-Laupen, soweit nicht gegenstandslos geworden, nicht ein, wies das
Ablehnungsgesuch gegen den Prokurator 4 der Staatsanwaltschaft III
Bern-Mittelland ab und trat auf den Antrag, auf die Einholung eines Berichts
bei der Vormundschaftskommission sei zu verzichten, nicht ein.

3.
X.________ führt gegen diesen Beschluss der Anklagekammer des Obergerichts
des Kantons Bern mit Eingabe vom 27. Juni 2004 staatsrechtliche Beschwerde.

Das Bundesgericht verzichtet auf die Einholung von Vernehmlassungen.

4.
Der Beschwerdeführer stellt den Antrag, es sei gemäss Art. 91 Abs. 2 OG eine
mündliche Schlussverhandlung anzuordnen. Art. 91 Abs. 2 OG sieht vor, dass
das Bundesgericht ausnahmsweise, wenn eine Partei es verlangt und besondere
Gründe vorliegen, eine mündliche Schlussverhandlung anordnen kann. Gemäss
Art. 36a und b OG kann jedoch das Gericht auf dem Weg der Aktenzirkulation
entscheiden, wenn sich Einstimmigkeit ergibt und kein Richter mündliche
Beratung verlangt. Von dieser grundsätzlichen gesetzlichen Ordnung
abzuweichen, wie das der Beschwerdeführer beantragt, rechtfertigt sich nur,
wenn er das Vorliegen besonderer Gründe für eine Ausnahme darlegt. Vorliegend
macht der Beschwerdeführer geltend, er wolle anlässlich der mündlichen
Schlussverhandlung seine Beschwerde erklären und begründen. Gemäss Art. 89 OG
in Verbindung mit Art. 90 Abs. 1 lit. b OG ist die Beschwerde samt Begründung
innert 30 Tagen seit Eröffnung des angefochtenen Entscheids dem Bundesgericht
schriftlich einzureichen. Eine Fristerstreckung für eine allfällige
Beschwerdeergänzung kann nicht gewährt werden (Art. 33 Abs. 1 OG). Da
vorliegend, wie ausgeführt, auch keine Vernehmlassungen eingeholt werden,
besteht kein Grund, den Beschwerdeführer anlässlich einer mündlichen
Schlussverhandlung seine Beschwerdegründe erläutern zu lassen. Das Gesuch ist
daher abzuweisen.

5.
Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss eine staatsrechtliche Beschwerde die
wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten,
welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze und inwiefern sie
durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind. Im staatsrechtlichen
Beschwerdeverfahren prüft das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene
Rügen (BGE 127 I 38 E. 3c mit Hinweisen).
Der Beschwerdeführer setzt sich mit seiner appellatorischen Kritik nicht mit
der Begründung im angefochtenen Beschluss auseinander und legt nicht dar,
inwiefern diese verfassungs- oder konventionswidrig sein soll. Auf die
staatsrechtliche Beschwerde kann daher mangels einer genügenden Begründung
nicht eingetreten werden.

Somit kann offen bleiben, inwieweit der durch eine angeblich strafbare
Handlung geschädigte Beschwerdeführer überhaupt legitimiert ist, gegen die
Nichteröffnung eines Strafverfahrens staatsrechtliche Beschwerde zu erheben
(vgl. BGE 128 I 218 E. 1). Ebenfalls offen bleiben kann die Frage, ob gegen
den Beschluss in Sachen Überweisung und Einholung eines Berichts bei der
Vormundschaftskommission die staatsrechtliche Beschwerde überhaupt zulässig
ist (vgl. Art. 87 Abs. 2 OG).

6.
Bei diesem Verfahrensausgang hat der Beschwerdeführer die bundesgerichtlichen
Kosten zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG). Sein Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege ist abzuweisen, da sich die Beschwerde von vornherein als
aussichtslos erwies (Art. 152 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art 36a OG:

1.
Auf die staatsrechtliche Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 500.-- wird dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer und der Anklagekammer des
Obergerichts des Kantons Bern schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 8. Juli 2004

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: