Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 163/2003
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U 163/03

Urteil vom 16. Oktober 2003
II. Kammer

Präsident Schön, Bundesrichterin Widmer und Bundesrichter Ursprung;
Gerichtsschreiber Ackermann

K.________, 1929, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Ueli Kieser,
Ulrichstrasse 14, 8032 Zürich,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
Beschwerdegegnerin

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 28. Mai 2003)

Sachverhalt:

A.
K. ________, geboren 1929, arbeitete (unter anderem) in den fünfziger Jahren
für die Firma S.________ AG sowie von 1962 bis 1985 für die Firma X.________
und war bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA)
unfallversichert. Am 11. Mai 2000 liess er Leistungen wegen einer
Berufskrankheit (Staublunge) beantragen, worauf die SUVA diverse Arztberichte
beizog und eine Untersuchung durch Dr. med. E.________, Pneumologie und
Innere Medizin FMH, veranlasste (Konsiliarbericht vom 18. Juni 2001). Nachdem
SUVA-Arzt Dr. med. I.________ in seinem internen Bericht vom 4. Juli 2001
davon ausgegangen war, dass die geklagten Beschwerden "am ehesten im Rahmen
des langjährigen Nikotinkonsums und anamnestischer Hinweise eines
unspezifischen Asthma bronchiale zu sehen" seien, lehnte die SUVA mit
Verfügung vom 31. Juli 2001 ihre Leistungspflicht ab, da die gesundheitlichen
Beschwerden nicht Folgen einer Berufskrankheit seien, was durch
Einspracheentscheid vom 10. Januar 2002 bestätigt worden ist.

B.
Nachdem zwei Berichte der Klinik W.________ vom 5. Juni 2002 zu den Akten
genommen worden waren, hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich mit Entscheid vom 28. Mai 2003 die gegen den Einspracheentscheid der
SUVA erhobene Beschwerde in dem Sinne gut, dass der Einspracheentscheid von
Januar 2002 aufgehoben und die Sache an die SUVA zurückgewiesen wurde, damit
sie abkläre, ob die berufliche Uranexposition in den fünfziger Jahren die
gesundheitlichen Beschwerden verursacht habe; das Vorliegen einer
Metallstaublunge wurde dagegen verneint.

C.
Unter Beilage eines Berichtes der Klinik W.________ vom 25. Juni 2003 lässt
K.________ Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, den
vorinstanzlichen Entscheid insoweit aufzuheben, als sich die Rückweisung zur
weiteren Abklärung nicht auch auf das Vorliegen einer Staublunge beziehe.

Die SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während
das Bundesamt für Sozialversicherung auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Vorab ist zu prüfen, ob der Versicherte ein schutzwürdiges Interesse an der
(teilweisen) Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides hat (Art. 103 lit. a
OG in Verbindung mit Art. 132 OG). Diese Prozessvoraussetzung ist erfüllt, da
ohne die Rüge, es sei zu Unrecht das Vorliegen einer Staublunge verneint
worden, die entsprechende vorinstanzliche Feststellung (infolge des Verweises
im Dispositiv auf die Erwägungen; vgl. BGE 123 III 18 Erw. 2a) in Rechtskraft
erwachsen würde. Da auch die restlichen prozessualen Voraussetzungen der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegeben sind, ist darauf einzutreten.

2.
Wie das kantonale Gericht zu Recht festgehalten hat, ist das am 1. Januar
2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 im vorliegenden Fall
nicht anwendbar, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des Erlasses des
streitigen Einspracheentscheides (Januar 2002) eingetretene Rechts- und
Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt
werden (RKUV 2001 Nr. U 419 S. 101 Erw. 2). Die Vorinstanz hat im Weiteren
auch die Bestimmungen über die Berufskrankheiten (Art. 9 Abs. 1 und 2 UVG;
Art. 14 UVV; Anhang 1 zur UVV) und die dazu ergangene Rechtsprechung (BGE 126
V 186 Erw. 2b, 119 V 200 Erw. 2) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

3.
Streitig ist der Anspruch auf Leistungen der Unfallversicherung wegen
Vorliegens einer Berufskrankheit und in diesem Zusammenhang insbesondere die
Ursache der diagnostizierten Staublunge. Unbestritten ist die Rückweisung der
Sache zur Abklärung über die Auswirkungen der seinerzeitigen Uranexposition.

3.1 Die Vorinstanz stellt auf die Einschätzungen des Dr. med. E.________, des
SUVA-Arztes Dr. med. I.________ sowie der Klinik W.________ ab und verneint
das Vorliegen einer Metallstaublunge. Der Beschwerdeführer ist demgegenüber
der Ansicht, dass nicht nur Stäube von Metallen, sondern auch andere Stäube
zu einer Staublunge führen können. Da er während seiner Arbeitstätigkeit in
einem besonderen Ausmass Graphitstäuben ausgesetzt gewesen sei, müsse
abgeklärt werden, ob seine - medizinisch ausgewiesene - Staublunge darauf
zurückzuführen sei.

3.2 In seinem Bericht vom 18. Juni 2001 führt Dr. med. E.________ aus, dass
Hinweise für eine Hartmetallstaublunge vollständig fehlen, während der
SUVA-Arzt Dr. med. I.________ in seinem Aktenbericht vom 30. Juli 2001 das
Vorliegen einer Hartmetallstaublunge als nicht wahrscheinlich erachtet. Auch
der letztinstanzlich eingereichte Bericht der Klinik W.________ vom 25. Juni
2003 äussert sich nicht zu den Ursachen der Staublunge, sondern es wird
festgehalten, dass - wenn die Angaben über den Nikotinabusus stimmen - der
Verlauf der Krankheit sehr aussergewöhnlich sei und für eine Zusatznoxe
spreche. Es fällt jedoch auf, dass sowohl Dr. med. E.________ wie auch der
SUVA-Arzt Dr. med. I.________ (wie auch schon die SUVA-Ärztin Frau Dr. med.
K.________ im Aktenbericht vom 22. Februar 2001) nur die Frage des Vorliegens
einer Metallstaublunge beantwortet, nicht aber die Auswirkungen der
seinerzeitigen Graphitexposition untersucht haben, obwohl ihnen die Arbeit im
Graphitstaub bekannt gewesen ist und Ziff. 2 lit. b Anhang 1 zur UVV auch
Arbeiten in Stäuben von Graphit als Ursache einer versicherten Staublunge
aufführt. Zwar hat die - von Dr. med. E.________ mit der Erstellung eines
Computertomogramms des Thorax beauftragte - Praxis Y.________ im Bericht vom
6. Juni 2001 eine Exposition zu Graphitstaub in der Anamnese erwähnt, jedoch
findet sich keine diesbezügliche Beurteilung, so dass betreffend Graphitstaub
bis jetzt keine medizinische Entscheidungsgrundlage vorliegt. Die SUVA hat
deshalb entsprechende Abklärungen vorzunehmen, wobei sie berücksichtigen
wird, dass die Graphitstaubexposition in den Jahren 1956 und 1960 zeitlich
beschränkt erfolgt ist und der Versicherte während etwa vierzig Jahren
Zigarettenraucher gewesen ist. Anschliessend wird die SUVA - nach Vornahme
der von der Vorinstanz angeordneten weiteren Abklärungen - neu verfügen.

4.
Das Verfahren ist kostenlos (Art. 134 OG). Dem Ausgang des letztinstanzlichen
Verfahrens entsprechend steht dem obsiegenden Versicherten eine
Parteientschädigung zu (Art. 135 in Verbindung mit Art. 159 Abs. 2 OG).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid des
Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 28. Mai 2003 insoweit
aufgehoben, als er sich nicht auf eine Rückweisung zur Abklärung betreffend
Vorliegens einer Staublunge infolge Graphitexposition bezieht, und die Sache
wird an die SUVA zurückgewiesen, damit sie, nach erfolgter Abklärung im Sinne
der Erwägungen, über ihre Leistungspflicht neu verfüge.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Die SUVA hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor dem Eidgenössischen
Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr. 2000.--
(einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 16. Oktober 2003

Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der II. Kammer:  Der Gerichtsschreiber:

i.V.