Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 175/2003
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U 175/03

Urteil vom 11. März 2004
III. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und Lustenberger;
Gerichtsschreiberin Durizzo

I.________, 1969, Beschwerdeführer, vertreten
durch Rechtsanwalt Adrian Fiechter, Poststrasse 6, 9443 Widnau,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
Beschwerdegegnerin,

Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen, St. Gallen

(Entscheid vom 28. Mai 2003)

Sachverhalt:

A.
I. ________, geboren 1969, erlitt am 21. Februar 2001 bei seiner Arbeit als
Blechschleifer einen Unfall. Eine defekte Handschleifmaschine überhitzte und
liess sich nicht mehr ausschalten, und es traten Stichflammen aus. Beim
Versuch, den Stecker zu ziehen, strauchelte I.________. Dann verfing sich der
Schmirgelteller in seinem Pullover, was zu einer Rauchentwicklung führte.
Erst einem herbeigerufenen Arbeitskollegen gelang es schliesslich, den
Stecker zu ziehen. Seither klagt I.________ über eine Hörschädigung sowie
über psychische Beschwerden. Nach Auffassung der Schweizerischen
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) besteht kein Zusammenhang zwischen Unfall
und Hörschädigung und psychisch bedingter Arbeitsunfähigkeit, weshalb sie
ihre Leistungspflicht, insbesondere die Übernahme der
psychologisch-psychotherapeutischen Behandlung sowie eines Aufenthalts im
Epilepsie-Zentrum X.________, mit Verfügungen vom 8. April und 17. Juli 2002
ablehnte. Daran hielt sie auf Einsprache hin fest (Einspracheentscheid vom 3.
September 2002).

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons
St. Gallen mit Entscheid vom 28. Mai 2003 ab.

C.
I.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragt im
Wesentlichen, es seien ihm die gesetzlichen Leistungen aus der
Unfallversicherung zuzusprechen.
Während die SUVA auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst,
verzichten das Bundesamt für Sozialversicherung, Abteilung Kranken- und
Unfallversicherung (seit 1. Januar 2004 im Bundesamt für Gesundheit), sowie
die als Mitinteressierte beigeladene Concordia Schweizerische Kranken- und
Unfallversicherung auf eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Das kantonale Gericht hat die Grundsätze über die Anwendbarkeit des am 1.
Januar 2003 in Kraft getretenen Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 und die Rechtsprechung
zu dem für die Leistungspflicht des Unfallversicherers vorausgesetzten
natürlichen (BGE 119 V 337 Erw. 1, 117 V 360 Erw. 4a, je mit Hinweisen) und
adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem
eingetretenen Schaden insbesondere bei psychischen Fehlreaktionen (BGE 115 V
136 Erw. 4c und 138 ff. Erw. 6 und 7) zutreffend dargelegt. Darauf wird
verwiesen.

2.
Was zunächst die Hörprobleme des Versicherten betrifft, ist nach Auffassung
der Vorinstanz eine natürliche Kausalität zum Unfall nicht überwiegend
wahrscheinlich (BGE 126 V 360 Erw. 5b, 125 V 195 Erw. 2, je mit Hinweisen).
Sie stützt sich dabei mit der Verwaltung auf den Bericht des SUVA-Arztes Dr.
med. M.________, Ohren-, Nasen- und Halskrankheiten, Hals- und
Gesichtschirurgie und Arbeitsmedizin FMH, vom 22. März 2002, welcher eine
Verursachung der heute bestehenden Hörstörung durch den Unfall als höchstens
möglich bezeichnet hat. Der Beschwerdeführer rügt, dass Dr. med. M.________
lediglich deshalb zu diesem Schluss komme, weil er davon ausgegangen sei, es
habe gar kein Sturz stattgefunden. Dies trifft jedoch nicht zu. Der SUVA-Arzt
stellte fest, dass eigentliche Kopfverletzungen, die bei genügender
Ausprägung im Rahmen einer Commotio auris internae zu einer massiven
Hörstörung führen könnten, nicht aktenkundig seien. Solche wurden tatsächlich
weder durch den Arbeitskollegen des Versicherten bemerkt, welcher an Ort und
Stelle Hilfe leistete, noch im Spital Y.________, in welches der
Beschwerdeführer nach dem Unfall eingewiesen wurde (Bericht vom 27. Februar
2001). Auch die im Spital diagnostizierte (leichtgradige)
Rauchgasintoxikation war nach Ansicht des SUVA-Arztes nicht geeignet, eine
einseitige Hörstörung zu bewirken. Damit ist schlüssig festgestellt, dass die
bestehenden Hörprobleme unfallfremd sind (vgl. BGE 125 V 352 Erw. 3a mit
Hinweis), weshalb Verwaltung und Vorinstanz zu Recht auf die Einschätzung des
SUVA-Arztes abgestellt haben. Im Übrigen kann vollumfänglich auf die
zutreffenden Erwägungen des kantonalen Gerichts verwiesen werden.

3.
Zu prüfen ist im Weiteren, ob die psychischen Beschwerden des Versicherten
auf den erlittenen Unfall zurückgeführt werden können. Diese äussern sich als
Bewusstseinsstörungen, die mit starken Kopfschmerzen und Zittern eingeleitet
werden. Seit Mitte Mai 2002 treten die Anfälle nach Angaben des
Beschwerdeführers täglich während mindestens 20 bis 30 Minuten auf. Am 11.
Juni 2003 habe er sogar in die Psychiatrische Klinik Z.________ eingewiesen
werden müssen.
Unbestritten ist, dass der Unfall des Beschwerdeführers dem mittleren Bereich
zuzuordnen ist (BGE 115 V 138 ff. Erw. 6). Ein adäquater Kausalzusammenhang
könnte daher nur bejaht werden, wenn ein einzelnes der in diesen Fällen
erforderlichen einschlägigen Beurteilungskriterien in besonders ausgeprägter
Form vorläge oder diese in gehäufter oder auffallender Weise gegeben wären
(BGE 115 V 140 f. Erw. 6c/bb/cc). Das kantonale Gericht hat erwogen, dass
keines der nach der Rechtsprechung massgebenden Kriterien vorliege.
Demgegenüber macht der Beschwerdeführer geltend, dass der Unfall besonders
eindrücklich gewesen sei. Mit Flash-backs werde er mehrmals täglich mit
seiner Ohnmacht gegenüber der mit Strom geladenen, Stichflammen auslösenden
Schleifmaschine konfrontiert und erlebe nochmals, wie er damals gegen die
Wand und auf den Boden geschleudert wurde. Die Beschwerdegegnerin wendet
dagegen zu Recht ein, dass nicht das subjektive Unfallerlebnis massgebend ist
(RKUV 2000 Nr. U 394 S. 313 ff.). Mit der Vorinstanz ist festzuhalten, dass
keine besondere Eindrücklichkeit und keine besonders dramatischen
Begleitumstände vorliegen. Die geltend gemachte Arbeitsunfähigkeit ist
wirtschaftlich bedingt, nachdem der Versicherte seine Erwerbstätigkeit bei
der vormaligen Arbeitgeberin so lange ausüben konnte, bis diese Ende November
2001 die Produktion eingestellt hat. Da die Schmerzen im Halsbereich nicht
somatisch bedingt sind und die Ohrenschmerzen diesen gegenüber in den
Hintergrund treten, ist auch das Kriterium der körperlichen Dauerschmerzen
nicht erfüllt. Demnach fehlt der adäquat-kausale Zusammenhang zwischen dem
Vorfall vom 21. Februar 2001 und den noch geklagten Beschwerden, weshalb die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde unbegründet ist.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen, dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) und der Concordia Schweizerische
Kranken- und Unfallversicherung zugestellt.
Luzern, 11. März 2004

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der III. Kammer:  Die Gerichtsschreiberin: