Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.327/2004
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1P.327/2004 /ggs

Urteil vom 5. Januar 2005

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Aemisegger, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Nay, Aeschlimann,
Gerichtsschreiberin Scherrer.

X. ________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Bruno
Pellegrini,

gegen

1.Y.________,
2.Z.________,
Beschwerdegegner, beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Hans Rudolf
Grendelmeier,
Baukommission Küsnacht, 8700 Küsnacht,
vertreten durch Rechtsanwältin lic. iur. Nadja Herz,
Baurekurskommission II des Kantons Zürich,
Neue Börse, Selnaustrasse 32, 8001 Zürich,
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 1. Abteilung, 1. Kammer, Postfach
1226, 8021 Zürich.

Baubewilligung,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zürich vom 24. März 2004.

Sachverhalt:

A.
Am 14. Januar 2003 erteilte die Baukommission Küsnacht Y.________ und
Z.________ die baurechtliche Bewilligung für die Erstellung eines
Mehrfamilienhauses mit Tiefgarage auf GB Kat.-Nr. 5495 in Küsnacht. Dagegen
gingen zwei Baurekurse ein, welche die Baurekurskommission II am 2. September
2003 vereinigte und teilweise guthiess, indem sie den Beschluss der
Baukommission Küsnacht mit einer Auflage ergänzte, wonach die Dachaufbauten
so zu verkürzen sind, dass sie nicht mehr als 1/3 der betreffenden
Fassadenlänge betragen. Im Übrigen wies die Baurekurskommission II die
Rekurse ab.

B.
Die beiden Rekurrenten gelangten hierauf an das Verwaltungsgericht des
Kantons Zürich. Dieses hiess die weitgehend gleich lautenden Beschwerden am
24. März 2004 teilweise gut und verlangte in einer zusätzlichen Auflage, die
Länge des Attikageschosses sei um 20 cm auf 25 m zu verkürzen. Die übrigen
Rügen wurden abgewiesen. Das Verwaltungsgericht schützte insbesondere die
Meinung der Vorinstanzen, wonach die vor über 50 Jahren beim Bau des
damaligen Hauses vorgenommene Aufschüttung als gewachsener Boden im Sinne von
§ 5 Abs. 1 der Verordnung über die nähere Umschreibung der Begriffe und
Inhalte der baurechtlichen Institute sowie über die Mess- und
Berechnungsweisen vom 22. Juni 1977 (Allgemeine Bauverordnung, ABV; LS 700.2)
gelte. Entsprechend rechnete es ein Garagengebäude, dessen Mauern auf zwei
Seiten sichtbar sind und dessen andere Seiten sowie das Dach mit Erde
aufgefüllt resp. überdeckt sind, zum gewachsenen Boden. Die neue Garage des
geplanten Neubaus überschneidet sich mit der abzubrechenden Garage auf einer
Fläche von ca. 1.8 x 4.5 m.

C.
Mit Eingabe vom 2. Juni 2004 erhebt X.________ staatsrechtliche Beschwerde
beim Bundesgericht. Sie beantragt die Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen
Entscheids vom 24. März 2004 wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs und
Verstosses gegen die Grundsätze der Gesetzmässigkeit und der Gewaltenteilung.
Gleichzeitig ersucht sie um Gewährung der aufschiebenden Wirkung.

D.
Mit Verfügung vom 24. Juni 2004 erkannte der Präsident der I.
öffentlichrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts der Beschwerde die
aufschiebende Wirkung zu.

E.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich schliesst im
Vernehmlassungsverfahren unter Verweis auf den angefochtenen Entscheid auf
Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden könne. Die
Baukommission Küsnacht und die privaten Beschwerdegegner beantragen ebenfalls
die Abweisung der Beschwerde. Die privaten Beschwerdegegner stellen überdies
die Eintretensvoraussetzungen mangels genügend begründeter Rügen in Abrede.

Im Rahmen des zweiten Schriftenwechsels halten die Parteien sinngemäss an
ihren Anträgen fest.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das angefochtene Urteil ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid, gegen
den kein anderes bundesrechtliches Rechtsmittel offen steht. Die
staatsrechtliche Beschwerde ist daher grundsätzlich zulässig (Art. 84 Abs. 2
und Art. 86 Abs. 1 OG). Zur staatsrechtlichen Beschwerde ist legitimiert, wer
durch den angefochtenen Erlass oder Entscheid eine Rechtsverletzung erlitten
hat (Art. 88 OG).

1.1 In erster Linie macht die Beschwerdeführerin geltend, § 5 ABV verletze
die Grundsätze der Gesetzmässigkeit und der Gewaltentrennung. Seit jeher hat
das Bundesgericht das sämtlichen Kantonsverfassungen zugrunde liegende - und
in Art. 51 Abs. 1 BV (vormals Art. 6 Abs. 2 aBV; vgl. BBl 1997 I 218 sowie
Ulrich Häfelin/Walter Haller, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 5. Auflage,
Zürich 2001, N. 1410) vorausgesetzte - Prinzip der Gewaltentrennung als
Individualrecht des Bürgers anerkannt (BGE 128 I 113 E. 2c S. 116; 127 I 60
E. 2a S. 63; 126 I 180 E. 2a/aa S. 182; 124 I 216 E. 3b S. 219; 121 I 22 E.
3a S. 25; mit Hinweisen zur Rechtslage unter der neuen Bundesverfassung:
Häfelin/Haller, a.a.O., N. 1970). Es schützt die Einhaltung der
verfassungsmässigen Zuständigkeitsordnung. Welche Behörde wofür zuständig
ist, ergibt sich in erster Linie aus dem kantonalen Staatsrecht. Das
Legalitätsprinzip besagt, dass ein staatlicher Akt sich auf eine
materiellgesetzliche Grundlage stützen muss, die hinreichend bestimmt und vom
staatsrechtlich hierfür zuständigen Organ erlassen worden ist. Es dient damit
einerseits dem demokratischen Anliegen der Sicherung der staatsrechtlichen
Zuständigkeitsordnung, anderseits dem rechtsstaatlichen Anliegen der
Rechtsgleichheit, Berechenbarkeit und Voraussehbarkeit des staatlichen
Handelns. Es ist in Art. 5 Abs. 1 BV als verfassungsmässiger Grundsatz
niedergelegt (vgl. BGE 127 I 60 E. 3a S. 67). Seine Verletzung kann im
Zusammenhang mit dem Grundsatz der Gewaltentrennung geltend gemacht werden
(BGE 128 I 113 E. 3c S. 121). Eine derartige Rüge ist mit freier Kognition zu
prüfen (BGE 127 I 60 E. 3a S. 67; 121 I 22 E. 3 S. 25).

1.2 Die Beschwerdeführerin wird durch die Anwendung der von ihr als
kompetenzwidrig erachteten Norm in geschützten Rechten getroffen, da nach der
Rechtsprechung Vorschriften über die Ausnützung des Bodens und die äusseren
Abmessungen der Gebäude auch nachbarschützende Funktionen zukommen (BGE 113
Ia 468 E. 2b S. 470; 106 Ia 62 E. 2 S. 63). Die Eigentumsgarantie der
Beschwerdeführerin kann durch Verletzung solcher Bestimmungen tangiert
werden. Die Beschwerdeführerin ist legitimiert, in diesem Zusammenhang auch
eine Verletzung des Grundsatzes der Gewaltentrennung und des
Legalitätsprinzips zu rügen (BGE 123 I 41 E. 5b S. 43; vgl. auch BGE 126 I 81
E. 5a S. 91).

1.3 Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen
Anlass, sodass auf die Beschwerde insoweit einzutreten ist.

2.
Die Beschwerdeführerin macht u.a. auch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs
geltend, weil sich das Verwaltungsgericht nicht materiell mit dem von ihr
gerügten Verstoss gegen die Gewaltentrennung und das Legalitätsprinzip
auseinandergesetzt habe. Zudem habe es zu Unrecht von der Durchführung eines
Augenscheins abgesehen. Diese Rüge ist aufgrund ihrer formellen Natur vorweg
zu behandeln.

2.1 Zur Erhebung der Gehörsverweigerungsrüge ist die Beschwerdeführerin schon
aufgrund ihrer Parteistellung im kantonalen Verfahren berechtigt (BGE 118 Ia
232 E. 1a S. 234).

2.2 Das rechtliche Gehör verlangt, dass die Behörde die Vorbringen des vom
Entscheid in seiner Rechtsstellung Betroffenen auch tatsächlich hört, prüft
und in der Entscheidfindung berücksichtigt (BGE 124 I 49 E. 3a S. 51 und 241
E. 2 S. 242, je mit Hinweisen). Die Begründungspflicht und der Anspruch auf
Begründung sind nicht bereits dadurch verletzt, dass sich die urteilende
Behörde nicht mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und
jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann sie sich auf
die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken (vgl. BGE 126 I 97 E.
2b S. 102; 124 II 146 E. 2a S. 149; 124 V 180 E. 1a S. 181; 123 I 31 E. 2c S.
34; 121 I 54 E. 2c S. 57, je mit Hinweisen).

2.3 Die Beschwerdeführerin hatte vor Verwaltungsgericht u.a. ausgeführt, der
Gesetzgeber habe es klarerweise nicht dem Regierungsrat überlassen, den
Begriff des gewachsenen Bodens frei zu definieren. Die Gesetzesbestimmungen
würden selber den Begriff des gewachsenen Bodens verwenden und ihm einen vom
Gesetzgeber gewollten Sinn geben. Der gewachsene Boden als statischer Begriff
erlaube keine nähere Begriffsumschreibung. Das Verwaltungsgericht hat sich
eingehend mit dem Begriff des gewachsenen Bodens auseinandergesetzt und unter
Bezugnahme auf die Literatur dargetan, dass er nach der zürcherischen Praxis
auf jeden Fall seit Inkrafttreten des PBG stets als dynamischer und nicht als
statischer Begriff verstanden worden sei. Indem es sich auf die Definition
von § 5 ABV gestützt hat, hat es implizit deutlich gemacht, dass die
regierungsrätliche Definition aus seiner Sicht nicht kompetenzwidrig erlassen
wurde. Es hat auch auf die von der Beschwerdeführerin zitierten Entscheide
Bezug genommen. Aufgrund der Ausführungen im angefochtenen Entscheid konnte
sich die Beschwerdeführerin ein hinreichendes Bild davon verschaffen, dass
und warum die Vorinstanz § 5 ABV für anwendbar und gesetzmässig erachtete.
Einzig aus dem Umstand, dass das Verwaltungsgericht zu einer anderen
rechtlichen Würdigung als sie selber gelangt ist, kann die Beschwerdeführerin
keine Verletzung des rechtlichen Gehörs ableiten. Die Rüge ist unbegründet.

3.
Hinsichtlich des Bauvorhabens an sich ist im anhängigen Verfahren einzig noch
umstritten, wie der gewachsene Boden zu bestimmen ist, der nach dem
angefochtenen Urteil massgebend "für die Berechnung der Gebäudehöhe und
Ausnützung (Baumassenziffer) sowie Qualifikation des Untergeschosses" ist.

3.1 Das Verwaltungsgericht hat sich bei seinem Entscheid vom Wortlaut von § 5
Abs. 1 ABV leiten lassen, wonach gewachsener Boden der bei Einreichung des
Baugesuches bestehende Verlauf des Bodens ist. Auf frühere Verhältnisse ist
zurückzugreifen, wenn der Boden innert eines Zeitraums von 10 Jahren vor der
Baueingabe in einem im Zeitpunkt der Ausführung der Bewilligungspflicht
unterliegenden Ausmass aufgeschüttet und das neue Terrain in der
baurechtlichen Bewilligung oder in einem förmlichen Planungs- oder
Projektgenehmigungsverfahren nicht ausdrücklich als künftig gewachsener Boden
erklärt worden ist (Abs. 2 lit. a) oder im Hinblick auf die beabsichtigte
Nutzung des Grundstückes oder zur Umgehung von Bauvorschriften umgestaltet
worden ist (Abs. 2 lit. b). Das Verwaltungsgericht will darum bei der
Bestimmung des gewachsenen Bodens auf den heutigen Verlauf des Terrains
abstellen und damit auf die künstliche Gestaltung, wie sie beim Bau des
abzubrechenden Einfamilienhauses im Jahre 1946 vorgenommen wurde.

Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, die vom Regierungsrat  1977
erlassene Definition des gewachsenen Bodens verletze die Grundsätze der
Gewaltenteilung und der Gesetzmässigkeit. Als Verordnungsgeber habe der
Regierungsrat mit § 5 ABV seine Rechtsetzungskompetenzen überschritten. Indem
er den statischen Begriff des gewachsenen Bodens nicht nur hinsichtlich der
Messung, zum Beispiel bei unebenem Terrainverlauf innerhalb der Bauparzelle,
näher umschrieben habe, sondern ihn neu und abweichend zur bisherigen
Rechtspraxis "dynamisiert" habe, habe er eine materielle, keine rein
technische Regelung erlassen. Ihrer Meinung nach ist im vorliegenden Fall auf
den Terrainverlauf von 1946 abzustellen, wie er sich beim Bau des nun zu
ersetzenden Hauses präsentierte.

3.2 Der Inhalt des Prinzips der Gewaltentrennung folgt aus dem kantonalen
Recht, wobei das Bundesgericht die Auslegung der einschlägigen
Verfassungsbestimmungen frei, jene des Gesetzesrechts dagegen lediglich auf
Willkür hin prüft; grundsätzlich mit freier Kognition beurteilt es die Frage
der bundesverfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Delegation von
Rechtsetzungsbefugnissen (BGE 128 I 113 E. 2c und 3c S.116 und 121; 127 I 60
E. 2a S. 64; 126 I 180 E. 2a/aa S. 182 mit Hinweisen).
Bundesverfassungsrechtlich ist eine Delegation von an sich dem Gesetzgeber
zustehenden Rechtsetzungsbefugnissen an eine Verwaltungsbehörde zulässig,
wenn sie in einem formellen Gesetz enthalten ist, nicht durch das kantonale
Recht ausgeschlossen wird, sich auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt und das
Gesetz die Grundzüge der Regelung selbst enthält, soweit sie die
Rechtsstellung der Bürger schwerwiegend berührt (statt vieler: BGE 128 I 113
E. 3c S. 122 mit Hinweisen).

3.3 In der Verfassung des Kantons Zürich vom 18. April 1869 (KV/ZH; LS 101)
ist - wie das Bundesgericht wiederholt festgestellt hat - das
Gewaltentrennungsprinzip nicht ausdrücklich ausgesprochen; es ergibt sich
jedoch daraus, dass die Kantonsverfassung eine klare Trennung zwischen
Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtspflege vornimmt (Art. 28 ff., Art. 37 ff.,
Art. 56 ff.; BGE 102 Ia 387 E.8 S. 392, 81 I 119 E. 2 S. 121). Art. 28 KV/ZH
sieht vor, dass das Volk im Zusammenwirken mit dem Kantonsrat die
gesetzgebende Gewalt ausübt (Abs. 1). Die grundlegenden Normen des kantonalen
Rechts werden in Gesetzesform erlassen. Dazu gehören insbesondere
Bestimmungen über die Organisation und Aufgaben der Behörden, über Inhalt und
Umfang der Grundrechtsbeschränkungen und der staatlichen Leistungen sowie
über Art und Umfang der Übertragung von öffentlichen Aufgaben an Private
(Abs. 2). In Art. 37 ff. wird der Regierungsrat als vollziehende und
verwaltende Kantonalbehörde bezeichnet, welcher u.a. "die Sorge für
Vollziehung der Gesetze" obliegt (Art. 40 Ziff. 2 KV/ZH). Die
Kantonsverfassung schliesst somit eine Delegation von
Rechtsetzungsbefugnissen im Bereich des Baurechts nicht von vornherein aus.

3.4 Die Anwendung und Auslegung von Gesetzesrecht kann das Bundesgericht, wie
gesehen (E. 3.2), auch soweit der Grundsatz der Gewaltentrennung in Frage
steht, nur unter dem Gesichtswinkel der Willkür überprüfen. Im vorliegenden
Fall findet sich die massgebliche Delegationsnorm in § 359 des
referendumspflichtigen Gesetzes über die Raumplanung und das öffentliche
Baurecht vom 7. September 1975 (Planungs- und Baugesetz, PBG/ZH; LS 700.1):
Danach erlässt der Regierungsrat die erforderlichen Verordnungen,
insbesondere über die nähere Umschreibung der Begriffe und Inhalte der
baurechtlichen Institute sowie über die Mess- und Berechnungsweisen (§ 359
lit. d PBG/ZH). Gestützt darauf hat der Regierungsrat § 5 ABV erlassen. Das
Gesetz selber nimmt an verschiedenen Stellen Bezug auf den gewachsenen Boden.
So spielt der gewachsene Boden eine entscheidende Rolle bei der Bemessung der
Grenzabstände von Nachbargrundstücken (§§ 269 und 270 PBG/ZH), bei der
Definition von Voll-, Dach- und Untergeschossen (§§ 275 und 276 PBG/ZH) sowie
bei der Messweise der Gebäudehöhe (§ 280 PBG/ZH). Die ABV konkretisiert damit
einen Begriff, welcher bereits im Gesetz verwendet, jedoch nirgends genauer
umschrieben wird. Inwiefern der Regierungsrat seine in § 359 lit. d PBG/ZH
klar festgelegte, massgebliche Verordnungskompetenz überschritten haben soll,
ist nicht ersichtlich und wird auch von der Beschwerdeführerin nicht
dargetan. Es ist jedenfalls verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass
sich der Regierungsrat aufgrund der zitierten Gesetzesnorm für die Definition
des gewachsenen Bodens als zuständig erachtet hat. Im Übrigen bedürfen die
Ausführungsbestimmungen zu § 359 lit. d PBG/ZH zusätzlich der Genehmigung
durch den Kantonsrat, was ebenfalls gegen eine Verletzung des
Gewaltenteilungsprinzips spricht.
Indessen fragt sich, ob die Bestimmung des gewachsenen Bodens zu einem derart
schwerwiegenden Eingriff in die Eigentumsfreiheit führt, dass eine Grundlage
in einem formellen Gesetz nötig wäre.

3.5
3.5.1Es kann nicht allgemein gesagt werden, welche Regelungen so bedeutend
sind, dass sie im formellen Gesetz enthalten sein müssen und wie detailliert
die gesetzliche Normierung sein muss. Massgebend sind die Umstände im
Einzelfall. Grundsätzlich gelten eher strengere Anforderungen, wo es um eine
Einschränkung von Grundrechten oder um die Schaffung von
öffentlichrechtlichen Pflichten geht, wobei die Natur und die Schwere des
Eingriffs bzw. der Verpflichtung mit zu berücksichtigen sind (BGE 128 I 113
E. 3c S. 122 mit Hinweisen). In weitergehendem Umfange zulässig ist die
Delegation namentlich dann, wenn es um die Regelung untergeordneter
Einzelheiten technischer oder organisatorischer Natur geht. Wegleitend kann
auch eine verbreitete, seit langem bestehende und auch in anderen Kantonen
übliche Rechtswirklichkeit sein; eine Regelung auf Verordnungsstufe ist eher
zulässig, wenn sie dem allgemein üblichen Standard entspricht. Für bisher
unübliche Regelungen ist demgegenüber ein formelles Gesetz erforderlich (BGE
128 I 113 E. 3c S. 122 mit zahlreichen Hinweisen).

3.5.2 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Bau- und
Raumplanungsrecht liegt ein schwerer Grundrechtseingriff vor, wenn
Grundeigentum zwangsweise entzogen wird oder wenn der bisherige oder künftig
mögliche bestimmungsgemässe Gebrauch des Grundstücks verunmöglicht oder stark
erschwert wird (BGE 124 II 538 E. 2a S. 540; 115 Ia 363 E. 2a S. 365). Ein
schwerer Eingriff wird insbesondere bejaht, wenn eine bisher in einer Bauzone
gelegene Parzelle einer Zone zugewiesen wird, in der keine Überbauung mehr
zulässig ist (BGE 119 Ia 362 E. 3b S. 366); sodann auch bei einer starken
Erschwerung der bestehenden Baumöglichkeit (BGE 121 I 117 E. 3b/bb S. 120).
Dagegen liegt kein schwerer Eingriff vor, wenn die zulässige
Überbauungsmöglichkeit lediglich reduziert wird (BGE 115 Ia 363 E. 2a S.
365). Die Bewilligung des Bauprojekts auf der Parzelle              Kat.-Nr.
5495 verunmöglicht die angemessene Nutzung der Nachbargrundstücke nicht,
weshalb ein solcher Eingriff in die Eigentumsgarantie die Nachbarn gemäss
bundesgerichtlicher Rechtsprechung nicht enteignungsähnlich und damit nicht
besonders schwer trifft. Die Beschwerdeführerin hat überdies keinen absoluten
Anspruch auf unverbaute Aussicht.

3.5.3 Ein weiteres Kriterium bei der Prüfung, ob das Legalitätsprinzip
verletzt wurde, ist die seit langem bestehende, auch in anderen Kantonen
gängige Rechtswirklichkeit. Das Verwaltungsgericht verweist im angefochtenen
Entscheid auf die langjährige baurechtliche zürcherische Praxis und macht
geltend, der gewachsene Boden sei jedenfalls seit dem Inkrafttreten des PBG
stets als dynamischer, nicht als statischer Begriff verstanden worden (E. 3.3
des Urteils vom 24. März 2004; dazu auch Felix Huber, Der gewachsene Boden,
PBG aktuell 4/2002, S. 5 ff.; Christoph Fritzsche/Peter Bösch, Kommentar zum
Zürcher Planungs- und Baurecht, 3. Auflage 2003, Ziff. 13.1.4.1). Es nimmt
Bezug auf seine eigene Rechtsprechung und zeigt auf, dass es die umstrittene
Bestimmung differenziert handhabt (E. 3.4). Der Blick auf andere kantonale
Regelungen zeigt des Weitern, dass es durchaus üblich ist, den Begriff des
gewachsenen Bodens auf Verordnungsstufe detaillierter zu definieren (vgl.
etwa § 13 der Allgemeinen Verordnung zum Baugesetz des Kantons Aargau vom 23.
Februar 1994 [ABauV; SAR 713.111]; Art. 97 der bernischen Bauverordnung vom
6. März 1985 [BauV; BSG 721.1], § 4 der Verordnung zum Planungs- und
Baugesetz des Kantons Zug vom 16. November 1999 [V PBG; BGS 721.111]). Die
Definition des gewachsenen Bodens bedarf somit nicht zwingend einer
formell-gesetzlichen Grundlage, sondern durfte in einer regierungsrätlichen
Verordnung geregelt werden.

3.5.4 Nachdem es sich bei § 5 ABV um eine "nähere Umschreibung der Begriffe
und Inhalte der baurechtlichen Institute sowie über die Mess- und
Berechnungsweisen" im Sinne von § 359 Abs. 1 lit. d PBG/ZH handelt und diese
weder zu einem schweren Eingriff in das Eigentum der Beschwerdeführerin führt
noch eine unübliche Regelung darstellt, ist eine Verletzung des
Legalitätsprinzips zu verneinen.

4.
Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, das Verwaltungsgericht habe zu
Unrecht von der Durchführung eines Augenscheines abgesehen, zeigen die
vorstehenden Erwägungen, dass das Verwaltungsgericht nicht gehalten war, die
Situation vor Ort abzuklären. Wird ein Augenschein beantragt, so steht der
Entscheid, ob ein solcher angeordnet werden soll, im pflichtgemässen Ermessen
der mit der Sache befassten Behörde. Eine dahingehende Pflicht besteht nur,
wenn die tatsächlichen Verhältnisse auf andere Weise nicht abgeklärt werden
können (Alfred Kölz/Jörg Bosshart/Martin Röhl, Kommentar zum
Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. Aufl. 1999, § 7 N. 42).
Aufgrund seiner Auslegung von § 5 ABV musste es dem Verwaltungsgericht nicht
notwendig erscheinen, den im Jahre 1946 massgeblichen Terrainverlauf
festzustellen.

5.
Daraus ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist. Bei diesem
Verfahrensausgang hat die Beschwerdeführerin die Kosten des
bundesgerichtlichen Verfahrens zu tragen (Art. 156 Abs. 1 OG) und die
privaten Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu
entschädigen (Art. 159 Abs. 2 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführerin hat die privaten Beschwerdegegner für das
bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Baukommission Küsnacht, der
Baurekurskommission II und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 1.
Abteilung, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 5. Januar 2005

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied:  Die Gerichtsschreiberin: