Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 276/2003
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U 276/03

Urteil vom 28. Juli 2004
II. Kammer

Präsident Borella, Bundesrichter Rüedi und Schön; Gerichtsschreiber Schmutz

P.________, 1955, Thailand, Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
Beschwerdegegnerin

Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden, Chur

(Entscheid vom 7. Oktober 2003)

Sachverhalt:

A.
Der 1955 geborene P.________ wohnt in Thailand. Er verunglückte dort am 16.
Oktober 1991 mit einem Motorrad. Dabei zog er sich unter anderem Verletzungen
im Gesicht zu, die Narben am Kinn und im linken Wangenbereich hinterliessen.
Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) erklärte sich bereit,
für die medizinischen Kosten der von P.________ gewünschten Narbenkorrekturen
aufzukommen, welche dieser im August 2001 durchführen liess. Weil der
Versicherte mit dem erzielten Behandlungsresultat nicht zufrieden war,
unterzog er sich im Januar 2002 einer zweiten Operation, die ebenfalls von
der SUVA bezahlt wurde. P.________ war auch nach der zweiten Operation mit
dem Ergebnis nicht zufrieden und gelangte mit Schreiben vom 17. September
2002 im Hinblick auf eine dritte Operation wiederum an die SUVA. Diese lehnte
mit Verfügung vom 11. Juni 2003 die Übernahme von Kosten weiterer operativer
Massnahmen ab, weil aus medizinischer Sicht nach der Narbenkorrektur ein
gutes Resultat bestehe und von weiteren operativen Massnahmen keine Besserung
mehr zu erwarten sei. Die inzwischen vom Versicherten zusätzlich geltend
gemachte Integritätsentschädigung lehnte sie mangels einer erheblichen
Schädigung der körperlichen oder geistigen Integrität ab. Daran hielt sie mit
Einspracheentscheid vom 11. Juli 2003 fest.

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons
Graubünden mit Entscheid vom 7. Oktober 2003 ab.

C.
P. ________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag auf
Anerkennung
seiner Ansprüche gegenüber der SUVA; zudem sei zu prüfen, ob die neuen
Gesetzesbestimmungen (des ATSG) in seinem Falle wirklich anwendbar seien; des
Weitern sei auch sein gestellter Anspruch auf Taggeld,
Lohnausfallentschädigung und Ersatz der Reisepasskosten mitzuberücksichtigen;
es sei ihm Kostenersatz für die im Zusammenhang mit seiner Beweisführung
entstandenen Kosten für Flüge, Reisen und Gutachten zuzusprechen.

Vorinstanz und SUVA schliessen auf Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung,
Abteilung Kranken- und Unfallversicherung (seit 1. Januar 2004 im Bundesamt
für Gesundheit), verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
1.1  Gemäss Art. 128 OG beurteilt das Eidgenössische Versicherungsgericht
letztinstanzlich Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Verfügungen im Sinne
von Art. 97, 98 lit. b-h und 98a OG auf dem Gebiet der Sozialversicherung. Im
verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren sind grundsätzlich nur
Rechtsverhältnisse zu überprüfen bzw. zu beurteilen, zu denen die zuständige
Verwaltungsbehörde vorgängig verbindlich - in Form einer Verfügung - Stellung
genommen hat. Insoweit bestimmt die Verfügung den beschwerdeweise
weiterziehbaren Anfechtungsgegenstand. Umgekehrt fehlt es an einem
Anfechtungsgegenstand und somit an einer Sachurteilsvoraussetzung, wenn und
insoweit keine Verfügung ergangen ist (BGE 125 V 414 Erw. 1a, 119 Ib 36 Erw.
1b, je mit Hinweisen).

1.2  Da sich die Verfügung vom 11. Juni 2003 und der Einspracheentscheid vom
11. Juli 2003 nur auf die Frage der weiteren Heilbehandlung und der
Integritätsentschädigung bezogen, ist die Vorinstanz zu Recht auf die übrigen
Begehren (auf Taggeld, Lohnausfallentschädigung und Ersatz der Passkosten)
nicht eingetreten. Auf diese in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wiederum
erhobenen Begehren ist auch im letztinstanzlichen Verfahren nicht
einzutreten, da es auch hier an einem Anfechtungsgegenstand fehlt.

2.
2.1 Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts vom 6. Oktober 2000 (ATSG) in Kraft getreten. Mit
ihm sind im Unfallversicherungsrecht verschiedene materiellrechtliche
Bestimmungen geändert worden. In zeitlicher Hinsicht sind grundsätzlich
diejenigen Rechtssätze massgebend, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen
führenden Tatbestandes Geltung haben, und das Sozialversicherungsgericht
stellt bei der Beurteilung eines Falles grundsätzlich auf den bis zum
Zeitpunkt des Erlasses des streitigen Einspracheentscheides (hier: 11. Juli
2003) eingetretenen Sachverhalt ab (BGE 129 V 4 Erw. 1.2, 169 Erw. 1, 356
Erw. 1, je mit Hinweisen).

2.2  Mit dem Gesuch vom 17. September 2002 um eine weitere Narbensanierung
ist
ein neues Verfahren eröffnet worden. Dieses ist von der Beschwerdegegnerin
mit Einspracheentscheid vom 11. Juli 2003 abgeschlossen worden. Es liefen
somit beim In-Kraft-Treten des ATSG am 1. Januar 2003 weder Leistungen, noch
waren Forderungen bereits festgesetzt, so dass gemäss Art. 82 Abs. 1 ATSG die
materiellen Bestimmungen des ATSG an sich anwendbar sind. Auf Grund des
gestellten Antrages auf Überprüfung dieser Frage geht der Beschwerdeführer
offenbar davon aus, dass die neuen Bestimmungen für ihn ungünstiger sein
könnten. Dies ist jedoch nicht der Fall, denn die hier anwendbaren
Bestimmungen des UVG (vgl. Erw. 3) haben mit dem In-Kraft-Treten des ATSG gar
keine Änderung erfahren.

3.
Das kantonale Versicherungsgericht hat die massgebenden gesetzlichen
Bestimmungen über den Unfallbegriff (Art. 6 Abs. 1 UVG in Verbindung mit Art.
4 ATSG), den Anspruch auf die zweckmässige Behandlung der Unfallfolgen (Art.
10 Abs. 1 UVG) und über den Anspruch auf eine Integritätsentschädigung (Art.
24 Abs. 1 UVG), letztere Bestimmung in der bis Ende 2003 gültig gewesenen
Fassung, zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

4.
Verwaltung und Vorinstanz verweigerten dem Beschwerdeführer den Anspruch auf
eine weitere Operation zur Narbensanierung gestützt auf die kreisärztlichen
Stellungnahmen von Dr. med. R.________, Facharzt FMH für orthopädische
Chirurgie, vom 2. Mai und 5. Juni 2003. Dieser sprach von einem guten
operativen Korrekturresultat, bei dem von zusätzlichen operativen Massnahmen
keine weitere Besserung mehr zu erwarten sei. Im vorinstanzlichen Verfahren
bestätigte Dr. med. S.________, Facharzt FMH für Chirurgie der Abteilung
Versicherungsmedizin der SUVA, in seiner ärztlichen Beurteilung vom 2.
September 2003, dass die Narben im Gesicht auf Grund der Fotos in den Akten
kosmetisch eindeutig nicht erheblich seien. Die Narben seien weder speziell
augenfällig noch objektiv entstellend. Es sei auch nicht nachvollziehbar,
warum deshalb die elektrische Rasur am Kinn wesentlich erschwert sein solle,
wie es der Beschwerdeführer geltend macht. Dieser verweist in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde erneut auf drei von ihm im vorinstanzlichen
Verfahren am 6. August 2003 aufgelegte thailändische Arztberichte. Zu diesen
haben Dr. med. S.________ in seiner Beurteilung vom 2. September 2003 und
hernach die SUVA in ihrer Vernehmlassung vom 8. September 2003 an die
Vorinstanz bereits Stellung genommen. Die Vorinstanz führt mit Recht aus,
dass hier eine weitere Operation medizinisch nicht indiziert ist, woran auch
die thailändischen Arztberichte nichts ändern. Es ist nicht massgebend, ob
durch weitere Behandlung an sich noch eine Verbesserung möglich ist, sondern
ob davon eine "namhafte Besserung" des Gesundheitszustandes erwartet werden
kann. Dies folgt unter anderem aus Art. 19 Abs. 1 Satz 1 UVG (der mit dem
ATSG ebenfalls keine Änderung erfahren hat). Verwaltung und Vorinstanz haben
den Anspruch des Beschwerdeführers auf eine weitere Operation zur
Narbensanierung zu Recht verneint.

5.
Dies gilt auch für die Ablehnung des gestellten Anspruchs auf
Integritätsentschädigung. Eine solche Entschädigung setzt gemäss Art. 24 Abs.
1 UVG eine dauernde erhebliche Schädigung der körperlichen oder geistigen
Integrität voraus. Eine Erheblichkeit des Integritätsschadens liegt dann vor,
wenn die körperliche oder geistige Integrität augenfällig oder stark
beeinträchtigt wird (Art. 36 Abs. 1 UVV). Die Vorinstanz hat hier die
Erheblichkeit unter Hinweis auf Anhang 3 UVV sowie die einschlägige Lehre und
Rechtsprechung zu Recht verneint.

6.
Dem allgemeinen Prozessrechtsgrundsatz entsprechend, wonach eine Partei
unabhängig von einem allfälligen Prozesserfolg die von ihr unnötigerweise
verursachten oder verschuldeten Kosten selber zu tragen hat (ZAK 1989 S. 283
Erw. 3), sind entgegen dem gestellten Antrag die Kosten für die vom
Beschwerdeführer selbst veranlassten Privatgutachten oder die ihm
entstandenen Flug- und Reisekosten von der Beschwerdegegnerin nicht zu
übernehmen.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Beschwerdeführer auf dem Ediktalweg, dem
Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden und dem Bundesamt für Gesundheit
(BAG) zugestellt.

Luzern, 28. Juli 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der II. Kammer:   Der Gerichtsschreiber:
i.V.