Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.321/2004
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1P.321/2004 /gij

Urteil vom 23. Juni 2004

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesgerichtspräsident Aemisegger, Präsident,
Bundesgerichtsvizepräsident Nay, Bundesrichter Féraud,
Gerichtsschreiber Härri.

X. ________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Manfred Dähler,

gegen

Kantonales Untersuchungsrichteramt des Kantons Thurgau, Zürcherstrasse 323,
8510 Frauenfeld,
Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau, Staubeggstrasse 8, 8500 Frauenfeld,
Präsident der Anklagekammer des Kantons Thurgau, Postfach 339, 9220
Bischofszell.

Untersuchungshaft,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen die Verfügung des Präsidenten der
Anklagekammer des Kantons Thurgau vom 15. April 2004.

Sachverhalt:

A.
Am 9. Februar 1997 wurde in O.________ die Leiche von Y.________ gefunden.
Die Ermittlungen ergaben, dass er erschossen worden war.

X. ________ wurde verdächtigt, mit dem Tötungsdelikt in Verbindung zu stehen.
Am 9. Februar 1997 wurde er verhaftet. Da sich der Verdacht zunächst nicht
erhärtete, wurde er am Tag darauf wieder aus der Haft entlassen.

In der Folge belastete jemand X.________, der Auftraggeber der Tötung gewesen
zu sein. Am 26. Februar 1997 wurde er erneut verhaftet. Diese zweite
Untersuchungshaft dauerte bis zum 14. März 1997.

Da sich eine Beteiligung von X.________ am Tötungsdelikt nicht
rechtsgenüglich nachweisen liess, stellte der Untersuchungsrichter des
Kantons Thurgau das Strafverfahren gegen ihn am 27. Januar 1998 ein.

Am 25. März 2004 - also mehr als sechs Jahre später - wurde X.________ erneut
verhaftet. Der Untersuchungsrichter führte in der Haftverfügung aus,
X.________ stehe im dringenden Verdacht, sich der Mitwirkung bei
vorsätzlicher Tötung, der Begünstigung sowie der Hehlerei schuldig gemacht zu
haben. Zur Klärung der Tatbestände sei ein polizeiliches Ermittlungsverfahren
angeordnet worden. X.________ werde in Untersuchungshaft gesetzt, weil die
Gefahr bestehe, dass er Spuren der Tat verwischen, Zeugen oder Mitbeteiligte
beeinflussen oder sonst wie die Untersuchung gefährden könnte. Zudem bestehe
die Gefahr der Fortsetzung der strafbaren Handlungen.

Am 7. April 2004 beantragte X.________ die Haftentlassung.

Mit Verfügung vom 15. April 2004 stellte der Präsident der Anklagekammer des
Kantons Thurgau fest, dass die am 25. März 2004 angeordnete Untersuchungshaft
zulässig und der Haftgrund der Kollusionsgefahr nach wie vor gegeben sei.

B.
X. ________ führt staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, die Verfügung
des Präsidenten der Anklagekammer aufzuheben; er sei aus der Haft zu
entlassen.

C.
Die Staatsanwaltschaft, der Untersuchungsrichter und der Präsident der
Anklagekammer haben sich vernehmen lassen. Sie beantragen die Abweisung der
Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei.

X. ________ hat Bemerkungen zu den Vernehmlassungen eingereicht. Er hält an
seinen Rechtsbegehren fest.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Die Frist für die Einreichung der staatsrechtlichen Beschwerde beträgt
dreissig Tage (Art. 89 Abs. 1 OG). Der angefochtene Entscheid wurde dem
Vertreter des Beschwerdeführers am 30. April 2004 zugestellt. Die
Beschwerdefrist endete somit am 30. Mai 2004. Da dieser Tag ein Sonntag war,
verlängerte sich die Frist bis zum 31. Mai 2004. Bei diesem Tag handelt es
sich um den Pfingstmontag. Gemäss Art. 32 Abs. 2 OG endigt die Frist am
nächstfolgenden Werktag, wenn der letzte Tag ein vom zutreffenden kantonalen
Recht anerkannter Feiertag ist. Der Vertreter des Beschwerdeführers betreibt
sein Advokaturbüro in St. Gallen. Wie er (Beschwerde S. 2 Ziff. 5) zutreffend
bemerkt, ist gemäss Art. 2 lit. b des Ruhetagsgesetzes des Kantons St. Gallen
vom 5. Dezember 1974 der Pfingstmontag ein öffentlicher Ruhetag. Es braucht
nicht weiter geprüft zu werden, ob hier das St. Galler oder das Thurgauer
Recht massgebend ist. Denn auch nach dem Ruhetagsgesetz des Kantons Thurgau
vom 11. Mai 1989 ist der Pfingstmontag ein öffentlicher Ruhetag (§ 1 Ziff.
2). Die Beschwerdefrist ist somit in jedem Fall erst am Dienstag, 1. Juni
2004, abgelaufen. Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdeschrift an diesem
Tag der Post übergeben. Die Frist ist damit gewahrt.

Gemäss § 113 Abs. 2 StPO/TG entscheidet der Präsident der Anklagekammer
endgültig über die Zulässigkeit der Haft. Der angefochtene Entscheid ist also
kantonal letztinstanzlich. Die Beschwerde ist unter dem Gesichtswinkel von
Art. 86 OG zulässig.

Die weiteren Eintretensvoraussetzungen sind ebenfalls erfüllt. Sie geben zu
keinen Bemerkungen Anlass.

1.2 Die staatsrechtliche Beschwerde ist grundsätzlich kassatorischer Natur,
das heisst, es kann mit ihr nur die Aufhebung des angefochtenen Entscheids,
nicht aber der Erlass positiver Anordnungen durch das Bundesgericht verlangt
werden. Eine Ausnahme gilt dann, wenn die von der Verfassung geforderte Lage
nicht schon mit der Aufhebung des kantonalen Entscheids hergestellt wird,
sondern dafür eine positive Anordnung nötig ist. Das trifft hinsichtlich
einer nicht oder nicht mehr gerechtfertigten Untersuchungshaft zu (BGE 124 I
327 E. 4 mit Hinweisen). Auf die Beschwerde ist deshalb einzutreten, soweit
der Beschwerdeführer die Haftentlassung beantragt.

2.
2.1 Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 31 Abs. 2 BV und Art. 5
Ziff. 2 EMRK. Er bringt vor, nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung
könne nur der Vorwurf, eine bestimmte Straftat begangen zu haben, einen
dringenden Tatverdacht begründen und damit einen Haftgrund darstellen. Er
verweist insoweit auf die Urteile 1P.463/2000 vom 16. August 2000 und
1P.182/2004 vom 8. April 2004. In der Haftverfügung vom 25. März 2004 sei
lediglich dargelegt worden, er stehe im dringenden Verdacht, sich der
Mitwirkung bei vorsätzlicher Tötung, der Begünstigung sowie der Hehlerei
schuldig gemacht zu haben. Weitere Angaben fehlten. Auch in der Einleitung
der Einvernahme vom 25. März 2004 sei ihm lediglich vorgeworfen worden, sich
der Mitwirkung bei vorsätzlicher Tötung, der Begünstigung und der Hehlerei
schuldig gemacht zu haben. Es seien dann verfängliche Fragen gestellt worden,
wie: "Weshalb denken Sie, dass ich gegen Sie einen Haftbefehl ausgestellt
habe?". Nachdem der Beschwerdeführer anschliessend auf die gegen ihn in den
Jahren 1997/1998 geführte Untersuchung zu sprechen gekommen sei, habe der
Haftrichter den Namen des getöteten Y.________ und jenen von Z.________
genannt. Der Beschwerdeführer habe darauf die Fragen zum Verhältnis dieser
zwei Personen beantwortet. Danach sei die Einvernahme abgeschlossen worden.
Es sei dem Beschwerdeführer nicht bekannt gegeben worden, was ihm konkret
vorgeworfen werde. Der Präsident der Anklagekammer bejahe den dringenden
Tatverdacht in Bezug auf das Tötungsdelikt. Den Rest - die Hehlerei und die
Begünstigung - habe er fallen gelassen. Zum Vorwurf der Mitwirkung am
Tötungsdelikt sei auch in der Einvernahme durch den Präsidenten der
Anklagekammer nicht konkret dargelegt worden, inwiefern dem Beschwerdeführer
ein Tatvorwurf gemacht werde. Indem der Präsident der Anklagekammer trotzdem
das Haftentlassungsgesuch abgelehnt habe, habe er die verfassungsmässigen
Rechte des Beschwerdeführers verletzt. Denn dieser habe seine
Verteidigungsrechte nicht wahrnehmen können. Ein Beschuldigter könne sich
nicht entlasten, wenn ihm keine konkreten Vorwürfe gemacht würden. Der
Vorwurf alleine, am Tötungsdelikt von Y.________ mitbeteiligt zu sein, sei
unbestimmt. Einen konkreten Tatvorwurf stelle dies nicht dar. Im Übrigen sei
auch gegen § 88 Abs. 1 StPO/TG verstossen worden, wonach die belastenden
Tatsachen vorzuhalten seien.

2.2 Gemäss Art. 31 Abs. 2 BV hat jede Person, der die Freiheit entzogen wird,
unter anderem Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen
Sprache über die Gründe des Freiheitsentzuges und über ihre Rechte
unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend
zu machen. Nach Art. 31 Abs. 3 BV hat jede Person, die in Untersuchungshaft
genommen wird, unter anderem Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin
oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter
entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird.
Diese Ansprüche gewährleisten teilweise auch Art. 5 Ziff. 2 und 3 EMRK, wobei
diese Garantien nicht über jene der Bundesverfassung hinausgehen.

Grundvoraussetzung einer Verhaftung ist der dringende Verdacht, eine Straftat
begangen zu haben. Ist ein Verhafteter nach den erwähnten verfassungs- und
konventionsrechtlichen Garantien über die Gründe des Freiheitsentzuges zu
unterrichten, so gehört dazu vorab dieser Tatverdacht. Dessen Kenntnis ist
unabdingbare Voraussetzung für die Ausübung seines Anhörungsrechtes, kann
sich der Verhaftete doch nur gegen einen ihm bekannten Vorwurf zur Wehr
setzen (Urteil 1P.182/2004 vom 8. April 2004 E. 2.1 mit Hinweis).

2.3 Der Präsident der Anklagekammer hat, wie der Beschwerdeführer zutreffend
darlegt, in der angefochtenen Verfügung den Vorwurf der Hehlerei und
Begünstigung fallen gelassen. Es geht hier somit einzig noch darum, ob dem
Beschwerdeführer in Bezug auf die Tötung von Y.________ ein konkreter
Tatvorwurf gemacht worden ist.

In der Haftverfügung vom 25. März 2004 führt der Untersuchungsrichter aus,
der Beschwerdeführer stehe im dringenden Verdacht, sich der Mitwirkung bei
vorsätzlicher Tötung schuldig gemacht zu haben. Weiter konkretisiert wird der
Vorwurf nicht.

In der Einvernahme vom 25. März 2004 gab der Untersuchungsrichter dem
Beschwerdeführer einleitend bekannt, er sei festgenommen worden, weil er im
dringenden Verdacht stehe, sich der Mitwirkung bei vorsätzlicher Tötung
schuldig gemacht zu haben. In der Folge fragte der Untersuchungsrichter den
Beschwerdeführer: "Was sagen Sie zu den gegen Sie erhobenen Anschuldigungen
(Verdacht Mitwirkung bei vorsätzlicher Tötung ...)". Darauf antwortete der
Beschwerdeführer: "Ganz sicher nicht. Ganz sicher nicht." Anschliessend
fragte ihn der Untersuchungsrichter: "Weshalb denken Sie, dass ich gegen Sie
einen Haftbefehl ausgestellt habe?" Darauf kam der Beschwerdeführer auf seine
Untersuchungshaft im Jahre 1997 zu sprechen und gab an, mit dem Mord an
Y.________ nichts zu tun gehabt zu haben. Darauf fragte der
Untersuchungsrichter: "Überlegen Sie nochmals in aller Ruhe, welchen Grund es
dafür geben könnte, dass ich Sie heute festnehmen liess." Darauf sagte der
Beschwerdeführer: "Irgendeine Anschuldigung vielleicht. Eine falsche
Anschuldigung. Ich bin mir keiner Schuld bewusst. Wirklich nicht. Es wird
sich auch wieder klären." In der Folge wurde der Beschwerdeführer zu seinem
Verhältnis zu Y.________ befragt; ebenso zu jenem zu Z.________, der im
November 2003 als Verdächtiger im Tötungsfall in Untersuchungshaft genommen
wurde und offenbar immer noch inhaftiert ist. Weder dabei noch im weiteren
Verlauf der Einvernahme gab der Untersuchungsrichter dem Beschwerdeführer
bekannt, was ihm im Zusammenhang mit der Tötung von Y.________ konkret
vorgeworfen wird.

Am 14. April 2004 hörte der Präsident der Anklagekammer den Beschwerdeführer
an. Auch dabei wurde dem Beschwerdeführer nicht mitgeteilt, was ihm in
tatsächlicher Hinsicht konkret zur Last gelegt wird.

Der Beschwerdeführer hatte vor dem angefochtenen Entscheid Einsicht in die
Stellungnahme des Untersuchungsrichters vom 8. April 2004 zum
Haftentlassungsgesuch. Darin führt der Untersuchungsrichter (S. 3) aus,
nachdem er das Dossier aus dem Jahre 1997/98 vom Vorgänger übernommen habe,
hätten weitere Abklärungen und Ermittlungen sowie die zwischenzeitlich
erfolgten Fortschritte der kriminaltechnischen Wissenschaften zu neuen und
äusserst brisanten Erkenntnissen bezüglich Tatablauf und Täterschaft geführt.
Des Weiteren hätten auch neue Erkenntnisse bezüglich Absprachen der am
Tötungsdelikt beteiligten Personen erhoben werden können. Aus
ermittlungstaktischen Gründen und unter Hinweis auf § 78 Abs. 1 StPO/TG
könnten diese immer noch andauernden Ermittlungen im derzeitigen
Verfahrensstadium noch nicht vollumfänglich offengelegt werden. Der
Tatverdacht gegen den Beschwerdeführer habe durch die neuen Erkenntnisse
jedoch fraglos erhärtet werden können. Weiter unten in der Stellungnahme (S.
7 f. zu Ziffer III.1) wiederholt der Untersuchungsrichter im Wesentlichen
diese Ausführungen bei seinen Bemerkungen zum Vorbringen des
Beschwerdeführers, ihm sei kein konkreter Vorhalt gemacht worden. Der
Stellungnahme des Untersuchungsrichters vom 8. April 2004 konnte der
Beschwerdeführer nicht mehr entnehmen, als das, was ihm bereits bekannt war:
dass er unter dem Verdacht steht, sich der Mitwirkung bei der Tötung schuldig
gemacht zu haben. Aus der Stellungnahme ergibt sich immerhin, dass der
Untersuchungsrichter wusste, worauf sich der Verdacht konkret bezieht. Denn
er spricht - wie gesagt - davon, es hätten neue und äusserst brisante
Erkenntnisse bezüglich Tatablauf und Täterschaft gewonnen werden können.

Am 14. April 2004, vor der Anhörung durch den Präsidenten der Anklagekammer
am gleichen Tag, wurde der Beschwerdeführer polizeilich befragt. Auch dabei
wurde der Tatverdacht nicht konkretisiert. Der Beschwerdeführer wurde
gefragt, wie er sich zur Anschuldigung der Mitwirkung bei der vorsätzlichen
Tötung von Y.________ stelle. Dabei gab er an: "Das stimmt alles nicht. Ich
habe nichts mit dieser Sache zu tun. Ich muss es immer wieder sagen,
Y.________ war ein Freund von mir." Ebenso wenig konkretisiert worden war der
Tatverdacht bei der polizeilichen Befragung des Beschwerdeführers vom 12.
April 2004.

2.4 Dem Beschwerdeführer wurde somit lediglich bekannt gegeben, er stehe
unter dem Verdacht, sich der Mitwirkung bei der Tötung von Y.________
schuldig gemacht zu haben. Der Begriff der Mitwirkung ist weit. Er erfasst
zunächst die Täterschaft. Das gilt für die Mittäterschaft ebenso wie für die
Alleintäterschaft, sofern nur weitere Personen - insbesondere als Gehilfen -
an der Tat beteiligt waren. Der Begriff umfasst überdies die strafrechtliche
Teilnahme, also Gehilfenschaft und Anstiftung. Was dem Beschwerdeführer in
tatsächlicher Hinsicht konkret vorgeworfen wird, wurde ihm nicht gesagt.
Entsprechend konnte er sich gegen einen konkreten Vorwurf nicht zur Wehr
setzen und diesen, z.B. durch ein Alibi, entkräften. Er konnte, wie die oben
wiedergegebenen Aussagen zeigen, nur mit einer allgemeinen, nicht belegbaren
und damit unnützen Unschuldsbeteuerung antworten. Aus den oben angeführten
Auszügen aus den Einvernahmen geht auch hervor, dass der Untersuchungsrichter
den Beschwerdeführer selber darüber raten liess, was die Gründe für seine
Verhaftung sein könnten. Ein solches Vorgehen ist verfassungs- und
konventionsrechtlich unzulässig. Der Festgenommene hat Anspruch darauf,
unverzüglich über die Gründe des Freiheitsentzugs unterrichtet zu werden,
wozu ein konkreter Tatvorwurf gehört.

Der Beschwerdeführer verfügte über weniger Informationen als der
Angeschuldigte im Urteil 1P.182/2004 vom 8. April 2004, in dem das
Bundesgericht eine Verletzung von Art. 31 Abs. 2 BV und Art. 5 Ziff. 2 EMRK
bejaht hat. Dort wurde dem Angeschuldigten immerhin mitgeteilt, er stehe
unter dem Verdacht, sich der Gehilfenschaft zu einer bestimmten Tötung
schuldig gemacht zu haben. Der Angeschuldigte wusste also, dass ihm nicht
vorgeworfen wurde, selber getötet zu haben, und er unter dem Verdacht stand,
die Tat eines andern durch einen kausalen Beitrag in untergeordneter Weise
gefördert zu haben (zum Begriff der Gehilfenschaft: BGE 121 IV 109 E. 3a S.
119 f. mit Hinweisen). Im vorliegenden Fall wusste der Beschwerdeführer nicht
einmal dies. Ihm war aufgrund der Angaben der Behörden lediglich bekannt,
dass er unter dem Verdacht steht, mit der Tötung von Y.________ irgend etwas
zu tun zu haben.

Bei dieser Sachlage ist eine Verletzung von Art. 31 Abs. 2 BV und Art. 5
Ziff. 2 EMRK auch im vorliegenden Fall zu bejahen.

Ob die kantonalen Behörden überdies § 88 Abs. 1 StPO/TG willkürlich angewandt
haben, kann unter diesen Umständen offen bleiben.

3.
3.1 Die Beschwerde ist gutzuheissen und der angefochtene Entscheid aufzuheben.
Die kantonalen Strafverfolgungsbehörden haben ihrer Informationspflicht
unverzüglich nachzukommen und dem Beschwerdeführer mitzuteilen, was sie ihm
konkret vorwerfen.

Es geht um eine vorsätzliche Tötung und damit ein schweres Delikt.
Verschiedene Elemente rücken den Beschwerdeführer in die Nähe der Tat. Wie
sich insbesondere aus dem angefochtenen Entscheid (S. 12 f.) und der
Vernehmlassung des Untersuchungsrichters (S. 3 ff.) ergibt, bestehen
ernstliche Anhaltspunkte dafür, dass er irgendetwas damit zu tun gehabt hat.
Wie er (Beschwerde S. 11 Ziff. 40) selber einräumt, stellt der Umstand, dass
er sich im Jahre 1997 mit Z.________ abgesprochen haben muss, Angaben zu
einer nicht existierenden Person zu machen, ein Indiz dafür dar, dass er in
die Sache verstrickt ist. Er wurde überdies von einem Dritten belastet, der
Auftraggeber der Tötung gewesen zu sein. Sodann war er Begünstigter aus von
Y.________ abgeschlossenen Lebensversicherungen. Ferner war das Fahrzeug, das
mutmasslich bei der Tötung benützt worden war, bis kurz davor auf die Ehefrau
des Beschwerdeführers eingelöst; danach auf Z.________ und wenige Tage nach
der Tötung wieder auf die Ehefrau des Beschwerdeführers. Dieser verkaufte es
in der Folge weiter. Unter diesen Umständen rechtfertigt sich eine Entlassung
aus der Untersuchungshaft nicht, gleich wie im Urteil 1P.182/2004 vom 8.
April 2004 (E. 3) . Für die vom Beschwerdeführer (Beschwerde S. 12) geltend
gemachte Hafterstehungsunfähigkeit bestehen keine hinreichenden
Anhaltspunkte. Bezirksarzt Dr. med. A.________ hat am 26. März 2004 die
Hafterstehungsfähigkeit bejaht. Dr. med. B.________ führt in seinem Bericht
vom 6. April 2004 aus, er habe anlässlich der Konsultation vom 2. April 2004
beim Beschwerdeführer keine psychiatrische Krankheit finden können, die zu
einer fehlenden Hafterstehungsfähigkeit führte. Die interkurrenten
medizinischen Erkrankungen würden durch Dr. A.________ behandelt. Nach dessen
Auskunft stelle die internistische Situation ebenfalls keine Kontraindikation
zur Haft dar. Am 30. April 2004 teilte Dr. B.________ dem
Untersuchungsrichter sodann mit, der Beschwerdeführer habe sich von
Suizidplänen klar distanziert. Das Gesuch um Haftentlassung ist daher
abzuweisen.

3.2 Über die weiteren Rügen braucht nicht mehr befunden zu werden. Ob der
dringende Tatverdacht gegeben ist, kann erst dann geprüft werden, wenn
bekannt ist, was dem Beschwerdeführer in tatsächlicher Hinsicht konkret
vorgeworfen wird. Das gleiche gilt, wie dieser zur Recht geltend macht, für
die Kollusionsgefahr.

Zur vom Beschwerdeführer gerügten Verletzung des rechtlichen Gehörs mangels
hinreichender Akteneinsicht ist immerhin Folgendes anzumerken: Damit sich der
Angeschuldigte wirksam gegen die Anordnung von Untersuchungshaft wehren kann,
hat er gestützt auf Art. 29 Abs. 2 i.V.m. Art. 31 Abs. 4 BV und Art. 5 Ziff.
4 EMRK Anspruch darauf, in die wesentlichen Akten Einsicht zu nehmen (BGE 125
I 394 E. 5b S. 399; 115 Ia 293 E. 4-6 S. 299 ff.). Dabei müssen nicht die
gesamten Prozessakten offen gelegt werden, sondern nur diejenigen Akten, die
für die Frage der Untersuchungshaft entscheidend sind und deren Kenntnis
erforderlich ist, um die Annahmen der Behörden wirkungsvoll bestreiten zu
können (BGE 115 Ia 293 E. 5c S. 304). Ein genereller Ausschluss vom
Akteneinsichtsrecht mit dem pauschalen Hinweis auf die Untersuchungstaktik
verletzt den Anspruch auf rechtliches Gehör. Zwar kann das Einsichtsrecht
Beschränkungen unterworfen werden, wenn z.B. ein uneingeschränkter Zugang den
Zweck der Strafuntersuchung gefährden würde. Die Beschränkungen können aber
nicht so weit gehen, dass sie einen generellen Ausschluss von der
Akteneinsicht zur Folge haben. Sollen bestimmte Aktenstücke vorenthalten
werden, so muss zumindest dem Betroffenen vom wesentlichen Inhalt derselben
Kenntnis gegeben werden. Andernfalls darf die entscheidende Behörde nicht zum
Nachteil des Betroffenen darauf abstellen (Urteil 1C.2/1999 vom 1. Oktober
2002 E. 4.2).

Wieweit im Einzelnen dem Beschwerdeführer im Haftverfahren Akteneinsicht zu
gewähren ist, haben zunächst die kantonalen Behörden zu entscheiden. Darüber
hat hier nicht das Bundesgericht zu befinden. Soweit der Beschwerdeführer
(Beschwerde S. 3 Ziff. 9) verlangt, die Strafakten aus dem jetzigen
Strafuntersuchungsverfahren und dem Verfahren in den Jahren 1997 und 1998
seien beizuziehen und ihm zur Einsicht zu geben, kann darauf deshalb nicht
eingetreten werden.

3.3 Soweit der Beschwerdeführer in der Replik eine Verletzung des rechtlichen
Gehörs rügt, weil ihm die Genehmigungen der Haftverlängerung durch die
Staatsanwaltschaft vom 23. April und 27. Mai 2004 bisher nicht eröffnet
worden seien, ist er ebenfalls nicht zu hören. Anfechtungsobjekt im
vorliegenden Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde ist die Verfügung des
Präsidenten der Anklagekammer vom 15. April 2004. Zu den Genehmigungen der
Haftverlängerung konnte sich dieser nicht äussern, da sie nach seiner
Verfügung erteilt wurden.

4.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 156 Abs.
1 und 2 OG). Der Kanton Thurgau hat eine Parteientschädigung zu bezahlen
(Art. 159 Abs. 1 und 2 OG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist
damit gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen und die Verfügung des
Präsidenten der Anklagekammer des Kantons Thurgau vom 15. April 2004
aufgehoben.

2.
Das Gesuch um Haftentlassung wird abgewiesen.

3.
Auf das Gesuch um Akteneinsicht wird nicht eingetreten.

4.
Es werden keine Kosten erhoben.

5.
Der Kanton Thurgau hat dem Vertreter des Beschwerdeführers, Rechtsanwalt
Manfred Dähler, eine Entschädigung von Fr. 2'500.-- zu bezahlen.

6.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Kantonalen
Untersuchungsrichteramt, der Staatsanwaltschaft und dem Präsidenten der
Anklagekammer des Kantons Thurgau schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 23. Juni 2004

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: