Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 39/2003
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U 39/03

Urteil vom 24. Juli 2003
III. Kammer

Präsident Borella, Bundesrichter Lustenberger und Kernen; Gerichtsschreiberin
Hofer

S.________, 1963, Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
Beschwerdegegnerin

Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt, Basel

(Entscheid vom 2. Dezember 2002)

Sachverhalt:

A.
Der 1963 geborene S.________ war seit November 1997 bei der N.________ AG
angestellt und dadurch bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt
(SUVA) gegen die Folgen von Unfall und Berufskrankheit versichert. Am 18.
Oktober 1998 zog er sich beim Fussballspielen eine posterolaterale
Knieluxation mit medialer Seitenband- und vorderer sowie hinterer
Kreuzbandruptur zu. Mehrere operative Eingriffe führten in der Folge nicht
zur Beschwerdefreiheit. Vom 21. April bis 9. Juni 1999 hielt sich der
Versicherte zur stationären Therapie und beruflichen Abklärung in der Klinik
Y.________ auf. Im Anschluss an die kreisärztliche Untersuchung vom 28.
September 2000 stellte die SUVA die Heilbehandlung und die Taggeldleistungen
per 31. Oktober 2000 ein, erklärte sich jedoch bereit, für die notwendige
Physiotherapie weiterhin aufzukommen. Mit Verfügung vom 8. Januar 2001 sprach
sie S.________ mit Wirkung ab 1. November 2000 eine Invalidenrente für eine
Erwerbsunfähigkeit von 20 % sowie eine Integritätsentschädigung von 15 % zu.
Die Einsprache, mit welcher die Zusprechung einer höheren Invalidenrente und
einer höheren Integritätsentschädigung sowie die weitere Behandlung des Knies
beantragt wurden, wies sie mit Entscheid vom 18. Oktober 2001 ab.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht
Basel-Stadt - nach Beizug der Akten der Invalidenversicherung - mit Entscheid
vom 2. Dezember 2002 ab.

C.
S.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, es sei der
vorinstanzliche Entscheid aufzuheben.

Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das
Bundesamt für Sozialversicherung verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Bestimmungen über die Voraussetzungen des Rentenanspruchs (Art. 18 Abs. 1
UVG), die Bemessung des Invaliditätsgrades bei erwerbstätigen Versicherten
nach der Methode des Einkommensvergleichs (Art. 18 Abs. 2 UVG), den Anspruch
auf Integritätsentschädigung (Art. 24 Abs. 1 UVG), deren Abstufung nach der
Schwere des Integritätsschadens (Art. 25 Abs. 1 UVG und Anhang 3 zur UVV,
basierend auf Art. 36 Abs. 2 UVV) werden im Einspracheentscheid vom 18.
Oktober 2001 zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

Zu ergänzen ist, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz
über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober
2000 im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, da nach dem massgebenden
Zeitpunkt des Erlasses des streitigen Einspracheentscheids (hier: 18. Oktober
2001) eingetretene Rechts- und Sachverhaltsänderungen vom
Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt werden (BGE 127 V 467 Erw. 1,
121 V 366 Erw. 1b).

2.
2.1 Nach dem Bericht des Kreisarztes der SUVA vom 28. September 2000 ist dem
Beschwerdeführer wegen der verbleibenden Unfallrestfolgen am linken
Kniegelenk die früher ausgeübte Tätigkeit als Dachdecker nicht mehr zumutbar.
In Frage kämen Kontroll- und Überwachungsfunktionen, leichte industrielle
Produktions- oder Montagetätigkeiten, leichte Archiv- oder
Magazinertätigkeiten, hausinterne Botengänge, Portierdienste,
Chauffeurtätigkeiten ohne Be- oder Entladen schwerer Güter oder
administrative Tätigkeiten. Für diese Beschäftigungen gelte ein ganztägiger
Arbeitseinsatz. Aus dieser Einschätzung ist mit der SUVA und dem kantonalen
Gericht zu schliessen, dass der Versicherte für leidensangepasste leichtere
Tätigkeiten voll arbeitsfähig ist. Damit im Einklang steht auch die
Beurteilung durch die Klinik Y.________ gemäss Bericht über die berufliche
Abklärung vom 7. Juni 1999 und Abschlussbericht vom 5. Juli 1999, wonach eine
wechselbelastende, vorwiegend sitzende ganztägige Arbeit, zum Beispiel
leichte industrielle Tätigkeiten wie Montage-, Sortier- oder Kontrollarbeiten
in einer Fabrik möglich ist. Eine unterschiedliche Beurteilung ergibt sich
auch nicht aus den Berichten des Spitals X.________, in welchen allerdings
zur Arbeitsfähigkeit nicht ausdrücklich Stellung genommen wird (vgl. Bericht
des Dr. med. B.________ vom 11. April 2000). Da der medizinische Sachverhalt
umfassend abgeklärt worden ist, erübrigen sich diesbezüglich Weiterungen.

2.2 Nach Auffassung des Beschwerdeführers ist die Ausübung der angeführten
Verweisungstätigkeiten illusorisch und trägt seiner tatsächlichen Behinderung
nicht gebührend Rechnung. Keinesfalls könne er eine entsprechende Belastung
ganztags und ohne Einschaltung von Pausen aushalten. Dies habe auch der von
ihm unternommene Arbeitsversuch gezeigt.

Die Kniebeschwerden setzen der Verwertung der Arbeitsfähigkeit des
Beschwerdeführers unbestreitbar deutliche Grenzen. Entscheidend ist jedoch
nicht die Anzahl der durchgeführten chirurgischen Eingriffe, massgebend sind
die verbleibenden Restbeschwerden mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit.
Eine nur noch teilzeitlich mögliche Ausübung einer wechselbelastenden,
vorwiegend sitzenden Tätigkeit lässt sich angesichts der ärztlichen
Beurteilung des medizinischen Sachverhalts nicht begründen. Nach den
ärztlichen Feststellungen sind die Einschränkungen nicht derart, dass eine
ganztägige Verwertung praktisch unmöglich oder nur unter einem nicht
realistischen Entgegenkommen des Arbeitgebers möglich wäre. Die vom Kreisarzt
aufgezeigten Einsatzfelder sind als medizinisch-theoretische Grössen zu
verstehen, wobei dem Beschwerdeführer beizupflichten ist, dass sich
beispielsweise die erwähnten Botengänge als problematisch erweisen dürften,
wenn damit häufiges Herumgehen verbunden ist. Die SUVA hat indessen nicht
unbesehen darauf abgestellt, sondern unter Hinweis auf die Dokumentation über
Arbeitsplätze (DAP) Beispiele von konkreten Einsatzmöglichkeiten aufgezeigt
und die erwerblichen Auswirkungen der Behinderung festgelegt. Aus diesen
erhellt, dass es auf dem Arbeitsmarkt durchaus Stellen gibt, bei denen
vorwiegend sitzend gearbeitet werden kann, die aber auch die Möglichkeit
bieten, ab und zu kurze Strecken zu gehen. Es betrifft dies insbesondere die
Tätigkeiten als Hilfsarbeiter/Reparateur in der Industrie (DAP Nr. 611), als
Betriebsarbeiter in der Industrie (DAP Nr. 2819, sitzende oder stehende
Arbeit möglich) und als Graveur (DAP Nr. 3529), während die Tätigkeit als
Monteur (DAP Nr. 3521) grundsätzlich sitzend mit der Möglichkeit zu stehen
auszuführen ist. Was sodann den Einwand betrifft, gewisse vom Kreisarzt
angeführte Arbeiten seien aus psychischen Gründen nicht möglich, gilt es
darauf hinzuweisen, dass die Unfallversicherung mangels des erforderlichen
Kausalzusammenhangs zwischen dem Unfallereignis und den von Dr. med.
E.________ diagnostizierten psychischen Beschwerden, dafür nicht aufzukommen
hat, wie die Vorinstanz überzeugend dargelegt hat. Nicht aussagekräftig ist
des Weitern der gescheiterte Arbeitsversuch in einer Reinigungsfirma, da der
Versicherte dort gemäss den gegenüber dem Gutachter Dr. med. E.________
gemachten Angaben (vgl. Expertise vom 5. Januar 2002) auf Gerüste steigen
musste. Da dies aus medizinischer Sicht vermieden werden sollte, kann diese
Tätigkeit nicht als Vergleich herangezogen werden.

2.3 Anhand der Verweisungstätigkeiten (DAP) haben SUVA und Vorinstanz
abgeleitet, dass der Beschwerdeführer mit einer geeigneten leichteren
Tätigkeit ein Einkommen von jährlich Fr. 44'000.- zu erzielen vermöchte.

Dass diese Annahme realistisch ist, zeigt - wie die Vorinstanz im Sinne einer
Plausibilitätsprüfung dargetan hat - ein Blick in den statistischen
Durchschnittslohn eines männlichen Arbeitnehmers im privaten Sektor für
einfache und repetitive Tätigkeiten im Jahr 2000 von monatlich Fr. 4437.-
(Tabelle TA1 der vom Bundesamt für Statistik herausgegebenen schweizerischen
Lohnstrukturerhebung [LSE] 2000; Zentralwert), was bei 41.8 Wochenstunden Fr.
55'640.- im Jahr ergibt. Nach der Rechtsprechung können die statistischen
Löhne um bis zu 25 % gekürzt werden, um damit dem Einfluss bestimmter
Merkmale wie leidensbedingte Einschränkung, Alter, Dienstjahre,
Nationalität/Aufenthaltskategorie und Beschäftigungsgrad auf das
Invalideneinkommen Rechnung zu tragen (BGE 126 V 78 Erw. 5a/cc). Weil der
Beschwerdeführer auch im Rahmen einer leichteren Tätigkeit eingeschränkt ist,
da mit schmerzbedingten Arbeitsunterbrüchen zu rechnen ist und allenfalls
auch zusätzliche Pausen einzulegen sind, was sich erfahrungsgemäss
lohnmindernd auswirken kann und weil möglicherweise auch Nationalität und
Aufenthaltskategorie Auswirkungen auf den Lohn haben können, erscheint
insgesamt ein Abzug von 15 %, wie ihn das kantonale Gericht vorgenommen hat,
als angemessen, was zu einem Invalideneinkommen von Fr. 47'294.- führt. Damit
besteht kein Anlass, von dem von SUVA und Vorinstanz der
Invaliditätsbemessung zugrunde gelegten Einkommen von Fr. 44'000.- abzugehen.

2.4 Zu Recht unbestritten geblieben ist das aufgrund der Angaben des
Arbeitgebers ermittelte Einkommen ohne die Invalidität (Valideneinkommen) von
Fr. 54'700.-, sodass sich der Invaliditätsgrad auf 20 % beläuft.

3.
Was schliesslich die Integritätsentschädigung anbelangt, hat der SUVA-Arzt
den somatischen Befund entsprechend einer Pangonarthrose - welche sich
aufgrund der leichten Restinstabilität entwickeln werde - gemäss Tabelle 5.2
(Integritätsschaden bei Arthrosen) der von der SUVA in Ergänzung zu den in
UVV Anhang 3 enthaltenen Richtwerten herausgegebenen Tabellen mit 15 % und
damit im Bereich einer mässigen Pangonarthrose angesetzt. Der
Beschwerdeführer bringt keine triftigen Gründe vor, welche eine abweichende
Ermessensausübung als naheliegender erscheinen liessen. Der Einwand, es
bestehe eine schlimme Deformation des Beines, steht im Wiederspruch zur
Aktenlage.

4.
Bezüglich der beantragten weiteren Übernahme von Behandlungskosten hat die
Vorinstanz unter Hinweis auf die kreisärztliche Beurteilung erwogen, dass von
der Fortsetzung der medizinischen Behandlung - mit Ausnahme der
Physiotherapie - keine namhafte Besserung des Gesundheitszustandes zu
erwarten sei. Sollte sich der Gesundheitszustand jedoch verschlechtern, wäre
die Ausrichtung von erneuten Heilkostenleistungen im Rahmen von Art. 21 UVG
zu prüfen. Im Einspracheentscheid der SUVA wie auch im vorinstanzlichen
Entscheid wurde der Beschwerdeführer ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er
sich bei der SUVA melden könne, wenn der Gesundheitszustand erneut eine
ärztliche Behandlung erforderlich mache. Dem ist nichts beizufügen.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt
und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 24. Juli 2003
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der III. Kammer:  Die Gerichtsschreiberin: