Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen U 111/2003
Zurück zum Index Sozialrechtliche Abteilungen 2003
Retour à l'indice Sozialrechtliche Abteilungen 2003


U 111/03

Urteil vom 25. Februar 2004
III. Kammer

Präsidentin Leuzinger, Bundesrichter Rüedi und nebenamtlicher Richter Weber;
Gerichtsschreiber Flückiger

G.________, 1967, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Michael
Ausfeld, Weinbergstrasse 18, 8001 Zürich,

gegen

Helsana Versicherungen AG, Schadenrecht, Birmensdorferstrasse 94, 8003
Zürich, Beschwerdegegnerin

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 31. März 2003)

Sachverhalt:

A.
G. ________ war seit 14. Juli 2000 bei der Firma T.________ GmbH im
Telefonverkauf angestellt und auf Grund dieses Arbeitsverhältnisses
obligatorisch bei der Helsana Unfall AG (Helsana) gegen die Folgen von Unfall
und Berufskrankheit versichert. Der Arbeitsvertrag sah als wöchentliche
Arbeitszeit ein Minimum von 20 und ein Maximum von 30 Stunden, zu leisten an
vier Tagen pro Woche, vor. In den Lohnabrechnungen werden für den Monat Juli
2000 65.5 und für den Monat August 2000 36.5 Arbeitsstunden ausgewiesen.

Am 10. August 2000 erlitt der Versicherte auf der Fahrt zur Arbeit einen
Verkehrsunfall und war in der Folge arbeitsunfähig. Die Helsana richtete
Taggelder aus. Deren Höhe wurde im Verlauf einer längeren Korrespondenz
zwischen dem Versicherer und dem zwischenzeitlich beigezogenen
Rechtsvertreter des Versicherten mehrfach neu beziffert. Schliesslich setzte
die Helsana den Taggeldansatz auf Fr. 92.90 fest (Verfügung vom 28. Mai 2002)
und bestätigte dies mit Einspracheentscheid vom 10. Oktober 2002.

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde mit dem Antrag, es sei die Höhe des Taggeldes
auf Fr. 110.45 festzusetzen, wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich am 31. März 2003 ab.

C.
G.________ lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, es sei
der versicherte Verdienst ab dem 11. November 2000 mit Fr. 49'824.- zu
beziffern und demgemäss die Gegenpartei zu verpflichten, ihm ab dem genannten
Datum Taggeldleistungen auf der Basis von Fr. 109.20 zu entrichten.

Die Helsana schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das
Bundesamt für Sozialversicherung, Abteilung Unfallversicherung (heute im
Bundesamt für Gesundheit), verzichtet auf eine Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den allgemeinen
Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) ist im vorliegenden Fall nicht
anwendbar, da nach dem massgebenden Zeitpunkt des streitigen
Einspracheentscheides vom 10. Oktober 2002 eingetretene Rechts- und
Sachverhaltsänderungen vom Sozialversicherungsgericht nicht berücksichtigt
werden. Daher sind der Beurteilung die bis 31. Dezember 2002 gültig gewesenen
Bestimmungen zu Grunde zu legen (BGE 129 V 4 Erw. 1.2, 169 Erw. 1, 356 Erw.
1).

2.
Wie das kantonale Gericht zutreffend dargelegt hat, beträgt das Taggeld,
welches für alle Tage, einschliesslich Sonn- und Feiertage, ausgerichtet wird
(Art. 25 Abs. 1 UVV), bei voller Arbeitsunfähigkeit 80 % des versicherten
Verdienstes (Art. 17 Abs. 1 UVG), wobei als versicherter Verdienst
grundsätzlich der letzte vor dem Unfall bezogene Lohn gilt (Art. 15 Abs. 2
Halbsatz 1 UVG). Richtig ist auch, dass für die Taggeldbemessung auf einen
angemessenen Durchschnittslohn pro Tag abgestellt wird, wenn der Versicherte
keine regelmässige Erwerbstätigkeit ausübt oder sein Lohn starken
Schwankungen unterliegt (Art. 15 Abs. 3 lit. c und d UVG in Verbindung mit
Art. 23 Abs. 3 UVV),  sowie dass der massgebende Lohn für die Zukunft neu
bestimmt wird, wenn die Heilbehandlung wenigstens drei Monate gedauert hat
und der Lohn in dieser Zeit um mindestens 10 Prozent erhöht worden wäre (Art.
15 Abs. 3 lit. a UVG in Verbindung mit Art. 23 Abs. 7 UVV).

3.
Auf Grund des mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gestellten
Rechtsbegehrens streitig und zu prüfen ist die Höhe des Taggeldansatzes für
die Zeit ab 11. November 2000. Diese hängt nach dem Gesagten vom versicherten
Verdienst bzw. massgebenden Lohn ab.

3.1
3.1.1Das mit dem Einspracheentscheid festgesetzte Taggeld von Fr. 92.90
basiert auf einem Jahresverdienst von Fr. 42'381.60. Dieser wurde ermittelt
auf Grund des im Juli 2000 erzielten, auf einen Monat hochgerechneten Lohns
(Fr. 1814.40 zuzüglich Provision Fr. 1717.40, ergebend pro Monat Fr.
3531.80).

3.1.2 Die Vorinstanz erwog, aus den vorhandenen Angaben über die geleisteten
Arbeitsstunden (65.5 Stunden an acht oder neun Arbeitstagen im Juli; 36.5
Stunden an sechs Arbeitstagen im August) liessen sich angesichts der kurzen
Dauer des Arbeitsverhältnisses vor dem Unfall keine zuverlässigen Aussagen
zum Pensum des Beschwerdeführers ableiten. Da ausserdem der vereinbarte Lohn
einen beachtlichen Provisionsanteil enthalte und deshalb stark schwanken
könne, erscheine es als sachgerecht, in Anwendung von Art. 23 Abs. 3 UVV auf
einen Durchschnittslohn abzustellen. Für dessen Ermittlung sei bezüglich des
Pensums innerhalb der im Arbeitsvertrag genannten Bandbreite von 20 bis 30
wöchentlichen Arbeitsstunden auf den Mittelwert von 25 Stunden abzustellen.
Der Stundenansatz sei entsprechend dem durchschnittlichen Verdienst im
Betrieb von Fr. 34.60 (einschliesslich Ferienentschädigung, vgl. die Auskunft
der Arbeitgeberin an die Vorinstanz vom 23. März 2003) festzusetzen. Das
Taggeld belaufe sich somit auf Fr. 91.- (Fr. 34.60 x 25 Wochenstunden x 48
Arbeitswochen : 365 x 80 %), sodass der durch die Beschwerdegegnerin
festgesetzte Betrag von Fr. 92.20 nicht zu beanstanden sei.

3.1.3 Der Beschwerdeführer macht demgegenüber geltend, es sei gestützt auf
die Angaben in der Unfallmeldung UVG vom 24. August 2000 sowie die
tatsächlich geleistete Arbeitszeit von 30 Arbeitsstunden pro Woche
auszugehen, während der Stundenlohn von Fr. 34.60 korrekt ermittelt worden
sei. Damit resultiere ein Taggeldanspruch von Fr. 109.20 (Fr. 34.60 x 30
Wochenstunden x 48 Arbeitswochen : 365 x 80 %).

3.2
3.2.1Den Lohnabrechnungen ist zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer im Juli
2000 65.5 und im August 2000 36.5 Arbeitsstunden leistete. Die Stelle war
gemäss Arbeitsvertrag am Freitag, 14. Juli 2000 anzutreten. Letzter
Arbeitstag war laut Unfallmeldung der 9. August 2000. Der Versicherte
arbeitete an vier Tagen pro Woche, wobei gemäss den unbestritten gebliebenen
Angaben in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde jeweils der Montag arbeitsfrei
blieb. Die am 29. Juli 2000 ausgestellte Lohnabrechnung für diesen Monat
erfasste demzufolge neun Arbeitstage (14., 18., 19., 20., 21., 25., 26., 27.,
28. Juli), sodass eine wöchentliche Arbeitszeit (bei vier Arbeitstagen pro
Woche) von rund 29 Stunden resultiert (65.5 Stunden : 9 Tage x 4 Tage). Der
Dienstag, 1. August 2000, war ein den Sonntagen gleichgestellter
arbeitsfreier Tag (Verordnung vom 30. Mai 1994 über den Bundesfeiertag, SR
116). Demzufolge verteilten sich die 36.5 Stunden des Monats August unter
Berücksichtigung des arbeitsfreien Montags auf fünf Arbeitstage (2., 3., 4.,
8. und 9. August). Dies entspricht einer Wochenarbeitszeit von 29.2 Stunden
(36.5 Stunden : 5 Tage x 4 Tage), welche praktisch mit derjenigen im Juli
übereinstimmt. Unter diesem Umständen erscheint es, entgegen der Auffassung
der Vorinstanz, nicht als gerechtfertigt, in Anwendung von Art. 23 Abs. 3 UVV
von einem stark schwankenden Pensum auszugehen und auf den Mittelwert der im
Arbeitsvertrag vorgesehenen Arbeitszeit von 20 bis 30 Wochenstunden
abzustellen. Vielmehr kann davon ausgegangen werden, dass sich das Pensum in
der Folge weiterhin auf rund 29 Stunden pro Woche belaufen hätte.

3.2.2 Der Beschwerdeführer hatte die neue Arbeitsstelle weniger als einen
Monat vor dem Unfall angetreten und während dieser Zeit einen
durchschnittlichen Stundenlohn (Fixum und Provision, einschliesslich
Ferienentschädigung) von Fr. 26.75 erreicht. Der Geschäftsführer der
Arbeitgeberin erklärte gegenüber dem Versicherer, der Beschwerdeführer sei
ein durchschnittlicher Verkäufer gewesen, der sich aber auch mit mehr
Erfahrung kaum zu einem Spitzenverkäufer entwickelt hätte. Unter diesen
Umständen sowie angesichts der vorhandenen Verkaufserfahrung ist mit dem
kantonalen Gericht davon auszugehen, dass er in der Folge seinen Verdienst
auf Fr. 34.60 pro Stunde, entsprechend dem Durchschnitt der mit der gleichen
Tätigkeit befassten Angestellten im Betrieb, hätte steigern können. Dieser
mutmasslichen, 10 % übersteigenden Lohnerhöhung im Gesundheitsfall kann
gemäss Art. 23 Abs. 7 UVV Rechnung getragen werden, indem der massgebende
Lohn für die Zukunft neu bestimmt wird, nachdem die Heilbehandlung wenigstens
drei Monate gedauert hat. Der für die Taggeldberechnung massgebende Lohn ist
somit für den vorliegend streitigen Zeitraum ab 11. November 2000 (drei
Monate nach der Erstbehandlung vom 10. August 2000) auf Grund des
Stundenansatzes von Fr. 34.60 (einschliesslich Ferienentschädigung)
festzusetzen, welchen der Beschwerdeführer damals ohne den Unfall mutmasslich
erzielt hätte.

3.3 Bei 29 Arbeitsstunden pro Woche und einem Stundenlohn von Fr. 34.60
(inkl. Ferienentschädigung) ergibt sich ein Taggeldanspruch von Fr. 105.55
(Fr. 34.60 Stundenlohn x 29 Wochenstunden x 48 Arbeitswochen x 80 % : 365;
vgl. zur Berechnungsweise Anhang 2 zur UVV, lit. b). Die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist dementsprechend teilweise gutzuheissen.

4.
Da das Verfahren die Bewilligung von Versicherungsleistungen betrifft, ist
von der Erhebung von Gerichtskosten abzusehen (Art. 134 OG). Dem
Prozessausgang entsprechend ist dem Beschwerdeführer eine reduzierte
Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 135 in Verbindung mit Art. 159 Abs. 2
und 3 OG).

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der
Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 31. März
2003 und der Einspracheentscheid vom 10. Oktober 2002 insoweit abgeändert,
als die Höhe des Taggeldes ab 11. November 2000 auf Fr. 105.55 festgesetzt
wird.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Die Helsana Versicherungen AG hat dem Beschwerdeführer für das Verfahren vor
dem Eidgenössischen Versicherungsgericht eine Parteientschädigung von Fr.
1500.- (einschliesslich Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

4.
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wird über eine
Parteientschädigung für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des
letztinstanzlichen Prozesses zu befinden haben.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) zugestellt.

Luzern, 25. Februar 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Die Präsidentin der III. Kammer:  Der Gerichtsschreiber: