Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1A.160/2004
Zurück zum Index I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2004
Retour à l'indice I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 2004


1A.160/2004 /ggs

Urteil vom 10. März 2005

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Aeschlimann,
Gerichtsschreiberin Gerber.

1. Ehepaar X.________, Beschwerdeführer 1,
2.Familie Y.________, Beschwerdeführer 2,

gegen

Orange Communications SA, Beschwerdegegnerin, vertreten durch Fürsprecher
Hans Ulrich Kobel,
Einwohnergemeinde Bolligen, 3065 Bolligen,
handelnd durch den Gemeinderat Bolligen, 3065 Bolligen,
Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern, Rechtsamt,
Reiterstrasse 11, 3011 Bern,
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung,
Speichergasse 12, 3011 Bern.

Mobilfunkantenne,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Bern vom

21. Mai 2004.
Sachverhalt:

A.
Am 4. Dezember 2000 stellte die Orange Communications SA ein Baugesuch für
die Errichtung einer Mobilfunkanlage mit drei GSM- und drei UMTS-Antennen auf
dem Dach des Wohn- und Gewerbegebäudes Worblentalstrasse 161 in Bolligen.
Gegen das Bauvorhaben gingen zahlreiche Einsprachen ein.

B.
Am 3. Oktober 2001 reichte die Orange Communications SA ein
Projektänderungsgesuch ein. Danach sollen neu drei Dualband-Antennen (statt
bisher sechs Antennen) auf dem Mast montiert werden. Die Bauverwaltung
Bolligen holte daraufhin einen neuen Amtsbericht des kantonalen Amtes für
Industrie, Gewerbe und Arbeit (KIGA, heute: Berner Wirtschaft, beco) ein und
führte am 25. Oktober 2001 eine öffentliche Orientierungsversammlung durch.

C.
Am 22. November 2002 erteilte die Einwohnergemeinde Bolligen die
Gesamtbaubewilligung. Darin wurden die im Amtsbericht der KIGA vom 20.
Dezember 2001 enthaltenen Bedingungen und Auflagen - darunter die Auflage
einer Abnahmemessung - für verbindlich erklärt.

D.
Gegen die Baubewilligung erhoben mehrere Einsprecher, darunter auch das
Ehepaar X.________ sowie die Familie Y.________, Beschwerde an die Bau-,
Verkehrs- und Energiedirektion (BVE) des Kantons Bern. Diese holte beim KIGA
einen Bericht zur Vereinbarkeit des Bauvorhabens mit der Verordnung vom 23.
Dezember 1999 über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV; SR
814.710) ein. Am 13. Juni 2003 wies die BVE die Beschwerden ab und bestätigte
den angefochtenen Entscheid der Gemeinde Bolligen.

E.
Gegen den Beschwerdeentscheid der BVE erhoben das Ehepaar X.________ sowie
die Familie Y.________ Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern.
Dieses unterbreitete der Beschwerdegegnerin verschiedene Fragen und holte
einen weiteren Amtsbericht des beco ein. Am 21. Mai 2004 hiess es die
Beschwerde teilweise - hinsichtlich des Kostenentscheids der BVE - gut und
wies die Beschwerde im Übrigen ab, soweit darauf einzutreten sei.

F.
Gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts, den Beschwerdeentscheid der BVE
und den Bauentscheid der Gemeinde Bolligen erheben  das Ehepaar X.________
sowie Familie Y.________ Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht mit
dem Antrag, die Bewilligung für das Bauvorhaben der Orange Communications SA
sei vollumfänglich zu verweigern und der Bauabschlag zu erteilen. Aufzuheben
sei ferner der Kostenentscheid der Vorinstanz; die Kostenverteilung sei durch
das Bundesgericht zu berichtigen. Eventualiter sei die Sache im Sinne der
Erwägungen des Bundesgerichts zur Neubeurteilung an die Erstinstanz
zurückzuweisen. Die Anzahl der Antennen, die maximalen Leistungswerte und die
exakte Ausrichtung der Antennen seien in der Baubewilligung festzusetzen.

G.
Die Beschwerdegegnerin, das Verwaltungsgericht und die BVE beantragen, die
Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne.

H.
Mit Verfügung vom 2. September 2004 wurde der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
insoweit aufschiebende Wirkung beigelegt, als die Inbetriebnahme und
Sendetätigkeit der Antennen während des bundesgerichtlichen Verfahrens zu
unterbleiben habe; dagegen wurde es der Beschwerdegegnerin gestattet, die
streitige Anlage auf eigenes Risiko bereits zu erstellen.

I.
In seinen Vernehmlassungen vom 22. Oktober 2004 und vom 4. Januar 2005 nahm
das BUWAL zu verschiedenen umweltschutzrechtlichen Fragen Stellung. Es
bemängelte die Immissionsberechnung im Standortdatenblatt für die Orte mit
empfindlicher Nutzung auf unüberbauten Grundstücken (OMEN Nr. 5-7), weil sie
für eine Höhe von 1.5 m über Boden durchgeführt worden sei, anstatt an dem,
nach der Vollzugsempfehlung massgeblichen, höchstbelasteten Punkt innerhalb
des baurechtlich zulässigen Volumens. Bei richtiger Berechnung ergäbe sich
mit grosser Wahrscheinlichkeit eine Überschreitung des Anlagegrenzwerts.
Den Parteien wurde Gelegenheit gegeben, sich zu den Stellungnahmen des BUWAL
zu äussern. Mit Schreiben vom 11. Februar 2005 reichte die Beschwerdegegnerin
ein neues Standortdatenblatt zu den Akten um nachzuweisen, dass der
Anlagegrenzwert auch unter Berücksichtigung des maximal zulässigen
Bauvolumens bzw. des von der Gemeinde zwischenzeitlich bewilligten
Bauprojekts eingehalten werde.

Die Beschwerdeführer machen mit Stellungnahme vom 30. Januar 2005 geltend,
die zwischenzeitlich erstellte Anlage entspreche in mehrfacher Hinsicht nicht
den Bauplänen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid, der sich auf
die Verordnung vom 23. Dezember 1999 über den Schutz vor nichtionisierender
Strahlung (NISV; SR 814.710) stützt, d.h. auf Bundesverwaltungsrecht.
Hiergegen steht die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht
grundsätzlich offen (Art. 97 und 98 lit. g OG). Die Beschwerdeführer sind als
Anwohner der geplanten Mobilfunkanlage zur Beschwerde legitimiert, soweit sie
im vorinstanzlichen Verfahren mit ihren Anträgen nicht durchgedrungen sind.

1.2 Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht können die
Verletzung von Bundesrecht - einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch
des Ermessens - und die unrichtige oder unvollständige Feststellung des
rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden (Art. 104 lit. a und b OG). Hat
allerdings - wie im vorliegenden Fall - eine richterliche Behörde als
Vorinstanz entschieden, ist das Bundesgericht an den festgestellten
Sachverhalt gebunden, es sei denn, dieser sei offensichtlich unrichtig,
unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen
festgestellt worden (Art. 105 Abs. 2 OG).

Zum Bundesrecht nach Art. 104 lit. a OG zählt auch das
Bundesverfassungsrecht. Insofern kann im vorliegenden Verfahren auch geprüft
werden, ob das Verwaltungsgericht den Anspruch der Beschwerdeführer auf
rechtliches Gehör verletzte, als es annahm, die erstinstanzlich begangenen
Gehörsverletzungen seien im Beschwerdeverfahren geheilt worden (vgl. unten,
E. 2).

1.3 Die Rüge, kantonales Recht sei willkürlich angewendet worden, kann
dagegen im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nur dann mitbeurteilt
werden, wenn ein hinreichend enger Sachzusammenhang zwischen ihr und der zu
beurteilenden Frage des Bundesverwaltungsrechts besteht (BGE 124 II 409 E.
1d/dd S. 414; 123 I 275 E. 2b S. 277; 122 II 274 E. 1a S. 277; 121 II 72 E.
1b S. 75).

1.3.1 Ein solcher Sachzusammenhang ist zu bejahen, soweit die
Beschwerdeführer geltend machen, der Inhalt der Baubewilligung sei unklar, da
sich diese Unklarheit auch auf die Immissionsprognose gemäss NISV auswirken
kann. Gleiches gilt für die Rüge, das Verwaltungsgericht habe in seinem
Kostenentscheid die Verletzung des rechtlichen Gehörs in erster Instanz und
die Heilung dieses Verfahrensfehlers unzureichend berücksichtigt.

1.3.2 Dagegen fehlt ein hinreichender Sachzusammenhang, soweit die
Beschwerdeführer die Verletzung von Art. 10 Abs. 2 des Berner
Baubewilligungsdekretes vom 22. März 1994 (BewD) rügen, weil die Baueingabe
nur von der Baurechtnehmerin und nicht vom Grundeigentümer unterzeichnet
worden sei.

Diese Rüge kann daher nur mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung
verfassungsmässiger Rechte geltend gemacht werden. Zur staatsrechtlichen
Beschwerde ist legitimiert, wer durch den angefochtenen Entscheid in seiner
Rechtsstellung berührt wird (Art. 88 OG). Dies trifft bloss zu, wenn die
willkürliche Anwendung einer Norm gerügt wird, die dem Beschwerdeführer einen
Rechtsanspruch einräumt oder den Schutz seiner beeinträchtigten Interessen
bezweckt (BGE 126 I 81 E. 2 ff. S. 84 ff. mit Hinweisen zur Praxis zu Art. 4
aBV).
Art. 10 Abs. 2 BewD soll verhindern, dass sich die Baubewilligungsbehörde mit
Baugesuchen befassen muss, die mangels Zustimmung des Grundeigentümers
ohnehin nie verwirklicht werden können; insofern dient er in erster Linie
öffentlichen Zwecken. Selbst wenn die Norm - entgegen der Praxis der Berner
Behörden - auch dem Schutz umstrittener privater Rechte dienen sollte, könnte
sich doch lediglich der Inhaber dieser Rechte - hier also der Grundeigentümer
- darauf berufen. Dagegen bezweckt die Norm klarerweise nicht den Schutz der
Nachbarn, die sich gegen ein Bauvorhaben wehren.

Nach dem Gesagten kann mangels Legitimation der Beschwerdeführer auf die Rüge
der willkürlichen Anwendung von Art. 10 Abs. 2 BewD auch im Verfahren der
staatsrechtlichen Beschwerde nicht eingetreten werden.

1.4 Im Übrigen ist auf die rechtzeitig erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde
einzutreten.

2.
Die Beschwerdeführer machen zunächst geltend, das Verwaltungsgericht habe zu
Unrecht angenommen, dass die in erster Instanz begangenen Verfahrensverstösse
im Beschwerdeverfahren vor der BVE geheilt worden seien. Das
Verwaltungsgericht hätte die Verfahrensverstösse nicht je für sich isoliert
betrachten dürfen, sondern hätte sie gesamthaft beurteilen müssen. Es wäre
dann zum Schluss gekommen, dass eine Häufung von Rechtsverletzungen vorliege,
die einen schweren Verfahrensmangel darstelle, weshalb eine Heilung
ausgeschlossen sei.

2.1 Das Verwaltungsgericht stellte im angefochtenen Entscheid mehrere
Verfahrensfehler der Baubewilligungsbehörde fest: Diese habe am 25. Februar
2002, ausserhalb des Verfahrens, das hängige Baugesuch mit Vertretern der
Beschwerdegegnerin besprochen; dies habe gegen das Verbot des sog. Berichtens
gemäss Art. 48 des Gesetzes vom 23. Mai 1989 über die Verwaltungsrechtspflege
(VRPG) sowie gegen den Grundsatz der Waffengleichheit und das
Verfassungsprinzip der Fairness verstossen; diese Verletzung führe zur
Ablehnbarkeit bzw. zur Ausstandspflicht des betreffenden Behördemitglieds,
hier also des Präsidenten der Hochbaukommission. Als unter dem Blickwinkel
des rechtlichen Gehörs und des Akteneinsichtsrechts fragwürdig betrachtete
das Verwaltungsgericht auch den Verzicht der Gemeinde auf die Zustellung der
Berichte des Amts für Gemeinden und Raumordnung (AGR) vom 8. August 2002 und
des KIGA vom 4. September 2004 an die Einsprechenden, zumal diese eine solche
Zustellung und damit eine entsprechende Akteneinsicht ausdrücklich verlangt
hatten. Überdies habe die Baubewilligungsbehörde den Grundsatz der
Gleichbehandlung der Prozessparteien verletzt, weil sie den Bericht des AGR
vom 8. August 2002 nur der Beschwerdegegnerin, nicht aber den
Beschwerdeführern zur Kenntnisnahme zugestellt habe.

Diese Verletzungen des rechtlichen Gehörs seien im Beschwerdeverfahren vor
der BVE geheilt worden, da dieser dieselbe Kognition zugestanden habe wie der
Baubewilligungsbehörde und den Beschwerdeführern durch die Heilung kein
Nachteil entstanden sei, d.h. sie ihre Rechte im Beschwerdeverfahren voll
hätten wahrnehmen können. Die Heilung sei nur bei besonders schwerwiegenden
Gehörsverletzungen ausgeschlossen. Sie rechtfertige sich vorab in Fällen, in
denen der Gehörsanspruch in einem Punkt verletzt worden sei, der auf den
Verfahrensausgang keinen Einfluss gehabt habe, wenn die Rückweisung einer
Sache zur Gewährung des rechtlichen Gehörs reiner Selbstzweck wäre und zu
einer unnötigen Verfahrensverlängerung führen würde.

2.2 Diese Ausführungen des Verwaltungsgerichts entsprechen der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur Heilung von Verfahrensmängeln (vgl.
BGE 126 V 130 E. 2b S. 132; 126 I 68 E. 2 S. 72; je mit Hinweisen). Ein
schwerer Mangel wird beispielsweise angenommen, wenn die Verwaltung eine
Verfügung, die einen erheblichen Eingriff in die Rechtsstellung des
Beschwerdeführers bewirkt, ohne vorherige Anhörung desselben erlässt
(unveröffentlichter Entscheid P 38/02 vom 4. Mai 2004 E. 5) oder der
Betroffene von einer Entscheidung gar nichts weiss bzw. gar keine Gelegenheit
erhalten hat, an einem gegen ihn laufenden Verfahren teilzunehmen (BGE 129 I
361 E. 2.1 S. 364 mit Hinweisen). Auch eine Häufung von für sich allein
weniger gewichtigen Verfahrensfehlern kann dazu führen, dass das Verfahren
insgesamt als derart mangelhaft bezeichnet werden muss, dass eine Heilung im
Rechtsmittelverfahren ausgeschlossen ist.

2.3 Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht den Verstoss gegen das
Verbot des "Berichtens" und die daraus folgende Ausstandspflicht als leicht
qualifiziert, weil sich die Besprechung vom 25. Februar 2002 - in der
mögliche Alternativstandorte abgeklärt werden sollten - weder inhaltlich noch
zeitlich auf den Bauentscheid vom 11. November 2002 ausgewirkt habe (E. 3.1.5
S. 8). Auch die Verletzung des rechtlichen Gehörs bzw. des Prinzips der
Waffengleichheit der Prozessparteien sei nicht von grosser Tragweite gewesen:
Die amtlichen Stellungnahmen hätten sich nicht auf Sachverhalts-, sondern auf
Rechtsfragen bezogen; der Bericht des AGR sei der Beschwerdegegnerin nur zur
Kenntnisnahme zugestellt worden und diese habe sich dazu nicht geäussert.
Beide Berichte hätten sich in den Bauakten befunden; mit ihnen hätten sich
die Beschwerdeführer in ihrer Baubeschwerde auseinandergesetzt. Sie hätten
sich sowohl in ihren Beschwerden als auch in ihren Schlussbemerkungen an die
BVE umfassend äussern und ihre Rechte im Beschwerdeverfahren vollumfänglich
wahrnehmen können.
Diese Einschätzung verletzt Art. 29 Abs. 2 BV nicht, und zwar auch dann
nicht, wenn die Verfahrensverletzungen gesamthaft betrachtet werden.

2.4 Soweit die Beschwerdeführer geltend machen, durch die Heilung des
Verfahrensmangels sei zwar nicht ihnen, wohl aber den übrigen Einsprechern,
die keine Beschwerde an die BVE erhoben hatten, ein Nachteil entstanden, ist
dieser Einwand nicht zu berücksichtigen: Wer eine Verfügung nicht anficht,
nimmt in Kauf, dass diese - trotz allfälliger formeller Mängel - in
Rechtskraft erwächst; seine Rechte können in nachfolgenden
Rechtsmittelverfahren nicht mehr geltend gemacht werden.

3.
Materiell rügen die Beschwerdeführer, dass die immissionsrechtliche
Zulässigkeit des Bauvorhabens nicht nachgewiesen worden sei. Die
Berechnungsgrundlagen des Standortdatenblattes, insbesondere die äquivalente
Strahlungsleistung (ERP) der Anlage, seien nicht überprüft worden.

3.1 Das Verwaltungsgericht hielt eine Überprüfung der ERP nicht für
erforderlich: Die Beschwerdeführer hätten einzig Anspruch darauf, dass die
Mobilfunkanlage im massgeblichen Betriebszustand die Anlage- und
Immissionsgrenzwerte einhalte. Aufgrund der Berechnungen im
Standortdatenblatt sei davon auszugehen, dass dies der Fall sein werde;
Klarheit werde die Abnahmemessung schaffen. Es werde Aufgabe der
Vollzugsbehörden sein sicherzustellen, dass die massgeblichen Werte auch nach
der Abnahme eingehalten würden; gegebenenfalls müssten hierfür
baupolizeiliche oder konzessionsrechtliche Sanktionen ergriffen werden.

3.2 Auch das BUWAL vertritt in seiner Vernehmlassung die Auffassung, dass für
die Beurteilung der NIS-Belastung die im Standortdatenblatt deklarierte
Sendeleistung ERP massgebend sei und nicht eine technisch allenfalls mögliche
höhere Sendeleistung. Die in der Anlage verwendeten Senderendstufen müssten
im Standortdatenblatt nicht angegeben werden, weshalb die maximal mögliche
Sendeleistung der Anlage grundsätzlich nicht bekannt sei. Die maximale ERP
der Anlage werde auch bei der Abnahmemessung nicht geprüft.

3.3 Dagegen hat das Bundesgericht in BGE 128 II 378 E. 4 S. 379 ff.
entschieden, dass die im Standortdatenblatt deklarierte ERP grundsätzlich
schon im Baubewilligungs- bzw. im Rechtsmittelverfahren überprüft werden
müsse, sofern Zweifel an der Richtigkeit der Angabe bestehen. Massgeblich sei
dabei grundsätzlich die aufgrund der Hardwarekonfiguration der Anlage
maximale ERP, d.h. die Sendeleistung bei Maximalleistung der vorgesehenen
Senderendstufen, und nicht ein tieferer, durch Fernsteuerung einstellbarer
Wert.
An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Der ERP einer Anlage kommt für die
Anwendung der NISV zentrale Bedeutung zu: Sie ist Grundlage für die
Berechnungen im Standortdatenblatt, welche die Einhaltung der Immissions- und
Anlagegrenzwerte der NISV gewährleisten sollen. Jede Erhöhung der maximalen
ERP stellt eine Änderung der Anlage dar (Ziff. 62 Abs. 2 Anh. 1 NISV).

Die Sendeleistung der Mobilfunkstationen kann vom Netzbetreiber mittels
Fernsteuerung reguliert werden, allerdings nur bis zur Maximalleistung der
verwendeten Senderendstufen (vgl. BGE 128 II 378 E. 4.2 S. 380). Ist die im
Standortdatenblatt deklarierte ERP niedriger als die maximale
Strahlungsleistung der Anlage, so besteht keine Gewähr dafür, dass die
Grenzwerte im Betrieb tatsächlich eingehalten werden, da die
Strahlungsleistung jederzeit mittels Fernsteuerung erhöht werden könnte. Die
Anwohner von Mobilfunkanlagen haben jedoch ein schutzwürdiges Interesse
daran, dass die Einhaltung der NIS-Grenzwerte durch objektive und
überprüfbare bauliche Vorkehrungen gewährleistet wird.

Wie der vom Bundesgericht im Fall BGE 128 II 378 beauftragte Sachverständige
dargelegt hat, kann die maximale ERP einer Mobilfunkanlage aufgrund der
Herstellerangaben zur garantierten Ausgangsleistung der verwendeten
Senderendstufen, zur Dämpfung der verwendeten Combiner- und AFE-Einheit und
der Antennenzuleitungskabel sowie zum Antennengewinn überprüft werden. Die so
ermittelte maximale ERP ist der Immissionsprognose im Standortdatenblatt
zugrunde zu legen.

Ergibt die Berechnung, dass die Anlage- und Immissionsgrenzwerte der NISV bei
maximaler Strahlungsleistung der Anlage eingehalten werden, kann die
Baubewilligung erteilt werden, u.U. mit der Auflage einer Abnahmemessung,
falls die Grenzwerte zu 80% ausgeschöpft werden. Die Abnahmemessung dient der
Prüfung, ob die tatsächliche NIS-Belastung von der im Standortdatenblatt
berechneten abweicht, beispielsweise aufgrund von Beugungen und Reflexionen
der Strahlungsausbreitung, die bei der rechnerischen Immissionprognose nicht
berücksichtigt werden können (vgl. BUWAL, Vollzugshilfe, Ziff. 2.1.8 und
2.3.1).
Ergibt die Berechnung im Standortdatenblatt dagegen eine Überschreitung der
Grenzwerte der NISV, muss grundsätzlich die maximale ERP der Anlage reduziert
werden, beispielsweise durch Verwendung von Senderendstufen einer geringeren
Leistungsklasse. Wird von diesem Grundsatz abgewichen und der Betrieb der
Anlage mit einer niedrigeren als der maximalen ERP der Anlage bewilligt, muss
dies im Bewilligungsentscheid begründet und dargelegt werden, wie die
Einhaltung der bewilligten ERP gewährleistet werden kann.

3.4 Im vorliegenden Fall hatten die Beschwerdeführer die Angaben der
Beschwerdegegnerin zur ERP bezweifelt, weil die maximale Eingangsleistung für
den gewählten Antennentyp nach den im Antennendiagramm enthaltenen
Herstellerangaben 300 W betrage, und nicht klar sei, wie man mit einem
derartigen Input einen Output von 1700 W erreichen könne. Mit Verfügung vom
18. Februar 2004 ersuchte das Verwaltungsgericht die Beschwerdegegnerin, dazu
Stellung zu nehmen.

Mit Schreiben vom 27. Februar 2004 bestätigte der Rechtsvertreter der
Beschwerdegegnerin, dass der vorgesehene Antennentyp pro Sektorantenne eine
Eingangsleistung (max. power input) von 300 W vorsehe; er legte anschliessend
dar, dass aufgrund des Antennengewinns mit dieser Eingangsleistung eine
maximale ERP von 1700 W erzielt werden könne.

Dem widersprach das beco in seiner Stellungnahme vom 4. März 2004: Zur
Erzielung einer äquivalenten Strahlungsleistung von 1700 W sei eine
Eingangsleistung von nur 47 bzw. 46 W erforderlich; dies liege in der
Grössenordnung der gängigen Antenneneingangs- bzw. Senderausgangsleistungen
von Mobilfunkantennen.

Daraufhin berechneten die Beschwerdeführer in ihrer Stellungnahme vom 30.
März 2004, dass die maximale ERP der Anlage bei einer Eingangsleistung von
300 W mehr als 11'000 W betragen würde, die Anlage also auf das 6.5fache der
angegebenen Leistung ausgelegt sei.
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, kommt der vom Hersteller
angegebenen maximalen Eingangsleistung des Antennentyps (hier: 300 W) keine
rechtserhebliche Bedeutung zu: Es handelt sich lediglich um einen oberen
Maximalwert, der verhindern soll, dass interne Antennenteile zu heiss werden
oder dass innerhalb der Antenne Überschläge entstehen. Im vorliegenden Fall
erweckte jedoch der Rechtsvertreter der Beschwerdegegnerin in seiner
Stellungnahme vom 27. Februar 2004 den Eindruck, dass auch die tatsächliche
Eingangsleistung der geplanten Anlage 300 W betrage; träfe dies zu, so
betrüge die maximale ERP der Anlage in der Tat ein Mehrfaches der angegebenen
1700 W. Insofern hätten die kantonalen Behörden, namentlich das als
Fachbehörde zugezogene beco, Anlass zur Überprüfung der deklarierten ERP
gehabt. Hierfür hätten sie Angaben der Beschwerdegegnerin zur technischen
Ausgestaltung der Anlage einholen müssen.

4.
Der vom Verwaltungsgericht festgestellte Sachverhalt erweist sich somit als
unvollständig.

Hinzu kommt, dass auch die Immissionsprognose im Standortdatenblatt vom 23.
Oktober 2001 für die Orte mit empfindlicher Nutzung, die auf unüberbauten
Grundstücken liegen (Art. 3 Abs. 3 lit. c NISV), unzutreffend ist, weil nicht
auf die höchstbelasteten Punkte innerhalb des baurechtlich zulässigen
Volumens abgestellt wurde. In diesem Punkt kann auf die Vernehmlassung des
BUWAL vom 4. Januar 2005 (Ziff. 1.1) verwiesen werden.

Der angefochtene Entscheid ist daher aufzuheben und die Sache zu neuem
Entscheid an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen.
Sollte das Verwaltungsgericht die Baubewilligung erneut bestätigen, wird es
im Dispositiv des neuen Entscheids festhalten müssen, welche Pläne für die
Errichtung der Anlage verbindlich sind. Die Baubewilligung, deren Ziff. 1a
noch immer auf die "von der Gemeinde-Baupolizeibehörde am 11. November 2002
abgestempelten Pläne" verweist, die nicht mehr dem aktuellen Projektstand
entsprechen, müsste insoweit formell abgeändert werden.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Beschwerdegegnerin die Kosten des
bundesgerichtlichen Verfahrens. Da die Beschwerdeführer nicht anwaltlich
vertreten sind, sind keine Parteientschädigungen zuzusprechen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf
einzutreten ist, und der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern
vom 21. Mai 2004 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Beurteilung an das
Verwaltungsgericht zurückgewiesen.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 4'000.-- wird der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Einwohnergemeinde Bolligen, der Bau-,
Verkehrs- und Energiedirektion und dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern
sowie dem Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 10. März 2005

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: