Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1A.119/2004
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1A.119/2004 /gij

Urteil vom 6. Juli 2004

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesgerichtspräsident Aemisegger, Präsident,
Bundesgerichtsvizepräsident Nay, Bundesrichter Féraud,
Gerichtsschreiberin Scherrer.

X. ________,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. David Fries,

gegen

Gemeinderat Stäfa, Gemeindeverwaltung,
Goethestrasse 16, Postfach 535, 8712 Stäfa,
Baudirektion des Kantons Zürich, Walchetor,
8090 Zürich,
Regierungsrat des Kantons Zürich,
Kaspar Escher-Haus, 8090 Zürich,
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 3. Abteilung, 3. Kammer,
Militärstrasse 36, Postfach, 8021 Zürich.

Ausnahmebewilligung nach Art. 24 ff. RPG,

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zürich, 3. Abteilung, 3. Kammer, vom 18. März 2004.

Sachverhalt:

A.
Am 28. November 2002 stellte X.________ beim Gemeinderat Stäfa das Gesuch,
ihr im Sinne eines für Dritte verbindlichen Vorentscheides die Umnutzung des
Gasthofes Y.________ auf dem Grundstück Kat.Nr. 9820 in der
Landwirtschaftszone Stäfa in Aussicht zu stellen. Das Amt für Raumordnung und
Vermessung der Baudirektion des Kantons Zürich (ARV) konnte weder eine
Bewilligung für eine Umnutzung des Restaurants zu Wohn- noch zu Bürozwecken
in Aussicht stellen und wies das Gesuch am 27. Februar 2003 ab. Von diesem
Entscheid nahm der Gemeinderat Stäfa in seinem Beschluss vom 8. April 2003
Vormerk. Einen gegen diese beiden Entscheide gerichteten Rekurs von
X.________ wies der Regierungsrat des Kantons Zürich am 19. November 2003 ab.

B.
Gegen den Rekursentscheid des Regierungsrates gelangte X.________ ans Zürcher
Verwaltungsgericht. Am 27. Februar 2004 erkundigte sich die Referentin des
Verwaltungsgerichtes telefonisch beim Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin,
ob an der Beschwerde noch ein Interesse bestehe, da das Baugrundstück
offensichtlich verkauft worden sei. Der Vertreter bestätigte den Verkauf.
Umstritten ist, ob der Anwalt - so die Telefonnotiz der Referentin - eine
Stellungnahme zur Rechtsnachfolge in Aussicht gestellt hat oder nicht.

Ohne eine weitere schriftliche Äusserung der Beschwerdeführerin zur
aufgeworfenen Frage, trat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 18. März
2004 mangels Legitimation der Beschwerdeführerin nicht auf deren Begehren
ein.

C.
Mit Eingabe vom 7. Mai 2004 erhebt X.________ Verwaltungsgerichtsbeschwerde
beim Bundesgericht. Sie beantragt sinngemäss die Aufhebung des angefochtenen
Beschlusses und die Rückweisung der Sache an das Verwaltungsgericht zur neuen
Beurteilung. Eventualiter sei ihr die Umnutzung des Restaurantes Y.________
in Aussicht zu stellen.

Das Verwaltungsgericht schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf
eingetreten werden könne. Der Regierungsrat des Kantons Zürich beantragt
ebenfalls die Abweisung der Beschwerde. Die Baudirektion des Kantons Zürich
verzichtet auf eine Stellungnahme, genauso wie der Gemeinderat Stäfa, welcher
auf die Entscheide des Verwaltungsgerichts vom 18. März 2004 und des
Regierungsrates vom 19. November 2003 verweist.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1 Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist gemäss Art. 34 Abs. 1 des
Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (Raumplanungsgesetz,
RPG; SR 700) unter anderem zulässig gegen kantonal letztinstanzliche
Entscheide über die Zonenkonformität von Bauten und Anlagen ausserhalb der
Bauzonen sowie über Bewilligungen im Sinne der Artikel 24-24d RPG. Im
vorliegenden Fall vertrat die Beschwerdeführerin im kantonalen Verfahren
indessen die Auffassung, die Umnutzung ihres Restaurantes sei nach Art. 37a
RPG zu bewilligen. Nach Art. 37a RPG regelt der Bundesrat, unter welchen
Voraussetzungen Zweckänderungen gewerblich genutzter Bauten und Anlagen
zulässig sind, welche vor dem 1. Januar 1980 erstellt wurden oder seither als
Folge von Änderungen der Nutzungspläne zonenwidrig geworden sind. Gleich wie
Art. 24c RPG ist auch Art. 37a RPG nur auf solche Bauten ausserhalb des
Baugebietes anwendbar, die seinerzeit in Übereinstimmung mit dem materiellen
Recht erstellt wurden, durch die nachträgliche Änderung von Erlassen oder
Plänen jedoch zonenwidrig geworden sind. Art. 37a RPG behandelt somit einen
Spezialfall der grundsätzlich in Art. 24c RPG geregelten Bestandesgarantie
(Peter Karlen, Die Ausnahmebewilligung nach Art. 24-24d RPG, in: ZBl 102/2001
S. 291 ff., 302). Gestützt auf Art. 37a RPG erteilte Bewilligungen gehören
materiell klarerweise zu den Anordnungen im Sinne der Art. 24-24d RPG. Die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit grundsätzlich auch gegen Verfügungen,
die in Anwendung von Art. 37a RPG ergangen sind, zulässig (vgl. dazu Urteil
1A.176/2002 vom 28. Juli 2002, E. 1).

Die Beschwerdeführerin kann nicht nur rügen, die kantonalen Instanz habe zu
Unrecht die Voraussetzungen für eine Bewilligung nach Art. 37a RPG verneint,
sondern ebenfalls den damit in unmittelbarem Zusammenhang stehenden
Nichteintretensentscheid beanstanden.

1.2 Soweit die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig ist, kann die
Beschwerdeführerin auch geltend machen, der angefochtene Entscheid verletze
Bundesverfassungsrecht, weil dieses zum Bundesrecht im Sinne von Art. 104
lit. a OG gehört (BGE 126 II 300 E. 1b S. 302; 121 II 39 E. 2d/bb S. 47, je
mit Hinweisen).

1.3 Einzutreten ist im vorliegenden Fall einzig auf den Vorwurf, das
Verwaltungsgericht sei zu Unrecht nicht auf die Beschwerde eingetreten. Die
Bewilligungsfähigkeit des Umnutzungsgesuches ist nicht Gegenstand des
bundesgerichtlichen Verfahrens.

Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt und geben zu keinen
Bemerkungen Anlass.

2.
Die Beschwerdeführerin rügt vorab eine Verletzung des rechtlichen Gehörs,
weil das Verwaltungsgericht ihr keine Möglichkeit zur schriftlichen
Stellungnahme in Bezug auf ihre Legitimation eingeräumt hat. Sodann macht sie
im Zusammenhang mit dem Nichteintretensbeschluss die Verletzung resp.
willkürliche Anwendung von kantonalem Recht geltend. Schliesslich verlangt
sie im Eventualantrag die materielle Überprüfung ihres Umnutzungsvorhabens.

2.1 Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist formeller Natur. Seine Verletzung
führt ungeachtet der Erfolgsaussichten in der Sache selbst zur Aufhebung des
angefochtenen Entscheids. Nicht ausschlaggebend ist mit anderen Worten, ob
die Anhörung im konkreten Fall für den Ausgang der materiellen
Streitentscheidung von Bedeutung ist, d.h. die Behörde zu einer Änderung
ihres Entscheides veranlasst wird oder nicht (BGE 127 V 431 E. 3d/aa S. 437;
126 I 19 E. 2d/bb S. 24; 125 I 113 E. 3 S. 118).

Es ist daher zunächst zu prüfen, ob das Verwaltungsgericht der
Beschwerdeführerin das rechtliche Gehör verweigert hat. Ist dies zu bejahen,
ist der angefochtene Beschluss aufzuheben. Diesfalls erübrigt sich eine
Prüfung der übrigen Rügen.

2.2 Die Tragweite des Anspruchs auf rechtliches Gehör bestimmt in erster
Linie das kantonale Recht, dessen Anwendung das Bundesgericht unter dem
beschränkten Gesichtswinkel der Willkür prüft. Falls sich der Schutz aufgrund
des kantonalen Rechts als ungenügend erweist, kann sich der Betroffene auf
denjenigen berufen, der sich unmittelbar aus Art. 29 Abs. 2 BV ergibt. Diese
Bestimmung gewährleistet einen verfassungsrechtlichen Mindestschutz. Das
Bundesgericht prüft frei, ob die sich aus Art. 29 Abs. 2 BV ergebenden Rechte
verletzt worden sind (BGE 124 I 241 E. 2 S. 242 f.; 120 Ia 220 E. 3a S. 223;
114 Ia 93 E. 2 S. 98/99 mit Hinweisen).

2.3 Ob das Verwaltungsgericht das kantonale Recht willkürlich angewandt habe,
kann offen bleiben, wenn sich ergibt, dass es den Anspruch der
Beschwerdeführerin auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV verletzt hat.

Das rechtliche Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 BV dient einerseits der
Sachaufklärung anderseits stellt es ein persönlichkeitsbezogenes
Mitwirkungsrecht beim Erlass eines Entscheids dar, welcher in die
Rechtsstellung des Einzelnen eingreift. Dazu gehört das Recht des
Betroffenen, sich vor dem Entscheid zur Sache zu äussern (BGE 127 I 54 E. 2b
S. 56 mit Hinweis). Anspruch auf vorgängige Anhörung besteht insbesondere,
wenn das Gericht seinen Entscheid mit einer Rechtsnorm oder einem Rechtsgrund
zu begründen beabsichtigt, die im bisherigen Verfahren nicht herangezogen
wurden, auf die sich die Parteien nicht berufen haben und mit deren
Erheblichkeit im konkreten Fall sie nicht rechnen konnten (BGE 128 V 272 E.
5b/bb S. 278; 124 I 49 E. 3c S. 52; 123 I 63 E. 2d S. 69; 116 V 182 E. 1a S.
185; 115 Ia 94 E. 1b S. 96/97; 114 Ia 97 E. 2a S. 99 mit Hinweisen; Michele
Albertini, Der verfassungsmässige Anspruch auf rechtliches Gehör im
Verwaltungsverfahren des modernen Staates, Diss. Bern 2000, S. 270 f.).

3.
3.1 Die Beschwerdeführerin vertritt die Auffassung, die Referentin des
Verwaltungsgerichtes habe sich telefonisch bei ihrem Rechtsvertreter
erkundigt, ob an der Beschwerde noch ein Interesse bestehe, da das
Baugrundstück verkauft worden sei. Der Anwalt sei durch diese telefonische
Anfrage "überrumpelt" worden. Er habe, soweit er sich erinnern könne,
erklärt, er ziehe einen Parteiwechsel in Erwägung, müsse sich die Sache aber
noch überlegen und werde schriftlich dazu Stellung nehmen. Die Referentin
habe dies stillschweigend akzeptiert und habe ihn nicht darüber informiert,
dass er sich bereits anlässlich dieses Telefonats abschliessend zur
Interessenlage äussern müsse. Ebenso wenig sei ihm eine förmliche Frist zur
Stellungnahme angesetzt worden.

3.2 Dieser Darstellung des Sachverhalts hält das Verwaltungsgericht in seiner
Vernehmlassung vor Bundesgericht entgegen, dem Anwalt sei die notwendige Zeit
zur Klärung der Frage, wer im Beschwerdeverfahren Parteistellung einnehme,
zugestanden worden. In seinem telefonischen Rückruf habe der Anwalt erklärt,
er werde eine Eingabe machen und den Prozesseintritt des Rechtsnachfolgers
erklären. Vom Interesse der Beschwerdeführerin an der Weiterführung des
Prozesses sei nicht mehr die Rede gewesen.

3.3 Die Schilderung des Verwaltungsgerichtes wird durch die Aktennotiz der
Referentin vom 27. Februar 2004 gestützt. Wie es sich genau verhalten hat,
kann indessen offen bleiben. Da die Beschwerdeführerin im vorinstanzlichen
Verfahren als Eigentümerin eigene Interessen vertreten hatte, hatte ihre
Legitimation nie zu grösseren Bemerkungen Anlass gegeben. Aufgrund des
Eigentümerwechsels ergibt sich jedoch eine veränderte Ausgangslage. Wollte
das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss neu auf den Rechtsgrund der
fehlenden Legitimation abstellen, wäre es angezeigt gewesen, die
Beschwerdeführerin davon in Kenntnis zu setzen und mit dem Entscheid entweder
bis zum Eintreffen einer schriftlichen Stellungnahme zuzuwarten oder der
Beschwerdeführerin zu diesem Zweck förmlich eine Frist einzuräumen. Die
bisherige Prozesspartei muss sich gehörig dazu äussern können, ob und
inwiefern sie an der Weiterführung des Verfahrens ein schützenswertes
Interesse hat. Stellt der Rechtsvertreter am Telefon eine Vernehmlassung in
Aussicht und bleibt eine solche in der Folge kommentarlos aus, ist der
Beschwerdeführerin unter formeller Fristansetzung nochmals die Gelegenheit
zur schriftlichen Darlegung ihrer Rechtsauffassung zu gewähren.

Die Unstimmigkeit zwischen den beiden Sachverhaltsdarstellungen zeigt
überdies, welche Bedeutung einer schriftlichen Stellungnahme der
Beschwerdeführerin zu ihrer Legitimation beizumessen ist: Damit werden nicht
nur Beweisschwierigkeiten vermieden. Auf diese Weise wird der
Beschwerdeführerin erst ermöglicht, ihre Rechte und Interessen
rechtsgenüglich zu wahren. Kann sie sich lediglich telefonisch zur Rechtslage
äussern, besteht die Gefahr einer übereilten Aussage. Wichtige Standpunkte
werden allenfalls übersehen. Das Äusserungsrecht hat in diesem Sinne eine
Hinweis- und Warnfunktion (vgl. Albertini, a.a.O., S. 259).

4.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde gutzuheissen ist. Der
Beschluss des Verwaltungsgerichtes vom 18. März 2004 ist aufzuheben und die
Angelegenheit an die Vorinstanz zur neuen Entscheidung zurückzuweisen.

Dem Kanton Zürich sind in Anwendung von Art. 156 Abs. 2 OG trotz seines
Unterliegens keine Kosten aufzuerlegen. Er hat der Beschwerdeführerin jedoch
eine angemessene Parteientschädigung auszurichten (Art. 159 Abs. 2 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird gutgeheissen, der Beschluss des
Verwaltungsgerichtes des Kantons Zürich vom 18. März 2004 aufgehoben und die
Sache an die Vorinstanz zu neuem Entscheid zurückgewiesen.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Der Kanton Zürich hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Gemeinderat Stäfa, der
Baudirektion, dem Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht des Kantons
Zürich, 3. Abteilung, 3. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 6. Juli 2004

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: