Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 336/2003
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U 336/03

Urteil vom 2. März 2004
IV. Kammer

Präsident Ferrari, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung;
Gerichtsschreiber Schmutz

E.________, 1949, Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
Beschwerdegegnerin

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 2. Dezember 2003)

Sachverhalt:

A.
Der 1949 geborene E.________ war vom 1. November 1999 bis Ende August 2002
bei der Firma W.________ AG in X.________ angestellt und bei der
Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen die Folgen von
Berufs- und Nichtberufsunfällen sowie Berufskrankheiten versichert. Er
erledigte an einer Papierschneidmaschine Zuschneidearbeiten an PVC- und
Linoleum-Bodenbelägen. Im Januar 2001 meldete er seiner Arbeitgeberin
gesundheitliche Probleme beim Zuschneiden eines PVC-Belages der Firma
G.________, worauf im Februar 2001 über dem Arbeitsplatz eine Absauganlage
installiert wurde. Am 30. Januar 2002 meldete Frau Dr. med. A.________,
Fachärztin FMH für Innere Medizin, den Versicherten bei der SUVA zu einer
arbeitsmedizinischen Abklärung an. In der Folge nahmen SUVA-Mitarbeiter,
darunter der Arbeitsmediziner Dr. med. M.________ und der Chemiker Dr. chem.
R.________, im Betrieb und am Arbeitsplatz Abklärungen und Emissionsmessungen
vor und der Versicherte wurde durch Frau Dr. med. H.________, Fachärztin FMH
für Psychiatrie und Psychotherapie und Mitglied des SUVA-Ärzteteams
Unfallmedizin, untersucht. Mit Verfügung vom 5. September 2002 lehnte die
SUVA den Anspruch auf Leistungen der Unfallversicherung ab. Daran hielt sie
mit Einspracheentscheid vom 5. März 2003 fest, weil die gesetzlichen
Anforderungen dafür nicht erfüllt seien und keine Berufskrankheit vorliege.

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich mit Entscheid vom 2. Dezember 2003 ab.

C.
E.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Hauptantrag, es seien
seine Ansprüche gegenüber der SUVA und deren Verantwortung festzustellen.

Während die SUVA auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst,
verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherung, Kranken- und
Unfallversicherung (seit 1. Januar 2004 im Bundesamt für Gesundheit), auf
eine Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Streitig und zu prüfen ist letztinstanzlich einzig, ob der Beschwerdeführer
an den Folgen einer Berufskrankheit leidet.

1.1 In materiell- und beweisrechtlicher Hinsicht hat das kantonale Gericht
die Haftungsgrundsätze im Zusammenhang mit Berufskrankheiten zutreffend
dargelegt. Danach ist der Unfallversicherer leistungspflichtig, wenn die
(behandlungsbedürftige oder zu Arbeitsunfähigkeit führende) Krankheit
entweder eine arbeitsbedingte Erkrankung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 UVG in
Verbindung mit Art. 14 UVV und Ziff. 2 des Anhangs 1 zur UVV darstellt (BGE
119 V 200 f. Erw. 2a mit Hinweis) oder ausschliesslich oder stark überwiegend
durch berufliche Tätigkeit (Art. 9 Abs. 2 UVG; BGE 126 V 186 Erw. 2b mit
Hinweisen) oder ausschliesslich oder vorwiegend durch schädigende Stoffe
verursacht worden ist (Art. 9 Abs. 1 UVG in Verbindung mit Art. 14 UVV und
Ziff. 1 des Anhangs 1 zur UVV).

1.2 Zu ergänzen ist, dass das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene
Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
vom 6. Oktober 2000 nicht anwendbar ist, da in zeitlicher Hinsicht
grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung
des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben (BGE 127 V 467 Erw.
1).

2.
In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nichts vorgebracht, das die
tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz als mangelhaft oder die
rechtliche Würdigung als bundesrechtswidrig erscheinen liesse.

2.1 Namentlich unzutreffend ist der Vorwurf des Beschwerdeführers, die SUVA
habe sich auf den am 30. Januar 2002 durch Frau Dr. med. A.________
geäusserten Wunsch nach einer arbeitsmedizinischen Abklärung hin erst Monate
später gemeldet. Die SUVA bestätigte der Ärztin umgehend den Eingang ihres
Berichtes und teilte mit, dass zunächst ein SUVA-Aussendienstmitarbeiter im
Betrieb erste Erhebungen vornehmen werde (Schreiben des Dr. med. M.________
an Frau Dr. med. A.________ vom 6. Februar 2002). Am 18. und 19. März sowie
am 25. April und 28. Mai 2002 fanden im Betrieb sowie am Arbeitsplatz des
Versicherten Abklärungen und Emissionsmessungen statt. Daran waren der
Arbeitsmediziner Dr. med. M.________ und der Chemiker Dr. chem. R.________
direkt beteiligt. Am 24. Juli 2002 wurde der Beschwerdeführer durch Frau Dr.
med. H.________ untersucht. Dass die Resultate der Untersuchungen und
Messungen nicht in dem vom Beschwerdeführer erwarteten Sinne ausfielen,
rechtfertigt die von ihm in diesem Zusammenhang gegenüber der SUVA geäusserte
Kritik (falsche Messmethode, Interessenkonflikt, Vertuschung, mangelhafte
Rechtsvorschriften, etc.) keineswegs. Daran, dass die Messungen und ihre
Interpretation in wissenschaftlicher und gesetzlicher Hinsicht regelkonform
durchgeführt wurden, ist auf Grund der verfügbaren Angaben nicht zu zweifeln.
Es wird dazu auf den sorgfältig begründeten kantonalen Entscheid verwiesen.

2.2 Gerade was die vom Beschwerdeführer verschiedentlich für seine
Gesundheitsstörungen verantwortlich gemachte Substanz Dioctylphtalat (DOP)
betrifft, die als Weichmacher für PVC eingesetzt wird, ist offensichtlich,
dass die Grenze zur Gesundheitsgefährdung weit höher anzusetzen ist, als der
Beschwerdeführer dies wahrhaben will. Nach dem mit der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingelegten Merkblatt ist die akute Toxizität
der in Dioctylphtalat verwendeten Phtalsäureester gering. Es bestehen
"Hinweise", dass bei "langfristiger Einwirkung" von DOP mit Veränderungen der
Leber, der Nieren sowie Schädigungen des Zentralnervensystems "gerechnet
werden muss", wenn "sehr hohe Dosen" vom Organismus aufgenommen werden.
Vorliegend wurden weder sehr hohe Dosen des Stoffes vom Organismus
aufgenommen, noch finden sich in den Akten Anhaltspunkte für Veränderungen
der erwähnten Organe oder durch die Substanz verursachte Schädigungen des
Nervensystems. Laut der Neurologischen Klinik des Spitals Y.________ ist der
beim Beschwerdeführer diagnostizierte Hydrozephalus auf eine frühkindliche
Meningitis zurückzuführen. Ein Zusammenhang mit den vom Versicherten wegen
der Arbeit mit Bodenbelägen gemeldeten Beschwerden ist nicht gegeben (Bericht
vom 2. Oktober 2002).

3.
Auf weitere Vorbringen und Forderungen ist nicht einzutreten, weil sie nicht
(oder nicht im vorliegenden Verfahren) zu beurteilen sind.

3.1 So ist nicht zu untersuchen, ob die Anordnung des fürsorgerischen
Freiheitsentzuges (FFE) Ende August 2002 berechtigt war oder nicht. Nach den
Angaben der Psychiatrischen Klinik K.________, in welcher sich der
Beschwerdeführer vom 27. August bis 3. September 2002 aufhielt, bestand bei
der Aufnahme der Verdacht auf das Vorliegen einer akuten
polymorph-psychotischen Störung und die psychotischen Symptome verschwanden
erst im Verlauf des Aufenthalts (Austrittsbericht vom 26. September 2002).
Laut dem Zeugnis der Klinik vom 30. August 2002 war der Beschwerdeführer ab
dem 27. August 2002 bis auf weiteres 100 % arbeitsunfähig. Ob bereits
unmittelbar nach dem Verlust der Arbeitsstelle am 31. August 2002 trotz
fehlender Vermittlungsfähigkeit ein Anspruch auf Leistungen der
Arbeitslosenversicherung bestand, hätte der Beschwerdeführer direkt bei der
Arbeitslosenversicherung abzuklären gehabt.

3.2 Wenn die Unfallversicherung für die Kosten einer Krankheitsbehandlung
nicht aufzukommen hat, hat allenfalls die Krankenversicherung zu leisten. Der
Beschwerdeführer ist bei der Krankenkasse KBV versichert, welche die gegen
die Verfügung der SUVA zunächst erhobene Einsprache zurückzog und bereits
Leistungen erbrachte. Ihr wird somit auch die offene Arztrechnung von Dr.
med. U.________ zur Rückvergütung einzureichen sein.

3.3 Für die übrigen vom Beschwerdeführer geltend gemachten Auslagen
(Kantonales Labor, Baubiologisches Institut, Abklärungen Dänemark) besteht
nach der Rechtsprechung ebenfalls kein Rückerstattungsanspruch gegenüber der
SUVA (vgl. SZS 1999 S. 253). Dazu müsste der Beschwerdeführer vor dem
Eidgenössischen Versicherungsgericht obsiegen und hätten diese
Gutachterkosten zudem als notwendig zu gelten (Art. 159 Abs. 2 OG; BGE 115 V
62). Beide Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

3.4 Des Weitern liegt es nicht in der Kompetenz des Eidgenössischen
Versicherungsgerichts, die Änderung oder Berichtigung von Angaben in den
Akten der SUVA oder anderer beteiligter Ämter anzuordnen. Der
Beschwerdeführer hat dies direkt bei den betreffenden Institutionen zu
verlangen.

3.5 Andere Forderungen sind hier nicht zu erörtern, da sie
Gesetzesanpassungen bedingen würden. Hiefür ist nicht das Eidgenössische
Versicherungsgericht zuständig.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich, der Krankenkasse KBV, Winterthur, und dem Bundesamt für Gesundheit
(BAG) zugestellt.

Luzern, 2. März 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der IV. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: