Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1P.196/2004
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1P.196/2004 /gij

Urteil vom 20. August 2004

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesgerichtspräsident Aemisegger, Präsident,
Bundesrichter Aeschlimann, Féraud,
Gerichtsschreiberin Leuthold.

X.  ________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Prof. Dr. Peter Popp,
dieser
substituiert durch Rechtsanwalt Dr. Martin Eisenring,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Zug, Postfach 760, 6301 Zug,
Obergericht des Kantons Zug, Justizkommission, Aabachstrasse 3, 6301 Zug.

Art. 29 Abs. 2 BV, Art. 6 EMRK (Kostenauflage im Strafverfahren,
unentgeltliche Rechtsverbeiständung),

Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons
Zug, Justizkommission, vom 20. Februar 2004.

Sachverhalt:

A.
X.  ________ stammt aus Kosovo und arbeitete ab November 1993 als Haus- und
Stallmagd bei A.A.________ in H.________. Am 30. April 1997 reichte sie beim
Untersuchungsrichteramt des Kantons Zug gegen A.A.________ und dessen Sohn
B.A.________ Strafklage wegen schwerer Körperverletzung, Freiheitsberaubung
und Drohung ein. Bei ihrer polizeilichen Befragung vom 25./28. Juni 1997
beschuldigte sie A.A.________ zudem der sexuellen Handlungen und der
Vergewaltigung in der Zeit von Frühjahr 1994 bis Ende 1996. Sie wiederholte
diese Anschuldigungen in den untersuchungsrichterlichen Einvernahmen vom 14.
August 1997 und 17. Juni 1998 und hielt auch in der Schlusseinvernahme vom
24. Januar 2002 an diesen Vorwürfen fest; auf die Stellung einer
Privatklägerin verzichtete sie in diesem Punkt. Mit Verfügung vom 31. Januar
2003 schloss das Untersuchungsrichteramt die Strafuntersuchung gegen
A.A.________ betreffend Körperverletzung, Drohung und Widerhandlungen gegen
das Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer sowie gegen
B.A.________ wegen Körperverletzung und Drohung ab und überwies die Sache
insoweit an die Staatsanwaltschaft des Kantons Zug (Ziff. 1 des Dispositivs).
Die Strafuntersuchung gegen A.A.________ betreffend Verdacht der sexuellen
Nötigung bzw. Vergewaltigung wurde eingestellt (Ziff. 1.1 des Dispositivs).
Die diesbezüglichen Verfahrenskosten, inklusive der Kosten für die amtliche
Verteidigung des Beschuldigten, im Betrag von insgesamt Fr. 8'349.70 wurden
der Anzeigerin X.________ auferlegt (Ziff. 1.2 des Dispositivs). Dem
Beschuldigten A.A.________ wurde eine Entschädigung von Fr. 300.-- wegen
unbegründeter Haft aus der Staatskasse ausgerichtet und die Anzeigerin zum
Ersatz dieser Entschädigung verpflichtet (Ziff. 1.3 des Dispositivs). Ihr
Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Rechtsverbeiständung wurde für
dasjenige Verfahren bewilligt, in welchem sie die Stellung als Privatklägerin
einnahm (Ziff. 3 des Dispositivs in Verbindung mit Ziff. VI der Begründung).

B.
Gegen diese Verfügung erhob X.________ Beschwerde bei der Justizkommission
des Obergerichts des Kantons Zug. Sie stellte folgende Anträge:
"1.Ziff. 1.2 und 1.3 der angefochtenen Verfügung seien, soweit die
Beschwerdeführerin betreffend, aufzuheben und es seien ihr keine Kosten
aufzuerlegen.

2.  Dem unentgeltlichen Rechtsbeistand sei für den Aufwand im eingestellten
Verfahren eine Entschädigung von Fr. 2'400.-- zuzüglich Mehrwertsteuer
auszurichten.

3.  a.Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschliesslich einer
Parteientschädigung seien dem Staat zu überbinden.
b.Eventuell sei der Beschwerdeführerin für das Beschwerdeverfahren die
unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren."
Mit Verfügung vom 20. Februar 2004 wies der Vorsitzende der Justizkommission
des Zuger Obergerichts das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege und Rechtsverbeiständung für das Beschwerdeverfahren ab. Mit
Urteil vom gleichen Tag wies die Justizkommission die Beschwerde ab und
auferlegte die Kosten des Beschwerdeverfahrens im Betrag von Fr. 880.-- der
Beschwerdeführerin.

C.
X. ________ reichte gegen diese beiden Entscheide am 29. März 2004 beim
Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde ein. Sie beantragt, die
angefochtenen Entscheide seien aufzuheben. Ausserdem ersucht sie um Gewährung
der unentgeltlichen Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren.

D.
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zug verzichtete auf eine Vernehmlassung.
Die Justizkommission des Zuger Obergerichts stellt unter Verzicht auf
Gegenbemerkungen den Antrag, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf
eingetreten werden könne.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Gemäss § 56bis Abs. 4 Satz 2 der Strafprozessordnung des Kantons Zug (StPO)
in Verbindung mit § 34 Abs. 2 StPO haftet der Anzeiger bei Freispruch des
Angeklagten oder bei Einstellung der Strafuntersuchung dann für die Kosten,
wenn er "absichtlich oder grobfahrlässig unwahre Angaben, die zur
Untersuchung Anlass gaben, gemacht hat". Unter den gleichen Voraussetzungen
kann er zur Zahlung bzw. zum Ersatz einer Entschädigung an den
Angeschuldigten verpflichtet werden (§ 57 Abs. 3 StPO).

Im vorliegenden Fall wurde die Strafuntersuchung, welche aufgrund von
Beschuldigungen der Beschwerdeführerin gegen A.A.________ wegen Verdachts der
sexuellen Nötigung bzw. Vergewaltigung geführt worden war, eingestellt. Der
Untersuchungsrichter ging davon aus, die Beschwerdeführerin sei Anzeigerin im
Sinne von § 56bis Abs. 4 StPO, da sie auf die Konstituierung als
Privatklägerin verzichtet und auf Vorhalt ausdrücklich an ihrem
Vergewaltigungsvorwurf festgehalten habe. Zu den von der Beschwerdeführerin
gemachten Aussagen hielt er fest, weder ihre Behauptungen, sie habe nie
freiwilligen Geschlechtsverkehr mit dem Beschuldigten gehabt, sei nie gegen
eine Schwangerschaft geschützt gewesen und habe den Frauenarzt Dr. E.________
nie vor Ende 1997 aufgesucht, noch ihre Aussagen, dass sie mit der Familie
A.________ nie etwas Gemeinsames unternommen und dass sie nie daran gedacht
habe, den Beschuldigten zu heiraten, hätten der Wahrheit entsprochen. Auch
die Zeugenaussagen, wonach die Beschwerdeführerin ihre Anschuldigungen gegen
A.A.________ erfunden habe, liessen einzig den Schluss einer mutwilligen
Anzeigeerstattung zu. Da die absichtlich oder grobfahrlässig gemachten
unwahren Angaben der Beschwerdeführerin Anlass zur Untersuchung gegeben
hätten, sei sie zur Bezahlung der Kosten, inklusive jener der Verteidigung
des Beschuldigten, sowie zum Ersatz der dem Beschuldigten aus der Staatskasse
auszurichtenden Entschädigung zu verpflichten.

Die Justizkommission des Obergerichts hat als Beschwerdeinstanz den
Kostenentscheid des Untersuchungsrichters geschützt.

2.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, ihr Anspruch auf rechtliches Gehör nach
Art. 29 Abs. 2 BV sei sowohl durch den Untersuchungsrichter als auch durch
die Beschwerdeinstanz verletzt worden.

2.1  Sie hatte in ihrer an die Justizkommission gerichteten Beschwerde
gerügt,
ihr Gehörsanspruch sei verletzt worden, weil sie über die Absicht des
Untersuchungsrichters, ihr bei Einstellung der Untersuchung die Kosten
aufzuerlegen, nicht orientiert worden sei und dazu nicht habe Stellung nehmen
können. Die Beschwerdeführerin erklärt, die Justizkommission habe diese Rüge
mit einer Begründung abgewiesen, welche vor Art. 29 Abs. 2 BV nicht
standhalte.

Die Justizkommission führte im angefochtenen Entscheid aus, der
Beschwerdeführerin sei im Beisein ihres Rechtsvertreters in der
Schlusseinvernahme vom 24. Januar 2002 der Vorhalt falscher Zeugenaussage,
eventuell falscher Anschuldigung, gemacht und sie sei darauf hingewiesen
worden, dass diesbezüglich ein eigenes Verfahren eröffnet werde. Ferner habe
der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 18. Februar 2002
um Akteneinsicht bezüglich des laufenden Strafverfahrens ersucht und im
selben Schreiben ausgeführt, falls sich die am 24. Januar 2002 geäusserte
Absicht des Untersuchungsrichters, ein Verfahren gegen die Beschwerdeführerin
einzuleiten, verwirklichen sollte, bitte er um Einsicht auch in die Akten
eines solchen Verfahrens. Hierauf sei dem Rechtsvertreter mit Verfügung vom
25. März 2002 Einsicht in die Untersuchungsakten gewährt und gleichzeitig
Frist für allfällige Aktenergänzungsbegehren angesetzt worden. Mit Eingabe
vom 8. April 2002 sei auf Ergänzungsbegehren verzichtet worden. Aus diesen
Unterlagen sowie aus den vorhandenen Einvernahmeprotokollen ergebe sich, dass
der Rechtsvertreter mit einer alllfälligen Kostenauflage an die
Beschwerdeführerin habe rechnen müssen und die Möglichkeit, sich zu dieser
Frage zu äussern und Ergänzungsbegehren zu stellen, durchaus bestanden hätte.
Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs sei daher nicht ersichtlich. Zudem
wäre sie im Beschwerdeverfahren geheilt worden.

In der staatsrechtlichen Beschwerde wird nichts vorgebracht, was geeignet
wäre, diese Überlegungen der Justizkommission als verfassungswidrig
erscheinen zu lassen. Die oben angeführten Erwägungen halten entgegen der
Meinung der Beschwerdeführerin vor Art. 29 Abs. 2 BV stand. Die
Justizkommission verstiess nicht gegen die Verfassung, wenn sie die Rüge der
Gehörsverletzung als unzutreffend erachtete.

2.2  Zum Einwand der Verletzung des rechtlichen Gehörs durch die
Beschwerdeinstanz bringt die Beschwerdeführerin vor, sie habe in ihrer an die
Justizkommission gerichteten Rechtsschrift darauf hingewiesen, dass sie in
Bezug auf den Vorwurf der Vergewaltigung weder Anzeige eingereicht, noch den
entsprechenden Sachverhalt von sich aus zur Sprache gebracht habe, sondern
dass der einvernehmende Polizist in diese Richtung ermittelt habe. Sie habe
deshalb im Beschwerdeverfahren beantragt, sowohl dieser Polizeibeamte als
auch die Fachperson von der Opferberatungsstelle, welche sie zu Einvernahmen
begleitet habe, seien als Zeugen abzuhören. Indem die Justizkommission "ohne
willkürfreie antizipierte Beweiswürdigung" davon abgesehen habe, diese Zeugen
zu vernehmen, habe sie Art. 29 Abs. 2 BV missachtet.

2.2.1  Die Beschwerdeführerin verweist im Zusammenhang mit dieser Rüge auf
zwei mit der staatsrechtlichen Beschwerde eingereichte Beilagen, aus denen
sich ergebe, dass die Einvernahme der beiden Zeugen für die Frage der
Glaubwürdigkeit ihrer Aussagen betreffend den Vorwurf der Vergewaltigung
relevant gewesen wäre. Bei diesen Beilagen handelt es sich um zwei Schreiben
vom 16. und 21. März 2004, welche Äusserungen der beiden Zeugen zu Anfragen
des Anwalts der Beschwerdeführerin enthalten.

Auf diese beiden neuen Beweismittel kann nicht eingetreten werden, da sie bei
Erlass des angefochtenen Entscheids vom 20. Februar 2004 noch nicht
existierten (BGE 102 Ia 76 E. 2f S. 79 mit Hinweis).

2.2.2  Im kantonalen Beschwerdeverfahren hatte die Beschwerdeführerin geltend
gemacht, es fehle an den Voraussetzungen, um ihr die Kosten der eingestellten
Untersuchung zu überbinden, da sie nicht Anzeigerin nach § 56bis Abs. 4 StPO
sei und keine unwahren Angaben im Sinne dieser Bestimmung gemacht habe. Die
Justizkommission legte im angefochtenen Entscheid dar, aus welchen Gründen
sie diese Auffassung der Beschwerdeführerin nicht teilte. Dabei ging sie,
auch wenn sie es nicht ausdrücklich sagte, davon aus, die Einvernahme der von
der Beschwerdeführerin angerufenen Zeugen sei für die zu beurteilende Frage,
ob die Voraussetzungen für die Kostenauflage gegeben seien, unerheblich.
Diese Ansicht lässt sich mit guten Gründen vertreten. Hielt aber die
antizipierte Beweiswürdigung vor dem Willkürverbot stand, so verletzte die
Beschwerdeinstanz Art. 29 Abs. 2 BV nicht, wenn sie von der Vernehmung der
beiden Zeugen absah.

3.
Im Weiteren beklagt sich die Beschwerdeführerin über eine Verletzung der
Unschuldsvermutung nach Art. 6 Ziff. 2 EMRK sowie des Rechts auf
Konfrontation mit Belastungszeugen gemäss Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK. Zur
Begründung dieser Rügen führt sie aus, der Untersuchungsrichter habe am
Schluss der Einvernahme vom 24. Januar 2002 erklärt: "Aufgrund der ... oben
geschilderten Untersuchungsergebnisse besteht der Verdacht, dass Sie sich der
falschen Zeugenaussage ..., eventuell der falschen Anschuldigung ... schuldig
gemacht haben. ... Es wird diesbezüglich ein separates Verfahren eröffnet".
Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, diese Erklärung sei eine
Beschuldigung. Ausserdem bringt sie vor, sie sei "durch den Hauptentscheid
vorverurteilt". Auch habe sie keine Gelegenheit gehabt, "im Gefolge der
Beschuldigung die Zeugen, deren Aussagen man gegen sie verwendete, zu
konfrontieren".

Die oben zitierte Erklärung des Untersuchungsrichters verstösst nicht gegen
die Unschuldsvermutung, denn es wird bloss von einem Verdacht einer
strafbaren Handlung gesprochen. Art. 6 Ziff. 2 EMRK schliesst klarerweise
nicht aus, dass jemand einer strafbaren Handlung verdächtigt wird (Arthur
Haefliger/Frank Schürmann, Die Europäische Menschenrechtskonvention und die
Schweiz, 2. Auflage, Bern 1999, S. 209). Sodann ist festzuhalten, dass in der
hier in Frage stehenden Strafuntersuchung nicht die Beschwerdeführerin,
sondern A.A.________ angeschuldigt war, und dass die in der
Einstellungsverfügung enthaltene Kostenauflage weder einen Schuldspruch noch
eine Vorverurteilung darstellt. Von einer Verletzung der Unschuldsvermutung
und des Rechts auf Konfrontation mit Belastungszeugen kann keine Rede sein.

4.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Justizkommission habe das
Willkürverbot nach Art. 9 BV verletzt, indem sie die vom Untersuchungsrichter
verfügte Kostenauflage geschützt habe.

4.1  In der staatsrechtlichen Beschwerde wird die Meinung vertreten, die
Beschwerdeführerin sei nicht als Anzeigerin zu betrachten, weil sie
hinsichtlich des Vorwurfs der Vergewaltigung weder Anzeige eingereicht, noch
den entsprechenden Sachverhalt von sich aus zur Sprache gebracht habe. Diese
Ansicht geht fehl. Es lässt sich mit Grund annehmen, das "Anzeigen" sei nicht
an eine bestimmte Form gebunden, weshalb als Anzeiger auch jene Person zu
betrachten sei, die jemanden in einem Verhör vor der Polizei einer strafbaren
Handlung beschuldige, gleichgültig, ob das Verhör auf Veranlassung der
aussagenden Person oder der Polizei stattfinde (vgl. BGE 75 IV 175 E. 2 S.
178 betreffend die Auslegung des Begriffs "Anzeigen" gemäss Art. 304 Ziff. 1
Abs. 1 StGB). Die Justizkommission konnte ohne Willkür annehmen, die
Beschwerdeführerin sei Anzeigerin im Sinne von § 56bis Abs. 4 StPO, da sie in
den polizeilichen Befragungen und den untersuchungsrichterlichen Einvernahmen
mehrmals sexuelle Misshandlungen detailliert umschrieben und diesen Vorwurf
auch in der Schlusseinvernahme nochmals bestätigt habe.

4.2  Im Weiteren wird in der staatsrechtlichen Beschwerde vorgebracht, die
Annahme der Justizkommission, die Beschwerdeführerin habe unwahre Angaben im
Sinne von § 56bis Abs. 4 StPO gemacht, beruhe auf einer willkürlichen
Beweiswürdigung.

4.2.1  Der kantonalen Behörde steht im Bereich der Beweiswürdigung ein weiter
Ermessensspielraum zu. Das Bundesgericht kann die Beweiswürdigung nur unter
dem Gesichtswinkel des Willkürverbots prüfen. Willkür im Sinne von Art. 9 BV
bzw. der bisherigen Praxis zu Art. 4 aBV liegt vor, wenn die Beweiswürdigung
offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem
Widerspruch steht, auf einem offenkundigen Versehen beruht oder in stossender
Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 127 I 38 E. 2a S. 41; 124
I 208 E. 4a S. 211; 124 IV 86 E. 2a S. 88, je mit Hinweisen).

4.2.2  Im angefochtenen Entscheid wurde ausgeführt, den Aussagen der
Beschwerdeführerin bezüglich des Vorwurfs der Vergewaltigung stehe die
Aussage von C.________ gegenüber, nach welcher die Beschwerdeführerin erklärt
habe, die Anschuldigungen nur zwecks Rache gemacht zu haben. Hier stehe zwar
Aussage gegen Aussage. Indessen sei zu berücksichtigen, dass die Ausführungen
der Beschwerdeführerin insgesamt mit den übrigen Aussagen und mit dem sich
aus den Akten ergebenden Gesamtbild offensichtlich nicht übereinstimmten. Der
Beschwerdeführerin seien etliche ihrer Behauptungen durch Zeugenaussagen (und
zwar nicht nur seitens der Kinder des Beschuldigten, sondern von
Drittpersonen) und Angaben des behandelnden Arztes klar widerlegt worden; so
insbesondere die Behauptungen betreffend das Verhältnis zum Beschuldigten und
jene betreffend konzeptionelle Verhütung. Darunter habe die Glaubwürdigkeit
der Beschwerdeführerin arg gelitten, sodass deren Aussagen mit Vorsicht zu
geniessen seien. Demgegenüber ergäben sich keinerlei Anhaltspunkte, dass die
in sich schlüssige Aussage von C.________, welche die Beschwerdeführerin bei
sich aufgenommen habe und eine enge Freundin der Beschwerdeführerin gewesen
sei, nicht glaubwürdig wäre. Die Beschwerdeführerin selbst mache denn auch
nicht geltend, sie hätte mit C.________ Streit gehabt oder das Verhältnis mit
ihr sei zerrüttet, sodass davon auszugehen wäre, diese wolle der
Beschwerdeführerin mit ihrer Aussage schaden. Die Aussage von C.________ sei
daher stärker zu gewichten als jene der Beschwerdeführerin. Aus diesem
Aktenergebnis sei der Schluss zu ziehen, dass die Beschwerdeführerin unwahre
Angaben gemacht habe, welche zur Erweiterung des Strafverfahrens auf den
Vorwurf der sexuellen Misshandlung geführt hätten.

4.2.3  In der staatsrechtlichen Beschwerde wird zu Unrecht eingewendet, die
Justizkommission begründe ihre Ansicht, die Beschwerdeführerin habe gelogen,
im Wesentlichen nur mit den Aussagen, welche C.________ am 24. Januar 2002
gemacht habe. Die Justizkommission hielt in erster Linie fest, die
Ausführungen der Beschwerdeführerin würden insgesamt mit den übrigen Aussagen
und mit dem sich aus den Akten ergebenden Gesamtbild nicht übereinstimmen,
und wies darauf hin, dass etliche Behauptungen der Beschwerdeführerin durch
Zeugenaussagen und Angaben des behandelnden Arztes klar widerlegt worden
seien. Diese Feststellungen der kantonalen Instanz sind sachlich vertretbar,
und wenn sie daraus folgerte, darunter habe die Glaubwürdigkeit der
Beschwerdeführerin arg gelitten, so ist das nicht zu beanstanden. Was die
Aussagen von C.________ angeht, so gab diese am 24. Januar 2002 als Zeugin zu
Protokoll, die Beschwerdeführerin habe ihr 1998 gesagt, sie habe die
Anschuldigung betreffend Vergewaltigung aus Rache gemacht, weil sie die
Bewilligungen durch A.A.________ nicht bekommen habe. Die Annahme der
Justizkommission, diese Aussage von Frau C.________ sei in sich schlüssig und
erscheine als glaubwürdig, ist entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin
weder aktenwidrig noch unhaltbar. Die kantonale Instanz konnte mit Grund
annehmen, es sei auf die Aussagen abzustellen, die C.________ am 24. Januar
2002 als Zeugin gemacht habe, und nicht auf die Ausführungen von Frau
C.________ anlässlich der polizeilichen Befragung vom 11. Juli 1997. Die
Justizkommission handelte nicht willkürlich, wenn sie in Würdigung des
gesamten Beweisergebnisses zum Schluss gelangte, die Beschwerdeführerin habe
absichtlich oder grobfahrlässig unwahre Angaben im Sinne von § 56bis Abs. 4
StPO gemacht.

4.2.4  In der staatsrechtlichen Beschwerde wird unter dem Titel "Kausalität
des Aussageverhaltens" vorgebracht, selbst wenn angenommen würde, die
Beschwerdeführerin habe A.A.________ wider besseres Wissen der Vergewaltigung
beschuldigt, fehle es "am rechtlichen Kausalzusammenhang mit der
Einstellung", denn diese sei "ein blanker Rechtsfehler".

Diese Vorbringen sind unbehelflich, da sie die Frage der Einstellung des
Strafverfahrens betreffen, welche nicht Gegenstand des angefochtenen
Entscheids bildete (E. 1c S. 5 des Urteils der Beschwerdeinstanz). Die
Justizkommission konnte mit sachlichen Gründen annehmen, die von der
Beschwerdeführerin gemachten unwahren Angaben hätten Anlass zur Untersuchung
gegen A.A.________ wegen Verdachts der sexuellen Nötigung bzw. Vergewaltigung
gegeben.

4.2.5  Es kann entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin nicht gesagt
werden, die kantonale Instanz habe den ihr aufgrund von § 56bis Abs. 4 StPO
und § 57 Abs. 3 StPO zustehenden Ermessensspielraum überschritten, wenn sie
der Beschwerdeführerin die gesamten Kosten der eingestellten Untersuchung
überband und sie zum Ersatz der dem Beschuldigten aus der Staatskasse
ausgerichteten Entschädigung verpflichtete.
Die Justizkommission verstiess demnach nicht gegen das Willkürverbot, wenn
sie die vom Untersuchungsrichter verfügte Kostenauflage schützte.

5.
Die Beschwerdeführerin beklagt sich über eine Verletzung von Art. 29 Abs. 3
BV, weil der Vorsitzende der Justizkommission ihr Gesuch um Gewährung der
unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung für das Beschwerdeverfahren
abwies.

Gemäss Art. 29 Abs. 3 BV hat die bedürftige Partei in einem für sie nicht
aussichtslosen Verfahren Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege; soweit es
zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf
unentgeltlichen Rechtsbeistand. Der Vorsitzende der Justizkommission
verneinte die Notwendigkeit einer Rechtsverbeiständung, da das
Beschwerdeverfahren keine hohen juristischen Anforderungen an die
Beschwerdeführerin gestellt habe. Zudem hielt er fest, die Beschwerde sei
aufgrund der klaren Beweislage von Anfang an aussichtslos gewesen.

Als aussichtslos sind nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung
Prozessbegehren anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich
geringer sind als die Verlustgefahren und die deshalb kaum als ernsthaft
bezeichnet werden können. Dagegen gilt ein Begehren nicht als aussichtslos,
wenn sich Gewinnaussichten und Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder
jene nur wenig geringer sind als diese (BGE 129 I 129 E. 2.3.1 S. 135 f.; 128
I 225 E. 2.5.3 S. 236 mit Hinweisen). Der Vorsitzende der Justizkommission
verstiess nicht gegen die Verfassung, wenn er annahm, die Gewinnaussichten
der gegen die Kostenauflage gerichteten Beschwerde seien beträchtlich
geringer gewesen als die Verlustgefahren. Fehlte es aber an der Voraussetzung
der Nichtaussichtslosigkeit der Beschwerde, so durfte das Begehren um
unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ohne Verletzung von Art. 29
Abs. 3 BV abgewiesen werden.

Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde in allen Punkten als
unbegründet. Sie ist daher abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.

6.
Die Beschwerdeführerin ersucht um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege
im Sinne von Art. 152 Abs. 1 und 2 OG. Da die staatsrechtliche Beschwerde
keine Aussicht auf Erfolg hatte, kann dem Gesuch nicht entsprochen werden.
Die Beschwerdeführerin wäre somit an sich kostenpflichtig (Art. 156 Abs. 1
OG). Es rechtfertigt sich indessen, von der Erhebung von Kosten abzusehen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten
werden kann.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Es werden keine Kosten erhoben.

4.  Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Staatsanwaltschaft und dem
Obergericht des Kantons Zug, Justizkommission, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 20. August 2004

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: