Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 159/2003
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U 159/03

Urteil vom 11. Dezember 2003
III. Kammer

Präsident Borella, Bundesrichter Meyer und Lustenberger; Gerichtsschreiberin
Riedi Hunold

Helsana Versicherungen AG, Schadenrecht, Birmensdorferstrasse 94, 8003
Zürich, Beschwerdeführerin,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern,
Beschwerdegegnerin,

betreffend G.________, 1957

Versicherungsgericht des Kantons Aargau, Aarau

(Entscheid vom 11. Juni 2003)

Sachverhalt:

A.
G. ________ (geboren 1957) ist seit 30. April 1973 bei der B.________ AG
angestellt und in dieser Eigenschaft bei der Schweizerischen
Unfallversicherungsanstalt (nachfolgend: SUVA) gegen die Folgen von Unfällen
versichert. Am 27. April 2002 blockierte sein Knie beim Treppensteigen. Zwei
Tage später suchte G.________ erstmals einen Arzt auf. Die folgenden
Abklärungen ergaben einen Korbhenkelriss des lateralen Meniskus. Mit
Verfügung vom 8. Juli 2002 lehnte die SUVA mangels eines unfallversicherten
Ereignisses jegliche Leistungen ab. Nachdem der Krankenversicherer von
G.________, die Helsana Versicherungen AG (nachfolgend: Helsana), hiegegen
Einsprache erhoben hatte, hielt die SUVA mit Einspracheentscheid vom 24.
September 2002 an ihrer Ablehnung fest.

B.
Die von der Helsana hiegegen erhobene Beschwerde wies das
Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 11. Juni 2003 ab.

C.
Die Helsana führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Begehren, die SUVA
sei unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids zu verpflichten, die
gesetzlichen Leistungen für den Vorfall vom 27. April 2002 zu erbringen. Die
SUVA schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. G.________
und das Bundesamt für Sozialversicherung verzichten auf eine Vernehmlassung.

Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht ist nur noch streitig, ob der
Vorfall vom 27. April 2002 eine unfallähnliche Körperschädigung darstellt,
für welche die SUVA leistungspflichtig ist.

2.
Das Eidgenössische Versicherungsgericht hat sich in seinem zur Publikation in
der Amtlichen Sammlung bestimmten Urteil H. vom 20. August 2003, U 17/03,
erneut zu den Leistungsvoraussetzungen bei unfallähnlichen Körperschädigungen
geäussert. Es hat dabei in Fortsetzung der Rechtsprechung gemäss BGE 123 V 43
und RKUV 2001 Nr. U 435 S. 332 daran festgehalten, dass mit Ausnahme der
Ungewöhnlichkeit sämtliche Tatbestandsmerkmale des Unfallbegriffs erfüllt
sein müssen. Besondere Bedeutung kommt dabei der Voraussetzung eines äusseren
Ereignisses zu, d.h. eines ausserhalb des Körpers liegenden, objektiv
feststellbaren, sinnfälligen, eben unfallähnlichen Vorfalles. Wo ein solches
Ereignis mit Einwirkung auf den Körper nicht stattgefunden hat, und sei es
auch nur als Auslöser eines in Art. 9 Abs. 2 lit. a-h UVV aufgezählten
Gesundheitsschadens, liegt eine eindeutig krankheits- oder degenerativ
bedingte Gesundheitsschädigung vor. Kein unfallähnliches Ereignis liegt in
all jenen Fällen vor, in denen der äussere Faktor mit dem (erstmaligen)
Auftreten der für eine der in Art. 9 Abs. 2 lit. a-h UVV enthaltenen
Gesundheitsschäden typischen Schmerzen gleichgesetzt wird. Auch nicht erfüllt
ist das Erfordernis des äusseren schädigenden Faktors, wenn das (erstmalige)
Auftreten von Schmerzen mit einer blossen Lebensverrichtung einhergeht,
welche die versicherte Person zu beschreiben in der Lage ist; denn für die
Bejahung eines äusseren auf den menschlichen Körper schädigend einwirkenden
Faktors ist stets ein Geschehen verlangt, dem ein gewisses gesteigertes
Gefährdungspotenzial innewohnt. Das ist zu bejahen, wenn die zum
einschiessenden Schmerz führende Tätigkeit im Rahmen einer allgemein
gesteigerten Gefahrenlage vorgenommen wird, wie dies etwa für viele
sportliche Betätigungen zutreffen kann. Wer hingegen beim Aufstehen,
Absitzen, Abliegen, der Bewegung im Raum, Handreichungen usw. einen
einschiessenden Schmerz erleidet, welcher sich als Symptom einer Schädigung
nach Art. 9 Abs. 2 UVV herausstellt, kann sich nicht auf das Vorliegen einer
unfallähnlichen Körperschädigung berufen. Erfüllt ist demgegenüber das
Erfordernis des äusseren schädigenden Faktors bei Änderungen der Körperlage,
die nach unfallmedizinischer Erfahrung häufig zu körpereigenen Traumen führen
können, also im Sinne der bisherigen Rechtsprechung das plötzliche Aufstehen
aus der Hocke, die heftige und/oder belastende Bewegung und die durch äussere
Einflüsse unkontrollierbare Änderung der Körperlage im Sinne der von der
Rechtsprechung positiv beurteilten Sachverhalte, woran festzuhalten ist.

3.
3.1 Gemäss den Schilderungen des Versicherten hatte er sich beim
Treppensteigen eine Blockade des Knies zugezogen; etwas Besonderes wie
Ausgleiten oder einen Sturz verneinte er (Unfallmeldung vom 2. Mai 2002;
ergänzende Angaben zum Unfallhergang vom 27. Mai 2002). In der Folge konnte
er mit dem betroffenen Bein fast nicht mehr stehen und war auf Stöcke
angewiesen. Zwei Tage nach dem Vorfall, am 29. April 2002, suchte der
Versicherte erstmals einen Arzt auf; die nachfolgenden Abklärungen ergaben
einen Korbhenkelriss des lateralen Meniskus (Bericht des Dr. med. Z.________
vom 27. Juni 2002; Bericht des Dr. med. W.________, Spezialarzt für
orthopädische Chirurgie, vom 17. Mai und 16. August 2002).

3.2 Unbestrittenermassen erlitt der Versicherte eine der in Art. 9 Abs. 2
lit. a-h UVV abschliessend aufgezählten körperlichen Schädigungen. Das von
ihm geschilderte Treppensteigen ist jedoch nicht als unfallähnliches Ereignis
zu werten. Denn als alltägliche Lebensverrichtung und physiologische
Beanspruchung des Körpers ohne erhöhtes Gefährdungspotenzial genügt es nicht
den Anforderungen an den äusseren schädigenden Faktor im Sinne der
Rechtsprechung (oben Erw. 3). Vorinstanz und Verwaltung haben demnach zu
Recht den Anspruch auf Leistungen der Unfallversicherung verneint.

4.
4.1 Streitigkeiten zwischen Versicherungsträgern über Leistungen aus
Unfallfolgen für einen gemeinsamen Versicherten sind kostenpflichtig (BGE 126
V 192 Erw. 6 mit Hinweisen). Die Helsana hat deshalb als unterliegende Partei
die Gerichtskosten zu tragen (Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 135 OG).

4.2 Nach Art. 159 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 135 OG darf im Verfahren der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde obsiegenden Behörden oder mit
öffentlich-rechtlichen Aufgaben betrauten Organisationen in der Regel keine
Parteientschädigung zugesprochen werden. In Anwendung dieser Bestimmung hat
das Eidgenössische Versicherungsgericht der SUVA und privaten
UVG-Versicherern sowie - von Sonderfällen abgesehen - den Krankenkassen keine
Parteientschädigung zugesprochen, weil sie als Organisationen mit
öffentlich-rechtlichen Aufgaben zu qualifizieren sind (BGE 123 V 309 Erw. 10
mit Hinweisen).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3000.- werden der Helsana Versicherungen AG
auferlegt und mit dem geleisteten Kostenvorschuss verrechnet.

3.
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau,
dem Bundesamt für Sozialversicherung und G.________ zugestellt.

Luzern, 11. Dezember 2003
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der III. Kammer:   Die Gerichtsschreiberin: