Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1A.76/2004
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1A.76/2004 /gij

Urteil vom 14. Mai 2004

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesgerichtspräsident Aemisegger, Präsident,
Bundesrichter Féraud, Eusebio,
Gerichtsschreiber Bopp.

1.  X.________AG,
2. Y.________,
Beschwerdeführer, beide vertreten durch Rechtsanwalt Martin Kessi,

gegen

Bezirksanwaltschaft IV für den Kanton Zürich, Büro 2, Gartenhofstrasse 17,
Postfach 9680, 8036 Zürich,
Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, Postfach, 8023 Zürich,
Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, Postfach, 8023 Zürich.

Internationale Rechtshilfe in Strafsachen an Deutschland (B 145407),

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des
Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 28. Februar 2004.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf führt eine Strafuntersuchung gegen
A.________ wegen Beihilfe zur Untreue, angeblich begangen mit dem inzwischen
verstorbenen B.________, zum Nachteil der Freien Demokratischen Partei
Deutschlands in Nordrhein-Westfalen. Im Zusammenhang mit diesem Verfahren
ersuchte sie die Schweizer Behörden am 24. November 2003 um Gewährung von
Rechtshilfe.

Die für die Ausführung des Ersuchens zuständige Behörde, die
Bezirksanwaltschaft IV für den Kanton Zürich (BAK), erliess am 28. November
2003 eine Eintretensverfügung, mit welcher die X.________AG zur Edition aller
sachdienlichen Unterlagen aufgefordert und die Befragung von Y.________ als
Zeuge angeordnet wurde.

Am 15. Dezember 2003 erging die Schlussverfügung, in welcher die BAK die
Herausgabe des Protokolls der Zeugeneinvernahme samt den eingereichten
Firmenunterlagen an die ersuchende Behörde verfügte.

Hiergegen erhoben die X.________AG und Y.________ mit Eingabe vom 30. Januar
2004 Rekurs. Sie beantragten, die Schlussverfügung sei aufzuheben; dem
Rechtshilfeersuchen sei nicht zu entsprechen.

Mit Beschluss vom 28. Februar 2004 ist die III. Strafkammer des Obergerichts
des Kantons Zürich auf den Rekurs nicht eingetreten. Sie hat im Wesentlichen
erwogen, gemäss Art. 80k IRSG betrage die Rekursfrist gegen
Schlussverfügungen 30 Tage, wie die Rekurrenten denn auch in der der
Schlussverfügung beigefügten Rechtsmittelbelehrung informiert worden seien.
Diese Verfügung sei ihnen am 16. Dezember 2003 zugestellt worden. Somit sei
die Frist zur Einreichung des Rekurses am 15. Januar 2004 abgelaufen. Innert
dieser Frist sei aber beim Obergericht keine Rekursschrift eingetroffen.
Vielmehr hätten sie, die Rekurrenten, ihren Rekurs erst am 30. Januar 2004
eingereicht. Sie hätten sich in ihrer Rekursbegründung zu Unrecht auf den
Fristenstillstand infolge Gerichtsferien berufen, da die kantonalen und
eidgenössischen Bestimmungen über den Stillstand von Fristen im
Rechtshilfeverfahren nicht zu beachten seien (Art. 12 Abs. 2 IRSG).

Mit Eingabe vom 31. März 2004 führen die X.________AG und Y.________
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht mit dem Begehren, der -
ihnen am 5. März 2004 - zugestellte Beschluss des Obergerichts sei
aufzuheben; die Sache sei zur (materiellen) Beurteilung an das Obergericht
zurückzuweisen. Sodann haben sie beantragt, der Beschwerde sei aufschiebende
Wirkung beizulegen. Da im Übrigen in der Sache auch noch eine
Nichtigkeitsbeschwerde an das Kassationsgericht des Kantons Zürich
eingereicht worden sei, sei die vorliegende Angelegenheit zu sistieren.

Die Bezirksanwaltschaft und die Staatsanwaltschaft haben auf eine
Vernehmlassung zur Beschwerde verzichtet, ebenso das Obergericht, dieses
unter Hinweis auf die zu zuhanden des Kassationsgerichts erstattete
Stellungnahme, in der es dafür hält, die kantonale Nichtigkeitsbeschwerde sei
unzulässig bzw. eventuell - aus den bereits im angefochtenen Entscheid
genannten Gründen - als unbegründet abzuweisen.

2.
Das Obergericht hat zutreffend erwogen, dass in Rechtshilfesachen die
Vorschriften über den Stillstand der Fristen nach Art. 12 Abs. 2 IRSG nicht
zur Anwendung gelangen, dies nicht nur in Bezug auf bundesrechtliche, sondern
auch kantonale Rechtsmittelverfahren (s. Urteile 1A.16/2000 vom 2. Februar
2000 und 1A.220/1997 vom 26. August 1997, ferner Rep. 1993/126 147 und BGE
109 Ib 174 f.; Robert Zimmermann, La coopération judiciaire internationale en
matière pénale, 2. Aufl. Bern 2004, S. 322 und 360 ff., Ziff. 277 Fn. 1834
und Ziff. 316 - 319).

Der Fristenlauf für Rechtsmittel in Rechtshilfesachen wird somit von
Bundesrechts wegen geregelt, in Bezug auf eine Schlussverfügung, wie sie hier
zur Diskussion steht, gemäss Art. 80k IRSG. Entsprechend lässt sich -
entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer - nicht  beanstanden, dass die
Rechtsmittelbelehrung, die der hier in Frage stehenden Schlussverfügung
beigefügt wurde, keinen Hinweis auf den Fristenlauf während der
Gerichtsferien enthielt, wie das Bundesgericht schon früher entschieden hat
(Urteil 1A.16/2000 vom 2. Februar 2000). Was die Beschwerdeführer derart
unter Anrufung kantonaler Verfahrensbestimmungen geltend machen, geht daher
an der Sache vorbei. Das IRSG selber kennt keine Anzeigepflicht in Bezug auf
das Weiterlaufen einer Frist (so wenig wie die Bestimmung von Art. 34 OG),
wie sie von den Beschwerdeführern geltend gemacht wird. Und die Erfordernisse
nach Art. 22 IRSG, die eine Rechtsmittelbelehrung in Rechtshilfesachen zu
erfüllen hat, sind von der Vollzugsinstanz klarerweise beachtet worden. Im
Übrigen ist festzustellen, dass der Beschwerdeführer 2 selber nicht nur als
Rechtsanwalt tätig ist, sondern sich - wie auch die Beschwerdeführerin 1 -
bereits zur Anfechtung der bezirksanwaltschaftlichen Schlussverfügung
anwaltlich vertreten liess. Wie bereits ein kurzer Blick ins IRSG
zweifelsfrei ergibt - und was jedenfalls der Beschwerdeführer 2 demnach hätte
wissen können und sein ebenso rechtskundiger Vertreter hätte wissen müssen -,
gelten die kantonalen und eidgenössischen Bestimmungen über den Stillstand
von Fristen, wie oben ausgeführt, in Rechtshilfesachen nicht (Art. 12 Abs. 2
IRSG), ohne dass es noch einer besonderen Anzeigepflicht bedürfte. Wer sich
mit Rechtshilfesachen befasst, kommt bei angemessener Sorgfalt nicht umhin,
zumindest einmal einen Blick in das betreffende Gesetz zu werfen; unterlässt
er es, hat er es selber zu vertreten, wenn er die darin geregelten
Eigenheiten übersieht.

Nach dem Gesagten steht fest, dass der angefochtene Entscheid des
Obergerichts, auf dessen Erwägungen im Übrigen verwiesen werden kann, nicht
zu beanstanden ist. Da der Rekurs gegen die bezirksanwaltschaftliche
Schlussverfügung im Lichte von Art. 80k IRSG in Verbindung mit Art. 12 Abs. 2
IRSG verspätet eingereicht wurde, ist das Obergericht zu Recht nicht darauf
eingetreten.

Verhält es sich so, so braucht vor dem bundesgerichtlichen Urteil nicht erst
der Entscheid des Zürcher Kassationsgerichts über die bei diesem hängige
Nichtigkeitsbeschwerde abgewartet zu werden, mit der die Beschwerdeführer
offenbar die selben Einwände wie im vorliegenden Verfahren vorgetragen haben.
Das Sistierungsbegehren ist daher abzuweisen.

Schliesslich ist festzustellen, dass das von den Beschwerdeführern gestellte
Gesuch um Gewährung aufschiebender Wirkung schon von vornherein
gegenstandslos war, denn diese Wirkung kam der Beschwerde bereits von
Gesetzes wegen zu (Art. 21 Abs. 4 lit. b IRSG). Und ohnehin auch mit dem
vorliegenden Entscheid erübrigt sich eine aufschiebende Wirkung.

3.
Nach dem Gesagten ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde unbegründet und
abzuweisen.

Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die bundesgerichtlichen Kosten
den Beschwerdeführern aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht

im Verfahren nach Art. 36a OG:

1.
Das Sistierungsbegehren wird abgewiesen.

2.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'000.-- wird den Beschwerdeführern auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Beschwerdeführern, der Bezirksanwaltschaft IV für den
Kanton Zürich, Büro 2, der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich und dem
Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, sowie dem Bundesamt für
Justiz, Abteilung internationale Rechtshilfe, Sektion Rechtshilfe,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 14. Mai 2004

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Der Gerichtsschreiber: