Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 18/2003
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U 18/03

Urteil vom 20. November 2003
IV. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Ferrari; Gerichtsschreiber
Lanz

1. A.________, 1973,

2. B.________, 1969,
Beschwerdeführer,
beide vertreten durch Fürsprecher Hugo Feuz, Justingerweg 18, 3005 Bern,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
Beschwerdegegnerin,

Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, Solothurn

(Entscheid vom 25. November 2002)

Sachverhalt:

A.
A.a Der 1973 geborene A.________ nahm am 1. April 1998 eine selbstständige
Erwerbstätigkeit als Schreiner auf. Sein Bruder B._______ ist Inhaber der
seit 1. Juli 1996 bestehenden Einzelfirma "C.________".

Am 20. Dezember 1999 gab A.________ auf dem Fragebogen zu seiner
sozialversicherungsrechtlichen Stellung für die Unfallversicherung und die
AHV an, dass er nebst Schreinereiarbeiten für verschiedene Auftraggeber seit
ca. Mitte 1998 auch Montagearbeiten (Klimageräte) für die "C.________"
ausführe.

Hierauf qualifizierte die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA)
A.________ in Bezug auf seine Tätigkeit für die Firma seines Bruders als
unselbstständigerwerbend. Sie sah sich deswegen veranlasst, den Betrieb des
B.________ (Kunden-Nummer 1711-2043.4) neu zu erfassen und rückwirkend ab 1.
Juni 1998 in die entsprechenden Prämientarife einzureihen. Dies wurde der
Firma mit Zustellung der Versicherungsausweise für die Berufs- und die
Nichtberufsunfallversicherung vom 4. Juli 2000 eröffnet.

Ebenfalls am 4. Juli 2000 stellte die SUVA dem Betrieb die definitiven
Prämien für die Jahre 1998 und 1999 in Rechnung (Rechnungs-Nrn. 1222824 und
1222825). Davon gab sie A.________ Kenntnis, verbunden mit dem Hinweis auf
das ihm als mitbetroffenem Arbeitnehmer zustehende Recht, gegen die
Prämienrechnungen Einsprache zu erheben.

A.b Am 4. August 2000 liess B._______ Einsprachen gegen die Einreihungen in
die Prämientarife vom 4. Juli 2000 und gegen die Prämienrechnungen vom 4.
Juli 2002 erheben. Die Aufhebung dieser Rechnungen liess A.________ am 7.
August 2000 seinerseits einspracheweise beantragen.

Die SUVA stellte in der Folge ihren Entscheid über die Einsprache gegen die
Prämientarifeinreihungen vom 4. November 2000 zurück bis zur rechtskräftigen
Beantwortung der Frage nach der sozialversicherungsrechtlichen Stellung des
A.________. Diese Frage beantwortete sie selber, indem sie, an ihrer
Auffassung festhaltend, die Einsprache des A.________ gegen die
Prämienrechnungen vom 4. November 2000 abwies (Einspracheentscheid vom 19.
September 2000).

B.
A.________ liess beim Versicherungsgericht des Kantons Solothurn Beschwerde
einreichen mit folgenden Anträgen:
1. Das gesamte Verfahren 1711-2043.4 sei von Amtes wegen
aufzuheben.
evtl.
Der Einspracheentscheid der SUVA vom 19. September 2000
sei aufzuheben.

2.  Die Verfügungen 122824 und 122825 der SUVA vom 4. Juli
2000 seien aufzuheben.
Diesen Rechtsbegehren schloss sich B.________ als Beigeladener im kantonalen
Verfahren an.

Das Versicherungsgericht führte eine Instruktionsverhandlung durch, an der
A.________ zur Sache befragt wurde, und wies die Beschwerde mit Entscheid vom
25. November 2002 ab.

C.
A.________ und B.________ lassen gemeinsam Verwaltungsgerichtsbeschwerde
führen und die Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides beantragen.

Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das
Bundesamt für Sozialversicherung hat sich nicht vernehmen lassen.

B. ________ liess sich mit Eingabe vom 12. Juni 2003 nochmals vernehmen.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
B. ________ ist im kantonalen Verfahren beigeladen worden und hat die damit
verbundenen prozessualen Rechte wahrgenommen. Da er mit seinen Anträgen nicht
durchgedrungen ist, kann er gegen den kantonalen Entscheid in eigenem Namen
Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen. Dies hat er zusammen mit A.________
getan. Letztinstanzlich ist B.________ somit - beschwerdeführende - Partei.

Wer Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhebt, muss alle seine Vorbringen innert
der Beschwerdefrist vorbringen (ASA 52 [1983/84] S. 639 Erw. 1; Urteil G. vom
15. Januar 2003 Erw. 1). Die Eingabe des B.________ vom 12. Juni 2003 ist
nach Ablauf dieser Frist eingereicht worden. Sie kann daher bei der
vorliegenden Beurteilung nicht berücksichtigt werden, zumal die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde den gesetzlichen Mindestanforderungen genügt
(Art. 108 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 132 OG), weshalb keine Nachfrist für
die Behebung von Mängeln anzusetzen ist (Art. 108 Abs. 3 OG), und mangels
neuer Gesichtspunkte in der Vernehmlassung der SUVA sowie Verzichtes von
Vorinstanz und Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Stellungnahme auch
die Voraussetzungen für die ausnahmsweise Anordnung eines zweiten
Schriftenwechsels nicht erfüllt sind (Art. 110 Abs. 4 in Verbindung mit Art.
132 OG; BGE 127 V 357 Erw. 4a, 119 V 323 Erw. 1 mit Hinweisen).

Hieran ändert nichts, dass das Eidgenössische Versicherungsgericht B.________
aufgrund der unzutreffenden Bezeichnung seiner Verfahrensstellung in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde zunächst versehentlich nicht als
beschwerdeführende Partei betrachtet und ihm deswegen Gelegenheit zur
Vernehmlassung als Mitbeteiligter eingeräumt hatte.

2.
2.1 Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht um die Bewilligung oder
Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Eidgenössische
Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob das vorinstanzliche Gericht
Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des
Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig,
unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen
festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b
sowie Art. 105 Abs. 2 OG).

2.2 Am 1. Januar 2003 ist das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 in Kraft getreten. Mit
ihm sind zahlreiche Bestimmungen im Unfallversicherungsbereich geändert
worden. Weil in zeitlicher Hinsicht grundsätzlich diejenigen Rechtssätze
massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden
Tatbestandes Geltung haben (BGE 127 V 467 Erw. 1), und weil ferner das
Sozialversicherungsgericht bei der Beurteilung eines Falles grundsätzlich auf
den bis zum Zeitpunkt des Erlasses des streitigen Einspracheentscheids (hier:
19. September 2000) eingetretenen Sachverhalt abstellt (BGE 121 V 366 Erw.
1b), sind im vorliegenden Fall die bis zum 31. Dezember 2002 geltenden
Bestimmungen anwendbar (BGE 129 V 4 Erw. 1.2).

3.
Der angefochtene Entscheid ist zu Recht unbestritten, soweit das kantonale
Gericht darin seine sachliche Zuständigkeit hinsichtlich des Rechtsbegehrens
auf Aufhebung des "gesamten Verfahrens 1711-2043.4" der SUVA verneint, deren
Befugnis zur Abklärung und Entscheidung, ob im konkreten Fall die
Arbeitnehmereigenschaft gegeben ist, bejaht und die beschwerdeweise erhobene
Rüge, der Unfallversicherer habe das rechtliche Gehör des A.________
verletzt, für unbegründet erklärt hat.

4.
Das kantonale Gericht hat sodann die sozialversicherungsrechtliche Stellung
des A.________ und das Einkommen, das die SUVA der Höhe der am 4. November
2000 in Rechnung gestellten Prämien zugrunde legte, überprüft.

4.1 Hiegegen wird in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zunächst vorgebracht,
im Einspracheentscheid vom 19. September 2000 habe die SUVA einzig über die
sozialversicherungsrechtliche Stellung des A.________ bei der Tätigkeit für
die "C.________" befunden, nicht aber über die in den Rechnungen vom 4.
November 2000 festgesetzten Prämien. Soweit die Vorinstanz dennoch auch die
Prämienhöhe beurteilt habe, habe es hiefür, mangels eines
Einspracheentscheides und damit eines Anfechtungsgegenstandes zu dieser
Frage, an einer Sachurteilsvoraussetzung gefehlt.

4.1.1 Dem Einspracheentscheid vom 19. September 2000 gingen Einsprachen zum
einen gegen die am 4. November 2000 verfügte Einreihung des Betriebs von
B.________ in die Prämientarife für die obligatorische Berufs- und
Nichtberufsunfallversicherung und zum anderen gegen die Prämienrechnungen vom
4. November 2000 voraus.

Das Einspracheverfahren betreffend die Einreihung in die Prämientarife hat
die SUVA sistiert bis zum rechtskräftigen Entscheid über die
sozialversicherungsrechtliche Stellung des A.________. Hierüber hat der
Unfallversicherer im Einspracheentscheid vom 19. September 2000 befunden,
welcher auf die von A.________ am 7. August 2000 gegen die Prämienrechnungen
vom 4. November 2000 erhobene Einsprache hin ergangen ist.

4.1.2 Das Vorgehen des Unfallversicherers, den streitigen Versichertenstatus
im Einspracheverfahren betreffend die Prämienrechnungen zu behandeln, ist
nicht zu beanstanden (vgl. RKUV 1990 Nr. U 106 S. 278 Erw. 3a und S. 280) und
wird von den Beschwerdeführern letztinstanzlich auch nicht mehr in Frage
gestellt.

Entgegen der in der Verwaltungsgerichtbeschwerde vertretenen Auffassung wurde
mit dem Einspracheentscheid vom 19. September 2000 aber nicht nur über die
streitige Statusfrage befunden. Einspracheweise beantragt war die Aufhebung
der Prämienrechnungen vom 4. November 2000, in welchen die SUVA die zu
entrichtenden Versicherungsprämien festgelegt hatte. Indem der
Unfallversicherer die Einsprache - vollumfänglich - abgewiesen hat,
bestätigte er die Prämienrechnungen nicht nur in Bezug auf die Feststellung,
dass A.________ in Bezug auf seine Tätigkeit für die Firma seines Bruders als
Arbeitnehmer zu betrachten sei, sondern auch hinsichtlich der Prämienhöhe.
Wenn sich der Einspracheentscheid hiezu nicht äussert, ist dies damit zu
erklären, dass dagegen einspracheweise nichts vorgebracht worden war.

Den Anfechtungsgegenstand im kantonalen Verfahren bildete der
Einspracheentscheid vom 19. September 2000, dessen Aufhebung beschwerdeweise
beantragt war. Über diesen Anfechtungsgegenstand ging die Vorinstanz nach dem
Gesagten nicht hinaus, wenn sie sowohl über die Arbeitnehmereigenschaft des
A.________ als auch über das den Prämienrechnungen zugrunde liegende
Einkommen - als einer der Bemessungsfaktoren für die Prämienhöhe (vgl. Erw.
4.3.3 hienach) - entschied. Soweit die Beschwerdeführer geltend machen, das
kantonale Gericht hätte nur auf die Statusfrage, nicht aber auf die
Prämienrechnungen eingehen dürfen, kann ihnen daher nicht gefolgt werden. Sie
verhalten sich mit diesem Vorbringen auch widersprüchlich. Denn mit Eingabe
im vorinstanzlichen Verfahren vom 1. Oktober 2002 hatten sie noch die
gegenteilige Auffassung vertreten, wonach das Versicherungsgericht
ausschliesslich die Höhe der Prämienrechnungen vom 4. November 2000, nicht
aber die Frage der sozialversicherungsrechtlichen Stellung des A.________
beurteilen dürfe.

4.2 Die Grundsätze für die Beurteilung, ob selbstständige oder
unselbstständige Erwerbstätigkeit vorliegt, werden im Einspracheentscheid und
im angefochtenen Entscheid zutreffend dargelegt und sind hier nicht zu
wiederholen. Mit SUVA und Vorinstanz ist A.________ im Rahmen seiner
Tätigkeit für die Firma "C.________" des B.________  als Arbeitnehmer zu
betrachten. Es wird auf die eingehende Begründung im angefochtenen Entscheid
verwiesen, worin die für die eine oder die andere Qualifikation sprechenden
Gesichtspunkte sorgfältig dargelegt und in ihrer Gesamtheit überzeugend
gewürdigt werden.

An dieser Betrachtungsweise vermögen die Vorbringen in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde nichts zu ändern. Die SUVA hat den Anlass zur
Prämienerhebung gebenden Sachverhalt hinreichend abgeklärt und umschrieben.
Es betrifft dies insbesondere die als Arbeitnehmer qualifizierte Person, die
Art und den Umfang der prämienpflichtigen Tätigkeit sowie den Zeitraum, für
welchen Prämien in Rechnung gestellt werden. Sodann schliesst der Umstand,
dass eine Person anerkanntermassen weit überwiegend selbstständigerwerbend
tätig ist, nicht aus, ihre restliche Erwerbstätigkeit als unselbstständig zu
qualifizieren.

4.3
4.3.1Was die Höhe der Prämienrechnungen vom 4. November 2000 betrifft, hat
die Vorinstanz das der Prämienberechnung zugrunde gelegte Einkommen geprüft
und für rechtmässig befunden. Dieses hat die SUVA, aufgrund der sich aus den
Akten ergebenden mangelnden Mitwirkung des Arbeitgebers zu Recht (vgl. Art.
120 Abs. 3 UVV), gestützt auf eine Lohnschätzung festgesetzt. Das so
ermittelte massgebende Einkommen der Jahre 1998 und 1999 von je Fr. 10'000.-
ist im Rahmen der eingeschränkten Kognition (Erw. 2.1 hievor) auch betraglich
nicht zu beanstanden.

4.3.2 Einspracheentscheide betreffend Prämienrechnungen sind mit Beschwerde
an das kantonale Versicherungsgericht anfechtbar (Art. 106 Abs. 1 e contrario
in Verbindung mit Art. 105 Abs. 1 UVG), Einspracheentscheide über die
Zuteilung der Betriebe und der Versicherten zu den Klassen und Stufen der
Prämientarife hingegen mit Beschwerde an die Eidgenössische Rekurskommission
für die Unfallversicherung (Art. 109 lit. b UVG).

Dieser gesetzlichen Zuständigkeitsregelung hat das kantonale Gericht Rechnung
getragen, indem es die am 4. Juli 2000 separat verfügte, den
Prämienrechnungen vom 4. November 2000 zugrunde liegende Einreihung in die
Prämientarife von der Beurteilung ausgenommen hat.

4.3.3 Die SUVA hat über die Einsprachen gegen die Einreihung in die
Prämientarife für die Berufs- und die Nichtberufsunfallversicherung noch
nicht entschieden. Da sich die Prämienhöhe auch nach der Tarifeinreihung
bestimmt (Art. 92 Abs. 2 und 6 UVG), sind bis zum rechtskräftigen Entscheid
darüber die in den Rechnungen vom 4. November 2000 festgesetzten Prämien
insofern mit einem Vorbehalt behaftet. Ergibt sich in Bezug auf die
Einreihung eine Änderung, wird die SUVA die in Rechnung gestellten Prämien
revisionsweise anzupassen haben.

5.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens werden die Beschwerdeführer kostenpflichtig
(Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 135 OG; Art. 134 OG e contrario).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden den Beschwerdeführern auferlegt und
mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons
Solothurn und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 20. November 2003
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der IV. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: