Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1A.256/2004
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1A.256/2004 /gij

Urteil vom 31. August 2005

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Aeschlimann,
Reeb, Fonjallaz,
Gerichtsschreiberin Schilling.

Bundesamt für Raumentwicklung, 3003 Bern,
Beschwerdeführer,

gegen

Weggenossenschaft Wispile-West, p.A. Dr. Bernard Hostettler, Präsident, und
Arnold Burri, Vizepräsident, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Fürsprecher
Michael Ueltschi,

Einwohnergemeinde Saanen, 3792 Saanen, vertreten durch Fürsprecher Ulrich
Keusen und Fürsprecherin Kathrin Lanz,
Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern, Rechtsamt,
Reiterstrasse 11, 3011 Bern,
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung,
Speichergasse 12, 3011 Bern,

weitere Verfahrensbeteiligte:
1.A.________,
2.B.________,
3.C.________,
4.D.________,
5.E.________AG,
alle vertreten durch Rechtsanwalt Rudolf Schaller,

Ehepaar F.________,
G.________,
beide vertreten durch Fürsprecher Gerhard Schnidrig,

Erschliessungsstrasse ab Wispilestrasse bis Liegenschaft "Zückerli" (Bau- und
Ausnahmebewilligung),

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des
Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, vom 1. Oktober 2004.

Sachverhalt:

A.
Die Weggenossenschaft Wispile-West reichte im September 2000 ein Baugesuch
für die Erstellung eines befahrbaren Privatweges in Gstaad ein, welcher drei
ganzjährig bewohnte Liegenschaften und zwei Ferienhäuser erschliessen soll,
die alle in der Landwirtschaftszone liegen und zurzeit nur über einen Pfad
erreichbar sind. Ausserdem soll die von der Wispilestrasse abzweigende und
über rund 500 m bis zur Liegenschaft "Zückerli" führende Strasse eine bessere
landwirtschaftliche Bewirtschaftung ermöglichen.
Gegen das Bauvorhaben gingen verschiedene Einsprachen von Nachbarn ein. Der
Regierungsstatthalter von Saanen wies diese mit Gesamtentscheid vom 3. März
2002 ab und erteilte für das inzwischen leicht modifizierte Projekt
(Reduktion der Wegbreite auf 2,6 m) gestützt auf die Ausnahmebewilligung des
kantonalen Amtes für Gemeinden und Raumordnung die Baubewilligung samt
Nebenbewilligungen. Die Bewilligung wurde unter anderem mit den Auflagen
erteilt, dass im Bereich der Landwirtschaftszone kein Belag eingebaut werden
dürfe und mit dem Einstreuen einer standortgerechten Saatmischung die rasche
Begrünung des Weges sichergestellt werde. Ausserdem wurde die Gesuchstellerin
zu einer Ersatzanpflanzung für die Beseitigung von zwei Feldgehölzen
verpflichtet.
Gegen die Baubewilligung des Regierungsstatthalters von Saanen erhoben die
Einsprecher Beschwerde bei der Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des
Kantons Bern. Diese hiess die Beschwerden am 29. Oktober 2003 gut, hob den
Entscheid des Regierungsstatthalters auf und erteilte dem Baugesuch den
Bauabschlag. Die Direktion kam zum Schluss, der geplante Weg sei in der
Landwirtschaftszone nicht zonenkonform und könne gemäss Art. 24 des
eidgenössischen Raumplanungsgesetzes mangels Standortgebundenheit nicht
bewilligt werden. Es könne daher offen bleiben, ob das Vorhaben überhaupt
durch Baubewilligung genehmigt werden könnte oder ob es nicht eher der
Planungspflicht unterliege.
Die Weggenossenschaft Wispile-West wandte sich hierauf an das
Verwaltungsgericht des Kantons Bern.

B.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern fällte nach Durchführung einer
Instruktionsverhandlung mit Augenschein am 1. Oktober 2004 seinen Entscheid.
Es hiess die Beschwerde der Weggenossenschaft gut, hob den Entscheid der
Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern vom 29. Oktober 2003
auf und bestätigte den Gesamtbauentscheid des Regierungsstatthalters von
Saanen vom 3. März 2003.
Das Gericht erwog im Wesentlichen, der geplante, nicht dem Gemeingebrauch zu
widmende und nicht zum Basiserschliessungsnetz gehörende Privatweg unterliege
weder nach kantonalem noch nach eidgenössischem Recht der Planungspflicht. Da
der Weg nicht nur der Erschliessung landwirtschaftlicher Grundstücke, sondern
auch von Liegenschaften mit reiner Wohnnutzung diene, könne er nicht als
zonenkonform betrachtet werden; er bedürfe daher einer Ausnahmebewilligung
gemäss Art. 24 des Raumplanungsgesetzes. Die Standortgebundenheit sei
insofern zu bejahen, als die zu erschliessenden Grundstücke in der
Landwirtschaftszone lägen und die Zufahrt daher zwangsläufig durch diese
führen müsse. Die fraglichen Häuser seien rechtmässig erstellt worden und
entweder zonenkonform oder bestandesgeschützt. Es gehe hier somit nicht
darum, eine auf dem Weg der Ausnahmebewilligung bewilligte Erweiterung
vorbestehender Anlagen nachträglich zu erschliessen, sondern um eine den
heutigen Anforderungen genügende Erschliessung rechtmässig errichteter und
bestandesgeschützter Bauten. Die gewählte Linienführung sei, wie sich aus
einer Expertise ergebe, anderen Varianten vorzuziehen. Dem Projekt stünden
keine überwiegenden Interessen entgegen. Für den Bau der Strasse sprächen die
privaten Anliegen der Grundeigentümer und die polizeilich motivierten
Interessen an einer genügenden Erschliessung wie auch das öffentliche
Interesse daran, dass die als erhaltenswert eingestufte Liegenschaft
(Linderheimwesen) weiterhin bewohnbar bleibe und unterhalten werde. Gegen das
Projekt sprächen der Landbedarf und die Interessen der am Verfahren
beteiligten Nachbarn. Letztere fielen nicht schwer ins Gewicht, da der Weg
kaum in Erscheinung treten werde und der voraussichtliche Mehrverkehr von
täglich 6 Fahrten (12 Fahrten während der Ferienzeit) nicht als störend
eingestuft werden könne. Dem Projekt stünden auch keine wesentlichen Natur-
und Landschaftsschutzinteressen entgegen. Insbesondere liege von den zwei zu
entfernenden Feldgehölzen nur das eine, kleinere, in der Landwirtschaftszone
und könne diesem keine besondere ökologische Bedeutung zugemessen werden. Dem
Vorhaben sei somit in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides eine
Ausnahmebewilligung gemäss Art. 24 RPG zu erteilen.

C.
Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes des Kantons Bern vom 1. Oktober
2004 hat unter anderem das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE)
Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. Das Bundesamt stellt Antrag auf
Aufhebung des angefochtenen Entscheides und Abweisung des Bau- und
Ausnahmegesuches für die Erstellung der Erschliessungsstrasse. Eventuell sei
die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Die Weggenossenschaft Wispile-West und die Einwohnergemeinde Saanen verlangen
die Abweisung der Beschwerde, soweit auf diese einzutreten sei. Die Bau-,
Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern ersucht um Gutheissung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts des
Kantons Bern ist die Beschwerde abzuweisen. Die ihrerseits Beschwerde
führenden Nachbarn haben keine förmlichen Anträge gestellt.

D.
Einige der verfahrensbeteiligten Nachbarn haben um Durchführung eines zweiten
Schriftenwechsels oder allenfalls einer mündlichen Verhandlung ersucht. Diese
verfahrensrechtlichen Anträge sind mit Instruktionsverfügung vom 27. April
2005 einstweilen abgewiesen worden.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen über Bewilligungen im Sinne von
Art. 24-24d des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (RPG;
SR 700) ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig (Art. 34 Abs. 1 RPG).
Das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) ist nach Art. 103 lit. c OG und Art.
48 Abs. 4 der Raumplanungsverordnung vom 28. Juni 2000 (RPV; SR 700.1) zur
Beschwerdeführung berechtigt. Auf das frist- und formgerecht eingereichte
Rechtsmittel ist daher einzutreten.

2.
Einige Verfahrensbeteiligte haben um Durchführung eines zusätzlichen
Schriftenwechsels ersucht. Ein zweiter Schriftenwechsel findet jedoch nach
Art. 110 Abs. 4 OG nur ausnahmsweise statt und drängt sich hier nicht auf.

3.
Im angefochtenen Entscheid legt das Verwaltungsgericht zunächst im Einzelnen
dar, weshalb für die umstrittene private Zufahrtsstrasse weder nach
kantonalem noch nach eidgenössischem Recht eine Planungspflicht bestehe. Es
weist vorab darauf hin, dass die Pflicht zur Erstellung eines Strassen- oder
Überbauungsplanes gemäss Art. 14 Abs. 1 des kantonalen Gesetzes vom 2.
Februar 1964 über Bau und Unterhalt der Strassen (SBG; BSG 732.11) für
Privatstrassen, die - wie hier - nicht dem Gemeingebrauch gewidmet werden
sollen, nicht gilt (vgl. Art. 1 Abs. 1 SBG). Weiter wird festgestellt, dass
Überbauungsordnungen gemäss Art. 88 Abs. 1 lit. a und b des bernischen
Baugesetzes vom 9. Juni 1985 (BauG; BSG 721.0) zwar das übliche Mittel zur
Realisierung der von den Gemeinden zu errichtenden Erschliessungsanlagen oder
sonstigen öffentlichen Anlagen sind, eine Erschliessungspflicht der Gemeinde
aber nur für die Bauzone sowie die im Richtplan bezeichneten Erholungsgebiete
und auch nur für Basiserschliessungsanlagen besteht (Art. 19 Abs. 2 RPG, Art.
106 und 116 ff. BauG). Detailerschliessungsanlagen könnten hingegen
jedenfalls dann, wenn sich die beteiligten Eigentümer einigen können, auf dem
Wege der Baubewilligung bewilligt werden. Ausserhalb der Bauzone seien
Erschliessungsanlagen von vornherein nicht von der Gemeinde, sondern von den
Bauherrn, die sie benötigen, zu planen und zu erstellen. Im Übrigen könnten
landwirtschaftliche Erschliessungsstrassen auf dem Wege der Bodenverbesserung
bzw. der Landumlegung beschlossen werden, doch müsste ein solches
genehmigungspflichtiges Unternehmen im (überwiegenden) öffentlichen Interesse
liegen (vgl. Art. 1 und 10 des kantonalen Gesetzes vom 16. Juni 1997 über das
Verfahren bei Boden- und Waldverbesserungen; BSG 913.3); diese Voraussetzung
sei hier nicht erfüllt. Das kantonale Recht enthalte demnach keine
Bestimmung, nach welcher die fragliche Strasse planungspflichtig wäre.
In der Folge hat das Verwaltungsgericht die Frage untersucht, ob die
dargestellte kantonale Rechtslage mit dem Bundesrecht vereinbar sei. Gemäss
der bundesrechtlichen Planungspflicht und den Planungsgrundsätzen (Art. 1-3
und Art. 14 ff. RPG) dürften für Bauten und Anlagen, die ihrer Natur und
ihrer Bedeutung nach nur in einem Planungsverfahren angemessen erfasst werden
könnten, keine Bau- bzw. Ausnahmebewilligungen erteilt werden. Dies treffe
nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung namentlich auf nicht zonenkonforme
Anlagen zu, die derart gewichtige Auswirkungen auf die Nachbarschaft, die
bestehende Nutzungsordnung und die Umwelt hätten, dass ihre Bewilligung
faktisch einer Änderung der Zonenordnung gleichkäme. Ob für ein bestimmtes
Vorhaben eine Planungspflicht bestehe, sei allerdings nicht immer leicht zu
beantworten. Es bestehe ein Grenzbereich mit einem Ermessensspielraum, in
welchem sowohl das Verfahren der Nutzungsplanung als auch jenes gemäss Art.
24 RPG zulässig sei.  Hinsichtlich der Erstellung und Änderung von Strassen
habe das Bundesgericht die Planungspflicht insbesondere für die der
Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegenden Autobahnen und Hauptstrassen
bejaht, dagegen für Erschliessungs- oder Güterstrassen ausserhalb der
Bauzonen verschiedentlich untersucht, ob die Voraussetzungen nach Art. 24 RPG
erfüllt seien (BGE 114 Ib 268 E. 3, 118 Ib 497 E. 3a, 117 Ib 42 E. 3b S. 48
und weitere nicht publizierte Urteile). Damit habe es die grundsätzliche
Zulässigkeit des Bau- bzw. Ausnahmebewilligungsverfahrens für solche Strassen
vorausgesetzt. Was den hier umstrittenen Weg betreffe, so sei dessen Länge
von rund 500 m (wovon rund 470 m in der Landwirtschaftszone) zwar nicht
unbeträchtlich. Da er jedoch als Privatstrasse und Sackgasse einzig der
Erschliessung von fünf bewohnten Liegenschaften diene, werde sich der Verkehr
auf wenige tägliche Fahrten beschränken und die Nachbarschaft nicht
wesentlich beeinträchtigen. Ohne Revision der Zonenplanung (und der
Erschliessungsordnung) sei es auch ausgeschlossen, dass infolge des
Strassenbaus zusätzliche Häuser erstellt würden. Die landwirtschaftliche
Nutzung des erschlossenen Gebietes werde durch den Weg erleichtert, aber
nicht grundsätzlich beeinflusst oder geändert. Insgesamt habe die
Erschliessungsstrasse höchstens vernachlässigbare Auswirkungen auf die Umwelt
und die bestehende Nutzungsordnung. Die kantonale Regelung, die für den Bau
einer solchen Strasse das Baubewilligungsverfahren zulasse, verstosse demnach
nicht gegen die bundesrechtliche Planungspflicht.
Die Beschwerdeführerin kritisiert diese Erwägungen an sich nicht, weist aber
"im Sinne eines Ausblicks" darauf hin, welche Möglichkeiten die
Nutzungsplanung bieten könne, wenn die Anwendung von Art. 24c RPG daran
scheitere, dass eine neue Erschliessungsstrasse mehreren altrechtlichen
Bauten diene. Insbesondere könnte durch Ausscheidung einer reinen
Erhaltungszone eine planerische Lösung getroffen werden, die sinngemäss die
Anforderungen von Art. 24c RPG einhalte. Es dürfte aber insgesamt nicht ein
höheres Mass an Veränderungen zugelassen werden, als wenn jede Baute einzeln
beurteilt würde. Allerdings erscheine als zweifelhaft, ob im Falle der
Weggenossenschaft Wispile-West genügend Erweiterungspotential vorhanden sei,
um - eingebracht in eine reine Erhaltungszone - die Erstellung einer
Erschliessungsstrasse zu ermöglichen.
Mit diesen Bemerkungen lässt sich die Feststellung des Verwaltungsgerichts,
dass das vorliegende Wegprojekt nicht planungspflichtig sei, nicht
widerlegen. Der Umstand, dass das Bauvorhaben allenfalls auch auf dem Wege
der Planung hätte genehmigt werden können, schliesst gemäss
bundesgerichtlicher Rechtsprechung, die vom Verwaltungsgericht richtig
wiedergegeben wird, nicht aus, dass der umstrittene Zufahrtsweg in einem Bau-
bzw. Ausnahmebewilligungsverfahren bewilligt werden kann. Der angefochtene
Entscheid ist insoweit, als er die Durchführung eines Bewilligungs- oder
Ausnahmebewilligungsverfahren als zulässig bezeichnet, nicht zu beanstanden.

4.
Das Verwaltungsgericht hat die Zonenkonformität des Strassenbauvorhabens
verneint, während die Einwohnergemeinde Saanen und die Weggenossenschaft
Wispile-West im bundesgerichtlichen Verfahren daran festhalten, dass der
Zufahrtsweg in erster Linie der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung und
daher der bestimmungsgemässen Nutzung des zu erschliessenden Gebietes diene.

4.1 Der projektierte Weg erschliesst auf dem ersten nördlichen Abschnitt
zunächst die im Jahre 1936 mit einem Einfamilienhaus überbaute Parzelle Nr.
2934 sowie das landwirtschaftlich genutzte Nachbargrundstück Nr. 3224, auf
dem eine Scheune steht. Er führt weiter zum im 17. Jahrhundert erbauten, als
erhaltenswert inventarisierten Linderheimwesen mit Stall und Scheune. Von
diesem Heimwesen wurden im Jahre 1956 die Parzellen Nrn. 3917 und 3918
abgetrennt und mit zwei Chalets überbaut. Schliesslich erreicht der Weg das
sog. Zückerli (Parzelle Nr. 2306), ein vermutlich aus dem 18. Jahrhundert
stammendes Bauernhaus mit einem Stall, in welchem heute Kleintiere gehalten
werden. Sowohl das Linderheimwesen wie das Zückerli werden zurzeit von
landwirtschaftsfremden Familien bewohnt, während der umliegende Boden von
zwei Pächtern landwirtschaftlich genutzt wird. Diese bewirtschaften im
Übrigen auch die Parzelle Nr. 3224 sowie weitere nicht überbaute, von der
projektierten Strasse miterschlossene Flächen.

4.2 Nach den Darlegungen des Verwaltungsgerichts sind jene Bauten und Anlagen
in der Landwirtschaftszone zonenkonform, die zur landwirtschaftlichen
Bewirtschaftung nötig sind. Dazu zählten ebenfalls die Anlagen, die der
Erschliessung von landwirtschaftlichen Liegenschaften dienen, sei doch die
ordnungsgemässe Erschliessung auch ausserhalb der Bauzone
Bewilligungsvoraussetzung für eine Baute (Art. 22 Abs. 2 lit. b RPG).
Zonenkonform seien aber auch die Strassen und Wege, die zur zweck- und
zeitgemässen Bewirtschaftung der unüberbauten, landwirtschaftlich genutzten
Bodenflächen benötigt würden. Der hier umstrittene Weg erschliesse einerseits
fünf Häuser mit nichtlandwirtschaftlicher Wohnnutzung, andererseits die von
den beiden Pächtern bewirtschafteten Grundstücke und Scheunen. Die Zufahrt zu
den landwirtschaftlich genutzten Parzellen sei ohne die neue Strasse nicht
gesichert, da der bestehende Fussweg nur auf einem Fuss- und Zügelrecht
beruhe, dagegen kein Fahrrecht bestehe. Allerdings sei es für die heutigen
Pächter - jedenfalls im Sommer und bei gutem Wetter - möglich, über eigenes
Land oder den Boden Dritter das Pachtland zu erreichen. Die Zufahrtsstrasse
würde die Bewirtschaftung indes erleichtern. Schliesslich hat das
Verwaltungsgericht in Würdigung aller Umstände festgestellt, dass der
projektierte Weg wohl teilweise, aber nicht überwiegend der
landwirtschaftlichen Nutzung diene und daher nicht als zonenkonform
betrachtet werden könne.
Nach Auffassung der Einwohnergemeinde Saanen ist die neue Strasse für die
Bewirtschaftung der landwirtschaftlich genutzten Flächen, die viel grösser
seien als der nicht landwirtschaftlich genutzte Boden, unentbehrlich; die
derzeitige Lösung sei bloss ein Provisorium und hange von den
Pachtverhältnissen ab. Die Weggenossenschaft Wispile-West weist darauf hin,
dass die landwirtschaftliche Bewirtschaftung des fraglichen Gebietes nur
eingeschränkt und unter erschwerten Bedingungen erfolgen könne. Die
bestehenden Stallungen könnten heute nicht mehr bestimmungsgemäss genutzt
werden, da der tägliche Abtransport der Milch ohne Wegverbindung nicht
möglich sei. Die Landwirte, aber auch die Bewohner der ganzjährig genutzten
Gebäude hätten Anspruch auf eine verkehrstechnisch angemessene Erschliessung.

4.3 Zur Zonenkonformität von Erschliessungsstrassen hat das Bundesgericht in
erster Linie ausgeführt, eine im Nichtbaugebiet liegende Strasse entspreche
dem Zweck der Nutzungszone nicht, wenn sie der Erschliessung von Parzellen in
der Bauzone diene. Strassen, welche die Funktion hätten, Land in der Bauzone
zu erschliessen, sollten grundsätzlich durch das Siedlungsgebiet führen und
nicht Land im übrigen Gemeindegebiet bzw. in der Landwirtschaftszone
beanspruchen (BGE 118 Ib 498; vgl. auch 1A.26/1989 vom 1. November 1989 E. 3b
und 1A.165/1992 vom 18. November 1992 E. 2). Weiter sind die Anforderungen an
die Zonenkonformität einer durch die Landwirtschaftszone führenden
Erschliessungsstrasse gleich umschrieben worden wie für (landwirtschaftliche)
Gebäude. Demnach sind auch Weganlagen nur zonenkonform, wenn sie hinsichtlich
Standort und Ausgestaltung in einer unmittelbaren funktionellen Beziehung zum
Landwirtschaftsbetrieb stehen bzw. falls sie in ihrer konkreten Ausgestaltung
für eine zweckmässige Bewirtschaftung des Bodens am vorgesehenen Standort
notwendig und nicht überdimensioniert sind (Entscheid 1A.63/1998 vom 3.
September 1998 E. 2). Im Entscheid 1A.88/1999 vom 8. November 1999 hat das
Bundesgericht die Zonenkonformität und Standortgebundenheit einer
Zufahrtsstrasse verneint, welche als Nebenanlage zu einem in Erweiterung
stehenden, nicht zonenkonformen und nicht standortgebundenen
(Fischzucht-)Betrieb zu betrachten sei. Über die Zonenkonformität einer
Zufahrtsstrasse im Landwirtschaftsgebiet, die wie hier verschiedene
Liegenschaften unterschiedlicher Natur erschliessen soll, hat sich das
Bundesgericht noch nie geäussert.

4.4 Mit der projektierten Weganlage soll wie geschildert ein Gebiet
erschlossen werden, in welchem die Bodenflächen fast ausschliesslich
landwirtschaftlich bewirtschaftet, die Wohnbauten aber zurzeit nicht mehr von
in der Landwirtschaft tätigen Personen genutzt werden. Die umstrittene
Zufahrtsstrasse, die mehreren Grundstücken dient und nicht einer einzelnen
Liegenschaft oder einem Einzelbetrieb zugeordnet werden kann, wäre nach
bisheriger Rechtsprechung teils zonenkonform, teils zonenfremd. Das
Verwaltungsgericht hat sich nach einer Gewichtung dieser Anteile für die
Zonenfremdheit entschieden. Dieser Entscheidung ist zuzustimmen. Wie das
Verwaltungsgericht zu Recht ausführt, wäre der Bau der Zufahrtsstrasse, für
welchen Kosten in Höhe von nahezu Fr. 300'000.-- aufgewendet werden müssen,
allein aus Gründen der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung wohl kaum in
Aussicht genommen worden. Vielmehr soll damit in erster Linie eine
ganzjährige Zufahrt zu den teils ständig bewohnten Häusern ermöglicht werden;
diese dienen aber landwirtschaftsfremden Personen. Es ist daher mit der
Vorinstanz davon auszugehen, dass der projektierte Weg nicht zonenkonform
ist.

5.
Der Bau einer nicht zonenkonformen Zufahrtsstrasse kann nur bewilligt werden,
wenn der Zweck der Anlage einen Standort ausserhalb der Bauzone erfordert
(lit. a) und keine überwiegenden Interessen entgegenstehen (lit. b). Gemäss
bundesgerichtlicher Rechtsprechung gilt eine Baute oder Anlage bloss dann als
standortgebunden im Sinne von Art. 24 lit. a RPG, wenn sie aus technischen
oder betriebswirtschaftlichen Gründen oder wegen der Bodenbeschaffenheit auf
einen Standort ausserhalb der Bauzonen angewiesen ist. Dabei beurteilen sich
die Voraussetzungen nach objektiven Massstäben, und es kann weder auf die
subjektiven Vorstellungen und Wünsche des Einzelnen noch auf die persönliche
Zweckmässigkeit oder Bequemlichkeit ankommen. Generell ist bei der
Beurteilung der Voraussetzungen ein strenger Massstab anzulegen, um der
Zersiedelung der Landschaft entgegenzuwirken (vgl. BGE 129 II 63 E. 3.1 S.
68; 124 II 252 E. 4a S. 255, je mit weiteren Hinweisen).
Das Verwaltungsgericht hat die Standortgebundenheit der umstrittenen
Zufahrtsstrasse deshalb bejaht, weil die zu erschliessenden Liegenschaften in
der Landwirtschaftszone liegen; die Zufahrt müsse daher zwangsläufig durch
die Landwirtschaftszone führen, wenn überhaupt eine Zufahrt geschaffen werden
solle. Die Standortgebundenheit einer Erschliessungsanlage kann jedoch nicht
ohne den Zweck, den sie erfüllen soll, beurteilt werden. Wie dargelegt,
besteht der Zweck der fraglichen Erschliessungsstrasse in erster Linie darin,
erstmals eine Zufahrtsmöglichkeit zu den Wohnbauten in der
Landwirtschaftszone ganzjährig zu gewährleisten. Diese Wohnbauten werden
heute, wie ebenfalls schon ausgeführt, nicht (mehr) von Personen benutzt, die
in der Landwirtschaft tätig sind. Die Häuser und der zu ihnen führende
Fussweg geniessen lediglich Bestandesschutz. Aus der Bestandesgarantie kann
aber kein Anspruch auf eine befahrbare Zufahrt bzw. - genereller gesagt - auf
eine zeitgemässe Erschliessung abgeleitet werden. Eine solche Auslegung
stünde im Widerspruch zu den Bestimmungen des Raumplanungsgesetzes, das für
die Änderung besitzstandgeschützter Bauten enge Grenzen setzt. Sie liefe der
Absicht des Gesetzgebers zuwider, die bauliche Entwicklung zonenwidrig
gewordener Zustände im Interesse der Trennung des Siedlungsgebietes vom
Kulturland wenn nicht vollständig zu untersagen, so doch stark
einzuschränken. Das Bundesgericht hat es daher in seiner Rechtsprechung stets
abgelehnt, die Standortgebundenheit mit der Zugehörigkeit zu einer bestimmten
Baute zu rechtfertigen, welche selbst zonenfremd ist (vgl. BGE 115 Ib 295 E.
2c S. 298, 114 Ib 317 E. 4d, Urteil 1A.88/1999 vom 8. November 1999 E. 4c, je
mit Hinweisen). Die Erwägungen des Verwaltungsgerichts sind somit unvereinbar
mit dem Grundsatz, dass auch Erschliessungsanlagen grundsätzlich dem Gebot
der Trennung des Baugebiets vom Nichtbaugebiet unterliegen. Da demnach die
Standortgebundenheit der fraglichen Zufahrtsstrasse verneint werden muss,
erübrigt sich die Prüfung, ob der Strasse im Sinne von Art. 24 lit. b RPG
überwiegende Interessen entgegenstünden.

6.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist nach dem Gesagten gutzuheissen und das
angefochtene Urteil aufzuheben.
Die Sache ist zur Neuregelung der Kosten- und Entschädigungsfolgen des
kantonalen Verfahrens - auch gegenüber den hier weiteren am Verfahren
Beteiligten, die ihrerseits Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben haben - an
die Vorinstanz zurückzuweisen.
Die bundesgerichtlichen Kosten sind dem Ausgang des Verfahrens entsprechend
der Weggenossenschaft Wispile-West aufzuerlegen. Parteientschädigungen sind
im vorliegenden Verfahren nicht zuzusprechen (vgl. Art. 159 Abs. 2 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird gutgeheissen und das angefochtene
Urteil des Verwaltungsgerichtes des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche
Abteilung, vom 1. Oktober 2004 aufgehoben.

2.
Dem Baugesuch der Weggenossenschaft Wispile-West vom 19. September 2000 wird
der Bauabschlag erteilt.

3.
Die Sache wird zur Neuverlegung der Prozess- und Parteikosten des kantonalen
Verfahrens an die Vorinstanz zurückgewiesen.

4.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 2'500.-- wird der Weggenossenschaft Wispile-West
auferlegt.

5.
Es wird keine Parteientschädigung ausgerichtet.

6.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Einwohnergemeinde Saanen, der Bau-,
Verkehrs- und Energiedirektion und dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Verwaltungsrechtliche Abteilung, sowie den weiteren Verfahrensbeteiligten
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 31. August 2005

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: