Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 44/2003
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U 44/03

Urteil vom 19. Januar 2004
III. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari; Gerichtsschreiber
Grunder

S.________, 1955, Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bruno
Häfliger, Schwanenplatz 7, 6004 Luzern,

gegen

"Zürich" Versicherungs-Gesellschaft, Alfred-Escher-Strasse 50, 8022 Zürich,
Beschwerdegegnerin, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Attilio R. Gadola,
Kirchstrasse 7, 6061 Sarnen 1

Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden, Stans

(Entscheid vom 10. Februar 2003)

Sachverhalt:

A.
Die 1955 geborene S.________ zog sich am 9. Dezember 1993 bei einem
Verkehrsunfall (Auffahrkollision) ein Schleudertrauma der Halswirbelsäule zu.
Die Zürich Versicherungs-Gesellschaft, bei welcher sie obligatorisch gegen
die Folgen von Unfällen versichert war, sprach unter anderem eine
Invalidenrente ab 1. Januar 1997 auf der Basis eines Invaliditätsgrades von
30 % und eine Integritätsentschädigung auf der Grundlage einer
Integritätseinbusse von 27,5 % zu (Einspracheentscheid vom 28. Februar 2000).
Die hiegegen eingereichte Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons
Nidwalden ab (Entscheid vom 12. Februar 2001). Mit Urteil vom 22. Oktober
2002 hiess das Eidgenössische Versicherungsgericht die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde in dem Sinne teilweise gut, dass es den
kantonalen Entscheid bezüglich der Invalidenrente aufhob und die Sache an die
Vorinstanz zurückwies, damit sie, nach erfolgter Abklärung im Sinne der
Erwägungen, über den Rentenanspruch der Beschwerdeführerin neu befinde.

B.
Mit Entscheid vom 10. Februar 2003 hat das Versicherungsgericht des Kantons
Nidwalden in teilweiser Gutheissung der Beschwerde den "Einspracheentscheid
vom 28. Februar 2000 bezüglich der Invalidenrente aufgehoben und die Sache an
die Vorinstanz zurückgewiesen, damit sie nach erfolgten Abklärungen im Sinne
der Erwägungen des Urteils des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 22.
Oktober 2002 über den Rentenanspruch neu entscheide bzw. neu verfüge".

C.
S.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, der
vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben und es sei ihr für das kantonale
Verfahren eine Parteientschädigung von mindestens Fr. 3'360.- zuzüglich
Mehrwertsteuer zuzusprechen.

Die Zürich Versicherungs-Gesellschaft und das Bundesamt für
Sozialversicherung, Abteilung Unfallversicherung (seit 1. Januar 2004 im
Bundesamt für Gesundheit), verzichten auf eine Vernehmlassung zur
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das kantonale Gericht hat mit Eingabe vom 25.
Februar 2003 hiezu eine Stellungnahme eingereicht.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Nach der Rechtsprechung des Eidgenössischen Versicherungsgerichts stellt der
Rückweisungsentscheid einer kantonalen Rekursinstanz eine im Sinne von Art.
128 in Verbindung mit Art. 97 Abs. 1 OG und Art. 5 VwVG mit
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Eidgenössische Versicherungsgericht
anfechtbare Endverfügung dar (BGE 120 V 237 Erw. 1a). Auf die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde, mit welcher ein Rückweisungsentscheid einer
Vorinstanz angefochten wird, ist daher einzutreten.

2.
Streitig und zu prüfen ist einzig, ob die Vorinstanz, nachdem das
Eidgenössische Versicherungsgericht mit Urteil vom 22. Oktober 2002 (U
227/01) die Sache an sie zurückgewiesen hatte, damit sie nach erfolgter
Abklärung im Sinne der Erwägungen über den Anspruch auf Invalidenrente neu
entscheide, befugt war, eine Rückweisung an den Unfallversicherer zur
Ermittlung der hypothetischen Vergleichseinkommen anzuordnen.

2.1 Anfechtbar ist grundsätzlich nur das Dispositiv, nicht aber die
Begründung eines Entscheides. Verweist indessen das Dispositiv eines
Rückweisungsentscheides ausdrücklich auf die Erwägungen, werden diese zu
dessen Bestandteil und haben, soweit sie zum Streitgegenstand gehören, an der
formellen Rechtskraft teil. Dementsprechend sind die Motive, auf die das
Dispositiv verweist, für die Behörde, an die die Sache zurückgewiesen wird,
bei Nichtanfechtung verbindlich (BGE 120 V 237 Erw. 1a mit Hinweis).
Bezüglich der Bundesrechtspflege legt das Gesetz diesen Grundsatz für Zivil-
und Strafsachen ausdrücklich (Art. 66 OG, Art. 277ter BStP) fest, doch gilt
er ebenfalls, wenn über eine verwaltungsrechtliche Streitigkeit zu befinden
ist (BGE 117 V 241 Erw. 2a mit Hinweisen). Die genannten Bestimmungen beruhen
auf dem Gedanken, dass die betreffende Rechtsfrage für den konkreten
Streitfall als endgültig entschieden zu gelten hat, wie dies bei einem
letztinstanzlichen Endurteil der Fall ist. Wird der neue Entscheid der
unteren Instanz wiederum weitergezogen, so ist das Eidgenössische
Versicherungsgericht an die Erwägungen gebunden, mit denen es die Rückweisung
begründet hat (RKUV 1999 Nr. U 331 S. 127 Erw. 2).

2.2
2.2.1Das Eidgenössische Versicherungsgericht hat im Urteil vom 22. Oktober
2002 erwogen, dass auf Grund der widersprüchlichen Angaben der Arbeitgeberin
der Versicherten das streitige Einkommen ohne Gesundheitsschaden nicht
bestimmt werden kann. Vorinstanz und Unfallversicherung haben keinen
Einkommensvergleich angestellt, sondern ohne Angaben erwerblicher Faktoren
einen Invaliditätsgrad von 30 % entsprechend der fachärztlich eingeschätzten
Arbeitsunfähigkeit angenommen. Damit erwies sich die Invaliditätsbemessung
nicht als rechtskonform, weil dazu unabdingbar gehört, dass die beiden
hypothetischen Vergleichseinkommen möglichst genau ermittelt und einander
gegenübergestellt werden (BGE 114 V 313 Erw. 3a mit Hinweisen). Die Sache
wurde daher an die Vorinstanz zurückgewiesen, damit sie durch geeignete
Abklärungen die Vergleichseinkommen bestimme und gestützt auf die Ergebnisse
den Invaliditätsgrad festlege. Das kantonale Gericht ist dem nicht
nachgekommen mit der Begründung, es sei grundsätzlich Sache der Verwaltung,
die Grundlagen zur Ermittlung der Vergleichseinkommen zu beschaffen. Sie
verfüge nicht über das dazu notwendige, fachlich ausgebildete Personal. Die
Pflicht, Abklärungen richterlich durchführen zu müssen, würde zu einer
ungerechtfertigen Belastung des kantonalen Gerichts führen und das Verfahren
unnötig verzögern. Schliesslich sei es im Interesse des Versicherten, wenn
die Sache an die Verwaltung zurückgewiesen werde, weil ihm damit der gesamte
Instanzenzug gewahrt bleibe.

2.2.2 Der vorinstanzlichen Auffassung ist nicht beizupflichten. Sowohl das
kantonale wie auch das Eidgenössische Versicherungsgericht sind an die
verbindlichen Weisungen gemäss Urteil vom 22. Oktober 2002 gebunden. Es
trifft zwar zu, dass nach der Rechtsprechung es grundsätzlich im
pflichtgemässen Ermessen der Beschwerdeinstanz steht, weitere Abklärungen
selber vorzunehmen oder in Aufhebung der Verfügung die Sache an die
Verwaltung zurückzuweisen (BGE 127 V 231 Erw. 2a mit Hinweisen). Dieser
Grundsatz gilt aber nur für Fälle, wo kein formell rechtskräftiger Entscheid
der letzten Instanz vorliegt, dessen Verbindlichkeit auch dann gilt, wenn die
Vorinstanz ihre Rückweisung damit begründet, auf diesem Weg werde dem
Beschwerdegegner der Instanzenzug bewahrt (BGE 117 V 242 Erw. 2b; RKUV 1999
Nr. U 331 S. 127 Erw. 3b).

3.
Nach dem Gesagten ist der kantonale Entscheid vom 10. Februar 2003 aufzuheben
und die Vorinstanz wird gemäss Urteil des Eidgenössischen
Versicherungsgerichts vom 22. Oktober 2002 nach erfolgter Abklärung im Sinne
der Erwägungen über den Anspruch der Beschwerdeführerin auf Invalidenrente
neu zu befinden haben.

4.
Nachdem der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben ist, ist der Antrag der
Beschwerdeführerin um Überprüfung der Höhe der im kantonalen Verfahren
zugesprochenen Parteientschädigung gegenstandslos. Das kantonale Gericht wird
diese im neu auszufällenden Entscheid für beide Verfahren festzulegen haben.

5.
5.1 Im vorliegenden Verfahren geht es um die Bewilligung oder Verweigerung von
Versicherungsleistungen, weshalb von der Auferlegung von Gerichtskosten
abzusehen ist (Art. 134 OG).

5.2 Dem Prozessausgang entsprechend hat die Zürich Versicherungs-Gesellschaft
als formell unterliegende Partei der obsiegenden Beschwerdeführerin eine
Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 135 in Verbindung mit Art. 159 OG).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid des
Verwaltungsgerichts des Kantons Nidwalden vom 10. Februar 2003 aufgehoben.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Die Zürich Versicherungs-Gesellschaft hat der Beschwerdeführerin für das
Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine
Parteientschädigung von Fr. 1'500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu
bezahlen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons
Nidwalden, Abteilung Versicherungsgericht, und dem Bundesamt für Gesundheit
(BAG) zugestellt.

Luzern, 19. Januar 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der III. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: