Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 312/2003
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U 312/03

Urteil vom 20. April 2005
IV. Kammer

Präsident Ferrari, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung;
Gerichtsschreiber Scartazzini

N.________, 1968, Beschwerdeführer, vertreten
durch Rechtsanwalt Dr. Christoph M. Bertisch, Bellerivestrasse 42, 8034
Zürich,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern, Beschwerdegegnerin

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 20. Oktober 2003)

Sachverhalt:

A.
Der 1968 geborene N.________ arbeitete bei der G.________ AG als Chauffeur
und war damit bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen
die Folgen von Unfällen und Berufskrankheiten versichert. Am 3. März 2001 zog
er sich bei einem Sturz von der Fahrzeughebebühne eine Kontusion des
Hinterkopfes und des thoraco-lumbalen Übergangs zu. Die SUVA übernahm die
Behandlungskosten und erbrachte Taggeldleistungen. Mit Verfügung vom 18.
April 2002 hielt sie fest, dass der Versicherte ab 8. April 2002 zu 50 %, ab
15. April 2002 zu 75 % und ab 29. April 2002 zu 100 % arbeitsfähig sei.
Dementsprechend stellte die Anstalt die Taggeldleistungen ab 15. April 2002
ein und bestätigte dies mit Einspracheentscheid vom 14. August 2002.

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde, womit die Rechtsbegehren gestellt wurden, es
sei N.________ eine volle Unfallrente zuzusprechen, wobei die
Beschwerdegegnerin in ihrem Einspracheentscheid zu allen Vorbringen des
Versicherten hätte Stellung nehmen und ein Dolmetscher hätte beigezogen
werden müssen, wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit
Entscheid vom 20. Oktober 2003 ab.

C.
N.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, unter
Kosten- und Entschädigungsfolge sei der kantonale Entscheid aufzuheben und es
sei ihm eine ganze Invalidenrente zuzusprechen.
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwer-de, während
das Bundesamt für Sozialversicherung, Abteilung Kranken- und
Unfallversicherung (seit 1. Januar 2004 im Bundesamt für Gesundheit), auf
eine Vernehmlassung verzichtet.
Am 30. Januar 2004 wies der Beschwerdeführer auf ein Aufgebot zu einer von
der Invalidenversicherung in Auftrag gegebenen Untersuchung durch das
medizinische Zentrum R.________ hin und beantragte die Sistierung des
Verfahrens. Nachdem das entsprechende Gutachten vom 3. März 2004 eingereicht
worden war, ordnete die Instruktionsrichterin einen zweiten Schriftenwechsel
an. In den Eingaben vom 13. und 28. Mai 2004 hielten die Parteien an ihren
Anträgen fest.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Streitig und zu prüfen ist unter dem Gesichtswinkel des in Art. 6 Abs. 1 UVG
angelegten Anspruchserfordernisses der Kausalität, ob der (allenfalls zu
Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit führende) Gesundheitszustand, wie ihn der
Beschwerdeführer geltend macht, in einem rechtserheblichen Kausalzusammenhang
zum versicherten Unfall vom 3. März 2001 steht und ob dieser bis längstens
zum Erlass des Einspracheentscheides vom 14. August 2002, welcher die
zeitliche Grenze der richterlichen Überprüfungsbefugnis bildet (BGE 121 V 366
Erw. 1b mit Hinweis; vgl. auch BGE 129 V 4 Erw. 1.2, 169 Erw. 1, 356 Erw. 1,
je mit Hinweisen), Anspruch auf Versicherungsleistungen gibt. Die zur
Beurteilung der Frage der Kausalität rechtsprechungsgemäss erforderlichen
Grundsätze hat das kantonale Gericht in allen Teilen zutreffend dargelegt. Es
betrifft dies hauptsächlich die Adäquanzprüfung bei psychogenen Unfallfolgen
(BGE 115 V 133). Darauf wird verwiesen. Richtig wurde auch festgehalten, dass
das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen
Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) nach den von der Rechtsprechung
entwickelten intertemporalrechtlichen Regeln (BGE 129 V 4 Erw. 1.2, 127 V 467
Erw. 1, 121 V 366 Erw. 1b) in materiellrechtlicher Hinsicht auf den
vorliegenden Sachverhalt nicht anwendbar ist.

2.
Im angefochtenen Entscheid hat das kantonale Gericht festgestellt, dass in
einem Kurzbericht der Notfallstation des Spitals B._______ vom 3. März 2001
eine Brustwirbelsäulen- und Rippenkontusion sowie eine Schädelkontusion ohne
Commotio cerebri diagnostiziert worden waren. Anhand mehrerer medizinischer
Berichte (Bericht der Rheumaklinik des Spitals Z.________ vom 11. Juni 2001,
Zwischenberichte des Hausarztes Dr. med. S.________ vom 8. September und 5.
November 2001, kreisärztlicher Untersuchungsbericht von Dr. med. J.________
vom 5. April 2002 und Bericht von Dr. med. P.________ vom 20. Mai 2002) kam
es zum Schluss, es liege kein Schleudertrauma vor, seit der kreisärztlichen
Untersuchung bestünden keine somatischen Unfallfolgen mehr, und die
ausgewiesenen psychischen Leiden seien nicht als adäquat kausale Folge des
Unfallgeschehens zu qualifizieren.

2.1 Nach Lage der medizinischen Akten wurde im vorinstanzlichen Verfahren
festgehalten, die beim Versicherten bereits vor dem Unfallereignis
ausgewiesene psychosoziale Dauerbelastung habe zu einer
Erschöpfungsdepression geführt. Diese psychische Störung mit Krankheitswert
habe somatische Depressionsäquivalente in Form einer intensiven und
topographisch ausgeweiteten Schmerzsymptomatik mit zusätzlichen vegetativen
Symptomen bewirkt. Eine Commotio cerebri könne nur als fraglich bzw. möglich
bewertet werden, wobei keine organischen Unfallfolgen mehr gegeben seien.
Damit stehe fest, dass die vom Beschwerdeführer geltend gemachten
Dauerschmerzen Folge seiner psychischen Erkrankung und nicht somatischen
Ursprungs seien.

2.2 In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde macht der Beschwerdeführer eine
unvollständige Abklärung des Sachverhalts und eine unzutreffende Prüfung der
Adäquanz psychischer Unfallfolgen geltend. Er bringt hauptsächlich vor, der
Unfall mit einer diagnostizierten Commotio cerebri und einer
Pfählungsverletzung der Axilla links sei geeignet gewesen, eine psychische
Fehlentwicklung auszulösen oder zu verstärken, zumal er bereits vor dem
Unfall psychische Störungen aufgewiesen habe. Somatische unfallkausale
Beschwerden seien während beinahe zwei Jahren attestiert worden und
psychosomatische Schmerzen seien nach wie vor in invalidisierendem Ausmass
vorhanden. Ähnlich wie bei einem Schleudertrauma mache es die ausgeprägte
Schmerzproblematik schwierig, somatische von psychosomatischen Beschwerden zu
unterscheiden. Jedenfalls könne dem Unfall Eindrücklichkeit nicht
abgesprochen werden. Schliesslich seien die im nachgereichten Gutachten vom
3. März 2004 enthaltenen Ergebnisse zu berücksichtigen.

2.3 Entgegen den Einwendungen des Beschwerdeführers geht aus dem Bericht des
Spitals B.________ vom 3. März 2001 hervor, dass er beim Unfall eine
Schädelkontusion ohne Commotio cerebri erlitten hatte. Zudem kann sich der
Versicherte nicht auf den Umstand berufen, er habe sich seit dem 24. Januar
2003 im Psychiatrie-Zentrum H.________ in stationärer Behandlung befunden,
zumal aus dem entsprechenden Bericht vom 4. April 2003 hervorgeht, dass
zwischen den Beschwerden aus dem Unfall und dem psychischen Zustand kein
Zusammenhang hergestellt werden konnte. Schliesslich spricht sich auch das
Gutachten des medizinischen Zentrums R.________ vom 3. März 2004 gegen einen
Zusammenhang zwischen dem Unfall und den psychischen Beschwerden aus. Es wird
ausdrücklich festgehalten, es handle sich dabei mit Sicherheit nicht um
Unfallfolgen. Im Übrigen distanziert sich der Beschwerdeführer selber von den
im Gutachten enthaltenen Ausführungen und beantragt, es sei ein weiteres
Gutachten einzuholen. Diesem Antrag ist nicht zu entsprechen. Auch wenn der
natürliche Kausalzusammenhang zwar nicht mit dem Beweisgrad der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit erstellt ist, erübrigt sich eine Rückweisung der Sache
zwecks Einholung eines weiteren medizinischen Gutachtens. Denn selbst wenn -
auch aufgrund zusätzlicher Abklärungen - der natürliche Kausalzusammenhang zu
bejahen wäre, fehlt es - wie nachfolgend ausgeführt wird - am adäquaten
Kausalzusammenhang.

2.4 Bezüglich der Adäquanzprüfung ist weitgehend auf die Erwägungen der
Vorinstanz zu verweisen. Insbesondere ist ihr beizupflichten, dass die
Prüfung der Adäquanz nach der Rechtsprechung zu den psychischen
Fehlentwicklungen nach einem Unfall vorzunehmen ist, da beim Versicherten
bereits vor dem Unfall psychische Beschwerden vorlagen, die durch das
Unfallereignis verstärkt wurden (BGE 115 V 133 ff.). Der Unfall ist den
leichteren Fällen im mittleren Bereich zuzuordnen. Zur Bejahung der
Kausalität wäre daher erforderlich, dass ein einzelnes unfallbezogenes
Kriterium in besonders ausgeprägter Weise erfüllt ist oder dass die nach der
Rechtsprechung massgebenden Kriterien in gehäufter oder auffallender Weise
gegeben sind. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Insbesondere kann
entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht behauptet werden, das
Kriterium einer besonderen Eindrücklichkeit des Unfalls sei gegeben. Ebenso
wenig ausgewiesen sind, wie die Vorinstanz zutreffend befunden hat, die
weiteren durch die Praxis festgelegten Kriterien.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit zugestellt.
Luzern, 20. April 2005

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der IV. Kammer: Der Gerichtsschreiber: