Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.227/2004
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1P.227/2004 /gij

Urteil vom 22. September 2004

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesgerichtspräsident Aemisegger, Präsident,
Bundesrichter Aeschlimann, Féraud,
Gerichtsschreiberin Leuthold.

X.  ________, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Adrian Blättler,

gegen

Y.________, Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. J.
Mischa Mensik, Seefeldstrasse 134, Postfach, 8034 Zürich,
Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Untersuchungsamt Uznach,
Grynaustrasse 3, 8730 Uznach,
Kantonsgericht St. Gallen, Strafkammer, Klosterhof 1, 9001 St. Gallen.

Strafverfahren; Beweiswürdigung,

Staatsrechtliche Beschwerde gegen den Entscheid
des Kantonsgerichts St. Gallen, Strafkammer, vom 9. Februar 2004.

Sachverhalt:

A.
Der Einzelrichter des Bezirksgerichts See sprach X.________ am 13. Dezember
2002 von der Anklage des Nichtbeherrschens des Fahrzeuges frei. Er sprach ihn
des Führens eines Motorfahrzeuges in angetrunkenem Zustand, der Widerhandlung
gegen die Gurtentragpflicht und der fahrlässigen schweren Körperverletzung
schuldig und verurteilte ihn zu zwölf Wochen Gefängnis, unter Gewährung des
bedingten Strafvollzugs, sowie zu einer Busse von Fr. 1'500.--. Der
Einzelrichter ging von folgendem Sachverhalt aus: Am 16. Januar 2002, ca.

15.00  Uhr, sei X.________ mit seinem Personenwagen auf der Uznacherstrasse
von Schmerikon kommend Richtung Jona gefahren. In einer Linkskurve sei er von
der Fahrbahn abgekommen, ins Schleudern geraten und mit einem korrekt
entgegenkommenden Fahrzeug kollidiert. Dabei seien der Fahrer dieses
Fahrzeugs, A.________, sowie der Angeklagte und dessen Beifahrer Y.________ -
die beide nicht angegurtet gewesen seien - verletzt worden. Der Angeklagte
habe im Zeitpunkt der Blutentnahme eine Blutalkoholkonzentration von 1,14 ‰
aufgewiesen. Der Einzelrichter hielt die Sachverhaltsdarstellung des
Angeklagten für unglaubwürdig. Dieser hatte vorgebracht, eine Drittperson
habe sich auf dem Rücksitz seines Wagens befunden und ihm mit einer Waffe in
der Hand Anweisungen gegeben; sie habe den Verkehrsunfall herbeiführen
wollen, um ihn zu töten. Hintergrund des Tötungsversuchs soll der Umstand
gewesen sein, dass der Angeklagte als Detektiv Ermittlungen für eine
Versicherung gegen Leute durchgeführt habe, die vermutlich einer
mafiaähnlichen Organisation angehören würden.

Gegen das Urteil des Einzelrichters legte X.________  Berufung ein. Das
Kantonsgericht St. Gallen sprach ihn mit Entscheid vom 9. Februar 2004 von
der Anklage der Widerhandlung gegen die Gurtentragpflicht frei. Im Übrigen
wies es die Berufung ab.

B.
X. ________ erhob gegen das Urteil des Kantonsgerichts staatsrechtliche
Beschwerde beim Bundesgericht. Er beantragt, der angefochtene Entscheid sei
mit Ausnahme von Ziff. 1 Abs. 1 des Dispositivs (Freispruch von der Anklage
der Gurtentragpflicht) aufzuheben und die Sache sei zu neuer Entscheidung an
das Kantonsgericht zurückzuweisen. Ausserdem ersucht er um Gewährung der
unentgeltlichen Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren.

C.
Der Beschwerdegegner Y.________, die Staatsanwaltschaft und das
Kantonsgericht St. Gallen verzichteten auf eine Stellungnahme zur
staatsrechtlichen Beschwerde.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Der Beschwerdeführer beklagt sich in erster Linie über eine Verletzung des
Anklageprinzips.

1.1  Er hatte schon im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemacht, das
Anklageprinzip sei verletzt worden, weil die Anklageschrift bezüglich des
Vorwurfs des Fahrens in angetrunkenem Zustand (Art. 91 Abs. 1 des
Strassenverkehrsgesetzes, SVG) keine Angaben darüber enthalte, ob ihm eine
vorsätzliche oder fahrlässige Tatbegehung zur Last gelegt werde. Der
Einzelrichter des Bezirksgerichts erachtete diese Rüge als unbegründet. Er
erklärte, der Beschwerdeführer habe, als er einen Personenwagen gelenkt habe,
eine relevante Blutalkoholkonzentration von 1,14 ‰ aufgewiesen. Er habe
"mindestens in unbewusster Fahrlässigkeit in Bezug auf die objektiven
Tatbestandsmerkmale" gehandelt.

1.2  Im Berufungsverfahren vor dem Kantonsgericht brachte der
Beschwerdeführer
erneut vor, die Anklageschrift enthalte die erforderlichen Angaben betreffend
vorsätzliche oder fahrlässige Tatbegehung nicht.

Die Referentin des Kantonsgerichts hielt in einem an die Staatsanwaltschaft
gerichteten Schreiben vom 11. Juli 2003 fest, die Rüge der Verletzung des
Anklageprinzips erscheine bezüglich der Vorwürfe des Fahrens in angetrunkenem
Zustand und des Nichttragens von Sicherheitsgurten begründet. Sie ersuchte
deshalb die Staatsanwaltschaft um "Ergänzung der Anklageschrift hinsichtlich
des subjektiven Tatbestands dieser beiden vorgeworfenen Delikte
(Vorsatz/Fahrlässigkeit; vgl. BGE 120 IV 356)". In der Folge reichte die
Staatsanwaltschaft dem Kantonsgericht am 9. Oktober 2003 eine als "Ergänzung
zur Anklageschrift vom 17.09.02" bezeichnete Eingabe ein. Darin erklärte sie,
in Anbetracht der Umstände gehe sie davon aus, dass der Beschwerdeführer
"zumindest in (eventual-)vorsätzlicher resp. fahrlässiger Weise" gegen die
zur Diskussion stehenden Strafbestimmungen verstossen habe.

1.3  Das Kantonsgericht führte im angefochtenen Entscheid aus, die
Anklageschrift enthalte den Vorwurf des Fahrens in angetrunkenem Zustand. Es
handle sich dabei um einen einfachen Tatvorwurf. Von Anfang an habe klar
festgestanden, welcher historische Lebensvorgang und welche Verhaltensweise
dem Beschwerdeführer vorgeworfen werde und damit Gegenstand der Anklage
bilde. Es seien alle Angaben vorhanden, welche die - bestrittene - Tat
unverwechselbar machen würden. So seien u.a. die äusseren Umstände wie das
Datum, die Zeit, der Unfallort, die Personen in den beteiligten Fahrzeugen
und die beteiligten Fahrzeuge bekannt. Im Weiteren sei beim Beschwerdeführer
für den Zeitpunkt der Blutentnahme eine Blutalkoholkonzentration von
mindestens 1,14 ‰ festgestellt worden. Was genau beim und in der Zeit vor dem
Unfall geschehen sei, daran könne sich der Beschwerdeführer bis heute nicht
erinnern. Das bedeute aber nicht, dass sich der objektive Tatbestand aufgrund
des von der Anklage als massgebend erachteten Sachverhalts, wonach die vom
Beschwerdeführer erwähnte unbekannte Drittperson in seinem Wagen nicht
existiert habe, nicht als einfach präsentiere. Hinzu komme, dass kein
Anhaltspunkt ersichtlich sei, der auf eine mögliche Schuldunfähigkeit des
Beschwerdeführers hinweisen würde. Damit seien ihm sämtliche Umstände bekannt
gewesen, um sich wirkungsvoll zur Wehr setzen zu können. Er habe genau
gewusst, dass ihm das Führen eines Personenwagens in angetrunkenem Zustand
mit einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 1,14 ‰ vorgeworfen werde.
Dieser Vorwurf beinhalte ein schuldhaftes Verhalten, andernfalls keine
Anklage erhoben worden wäre. Dem Beschwerdeführer sei deshalb zusätzlich
bekannt gewesen, dass ihm mindestens die mildeste Schuldform, d.h. die
unbewusste Fahrlässigkeit, bei welcher der Täter den Erfolg nicht wolle und
auch nicht voraussehe, zur Last gelegt werde. Er habe sich dagegen in
genügender Weise wehren können. Die Akten würden aufzeigen, dass er dies von
Beginn an umfassend getan habe. Sodann betonte das Kantonsgericht, es handle
sich bei der im Berufungsverfahren verfassten "Ergänzung zur Anklageschrift"
nicht um eine Ergänzung im wörtlichen Sinne, sondern um eine Präzisierung.
Das Schreiben verdeutliche lediglich etwas, das dem Beschwerdeführer durch
die Anklageschrift bereits bekannt gewesen sei. Das zeige sich u.a. an den
Beweisanträgen, die er vor dem Einzelrichter und vor der Berufungsinstanz
gestellt habe.

Aufgrund dieser Überlegungen vertrat das Kantonsgericht die Auffassung, eine
Verletzung des Anklageprinzips und des Grundsatzes der Immutabilität liege
nicht vor. Nach Würdigung der Beweise gelangte es zum Schluss, der
Beschwerdeführer sei des Fahrens in angetrunkenem Zustand, "begangen mit
mindestens unbewusster Fahrlässigkeit", schuldig zu erklären.

1.4  In der staatsrechtlichen Beschwerde wird eingewendet, das Kantonsgericht
habe mit diesem Schuldspruch den Anklagegrundsatz und das
Immutabilitätsprinzip verletzt sowie das kantonale Strafprozessrecht
willkürlich angewendet.

1.4.1  Nach dem Anklagegrundsatz bestimmt die Anklage den Gegenstand des
Gerichtsverfahrens. Die Anklage hat die dem Angeklagten zur Last gelegten
Delikte hinsichtlich des Sachverhalts so präzise zu umschreiben, dass die
Vorwürfe genügend konkretisiert sind. Das Anklageprinzip bezweckt zugleich
den Schutz der Verteidigungsrechte des Angeschuldigten und dient dem Anspruch
auf rechtliches Gehör (BGE 126 I 19 E. 2a S. 21; 120 IV 348 E. 2b S. 353 f.).
Zum Schutz des Angeklagten muss die Anklage und damit der Gegenstand des
Gerichtsverfahrens unverändert bleiben, weshalb vom Prinzip der Immutabilität
gesprochen wird (Robert Hauser/Erhard Schweri, Schweizerisches
Strafprozessrecht, 5. Auflage, 2002, § 50, Rz. 8, S. 208).

Konkretisiert wird der Anklagegrundsatz zur Hauptsache durch die
Anforderungen, welche an die Anklageschrift gestellt werden (BGE 120 IV 348
E. 2c S. 354). Gemäss Art. 188 Abs. 1 des Strafprozessgesetzes des Kantons
St. Gallen (StP) bezeichnet die Anklageschrift unter anderem "den
Sachverhalt, der Gegenstand der gerichtlichen Beurteilung bildet, mit einer
kurzen, übersichtlichen Darstellung des Untersuchungsergebnisses (lit. b)
sowie "die rechtliche Beurteilung der dem Angeschuldigten zur Last gelegten
Handlungen mit den anwendbaren Gesetzesbestimmungen" (lit. c). Mit dem
Eingang der Anklageschrift und der Akten wird das Verfahren beim Gericht
hängig (Art. 192 Abs. 1 StP). Werden nach der Anklageerhebung neue strafbare
Handlungen bekannt, die nach Art. 28 Abs. 2 StP gemeinsam mit den bereits
hängigen strafbaren Handlungen zu beurteilen sind, ergänzt der
Untersuchungsrichter die Anklageschrift (Art. 192 Abs. 2 StP). Art. 194 Abs.
1 StP sieht vor, dass der Präsident die Ergänzung der Untersuchung oder die
Erhebung von Beweisen an der Gerichtsverhandlung anordnet, wenn dies für die
Beurteilung erforderlich ist.

1.4.2  Die von der Staatsanwaltschaft im Berufungsverfahren eingereichte
Eingabe vom 9. Oktober 2003 wird als "Ergänzung zur Anklageschrift"
bezeichnet und verweist auf Art. 194 Abs. 1 StP. Die Referentin des
Kantonsgerichts hatte gestützt auf diese Vorschrift die Staatsanwaltschaft
mit Schreiben vom 11. Juli 2003 ersucht, die von der Verteidigung beantragten
Konfrontationseinvernahmen mit vier Zeugen vom Untersuchungsrichter
durchführen zu lassen. Die Ergebnisse dieser Einvernahmen wurden in der
Eingabe vom 9. Oktober 2003 unter dem Titel "Darstellung des
Untersuchungsergebnisses" angeführt. Insoweit bezieht sich die Eingabe auf
die in Art. 194 Abs. 1 StP vorgesehene Ergänzung der Untersuchung. Die
Referentin des Kantonsgerichts hatte in ihrem Schreiben vom 11. Juli 2003 die
Staatsanwaltschaft ausserdem um "Ergänzung der Anklageschrift hinsichtlich
des subjektiven Tatbestands" der Vorwürfe des Fahrens in angetrunkenem
Zustand und des Nichttragens von Sicherheitsgurten ersucht. Die Eingabe vom
9. Oktober 2003 enthält unter dem Titel "Rechtliche Beurteilung" Ausführungen
zum subjektiven Tatbestand der beiden genannten Delikte. Der Beschwerdeführer
macht geltend, für diese Ergänzung bestehe keine gesetzliche Grundlage. Das
Kantonsgericht habe das kantonale Strafprozessrecht willkürlich angewendet,
indem es die Ergänzung akzeptiert habe; dies habe im vorliegenden Fall zur
Verletzung des Immutabilitätsprinzips und des Anklagegrundsatzes geführt.

Die Rügen sind unzutreffend. Das Kantonsgericht war mit Grund der Ansicht, es
handle sich bei den Ausführungen zum subjektiven Tatbestand nicht um eine
Ergänzung der Anklageschrift im wörtlichen Sinne, d.h. nicht um eine solche
gemäss 192 Abs. 2 StP, sondern um eine Präzisierung. Auch wenn das St. Galler
Strafprozessgesetz nicht ausdrücklich vorsieht, dass das Gericht eine
Präzisierung bzw. Verbesserung der Anklage verlangen kann, hat das
Kantonsgericht dieses Gesetz nicht willkürlich angewendet, wenn es die hier
in Frage stehende Präzisierung der Anklageschrift als zulässig erachtete. Mit
den betreffenden Angaben zum subjektiven Tatbestand der beiden erwähnten
Vorwürfe wurde die Anklage und damit der Gegenstand des gerichtlichen
Verfahrens nicht geändert. Es liegt daher keine Verletzung des
Immutabilitätsprinzips und des Anklagegrundsatzes vor.

1.4.3  Sodann trifft es entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers nicht
zu, dass die "gleiche Vorinstanz", d.h. das Kantonsgericht als urteilende
Berufungsinstanz, zunächst zuhanden der Anklagebehörde feststellte, das
Anklageprinzip sei verletzt, und diese um eine Ergänzung der Anklageschrift
ersuchte, und später, nachdem die Staatsanwaltschaft dem Ersuchen
nachgekommen war, im angefochtenen Entscheid erklärte, es handle sich bei
dieser Ergänzung nur um eine eigentlich unnötige Präzisierung. Die im
Schreiben an die Staatsanwaltschaft enthaltene Feststellung, die Rüge der
Verletzung des Anklageprinzips erscheine begründet, erfolgte im Rahmen der
Instruktion des Berufungsverfahrens durch die Referentin des Kantonsgerichts.
Der Einwand des Beschwerdeführers, das Kantonsgericht habe widersprüchlich
und somit willkürlich gehandelt, geht demnach fehl.

Den oben (E. 1.3) angeführten Erwägungen des angefochtenen Entscheids ist zu
entnehmen, dass das Kantonsgericht der Ansicht war, die Anklageschrift habe
den Anforderungen von Art. 188 Abs. 1 StP entsprochen, und dass es die vom
Beschwerdeführer erhobenen Rügen der Verletzung des Anklagegrundsatzes und
des Immutabilitätsprinzips als unbegründet erachtete. Die betreffenden
Überlegungen des Kantonsgerichts halten vor der Verfassung stand. Es kann
dahingestellt bleiben, ob das Kantonsgericht der Meinung war, die
Präzisierung in der Eingabe vom 9. Oktober 2003 sei unnötig gewesen. Würde
angenommen, die Anklageschrift sei mangelhaft gewesen, so wäre dieser Mangel
- entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - im Berufungsverfahren durch
die präzisierenden Angaben in der Eingabe vom 9. Oktober 2003 geheilt worden,
da es sich nicht um einen schwerwiegenden Mangel handelte, der
Beschwerdeführer zur genannten Eingabe Stellung nehmen konnte und dem
Kantonsgericht im Berufungsverfahren freie Prüfungsbefugnis zustand. Der
Beschwerdeführer wurde dadurch, dass das Kantonsgericht die Eingabe vom 9.
Oktober 2003 akzeptierte, in der Ausübung seiner Verteidigungsrechte gemäss
Art. 6 Ziff. 3 lit. a EMRK und in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör nach
Art. 29 Abs. 2 BV nicht beeinträchtigt.

1.4.4  Im Weiteren bringt der Beschwerdeführer vor, das Kantonsgericht habe
ihn der fahrlässigen Tatbegehung mit Bezug auf das Fahren in angetrunkenem
Zustand schuldig gesprochen. Weder die Anklageschrift noch die Ergänzung vom
9. Oktober 2003 hätten eine Umschreibung einer Fahrlässigkeit hinsichtlich
dieses Tatvorwurfs enthalten. Das Kantonsgericht habe daher seinem
Schuldspruch Umstände (in subjektiver Hinsicht) zugrunde gelegt, die in der
Anklageschrift nicht näher umschrieben seien. Dies stelle eine Verletzung des
Anklagegrundsatzes dar.

In der Eingabe vom 9. Oktober 2003 wurde darauf hingewiesen, dass der
Beschwerdeführer durch seinen Alkoholkonsum bzw. durch seine damalige
Fahrweise wesentliche Vorsichtspflichten des Strassenverkehrsgesetzes
missachtet habe und dass ihm die Einhaltung der entsprechenden Vorschriften
möglich sowie zumutbar gewesen wäre. Auch wenn diese Ausführungen im
Zusammenhang mit dem Vorwurf der fahrlässigen schweren Körperverletzung
erfolgten, konnte ohne Verletzung der Verfassung angenommen werden, sie
würden auch für den Vorwurf des Fahrens in angetrunkenem Zustand gelten und
eine hinreichende Umschreibung einer fahrlässigen Tatbegehung darstellen. Der
Schuldspruch betreffend fahrlässige Tatbegehung von Art. 91 Abs. 1 SVG beruht
deshalb nicht auf einer Verletzung des Anklagegrundsatzes.

2.
Der Beschwerdeführer macht geltend, das Kantonsgericht habe sich bei der
Sachverhaltsfeststellung, wonach die Blutalkoholkonzentration mindestens 1,14
‰ betragen habe, auf ein unvollständig ausgefülltes Formular "Verdacht auf
Alkoholkonsum - Protokoll der ärztlichen Untersuchung" gestützt. Er hatte in
seiner Berufungseingabe vom 7. April 2003 vorgebracht, das Formular enthalte
keine Angaben, wer ihm das Blut wie entnommen habe und welches
Desinfektionsmittel dabei verwendet worden sei. Zudem sei das Formular nicht
unterzeichnet. Das nachgereichte Schreiben von Frau Dr. B.________ vom 7.
August 2002 könne diese Lücken nicht schliessen. Er beantrage deshalb, dass
Frau Dr. B.________ als Zeugin befragt werde. Da sie eine Belastungszeugin im
Sinne von Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK sei, sei ihm die Möglichkeit zu geben,
Ergänzungsfragen zu stellen.

In der staatsrechtlichen Beschwerde wird eingewendet, das Kantonsgericht habe
mit der Abweisung dieses Antrages die Verteidigungsrechte und den
Gehörsanspruch des Beschwerdeführers verletzt. Da es gleichwohl auf die
betreffenden Untersuchungsakten abgestellt habe und aufgrund derselben zu
einem Schuldspruch wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand gelangt sei, sei es
"in Willkür bei der Beweiswürdigung" verfallen und habe "darüber hinaus die
Unschuldsvermutung (in dubio pro reo)" verletzt.

2.1  Das Kantonsgericht hielt im angefochtenen Entscheid fest, das
unvollständig ausgefüllte Formular sei von Frau Dr. B.________ nachträglich
bearbeitet - unter anderem unterschrieben - und mit Begleitschreiben vom 5.
August 2002 dem Untersuchungsrichter zugestellt worden. Diese Schreiben,
insbesondere zusammen mit der "Auftragsbestätigung zur Blutentnahme -
Auftragserteilung zur Blutanalyse" ans Spital Uznach vom 17. Januar 2002,
würden die rechtlich relevanten Fragen hinreichend beantworten. Das Formular
sei heute mit einer Ausnahme vollständig. Die einzige Lücke bestehe darin,
dass darauf nicht angekreuzt bzw. angegeben werde, welches alkoholfreie
Desinfektionsmittel benutzt worden sei, ob PVP-Jodid oder ein anderes. Das
sei aber unerheblich. Wesentlich sei vielmehr, dass bei einer Blutentnahme
zur Feststellung der Blutalkoholkonzentration kein alkoholisches
Desinfektionsmittel benutzt werde. Dies gelte als Standard, was klar aus dem
Formular sowie konkret aus dem Begleitschreiben von Frau Dr. B.________ vom
5. August 2002 hervorgehe. Es sei kein Grund ersichtlich, weshalb darüber
hinaus der Name des verwendeten alkoholfreien Desinfektionsmittels bekannt
sein müsste. Der Antrag auf Befragung von Frau Dr. B.________ sei daher
mangels Relevanz abzuweisen.

Sodann befasste sich das Kantonsgericht mit der vom Beschwerde-führer
vertretenen Ansicht, Frau Dr. B.________ müsse befragt werden, weil sie eine
Belastungszeugin im Sinne von Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK sei und ihm die
Möglichkeit gegeben werden müsse, Ergänzungsfragen an diese Zeugin zu
stellen. Das Kantonsgericht führte aus, bei Frau Dr. B.________ handle es
sich um eine Sachverständige in einem Routinefall. Sie sei eingesetzt worden,
weil das Gesetz für die Blutentnahme den Beizug eines Arztes oder einer von
diesem bezeichneten sachkundigen Hilfsperson vorschreibe (Art. 139 Abs. 1 der
Verkehrszulassungsverordnung in Verbindung mit Art. 97 lit. a StP). Als
Sachverständige sei sie Entscheidungsgehilfin des Gerichts und als solche
seien auf sie grundsätzlich andere Gesetzesbestimmungen als auf eine
(Belastungs-)Zeugin anwendbar (vgl. Art. 97 ff. und Art. 82 ff. StP). So
gelte namentlich der vom Beschwerdeführer angerufene Art. 6 Ziff. 3 lit. d
EMRK nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht bei einer
Sachverständigen. Gleich sei hingegen, dass im Rahmen des rechtlichen Gehörs
die Möglichkeit eingeräumt werden müsse, Ergänzungsfragen zu stellen. Nachdem
offenbar aufgrund der Einsprache des Beschwerdeführers gegen den
Strafbescheid vom 28. Mai 2002, in der er das ursprüngliche Protokoll der
ärztlichen Untersuchung bemängelt habe, ergänzende Abklärungen getätigt
worden seien, müsse sich der Einwand auf die Situation danach beziehen.
Diesbezüglich sei festzuhalten, dass der Beschwerdeführer vor dem
Einzelrichter des Bezirksgerichts weder einen rechtzeitig begründeten Antrag
noch Fragen gestellt habe (vgl. Art. 193 Abs. 1 StP). Erst an der Verhandlung
vor dem Einzelrichter und nun im Berufungsverfahren habe er den erwähnten
Antrag vorgebracht. Er stelle aber nach wie vor keine konkreten Fragen,
sondern rufe lediglich den hier nicht anwendbaren Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK
an. Es sei daher unklar, was der Beschwerdeführer die Sachverständige
überhaupt fragen möchte, das entscheidrelevant sein könnte. Auch aus den
Akten gehe dies nicht hervor, denn das Formular sei mittlerweile
rechtsgenüglich ausgefüllt und unterschrieben. Unter diesen Umständen sei der
Antrag abzuweisen.

2.2  In der staatsrechtlichen Beschwerde wird nichts vorgebracht, was
geeignet
wäre, diese Überlegungen des Kantonsgerichts als verfassungs- oder
konventionswidrig erscheinen zu lassen. Die Vorschrift von Art. 6 Ziff. 3
lit. d EMRK bezieht sich auf Zeugen und nicht auf Sachverständige (BGE 127 I
73 E. 3f S. 80). Das Kantonsgericht war mit Recht der Ansicht, da Frau Dr.

B. ________ als Sachverständige eingesetzt worden sei, könne der
Beschwerdeführer seinen Antrag auf Befragung derselben nicht auf Art. 6 Ziff.
3 lit. d EMRK stützen. Soweit er sich bei seinem Beweisantrag auf den
Anspruch auf rechtliches Gehör berufen hatte, lehnte das Kantonsgericht den
Antrag in vorweggenommener Beweiswürdigung ab. Im Bereich der Beweiswürdigung
steht der kantonalen Behörde ein weiter Ermessensspielraum zu. Das
Bundesgericht kann die Beweiswürdigung nur unter dem Gesichtswinkel des
Willkürverbots prüfen. Willkür im Sinne von Art. 9 BV liegt vor, wenn die
Beweiswürdigung offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation
in klarem Widerspruch steht, auf einem offenkundigen Versehen beruht oder in
stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 127 I 38 E. 2a
S. 41; 124 I 208 E. 4a S. 211; 124 IV 86 E. 2a S. 88, je mit Hinweisen). Dies
trifft hier nicht zu. Die oben (E. 2.1) angeführten Erwägungen des
Kantonsgerichts sind sachlich vertretbar. Es hielt mit Grund fest, es sei
nicht ersichtlich, welche entscheidrelevanten Fragen der Beschwerdeführer
Frau Dr. B.________ überhaupt unterbreiten möchte, denn das Formular
"Verdacht auf Alkoholkonsum - Protokoll der ärztlichen Untersuchung" sei
mittlerweile rechtsgenüglich ausgefüllt und unterschrieben. Das
Kantonsgericht gelangte in willkürfreier antizipierter Beweiswürdigung zum
Schluss, die Einvernahme von Frau Dr. B.________ sei für den Entscheid über
die Berufung nicht relevant. Es bedeutete daher keine Verletzung des
Anspruchs auf rechtliches Gehör und der Verteidigungsrechte des
Beschwerdeführers, wenn es den Beweisantrag ablehnte. Verhält es sich so,
dann geht auch die Rüge fehl, durch das Abstellen auf die betreffenden
Untersuchungsakten habe das Kantonsgericht das Willkürverbot und die
Unschuldsvermutung bzw. den Grundsatz "in dubio pro reo" verletzt. Die
staatsrechtliche Beschwerde erweist sich somit in allen Punkten als
unbegründet. Sie ist deshalb abzuweisen.

3.
Der Beschwerdeführer ersucht um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im
Sinne von Art. 152 Abs. 1 und 2 OG. Dem Gesuch kann mit Rücksicht auf die
gesamten Umstände des Falles entsprochen werden.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt:
2.1 Es werden keine Kosten erhoben.

2.2  Fürsprecher Adrian Blättler, wird als amtlicher Anwalt des
Beschwerdeführers bezeichnet und für das bundesgerichtliche Verfahren aus der
Bundesgerichtskasse mit Fr. 1'800.-- entschädigt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft des Kantons St.
Gallen, Untersuchungsamt Uznach, und dem Kantonsgericht St. Gallen,
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 22. September 2004

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: