Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1A.245/2004
Zurück zum Index I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2004
Retour à l'indice I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2004


1A.245/2004
1P.611/2004/RrF

Urteil vom 21. Februar 2005

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aeschlimann, Reeb,
Gerichtsschreiberin Schilling.

X. ________, Beschwerdeführer,

gegen

Gemeinderat Galgenen, 8854 Siebnen, vertreten durch Rechtsanwalt Hans Rudolf
Ziegler,
Regierungsrat des Kantons Schwyz, Bahnhofstrasse 9, Postfach 1260, 6431
Schwyz,
Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, Kammer III, Kollegiumstrasse 28,
Postfach 2266, 6431 Schwyz.

Erschliessungsplanung Galgenen,

Staatsrechtliche Beschwerde (1P.611/2004) und Verwaltungsgerichtsbeschwerde
(1A.245/2004) gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz,
Kammer III, vom 15. September 2004.

Sachverhalt:

A.
In der Gemeinde Galgenen (SZ) wurden im Mai 2002 der kommunale
Erschliessungsplan sowie das Reglement zum Erschliessungsplan öffentlich
aufgelegt. Gegen diese planerischen Unterlagen erhob X.________, Eigentümer
einer an die Obergasse stossenden Liegenschaft, Einsprache. Der Gemeinderat
Galgenen wies diese im März 2003 ab. Die hierauf erhobene
Verwaltungsbeschwerde wurde vom Regierungsrat des Kantons Schwyz mit
Beschluss vom 25. Mai 2004 ebenfalls abgewiesen. X.________ gelangte hierauf
an das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz und verlangte im Wesentlichen,
dass von der Aufnahme der Obergasse als - auszubauende -
Groberschliessungsstrasse in das kommunale Strassennetz abgesehen werde.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, Kammer III, wies die Beschwerde
von X.________ mit Entscheid vom 15. September 2004 im Sinne der Erwägungen
ab, soweit auf diese einzutreten sei.

B.
X.________ hat gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes sowohl
Verwaltungsgerichtsbeschwerde als auch staatsrechtliche Beschwerde erhoben
und Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Entscheides gestellt. In
prozessualer Hinsicht ersucht er um Durchführung eines zweiten
Schriftenwechsels, um Vornahme eines Augenscheins sowie um Beizug der Akten
des 1993/1994 durchgeführten Zonenplanverfahrens. Auf die
Beschwerdebegründungen wird, soweit erforderlich, in den nachstehenden
Erwägungen eingegangen.

C.
Der Gemeinderat Galgenen, der Regierungsrat und das Verwaltungsgericht des
Kantons Schwyz beantragen, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde und die
staatsrechtliche Beschwerde seien abzuweisen, soweit auf diese einzutreten
sei.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Der Beschwerdeführer hat in einer einzigen Rechtsschrift sowohl
Verwaltungsgerichtsbeschwerde als auch staatsrechtliche Beschwerde
eingereicht. Dies ist an sich zulässig. Die beiden Rechtsmittel werden jedoch
in der Beschwerdeschrift in keiner Weise auseinandergehalten und es wird
nicht spezifiziert, welche Rügen in welchem Verfahren erhoben werden. Es ist
daher fraglich, ob die Beschwerdeschrift den Anforderungen von Art. 88 und
Art. 108 Abs. 2 OG genüge. Die Frage kann indessen offen bleiben, da den vom
Beschwerdeführer gestellten Begehren ohnehin kein Erfolg beschieden sein
kann.

2.
Angefochten ist ein kommunaler Erschliessungsplan bzw. der kantonal
letztinstanzliche Entscheid über die gegen den Nutzungsplan erhobenen
Einsprachen. Das Einspracheverfahren schliesst gemäss den §§ 25-27 des
Planungs- und Baugesetzes vom 14. Mai 1987 des Kantons Schwyz (PBG) an die
Auflage der Entwürfe für Zonen- und Erschliessungspläne an, und die Pläne
werden in der Regel erst nach rechtskräftiger Erledigung der Einsprachen der
Gemeindeversammlung zur Beschlussfassung vorgelegt. Verbindlich werden die
Pläne und zugehörigen Vorschriften schliesslich mit der Genehmigung durch den
Regierungsrat (§ 28 Abs. 1 PBG; vgl. auch Art. 26 des Bundesgesetzes vom 22.
Juni 1979 über die Raumplanung [RPG;SR 700]).
Der hier umstrittene Erschliessungsplan und das zu diesem gehörende Reglement
sind im Einspracheverfahren überprüft, der Gemeindeversammlung aber noch
nicht vorgelegt und auch vom Regierungsrat noch nicht genehmigt worden. Es
handelt sich bei diesen planerischen Unterlagen somit auch im heutigen
Zeitpunkt noch um Entwürfe, die keine Rechtswirkungen entfalten. Dies hat
Auswirkungen auf die Anfechtbarkeit vor Bundesgericht.

2.1 Gemäss Art. 34 RPG unterliegen Nutzungspläne grundsätzlich allein der
staatsrechtlichen Beschwerde (Art. 34 Abs. 3 RPG). Die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist nur zulässig gegen kantonal
letztinstanzliche Entscheide über Entschädigungen als Folge von
Eigentumsbeschränkungen (Art. 5 RPG), über die Zonenkonformität von Bauten
und Anlagen ausserhalb der Bauzonen sowie über Bewilligungen für solche
Bauten und Anlagen (Art. 24-24d RPG). Zudem können Nutzungspläne nach
bundesgerichtlicher Rechtsprechung auch insofern mit
Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden, als die Pläne derart
detaillierte, verbindliche und auf Bundesverwaltungsrecht beruhende
Anordnungen enthalten, dass diese als Verfügungen im Sinne von Art. 5 VwVG
betrachtet werden können (vgl. etwa BGE 121 II 8 E. 1, 72 E. 1b - 1d, 123 II
88 E. 1a, 289 E. 1b).

2.2 Staatsrechtliche Beschwerde kann nur gegen kantonale Hoheitsakte erhoben
werden, das heisst gegen kantonale Erlasse und Verfügungen (Entscheide), die
die Rechtsstellung des Bürgers in verbindlicher Weise festlegen (Art. 84 Abs.
1 OG). Auch kommunale Nutzungspläne sind daher erst anfechtbar, wenn sie
durch (regierungsrätliche) Genehmigung verbindlich geworden sind. Wird die
staatsrechtliche Beschwerde schon vor der rechtsverbindlichen Festsetzung des
Plans - anschliessend an das Einsprache- oder an das Abstimmungsverfahren -
eingereicht, so tritt das Bundesgericht regelmässig insofern auf die
Beschwerde nicht ein, als sie sich gegen den Planinhalt richtet (BGE 116 Ib
221 E. 1e S. 226, 118 Ib 165 E. 2a S. 168, 120 Ia 19 E. 2a). Dementsprechend
kann auch im vorliegenden Verfahren auf die Kritik des Beschwerdeführers am
Erschliessungsplan selbst nicht eingetreten werden. Zu prüfen ist im
staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren allein, ob der gegenüber dem
Verwaltungsgericht erhobene Vorwurf der formellen Rechtsverweigerung
begründet sei.

2.3 Ähnliches gilt für die Zulässigkeit der erhobenen
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann nur
gegen bundesverwaltungsrechtliche Verfügungen bzw. gegen Anordnungen
gerichtet werden, mit denen Rechte oder Pflichten verbindlich begründet,
geändert, aufgehoben oder festgestellt werden oder Begehren auf Begründung,
Änderung, Aufhebung oder Feststellung von Rechten oder Pflichten verbindlich
abgewiesen werden oder auf solche nicht eingetreten wird (Art. 97 Abs. 1 OG
i.V.m. Art. 5 Abs. 1 VwVG). Als Verfügung gilt ausserdem das unrechtmässige
Verweigern oder Verzögern einer Verfügung (Art. 97 Abs. 2 OG).
Da mit dem noch nicht genehmigten Erschliessungsplan weder Rechte oder
Pflichten verbindlich begründet noch solche verbindlich festgestellt werden,
kann auf die gegen den Planinhalt vorgebrachten Einwendungen des
Beschwerdeführers - soweit diese überhaupt mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde
geltend gemacht werden können (vgl. oben E. 2.1) - auch im
verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht eingetreten werden. Im Sinne von
Art. 97 Abs. 2 OG ist lediglich der Vorwurf zu behandeln, mit dem Erlass des
Erschliessungsplanes werde zu Unrecht verhindert, dass für den vorgesehenen
Ausbau der Obergasse eine Verfügung gemäss Art. 24 RPG ergehe (vgl. BGE 117
Ib 9 E. 2b S. 12 f., 123 II 289 E. 1c).

3.
Der Beschwerdeführer beanstandet in prozessualer Hinsicht, dass das
Verwaltungsgericht seinen Anträgen auf Durchführung eines Augenscheins und
eines weiteren Schriftenwechsels sowie um Beizug der Akten des
Zonenplanverfahrens nicht stattgegeben habe. Ein Augenschein hätte schon
deshalb angeordnet werden müssen, weil in den (Ausbau-)Plänen für die
Obergasse ein 1996 erstellter Stallanbau nicht eingetragen und daher nicht
ersichtlich sei, dass der für Groberschliessungsstrassen geltende
Grenzabstand nicht eingehalten werden könne. Im Übrigen sei die Frage der
grundsätzlichen  Erschliessbarkeit des gesamten Baugebietes an der Obergasse
nie unabhängig, fachlich und rechtsverbindlich geprüft worden und nunmehr im
Erschliessungsplanverfahren abzuklären. Auch aus diesem Grunde sei die
Kenntnis der örtlichen Verhältnisse sowie der Akten unerlässlich.

3.1 Was zunächst den vor Bundesgericht erstmals vorgebrachten Hinweis auf
unvollständige Pläne anbelangt, so betrifft dieser offensichtlich nicht den
(vollständigen) Erschliessungsplan, sondern die für den Ausbau der Obergasse
erstellten Projektpläne. Diese liegen nicht im Streite und haben dem
Verwaltungsgericht nicht vorgelegen. Sie sind daher von vornherein
ungeeignet, die Erforderlichkeit einer Ortsschau im heutigen Verfahren zu
belegen.

3.2 Zur Rüge der mangelnden Erschliessbarkeit des Gebietes Obergasse wird im
angefochtenen Entscheid ausgeführt, die Eignung dieses Gebietes zur
Überbauung sei seinerzeit bei dessen Einbezug in die Bauzone überprüft
worden. Das Verwaltungsgericht habe denn auch selbst in zwei früheren
Verfahren, die Gestaltungspläne für den an die Obergasse stossenden Boden
betroffen hätten, ausdrücklich oder sinngemäss festgestellt, dass die
Erschliessung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht möglich sei. Hat sich
aber das Verwaltungsgericht mit der Erschliessbarkeit des eingezonten
Gebietes an der Obergasse bereits in vorangegangenen Verfahren befasst, so
hat es schon aus diesem Grunde von weiteren Instruktionsmassnahmen zur
gleichen Frage im vorliegenden Verfahren absehen dürfen.

4.
Der Beschwerdeführer begründet seine Rüge der Umgehung von Art. 24 RPG damit,
dass die Obergasse ausserhalb der Bauzone in der Landwirtschaftszone liege
und daher ohne eine Ausnahmebewilligung gemäss Art. 24 RPG nicht zur
Erschliessung von Bauland dienen dürfe. Diese Behauptung ist schon in
tatsächlicher Hinsicht unzutreffend: Die bogenförmige, die Mosen- mit der
Kapellstrasse verbindende Obergasse verläuft grösstenteils zwischen der
Wohnzone (W 2) und dem Reservegebiet und grenzt auf dem Abschnitt Visibach
bis  Kapellstrasse die Gewerbe- und Industriezone von der Landwirtschaftszone
ab. Die Strasse mag allenfalls früher vorwiegend der landwirtschaftlichen
Bewirtschaftung gedient haben, doch verläuft sie heute zwischen den Bauzonen
oder diesen entlang. Inwiefern für den Bestand oder den Ausbau dieser Strasse
die materiellen Erfordernisse von Art. 24 RPG erfüllt sein müssten und es an
diesen fehle (vgl. BGE 117 Ib 9 E. 2b), legt der Beschwerdeführer selbst
nicht dar. Seine Vorbringen erweisen sich in dieser Hinsicht ebenfalls als
unbegründet.

5.
Aus dem Gesagten ergibt sich ohne weiteres, dass auch im bundesgerichtlichen
Verfahren weder ein Augenschein vorzunehmen noch ein zweiter Schriftenwechsel
durchzuführen ist. Da wie erwähnt auf die Kritik am Inhalt des
Erschliessungsplans nicht eingegangen werden kann, erübrigt es sich, die
Akten des seinerzeitigen Zonenplanverfahrens beizuziehen.

6.
Nach den angestellten Ewägungen sind die staatsrechtliche Beschwerde und die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde abzuweisen, soweit überhaupt auf die beiden
Rechtsmittel eingetreten werden kann.
Die bundesgerichtlichen Kosten sind dem Ausgang der Verfahren gemäss dem
Beschwerdeführer zu überbinden (Art. 156 Abs. 1 OG). Dieser ist praxisgemäss
zu verpflichten, der Gemeinde Galgenen, die weniger als 10'000 Einwohner
aufweist und sich durch einen Rechtsanwalt hat vertreten lassen, eine
angemessene Parteientschädigung zu entrichten (Art. 159 Abs. 1 und 2 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die staatsrechtliche Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten
ist.

2.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten
ist.

3.
Die Gerichtsgebühr von insgesamt Fr. 3'000.-- wird dem Beschwerdeführer
auferlegt.

4.
Der Beschwerdeführer hat der Gemeinde Galgenen für die bundesgerichtlichen
Verfahren eine Parteientschädigung von insgesamt Fr. 1'000.-- zu bezahlen.

5.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Gemeinderat Galgenen, dem
Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, Kammer III,
sowie dem Bundesamt für Raumentwicklung schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 21. Februar 2005

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: