Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung 1A.113/2004
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1A.113/2004 /gij

Urteil vom 16. Juni 2005

I. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aeschlimann, Reeb,
Gerichtsschreiberin Schilling.

Eheleute A.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwältin Andrea
C. Huber,

gegen

B.________, Beschwerdegegner, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. iur. Heribert
Trachsel,
Gemeinderat Altendorf, Postfach, 8852 Altendorf,
Amt für Raumplanung des Kantons Schwyz, Bahnhofstrasse 9, Postfach 1200, 6431
Schwyz,
Regierungsrat des Kantons Schwyz, 6431 Schwyz, vertreten durch das
Justizdepartement des Kantons Schwyz, Bahnhofstrasse 9, Postfach 1200, 6431
Schwyz,
Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, Kammer III, Postfach 2266, 6431
Schwyz.

RPG (Ausnahmebewilligung; Abbruchverfügung),

Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Schwyz,
Kammer III, vom 11. März 2004.
Sachverhalt:

A.
B. ________ ist Eigentümer des südlich von Altendorf ausserhalb der Bauzone
gelegenen Grundstücks Kat. Nr. 422, Cholrisi/Vorderbergstrasse. Auf dieser
Parzelle stehen ein vom Ehepaar B.________ bewohntes Wohnhaus sowie ein
Schopfgebäude. Der Gemeinderat Altendorf hatte seinerzeit am 10. Juli 1981
eine "Aufstockung des Holzschopfes" unter der Auflage bewilligt, dass dieser
nicht zu Wohnzwecken ausgebaut werde. Eine Bewilligung des kantonalen Amtes
für Raumplanung wurde nicht eingeholt. Im Juni 2000 reichte B.________ ein
Baugesuch für verschiedene kleinere Bauvorhaben auf seinem Grundstück ein,
darunter für die im Obergeschoss des Schopfes bereits eingebaute Werkstatt
sowie für eine neu zu erstellende Zufahrt zum Schopf. Gegen diese Bauvorhaben
erhoben die Nachbarn, die Eheleute A.________, Einsprache.

B.
Mit Verfügung vom 8. Juni 2001 erteilte das kantonale Amt für Raumplanung des
Kantons Schwyz dem im Jahre 1981 von der Gemeinde bewilligten
Holzschopfaufbau eine nachträgliche Raumplanungsbewilligung unter der
Auflage, dass dieser weder zu wohn- noch zu gewerblichen Zwecken ausgebaut
werden dürfe. Eine nachträgliche Ausnahmebewilligung für den Einbau der
Werkstatt im Obergeschoss wurde dagegen verweigert. Der Baugesuchsteller
wurde angewiesen, die nicht bewilligten Fenster auf der West-, Ost- und
Südseite des Holzschopfes innert sechs Monaten nach Rechtskraft der Verfügung
zu entfernen und die Öffnungen mit einer Holzschalung zu versehen. Sämtliche
Werkstatteinrichtungen, namentlich die Hobel- und Bohrmaschinen sowie die
Bandsäge, seien abzumontieren. Der Grundeigentümer wurde weiter verpflichtet,
das bisher im Freien, auf einer - ebenfalls nicht bewilligten und daher
abzubrechenden - Holzplattform aufgestapelte Holz im Holzschopf zu lagern. Im
Übrigen verweigerte das kantonale Amt auch eine Ausnahmebewilligung für die
Erstellung einer neuen Zufahrt zum Schopf.
Diese Verfügung des kantonalen Amtes wurde dem Gesuchsteller und den
Einsprechern am 29. Juni 2001 vom Gemeinderat Altendorf eröffnet. Die
Einsprecher gelangten hierauf mit Beschwerde an den Regierungsrat des Kantons
Schwyz. Dieser hiess die Beschwerde mit Beschluss vom 10. Dezember 2003 gut
und änderte die Verfügung des kantonalen Amtes für Raumplanung in dem Sinne
ab, dass die nachträgliche Ausnahmebewilligung für das Schopfgebäude auf der
Parzelle Kat. Nr. 422 verweigert werde. Das gesamte Schopfgebäude sei innert
12 Monaten ab Rechtskraft des Regierungsratsentscheides abzubrechen und das
Terrain entsprechend dem ursprünglichen Zustand wiederherzustellen und zu
renaturieren. B.________ wandte sich hierauf seinerseits an das
Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, das am 11. März 2004 den angefochtenen
Regierungsratsbeschluss in Gutheissung der Beschwerde aufhob und die
Verfügung des Amtes für Raumplanung vom 8. Juni 2001 bestätigte, soweit diese
vom Regierungsrat abgeändert worden war.

C.
Die Eheleute A.________ haben gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes des
Kantons Schwyz Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht. Sie verlangen, dass
der angefochtene Entscheid aufgehoben und der Regierungsratsbeschluss
insofern bestätigt werde, als eine nachträgliche Ausnahmebewilligung für das
Schopfgebäude verweigert und dessen Abbruch angeordnet worden sei. Zudem sei
der Beschwerdegegner oder seien allenfalls die Vorinstanzen zu verpflichten,
in allen vorinstanzlichen Verfahren die Kosten zu tragen und die
Beschwerdeführer angemessen zu entschädigen.

B. ________ und das Amt für Raumplanung des Kantons Schwyz stellen den
Antrag, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde sei abzuweisen, soweit auf sie
eingetreten werden könne. Die Regierungsrat des Kantons Schwyz hat auf einen
Antrag verzichtet. Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz ersucht um
Abweisung der Beschwerde. Nach Auffassung des Bundesamtes für Raumentwicklung
ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gutzuheissen, sofern die prozessualen
Voraussetzungen dazu erfüllt seien.
In einem zweiten Schriftenwechsel haben die Parteien an ihren Standpunkten
festgehalten.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Angefochten ist der Entscheid einer letzten kantonalen Instanz über die -
nachträgliche - Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäss Art. 24 des
Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (RPG; SR 700). Gegen
solche Entscheide ist nach Art. 34 Abs. 1 RPG die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig.

2.
Nach Art. 103 lit. a OG ist zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde berechtigt, wer
durch die angefochtene Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse
an deren Aufhebung oder Änderung hat. Ficht - wie hier - nicht der
Verfügungsadressat, sondern ein Dritter die Verfügung an, so wird zur
Abgrenzung gegenüber der unzulässigen Popularbeschwerde verlangt, dass der
Beschwerdeführer durch den angefochtenen Entscheid stärker als jedermann
betroffen sei und in einer besonderen, beachtenswerten Beziehung zur
Streitsache stehe. Das Interesse des Dritten an der Aufhebung oder Änderung
der Verfügung kann rechtlicher oder auch bloss tatsächlicher Natur sein, doch
muss es sich um eigene, persönliche Interessen des Beschwerdeführers handeln;
auf öffentliche Interessen allein oder die Interessen anderer Dritter kann er
sich nicht berufen. Das Interesse des Beschwerdeführers gilt als
schutzwürdig, wenn seine tatsächliche oder rechtliche Situation durch den
Ausgang des Verfahrens unmittelbar beeinflusst werden kann, d.h. wenn er
durch das Beschwerdeverfahren einen materiellen oder ideellen Nachteil von
sich abwenden oder aus diesem einen praktischen Nutzen ziehen kann (vgl. zum
Ganzen etwa BGE 121 II 176 E. 2a, 123 II 376 E. 2, 125 I 7 E. 3a, je mit
Hinweisen auf Lehre und Rechtsprechung).
In der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird zur Legitimation der
Beschwerdeführenden dargelegt, diese seien Eigentümer der unmittelbar an das
Baugrundstück angrenzenden Parzelle, auf welcher ihr Wohnhaus steht. Ferner
gehöre die Cholrisistrasse, welche zu beiden Grundstücken führe, ebenfalls
den Eheleuten A.________. Die Benutzung des Schopfes auf dem Grundstück Kat.
Nr. 422 habe daher sowohl erschliessungs- als auch immissionsmässige
Auswirkungen auf das Grundstück der Beschwerdeführer. Zwischen der
Schopfbaute und dem Grundeigentum der Beschwerdeführer bestehe somit eine
besondere räumliche Beziehung. - In der Replik wird ergänzend vorgebracht,
der Schopf mit der Doppelgarage werde über Boden der Beschwerdeführer,
nämlich über die Cholrisistrasse erschlossen, ohne dass der Beschwerdegegner
über eine entsprechende Dienstbarkeit verfüge. Die Cholrisistrasse führe
unmittelbar am Wohnhaus der Beschwerdeführer vorbei. Zusätzlicher Verkehr
habe für die Beschwerdeführer mehr Lärm, Staub und Schmutz, also eine
bedeutende Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität zur Folge. Stärkerer Verkehr
bedeute aber auch höhere Unterhaltskosten für die Strasse. Ausserdem sei der
Schopf für die Beschwerdeführer gut wahrnehmbar und einsehbar. Das
Schopf-Untergeschoss aus Beton und das Schopf-Obergeschoss aus Holz "störten
auch optisch".
Mit diesen Vorbringen vermögen die Beschwerdeführenden ihre Legitimation
jedoch nicht zu belegen.

2.1 Aus den Akten ergibt sich, dass die beiden weit vom Siedlungsgebiet
entfernten, am Nordhang des Vorderberges liegenden Häuser der Parteien zwar
unmittelbar benachbart sind, der seitab stehende Schopf aber vom Wohnhaus der
Beschwerdeführer aus praktisch nicht sichtbar ist und auch sonst nur wenig in
Erscheinung tritt. Im Protokoll der im regierungsrätlichen Verfahren
durchgeführten Augenscheinsverhandlung vom 28. Oktober 2002 wird denn auch
festgestellt, dass sich der Schopf in einer Geländesenkung befinde und wegen
der Vertiefung, den Bäumen sowie dem Wohnhaus auf Parzelle Nr. 422 kaum
einsehbar sei. Er wirke, auch aufgrund der äusseren Gestaltung, in der
Landschaft nicht störend. Der umstrittene Schopf führt somit für die
Beschwerdeführenden weder zu Schattenwurf noch zu sonstigem Lichtentzug und
auch zu keinerlei Beeinträchtigung der Aussicht. Die Beschwerdeführer können
ebenfalls kein Interesse an der Freihaltung des Geländes in unmittelbarer
Nähe ihres Wohnhauses geltend machen (vgl. BGE 104 Ib 245 E. 7d S. 256), da
wie erwähnt das Wohnhaus des Beschwerdeführers neben dem ihren steht und den
weiter entfernten Schopf abdeckt. Da eine gewerbliche Nutzung des Schopfes
untersagt ist, ist zudem auszuschliessen, dass von diesem Lärm-, Geruchs-
oder Staubeinwirkungen ausgehen könnten oder er sonst wie eine Gefahrenquelle
bilden könnte. Die rein örtliche Nähe vermag daher noch keine besondere,
beachtenswerte Beziehung der Beschwerdeführenden zum Streitgegenstand zu
begründen.

2.2 Was die im Eigentum der Beschwerdeführenden stehende Zufahrtsstrasse
anbelangt, ist den Akten zu entnehmen, dass dem Eigentümer der Parzelle Nr.
422 ein unbeschränktes Fuss- und Fahrwegrecht an dieser eingeräumt worden
ist. Soweit die Beschwerdeführer zusätzlichen und mit der Dienstbarkeit nicht
mehr vereinbaren Mehrverkehr seitens der Dienstbarkeitsberechtigten geltend
machen wollen, sind solche Vorbringen im Rahmen der öffentlichrechtlichen
Verwaltungsgerichtsbeschwerde unzulässig. Im Übrigen ist die Behauptung der
Beschwerdeführer, dass sich der Verkehr verstärken werde, falls der Schopf
nicht abgebrochen würde, nicht nachvollziehbar. Allein der Umstand, dass ein
zusätzlicher Einstellraum zur Verfügung steht, heisst noch nicht, dass
tatsächlich mehr Fahrzeuge abgestellt würden, und ebenso wenig, dass diese
auch häufig verkehren würden. Zudem könnte es dem Eigentümer der
Einfamilienhausparzelle Kat. Nr. 422 offensichtlich nicht verwehrt werden,
auch ohne weitere Garage ein zusätzliches Fahrzeug anzuschaffen und dieses
auf den vorhandenen Abstellflächen zu parkieren. Der Abbruch des Schopfes
vermöchte somit eine Zunahme des Verkehrs auf dem Zufahrtssträsschen ohnehin
nicht zu verhindern.

2.3 Die Beschwerdeführenden vermögen demnach mit ihren Ausführungen nicht
darzutun, dass sie aus dem Abbruch des Schopfes einen unmittelbaren
praktischen Nutzen ziehen oder dank diesem einen materiellen oder ideellen
Nachteil von sich abwenden könnten. Liegt ihrer Beschwerdeführung daher kein
eigenes schutzwürdiges Interesse zugrunde, so können sie ein solches auch
nicht aus dem - rein öffentlichen - Interesse an der richtigen Durchsetzung
des Bundesverwaltungsrechts ableiten. Die Beschwerdeführenden sind mithin zur
Einreichung einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde in der Sache selbst nicht
legitimiert.

3.
Die Beschwerdeführenden werfen dem Verwaltungsgericht im Weiteren vor, es
habe ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil es auf die Frage der
Erschliessung des Schopfes nicht eingegangen sei. Zu dieser Rüge der
formellen Rechtsverweigerung sind die Beschwerdeführenden als
Verfahrensbeteiligte trotz der fehlenden Legitimation in der Sache selbst
befugt (vgl. BGE 121 II 454 E. 1b, 123 II 69 E. 1b). Die Rüge ist jedoch
schon deshalb unbegründet, weil sich die heutigen Beschwerdeführer im
Verfahren vor Verwaltungsgericht gar nicht auf die - ihrer Meinung nach
ungenügende - Erschliessung des Schopfes berufen haben (vgl. die
Beschwerdeantwort der Eheleute A.________ vom 27. Januar 2004). Da zum
fraglichen Schopf eine grundstücksinterne Zufahrt besteht, brauchte sich das
Verwaltungsgericht mit der Frage der Erschliessbarkeit des betreffenden
Grundstücksteils auch nicht von Amtes wegen zu befassen. Die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist insofern abzuweisen.

4.
Schliesslich stellen die Beschwerdeführenden Antrag auf Neuregelung der
prozessualen Kosten- und Entschädigungsfolgen. Die Kosten des vorangegangenen
Verfahrens können vom Bundesgericht jedoch nur anders verlegt werden, wenn
auch das Urteil in der Sache selbst abgeändert wird (Art. 157 OG). Auf das
die Kostenverlegung betreffende Begehren kann daher ebenfalls nicht
eingetreten werden.

5.
Die Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens sind den unterliegenden
Beschwerdeführern aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 OG). Diese haben dem
obsiegenden privaten Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche Verfahren
eine angemessene Parteientschädigung auszurichten (Art. 159 Abs. 1 OG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten
ist.

2.
Die Gerichtsgebühr von Fr. 3'000.-- wird den Beschwerdeführern auferlegt.

3.
Die Beschwerdeführer haben B.________ für das bundesgerichtliche Verfahren
eine Parteientschädigung von Fr. 3'000.-- zu bezahlen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Gemeinderat Altendorf, dem Amt für
Raumplanung, dem Regierungsrat und dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz,
Kammer III, sowie dem Bundesamt für Raumentwicklung schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 16. Juni 2005

Im Namen der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident:  Die Gerichtsschreiberin: