Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 88/2003
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U 88/03

Urteil vom 12. Mai 2004
II. Kammer

Präsident Borella, Bundesrichter Meyer und nebenamtlicher Richter Meyer;
Gerichtsschreiberin Fleischanderl

O.________, 1969, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Willy
Bolliger, Bahnhofplatz 1, 5400 Baden,

gegen

"Zürich" Versicherungs-Gesellschaft, Mythenquai 2, 8002 Zürich,
Beschwerdegegnerin

Versicherungsgericht des Kantons Aargau, Aarau

(Entscheid vom 26. Februar 2003)

Sachverhalt:

A.
A.a Die 1969 geborene O.________, verheiratet und Mutter zweier 1989 und 1991
geborener Kinder, war seit 1. Januar 1997 mit einem Pensum von 60 % als
Lagermitarbeiterin bei der H.________ AG, angestellt und bei der "Zürich"
Versicherungs-Gesellschaft (nachfolgend "Zürich") gegen die Folgen von
Berufs- und Nichtberufsunfällen versichert. Am 14. September 1997 erlitt sie
als Beifahrerin in einem Personenwagen einen Verkehrsunfall. Die "Zürich"
erbrachte u.a. die gesetzlichen Taggeldleistungen bis am 31. Dezember 1999.
Die ab 1. Januar 2000 verfügte Leistungseinstellung (Verfügung vom 22. Mai
2000, Einspracheentscheid vom 6. Dezember 2000) wurde vom
Versicherungsgericht des Kantons Aargau (Entscheid vom 15. August 2001) und
schliesslich vom Eidgenössischen Versicherungsgericht (Urteil vom 10. Juli
2002) bestätigt.

A.b Mit Vorbescheid vom 6. Dezember 2000 und Verfügung vom 23. Februar 2001
sprach die IV-Stelle des Kantons Aargau O.________ rückwirkend ab 1.
September 1998 eine ganze Invalidenrente zuzüglich Ehegatten- und
Kinderrenten zu. Am 15. Februar 2001 teilte die "Zürich" der Versicherten
mit, dass durch die Zusprechung der IV-Rente keine Überentschädigung
entstanden sei, was sie der Ausgleichskasse mitgeteilt habe. Daraufhin
überwies die Ausgleichskasse Exfour, Basel, O.________ am 27. Februar 2001
eine Rentennachzahlung im Betrag von Fr. 119'564.-. Nachdem die "Zürich" die
Versicherte mit Schreiben vom 29. Juni 2001 darüber informiert hatte, dass
ihr bei der Berechnung der Überversicherung ein wesentlicher Irrtum
unterlaufen sei, indem sie bei der Festlegung des mutmasslichen Verdienstes
von einer Erwerbstätigkeit von 100 % statt von 60 % ausgegangen sei, und dass
die Neuberechnung eine Überentschädigung von Fr. 32'423.- ergebe, forderte
sie mit Verfügung vom 10. Oktober 2001 einen entsprechenden Betrag zurück.
Daran hielt sie auch auf Einsprache hin fest (Einspracheentscheid vom 12.
August 2002).

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons
Aargau mit Entscheid vom 26. Februar 2003 ab (Dispositiv-Ziff. 1); sodann
wies es die "Zürich" an, die Versicherte gestützt auf Art. 67 Abs. 4 UVV (in
der bis 31. Dezember 2002 gültig gewesenen Fassung) auf die Möglichkeit des
Erlasses der Rückforderung hinzuweisen und eine Frist von 30 Tagen
anzusetzen, innert welcher sie ein schriftliches Erlassgesuch stellen könnte
(Dispositiv-Ziff. 2). Ferner wurde auf die Erhebung von Gerichtskosten
verzichtet (Dis-positiv-Ziff. 3) und keine Parteientschädigung zugesprochen
(Disposi-tiv-Ziff. 4).

C.
O.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Begehren,
Dispositiv-Ziff. 1 und 4 des vorinstanzlichen Entscheides seien aufzuheben
und es sei festzustellen, dass der "Zürich" kein Rückfor-derungsanspruch
zustehe.

Während die "Zürich" auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbe-schwerde
schliesst, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine
Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Letztinstanzlich streitig und zu prüfen ist einzig die Rechtmässikeit der
verfügten und durch das kantonale Gericht bestätigten
Rückerstat-tungsforderung. Nicht Gegenstand der Verfügung der
Beschwerde-gegnerin vom 10. Oktober 2001 und des Einspracheentscheides vom
12. August 2002 bildete die Frage nach einem allfälligen Erlass der
Rückforderung. Darüber wird die "Zürich" - je nach Ausgang dieses Verfahrens
und unter der Bedingung, dass die Beschwerdeführerin fristgerecht ein
entsprechendes Gesuch stellen wird (vgl. Dispositiv-Ziff. 2 des kantonalen
Entscheides) - noch zu befinden haben (vgl. auch Erw. 7 hiernach).
Richtigerweise hat sich die Vorinstanz denn auch nicht näher mit den
Voraussetzungen des Erlasses auseinandergesetzt. Sie stellte lediglich fest,
dass die Beschwerdegegnerin nicht von sich aus - in Nachachtung von Art. 67
Abs. 5 UVV (in der bis 31. Dezember 2002 in Kraft gestandenen Fassung) -
zufolge offensichtlicher finanzieller Härte auf die Rückforderung verzichtet
habe. Ob dies durch den Unfallversicherer zu Recht oder Unrecht geschehen
ist, braucht gerichtlich nicht überprüft zu werden, handelt es sich bei Art.
67 Abs. 5 UVV doch um eine "Kann-Vorschrift", welche den Unfallversicherer
befugt - ihn aber nicht ver-pflichtet -, auf eine Rückforderung zu
verzichten, wenn die Erlassvo-raussetzungen (gemäss Art. 67 Abs. 3 UVV,
ebenfalls in der bis Ende Dezember 2002 gültig gewesenen Fassung)
offensichtlich erfüllt sind. Soweit in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde die
Rückzahlung, sofern zu Recht ausgesprochen, als "grosse Härte" bezeichnet und
die Er-lassfrage in diesem Sinne thematisiert wird, ist darauf nach dem
Ge-sagten nicht einzutreten.

2.
2.1 Die Kognition des Eidgenössischen Versicherungsgerichts ist
unterschiedlich, je nachdem ob es um Versicherungsleistungen oder anderes
geht. Unter Versicherungsleistungen im Sinne des Art. 132 OG sind Leistungen
zu verstehen, über deren Rechtmässigkeit bei Eintritt des Versicherungsfalles
befunden wird (BGE 122 V 136 Erw. 1, 120 V 448 Erw. 2a/bb). Darunter fällt
nach ständiger Rechtsprechung auch die Rückforderung von
Versicherungsleistungen (z.B. Invalidenrenten), nicht jedoch der Erlass einer
solchen Rückerstattungsschuld (BGE 112 V 100 Erw. 1b mit Hinweisen). Da
vorliegend einzig die Rückerstattungspflicht zu beurteilen ist, gilt
grundsätzlich die erweiterte Kognition nach Art. 132 OG.

2.2 Wie das kantonale Gericht zu Recht festgehalten hat, ist das am 1. Januar
2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000, mit welchem auch
zahlreiche Bestimmungen im Unfallversicherungsbe-reich geändert worden sind,
nicht anwendbar, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses des
Einspracheentscheides (hier: 12. August 2002) eingetretene Rechts- und
Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt
werden (BGE 129 V 4 Erw. 1.2 mit Hinweisen; RKUV 2001 Nr. U 419 S. 101).
Soweit nicht anders vermerkt, gelangen die nachfolgend aufgeführten Normen
somit jeweils in ihrer bis 31. Dezember 2002 gültig gewesenen Fassung zur
Anwendung.

3.
3.1 Gemäss Art. 40 UVG werden, wenn keine andere Koordinations-regel dieses
Gesetzes eingreift, Geldleistungen, ausgenommen Hilflo-senentschädigungen,
soweit gekürzt, als sie mit den anderen Sozialversicherungsleistungen
zusammentreffen und den mutmasslich entgangenen Verdienst übersteigen. Art.
34 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und
Invalidenvorsorge bleibt vorbehalten. Die Vorschrift von Art. 40 UVG stellt
eine Generalklausel zur Vermeidung von Überentschädigung dar. Sie gilt ihrem
Wortlaut nach nur subsidiär, d.h. wenn keine andere Koordinationsnorm
anwendbar ist. So finden Art. 40 UVG und die entsprechenden gemäss
altrechtlicher Rechtsprechung (namentlich zu Art. 74 Abs. 3 KUVG)
entwickelten Grundsätze keine Anwendung beim Zusammentreffen von Renten der
AHV oder IV, da die Art. 20 Abs. 2 und 31 Abs. 4 UVG diesbezüglich eine
besondere Koordinationsregel enthalten. Demgegenüber greift Art. 40 UVG
beispielsweise dann Platz, wenn - wie im hier zu beurteilenden Fall -
Taggelder der Unfallversicherung mit einer Rente der Invalidenversicherung
zusammentreffen (BGE 126 V 193 f. Erw. 1 mit Hinweisen ).

3.2 Vorliegend hat die "Zürich" vom 14. September 1997 bis 31. Dezember 1999
Taggeldleistungen aus der Unfallversicherung erbracht und, nachdem die
Invalidenversicherung der Beschwerdeführerin mit Verfügung vom 23. Februar
2001 rückwirkend ab 1. September 1998 eine Invalidenrente zugesprochen hatte,
gestützt auf Art. 40 UVG eine Überversicherungsberechnung vorgenommen. Eine
erste Berechnung ergab keine Überentschädigung, weil die "Zürich" irrtümlich
von einer ehemals 100%igen Erwerbstätigkeit der Beschwerdeführerin
ausge-gangen war (Schreiben der "Zürich" vom 15. Februar 2001; internes Memo
vom 14. Juni 2001). Eine Neuberechnung der Überversiche-rung unter korrekter
Berücksichtigung der bisherigen 60%igen er-werblichen Beschäftigung der
Versicherten ergab indessen eine Überentschädigung in Höhe von Fr. 32'423.-
(vgl. Schreiben der "Zürich" vom 29. Juni 2001), welche mit Verfügung vom 10.
Oktober 2001 zurückgefordert wurde. Die Neuberechnung der Überentschädigung
entspricht der Aktenlage und ist in masslicher Hinsicht nicht bestritten. Im
Streite steht hingegen der Rückforderungsanspruch an sich.

4.
4.1 Hat ein Unfallversicherer Taggelder ausgerichtet und erbringt später die
Invalidenversicherung für denselben Zeitraum Rentenleistun-gen, die zu einer
Rückforderung Anlass geben, so kann der Unfallver-sicherer bei der
Invalidenversicherung die Verrechnung verlangen. Denn gemäss Art. 20 Abs. 2
AHVG (anwendbar auf die Invalidenversi-cherung nach Art. 50 Abs. 1 IVG [ab 1.
Januar 2003: Art. 50 Abs. 2 IVG]) können fällige Leistungen mit Forderungen
auf Grund des AHVG, IVG, EOG und FLG (lit. a), mit Rückforderungen von
Ergänzungsleistungen zur AHV und IV (lit. b) und mit Rückforderungen von
Renten und Taggeldern der obligatorischen Unfallversicherung, der
Militärversicherung, der Arbeitslosenversicherung und der
Kranken-versicherung (lit. c) verrechnet werden.

4.2 Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin geht es vorliegend nicht
um die teilweise Rückerstattung der durch die Ausgleichskasse Exfour
überwiesenen Rentennachzahlung der Invalidenversi-cherung, sondern um die
Rückforderung von Taggeldern der Unfall-versicherung. Dass es wegen der
zunächst falschen Berechnung nicht zur zulässigen Verrechnung der (in
masslicher Hinsicht unbestrittenen) Überentschädigung mit Rentennachzahlungen
der Invalidenversiche-rung gekommen ist, ändert nichts daran, dass
Taggeldleistungen der Unfallversicherung - und nicht Rentenleistungen der
Invalidenversi-cherung - im Streite liegen, deren Rückerstattung durch den
Unfall-versicherer geltend gemacht werden muss. Die Legitimation der "Zürich"
zur Geltendmachung der Rückforderung ist daher gegeben. Zu prüfen ist im
Folgenden, ob die Voraussetzungen für eine Rückforderung gegeben sind.

5.
5.1 Gemäss Art. 52 Abs. 1 UVG sind unrechtmässig bezogene Leistungen
zurückzuerstatten (Satz 1). Bei gutem Glauben und gleichzeitigem Vorliegen
einer grossen Härte ist von der Rückforderung abzusehen (Satz 2).

5.2 Art. 52 Abs. 1 UVG setzt als Voraussetzung für die Rückerstattung die
Unrechtmässigkeit des Leistungsbezugs voraus; weitere bereichspezifische
Erfordernisse sind nicht notwendig (vgl. Meyer-Blaser, Die Rückerstattung von
Sozialversicherungsleistungen, ZBJV 131/1995, S. 490 f., 498). Die
Rückerstattungsregelung von Art. 52 UVG schliesst im Übrigen die Anwendung
der nach Art. 62 ff. OR für Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung
geltenden Regeln, wie dies in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde geltend
gemacht wird, aus (Rumo-Jungo, Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zum
Unfallversicherungsgesetz, 3. Auflage, Zürich 2003, S. 264).

Die Beschwerdeführerin erhält mit Wirkung ab 1. September 1998 eine ganze
Rente der Invalidenversicherung. Demzufolge ist der während des Taggeldbezugs
vom 14. September 1997 bis 31. Dezember 1999 den mutmasslichen Verdienst der
Versicherten übersteigende Teil der Unfalltaggelder zu Unrecht ausbezahlt
worden.

5.3 Wie das kantonale Gericht zutreffend dargetan hat - und worauf verwiesen
werden kann -, unterliegt eine Rückforderung rechtsbe-ständig zugesprochener
Taggelder der Unfallversicherung nach Art. 52 Abs. 1 UVG des Weitern den
üblichen Rückkommensvoraussetzungen der prozessualen Revision oder der
Wiedererwägung wegen zweifello-ser Unrichtigkeit und erheblicher Bedeutung
der Berichtigung - und zwar unabhängig davon, ob die zur Rückforderung Anlass
gebenden Leistungen förmlich oder formlos verfügt worden sind (BGE 126 V 23
Erw. 4b, 46 Erw. 2b, 399 Erw. 1, je mit Hinweisen). Rechtsprechungs-gemäss
gilt die von der Invalidenversicherung ermittelte Erwerbsun-fähigkeit als
erhebliche neuentdeckte Tatsache, deren Unkenntnis der Unfallversicherer
nicht zu vertreten hat (vgl. im Bereich der Arbeitslo-senversicherung: ARV
1998 Nr. 15 S. 81 Erw. 5a mit Hinweisen), so-dass ein Rückkommen auf die
ausgerichteten Taggeldleistungen auf dem Wege der prozessualen Revision
möglich ist (BGE 127 V 478 Erw. 2b/cc mit Hinweisen).

5.4 Zu prüfen ist ferner, ob die Rückforderung - wie die Beschwerdeführerin
geltend macht - verjährt ist.

5.4.1 Nach Art. 52 Abs. 2 UVG verjährt der Rückforderungsanspruch mit dem
Ablauf eines Jahres, nachdem der Versicherer von der Unrechtmässigkeit der
Leistungen Kenntnis erhalten hat, spätestens aber fünf Jahre nach der
Leistung. Entgegen dem Wortlaut der Bestimmung handelt es sich dabei um
Verwirkungsfristen, die von Amtes wegen zu berücksichtigen sind (vgl. zur
sinngemäss anwendbaren Rechtsprechung zu Art. 47 AHVG: BGE 111 V 135; AHI
1998 S. 295 f. Erw. 4b). Die (absolute) fünfjährige Verjährungsfrist ist vom
Zeitpunkt an zu berechnen, in welchem die Leistung effektiv erbracht worden
ist (BGE 108 V 4; in RKUV 2003 Nr. U 471 S. 35 nicht veröffentlichte Erw. 1b
des Urteils H. vom 29. August 2002, U 48/02 ). Die hier zur Diskussion
stehende Rückforderung betrifft Taggeldleistungen, die nach dem Umfall vom
14. September 1997 erbracht worden sind, weshalb mit der
Rückforderungsverfügung vom 10. Oktober 2001 jedenfalls die absolute
Verwirkungsfrist gewahrt worden ist.

5.4.2 Für den Beginn der einjährigen Verwirkungsfrist ist entsprechend dem
Gesetzeswortlaut - "nachdem der Versicherer davon Kenntnis erhalten hat" -
der Zeitpunkt zu verstehen, in welchem die Verwaltung bei Beachtung der ihr
zumutbaren Aufmerksamkeit hätte erkennen müssen, dass die Voraussetzungen für
eine Rückerstattung gegeben sind (BGE 119 V 433 Erw. 3a mit Hinweisen). Um
diese Vorausset-zungen beurteilen zu können, müssen der Verwaltung alle im
konkre-ten Einzelfall erheblichen Umstände zugänglich sein, aus deren
Kenntnis sich der Rückforderungsanspruch im Grundsatze nach und in seinem
Ausmass gegenüber einem bestimmten Rückerstattungspflich-tigen ergibt. Für
diese Beurteilung des Rückforderungsanspruches ge-nügt es nicht, dass der
Verwaltung bloss Umstände bekannt werden, die möglicherweise zu einem solchen
Anspruch führen können, oder dass dieser Anspruch bloss dem Grundsatz nach,
nicht aber in massli-cher Hinsicht feststeht; das Gleiche gilt, wenn nicht
feststeht, gegen welche Person sich die Rückforderung zu richten hat. Ferner
ist die Rückforderung als einheitliche Gesamtforderung zu betrachten. Vor
Erlass der Rückerstattungsverfügung muss zudem die Gesamtsumme der
unrechtmässig ausbezahlten Leistungen feststellbar sein (BGE 112 V 181 Erw.
4a mit Hinweisen; vgl. auch SVR 2001 IV Nr. 30 S. 94 Erw. 2d).

Entsprechend diesen Grundsätzen ist für den Beginn der relativen
Verjährungsfrist im hier zu beurteilenden Fall die Kenntnis des
Unfallversicherers über den Anspruch der Beschwerdeführerin auf eine Rente
der Invalidenversicherung und nicht - wie die Versicherte gel-tend macht -
der Zeitpunkt der Ausrichtung der letzten Taggeldleistung massgeblich. Die
IV-Stelle des Kantons Aargau hat die "Zürich" mit Vorbescheid vom 6. Dezember
2000, eingegangen bei der "Zürich" am 11. Dezember 2000, über den
Rentenanspruch der Beschwerde-führerin ab 1. September 1998 informiert.
Frühestens diese Mitteilung konnte den Beginn der einjährigen relativen
Verjährungsfrist auslösen, weshalb mit der Verfügung vom 10. Oktober 2001
auch diese Frist ge-wahrt worden ist.

5.5 Zusammenfassend ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die
Rückforderung grundsätzlich gegeben sind. Damit steht jedoch noch nicht
abschliessend fest, ob die Beschwerdeführerin unrechtmässig bezogene
Leistungen im Betrag von Fr. 32'423.- zurückerstatten muss.

6.
6.1 Mit Schreiben vom 15. Februar 2001 teilte die "Zürich" dem Ver-treter der
Beschwerdeführerin das Folgende mit:

"Aufgrund Art. 40 UVG hatten wir die Überversicherungsberechnung vorzunehmen.
Wir können Ihnen mitteilen, dass durch die IV-Zahlungen keine
Überentschädigung entstanden ist. Dies haben wir der Ausgleichskasse
mitgeteilt. Frau Oeztürk wird somit in den nächsten Ta-gen den Betrag von Fr.
115'480.- erhalten."
Das kantonale Gericht ging davon aus, dass die Beschwerdegegnerin - als diese
den Irrtum bei der Überversicherungsberechnung bemerkte - ohne weiteres auf
ihr formloses Schreiben zurückkommen konnte. Dieser Auffassung kann nicht
vollumfänglich gefolgt werden. Zwar ändert das Schreiben der "Zürich" vom 15.
Februar 2001 nichts daran, dass die Voraussetzungen für ein Rückkommen auf
die Taggeldleistungen grundsätzlich gegeben waren (vgl. Erw. 5 hievor). Indem
die Beschwerdeführerin - wie bereits im Einsprache- und im vorinstanzlichen
Verfahren - jedoch geltend macht, eine Rückforderung sei nicht
gerechtfertigt, weil kein wesentlicher Irrtum vorliege und sie die
Rentennachzahlung der Invalidenversicherung inzwischen gutgläubig verbraucht
habe, beruft sie sich sinngemäss auf den Grundsatz von Treu und Glauben.

6.2 Der in Art. 9 BV verankerte Grundsatz von Treu und Glauben schützt den
Bürger und die Bürgerin in ihrem berechtigten Vertrauen auf behördliches
Verhalten und bedeutet u.a., dass falsche Auskünfte von Verwaltungsbehörden
unter bestimmten Voraussetzungen eine vom materiellen Recht abweichende
Behandlung der Rechtsuchen-den gebieten. Gemäss Rechtsprechung und Doktrin
ist eine falsche Auskunft bindend,
1. wenn die Behörde in einer konkreten Situation mit Bezug auf bestimmte
Personen gehandelt hat;
2. wenn sie für die Erteilung der betreffenden Auskunft zuständig war oder
wenn die rechtsuchende Person die Behörde aus zureichenden Gründen als
zuständig betrachten durfte;
3. wenn die Person die Unrichtigkeit der Auskunft nicht ohne weiteres
erkennen konnte;
4. wenn sie im Vertrauen auf die Richtigkeit der Auskunft Dispositionen
getroffen hat, die nicht ohne Nachteil rückgängig gemacht werden können;
5. wenn die gesetzliche Ordnung seit der Auskunftserteilung keine Änderung
erfahren hat (BGE 127 I 36 Erw. 3a, 126 II 387 Erw. 3a; RKUV 2000 Nr. KV 126
S. 223; zu Art. 4 Abs. 1 aBV ergangene, weiterhin geltende Rechtsprechung:
BGE 121 V 66 Erw. 2a mit Hinweisen).

Praxisgemäss können nicht nur falsche Auskünfte eine vom mate-riellen Recht
abweichende Behandlung des Rechtsuchenden gebieten. Vielmehr kann jede Form
bestimmten behördlichen Fehlverhaltens im Einzelfall den
öffentlich-rechtlichen Vertrauensschutz auslösen, wenn und soweit es beim
Betroffenen eine entsprechende Vertrauensposition schafft (BGE 111 Ib 124
Erw. 4; unveröffentlichtes Urteil V. vom 30. September 1994, H 113/94;
Grisel, Traité de droit administratif, S. 390 f.).
6.2.1 Das Schreiben der "Zürich" vom 15. Februar 2001 enthielt eine falsche
Auskunft zur Überentschädigung und war insofern grundsätz-lich geeignet, den
öffentlich-rechtlichen Vertrauensschutz auszulösen. Die Voraussetzungen 1, 2,
3 und 5 für eine bindende Wirkung einer falschen Auskunft sind sodann
zweifellos erfüllt. Fraglich ist hingegen, ob die Beschwerdeführerin, welche
bereits im Einspracheverfahren vorbrachte, die Rentennachzahlung gänzlich
verbraucht zu haben, Dispositionen getroffen hat, die nicht ohne Nachteil
rückgängig ge-macht werden können (vgl. dazu Weber-Dürler, Vertrauensschutz
im öffentlichen Recht, Basel 1983, S. 102; dies., Falsche Auskünfte von
Behörden, in: ZBl 1991 S. 16; Rhinow/Krähenmann, Schweizerische
Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, Nr. 75 B III Ziff. 3c/2 S.  242).

6.2.2 Dies ist zu verneinen. Denn der blosse Verbrauch von unrechtmässig
bezogenen Geldmitteln im Anschluss an eine fehlerhafte Zusicherung kann
rechtsprechungsgemäss nicht als Disposition im Sinne der 4. Voraussetzung des
Vertrauensschutzes gelten (ARV 2002 S. 182 Erw. 3b in fine mit Hinweis;
Urteile Z. vom 9. September 2002, I 133/01, Erw. 2.3.2 in fine, sowie A. vom
7. Mai 2001, C 27/01, Erw. 3c/cc, je mit Hinweisen). Daran ändert auch der
Umstand nichts, dass die Beschwerdeführerin mit der Rentennachzahlung nicht
nur verschiedene Schulden (Darlehen, Steuern, Einbürgerungs- und
Anwaltskosten) beglichen, sondern zudem Luxusuhren für sich und ihren
Ehemann, Möbel sowie elektronische Geräte angeschafft, zweimal kostspielige
Ferien gemacht und Investitionen in die Liegenschaft der Eltern in der Türkei
getätigt hat. Auch mit diesen Kauf- und Schen-kungsgeschäften wurde letztlich
lediglich Geld verbraucht; ein rechts-erheblicher Unterschied zum blossen
Verbrauch im Sinne von Schul-denrückerstattung etc. ist nicht zu erkennen und
könnte auch kaum zuverlässig festgestellt werden. Diesbezüglich handelt es
sich somit ebenfalls nicht um schützenswerte Dispositionen, welche die
gesetzliche Rückerstattungsverpflichtung unter dem Titel des
Vertrauensschutzes aufzuheben vermöchten. Deuten mithin die Angaben der
Beschwerdeführerin auf keine hier rechtserheblichen Dispositionen hin und
sind solche auch nach der Aktenlage nicht anzunehmen (BGE 110 V 52 ff. Erw. 4
und 5), bleibt es bei der verfügten Rückforderung.

7.
Das kantonale Gericht hat festgestellt, dass die "Zürich" in der
Rück-forderungsverfügung vom 10. Oktober 2001 nicht auf die Möglichkeit des
Erlassgesuchs gemäss Art. 67 Abs. 4 UVV (aufgehoben per 31. Dezember 2002)
hingewiesen habe, weshalb es den Unfallversicherer - was unangefochten blieb
- in Dispositiv Ziff. 2 seines Entscheides angewiesen hat, die
Beschwerdeführerin auf die Möglichkeit des Erlasses hinzuweisen und eine
Frist von 30 Tagen anzusetzen, innert welcher sie ein schriftliches
Erlassgesuch stellen könnte (vgl. auch Erw. 1 hievor). Die "Zürich" wird
demnach auf die Möglichkeit des Erlasses hinzuweisen haben (per 1. Januar
2003: vgl. Art. 1 Abs. 1 UVG in Verbindung mit Art. 25 Abs. 1 Satz 2 ATSG und
Art. 3 Abs. 2 ATSV).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kan-tons Aargau
und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) zugestellt.

Luzern, 12. Mai 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der II. Kammer:   Die Gerichtsschreiberin: