Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1A.204/2004
Zurück zum Index I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2004
Retour à l'indice I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2004


1A.204/2004 /zga

Urteil vom 14. Dezember 2004

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesgerichtspräsident Aemisegger, Präsident,
Bundesgerichtsvizepräsident Nay, Bundesrichter Féraud,
Gerichtsschreiberin Gerber.

X. ________ AG,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt
lic. iur. Emil Nisple,

gegen

Gemeinderat Dürnten, 8635 Dürnten,
Regierungsrat des Kantons Zürich,
Kaspar Escher-Haus, 8090 Zürich,
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Abteilung, 3. Kammer, Postfach
1226, 8021 Zürich.

baupolizeilicher Befehl,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zürich, 3. Abteilung, 3. Kammer, vom 10. Juni 2004.

Sachverhalt:

A.
Die X.________ AG ist Eigentümerin des Grundstücks Kat.-Nr. 10805 in
Oberdürnten. Auf dem Grundstück befinden sich ein Hotel-Restaurant mit einem
Nebengebäude (Vers.-Nr. 433), dessen bisherige Nutzung streitig ist: Während
die Behörden davon ausgehen, es handle sich um eine ehemalige Scheune,
bezeichnet die X.________ AG das Gebäude als "Hoteldependance".

B.
Auf Grund von Hinweisen, wonach das Nebengebäude für "Single-Treffs" und
andere Veranstaltungen genutzt werde, führte die Bauabteilung Dürnten am 15.
Juli 2003 eine Kontrolle durch. Dabei wurde festgestellt, dass bauliche
Veränderungen vorgenommen worden waren, ohne dass die X.________ AG dafür
eine bau- und raumplanungsrechtliche Bewilligung eingeholt hätte.

Am 17. Juli 2003 verfügte der Gemeindepräsident von Dürnten, der Betrieb von
jeglichen Veranstaltungen in der Liegenschaft Vers. Nr. 433 sei einzustellen
und das Lokal sei zu schliessen, bis die erforderlichen Bewilligungen
vorlägen. Der Grundeigentümer wurde ersucht, für die Nutzungsänderungen der
Liegenschaft ein Baugesuch einzureichen. Einem allfälligen Rekurs wurde die
aufschiebende Wirkung entzogen.

C.
Dagegen erhob die X.________ AG Rekurs und - nachdem dieser vom Regierungsrat
des Kantons Zürich am 17. Dezember 2003 abgewiesen worden war - Beschwerde
ans Verwaltungsgericht des Kantons Zürich. Dieses wies die Beschwerde am 10.
Juni 2004 ab.

D.
Dagegen erhebt die X.________ AG Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans
Bundesgericht. Sie beantragt, der verwaltungsgerichtliche Entscheid, der
Entscheid des Regierungsrats sowie die Verfügung der Gemeinde Dürnten vom 17.
Juli 2003 seien aufzuheben und sie sei davon zu befreien, ein nachträgliches
Baugesuch für die Sanierungsarbeiten an der Liegenschaft Vers.-Nr. 433
einzureichen.

E.
Das Verwaltungsgericht, der Regierungsrat und die Gemeinde Dürnten
beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das
Bundesamt für Raumentwicklung hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.

F.
Mit Verfügung vom 12. Oktober 2004 wies der Präsident der I.
öffentlichrechtlichen Abteilung das Gesuch um Gewährung der aufschiebenden
Wirkung ab.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Angefochten ist die Anordnung einer Betriebsschliessung und die Aufforderung
zur Einreichung eines Baugesuchs für eine Nutzungsänderung sowie bauliche
Änderungen an einer Baute ausserhalb der Bauzone.

1.1 Nach Art. 34 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni
1979 (RPG; SR 700) ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht
zulässig gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide über Bewilligungen im
Sinne von Art. 24-24d RPG. Dazu gehört auch die Frage, ob das streitige
Bauvorhaben bzw. die umstrittenen Änderungen überhaupt einer Bewilligung
bedürfen (Bundesgerichtsentscheide 1A.113/1992 vom 9. Februar 1993 E. 1a und
1A.202/2003 vom 17. Februar 2004 E. 1.2). Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde
sind auch alle Anordnungen anfechtbar, die der Durchsetzung der Art. 24 ff.
RPG dienen (BGE 129 II 321 E. 1.1 S. 324 mit Hinweisen). Dazu zählt die
vorliegend streitige Betriebsschliessung, auch wenn diese nicht nur aus
raumplanerischen, sondern vor allem aus feuerpolizeilichen Gründen angeordnet
worden ist.

1.2 Fraglich ist, ob die Schliessungsverfügung als Endentscheid zu
qualifizieren ist, oder ob es sich um eine vorläufige Massnahme bis zum
Abschluss des baurechtlichen Verfahrens und damit um eine Zwischenverfügung
handelt, gegen die innert zehn Tagen Beschwerde eingereicht werden müsste
(Art. 106 Abs. 1 OG). Gegen eine blosse Zwischenverfügung spricht der
Umstand, dass die Schliessung des Lokals verbindlich bleibt, falls die
erforderlichen Bewilligungen aus raumplanerischen oder anderen Gründen nicht
erteilt werden können.  Es ist somit von einem Endentscheid auszugehen, der
rechtzeitig - binnen 30 Tagen seit Eröffnung - angefochten wurde.

Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist daher einzutreten.

1.3 Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde können die Verletzung von Bundesrecht -
einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens - und die
unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen
Sachverhalts gerügt werden (Art. 104 lit. a und b OG).  Hat allerdings - wie
im vorliegenden Fall - eine richterliche Behörde als Vorinstanz entschieden,
ist das Bundesgericht an den festgestellten Sachverhalt gebunden, es sei
denn, dieser sei offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter
Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden (Art. 105
Abs. 2 OG).

Soweit der Beschwerdeführer die Verletzung von kantonalem Recht rügt, kann
dies vom Bundesgericht nur unter dem Blickwinkel des Willkürverbots (Art. 9
BV) überprüft werden. Willkür liegt nach der Rechtsprechung nicht schon dann
vor, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint oder sogar
vorzuziehen wäre. Das Bundesgericht weicht vom Entscheid der kantonalen
Instanz nur ab, wenn dieser offensichtlich unhaltbar ist, mit der
tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen
unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem
Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 125 I 166 E. 2a S. 168; 125 II 10 E.
3a S. 15, 129 E. 5b S. 134; je mit Hinweisen).

2.
Die Beschwerdeführerin erhebt zunächst verschiedene Verfahrensrügen.

2.1 Sie macht geltend, ihr sei das rechtliche Gehör verweigert worden, weil
sie vor Erlass der Schliessungsverfügung nicht angehört worden sei. Zudem
bezweifelt sie, ob der Gemeindepräsident überhaupt zum Erlass einer solchen
Verfügung berechtigt gewesen sei.

2.1.1 Aus den Akten ergibt sich, dass der Verfügung vom 17. Juli 2003 zwei
Kontrollen - am 23. Januar 2003 und am 15. Juli 2003 - vorangegangen waren;
zumindest an der ersten war ein Vertreter der Beschwerdegegnerin anwesend.
Bereits mit Schreiben vom 5. Februar 2003 hielt die Gemeinde die Ergebnisse
der feuerpolizeilichen Kontrolle fest und wies die Beschwerdeführerin darauf
hin, dass die Benutzung der Scheune als Notfesthalle aus
brandschutztechnischen Gründen nicht zulässig sei. Insofern kam die Verfügung
vom 17. Juli 2003 für die Beschwerdegegnerin keineswegs überraschend.

Im Übrigen hatte die Beschwerdeführerin Gelegenheit, sich vor dem
Regierungsrat zu äussern, der mit derselben Kognition entschied wie die
Gemeinde (§ 20 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959). Eine
allfällige Verletzung des rechtlichen Gehörs wäre daher jedenfalls im
Beschwerdeverfahren vor dem Regierungsrat geheilt worden.

2.1.2 Soweit die Beschwerdeführerin die Zuständigkeit des Gemeindepräsidenten
bezweifelt, legt sie nicht dar, welche Normen des kantonalen Rechts
willkürlich ausgelegt oder angewendet sein sollen. Es ist nicht Aufgabe des
Bundesgerichts, von sich aus die Zuständigkeit kommunaler Behörden zu
überprüfen, die von den zuständigen kantonalen Instanzen (Regierungsrat,
Verwaltungsgericht) nicht beanstandet worden ist.

2.2 Die Beschwerdeführerin rügt weiter, sie habe im regierungsrätlichen
Verfahren die Vernehmlassung der übrigen Verfahrensbeteiligten nicht
erhalten; dies habe Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK verletzt.

Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Entscheid zutreffend dargelegt,
dass Art. 6 Ziff. 1 EMRK im Verfahren vor dem Regierungsrat nicht anwendbar
ist (E. 2.5), und dass im vorliegenden Fall auch gemäss Art. 29 Abs. 2 BV
kein Anspruch auf einen zweiten Schriftenwechsel bzw. auf eine Replik bestand
(E. 2.4). Auf diese Erwägungen kann verwiesen werden.

3.
Die Beschwerdeführerin rügt sodann die Sachverhaltsfeststellung des
Verwaltungsgerichts.

3.1 Dieses sei zu Unrecht davon ausgegangen, das Gebäude Vers.-Nr. 433 sei
eine ehemalige Scheune; in Wirklichkeit handle es sich um eine
Hoteldependance, die schon bisher Hotelzwecken gedient habe. Insofern liege
keine Nutzungsänderung vor.

Das Verwaltungsgericht hielt in seinem Entscheid fest, dass die Frage, ob
eine bauliche Massnahme bewilligungspflichtig sei, im baurechtlichen
Verfahren zu klären sei; ob ein solches Verfahren einzuleiten sei, liege im
Ermessen der Baubehörde. Bestünden Anhaltspunkte, dass ein
bewilligungspflichtiger Sachverhalt vorliegen könnte, sei im Zweifelsfall ein
Bewilligungsverfahren einzuleiten.

Das Verwaltungsgericht traf also noch keine Feststellung zur Frage, ob eine
bewilligungspflichtige Nutzungsänderung vorliege, sondern entschied
lediglich, es liege ein Zweifelsfall vor, der die Eröffnung eines
baurechtlichen Verfahrens rechtfertige. Dieses Vorgehen entspricht Sinn und
Zweck von Art. 24 ff. RPG und ist keineswegs willkürlich. Es wird somit
Aufgabe der zuständigen kommunalen und kantonalen Baubehörden sein zu prüfen,
ob es sich um eine ehemalige Scheune handelt - wofür u.a. das 1989 vom
Architekturbüro Z.________ erstellte Nutzungsschema spricht -, oder ob das
Gebäude tatsächlich von Anfang an der Bewirtung und Beherbergung von Gästen
diente.

3.2 Streitig ist sodann der  Umfang der baulichen Veränderungen.

Das Verwaltungsgericht ging davon aus, es seien drei neue Fenster an der
Nord-West-Fassade sowie ein neuer Boden eingebaut worden, es sei ein neuer
breiter Treppenaufgang bis zum zweiten Obergeschoss gebaut worden; sämtliche
Trennwände seien abgebrochen, die Aussenwände seien isoliert worden und das
Gebäude werde neu beheizt.

Die Beschwerdeführerin bestreitet, dass die Fassade verändert und eine
Heizung eingebaut worden sei. Bei den "Trennwänden" habe es sich nur um
Bretterverschläge gehandelt, die überdies schon zum grössten Teil entfernt
gewesen seien. Das Gebäude sei schon zuvor mit Schilfrohrplatten isoliert
gewesen; diese seien im Jahr 2003 aus Gründen des Feuerschutzes durch
Rigips-Platten ersetzt worden.

Die Sachverhaltsfeststellung des Verwaltungsgerichts stützt sich auf die
Aktennotiz über die Ortsbegehung vom 27. August 2003 und das Protokoll der
Baukommission Dürnten vom 18. November 2003. Die Ortsbegehung fand gemeinsam
mit den Liegenschaftsbesitzern, der Betriebsleitung, den zuständigen Personen
von Kanton und Gemeinde sowie dem Vertreter der Gebäudeversicherung statt.
Soweit aus dem Protokoll ersichtlich, widersprachen die Vertreter der
Beschwerdeführerin den Feststellungen über die baulichen Veränderungen nicht,
sondern bestritten nur deren Bewilligungspflicht.

Unter diesen Umständen durfte das Verwaltungsgericht davon ausgehen, dass
bauliche Veränderungen vorgenommen worden seien, die zumindest die Einleitung
eines baurechtlichen Verfahrens rechtfertigten. In diesem Verfahren wird zu
prüfen sein, welche baulichen Massnahmen von der Beschwerdeführerin
vorgenommen worden sind; diese wird Gelegenheit haben, Unterlagen und
Beweismittel zum vorbestehenden baulichen Zustand und zu den von ihr
veranlassten Arbeiten einzureichen.

4.
Die Beschwerdeführerin beantragt schliesslich die Aufhebung der
Schliessungsverfügung. Sie macht geltend, sie habe alle von der Gemeinde
vorgeschriebenen Massnahmen zum Personen- und Feuerschutz erfüllt, mit
Ausnahme des Blitzableiters. Dies sei im verwaltungsgerichtlichen Verfahren
zu Unrecht nicht berücksichtigt worden.

Die Bauabteilung der Gemeinde Dürnten bestreitet dies: Erst nach Einreichung
eines nachträglichen Baugesuchs mit den entsprechenden Unterlagen könnten die
notwendigen Abklärungen zum Brand- und Personenschutz vorgenommen werden.

4.1 Mit Verfügung vom 18. November 2003 verlangte die Gemeinde Dürnten die
Einreichung kompletter Ausführungspläne über die vorgenommene
Nutzungsänderung, um anhand dieser Unterlagen die Anordnung der Fluchtwege,
die Brandabschnitte, die Nutzung, die mögliche Personenbelegung, die
Inneneinrichtung, etc. überprüfen zu können. Zudem wurde die
Beschwerdeführerin aufgefordert, den Nachweis zu erbringen, dass die
Blitzschutzanlage der neuen Nutzung entspreche.

Am 8. Januar 2004 reichte die Beschwerdeführerin der Gemeinde gewisse Pläne
ein; diese sind jedoch von der Gemeinde und der kantonalen Feuerpolizei noch
nicht geprüft worden, weshalb noch nicht feststeht, ob die Baute im
gegenwärtigen Zustand den Anforderungen des Brand- und Personenschutzes an
eine Festhalle genügt. Es erscheint im Übrigen sinnvoll, die
feuerpolizeilichen Abklärungen im baurechtlichen Verfahren vorzunehmen, um
sie mit der Bewilligung (oder Nichtbewilligung) einer allfälligen
Nutzungsänderung und der  baulichen Änderungen zu koordinieren.

4.2 Im Übrigen rechtfertigt sich die vorläufige Schliessung der Baute schon
aufgrund der fehlenden Blitzschutzanlage und aus raumplanerischen Gründen.
Hierfür kann auf die zutreffenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts (E. 4.2)
verwiesen werden.

5.
Nach dem Gesagten ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde abzuweisen. Bei
diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten
und hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 156 und 159 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Gemeinderat Dürnten, dem
Regierungsrat des Kantons Zürich und dem Verwaltungsgericht des Kantons
Zürich, 3. Abteilung, 3. Kammer, sowie dem Bundesamt für Raumentwicklung
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 14. Dezember 2004

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: