Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Sozialrechtliche Abteilungen P 54/2003
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P 54/03

Urteil vom 28. April 2004
IV. Kammer

Präsident Ferrari, Bundesrichter Meyer und Ursprung; Gerichtsschreiberin
Bollinger

F.________, 1939, Beschwerdeführer,

gegen

1. Stadt Dietikon, Durchführungsstelle für Zusatzleistungen zur AHV/IV,
Bremgartnerstrasse 22, 8953 Dietikon,
2. Bezirksrat Dietikon, Kirchplatz 5, 8953 Dietikon,

Beschwerdegegner

Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich, Winterthur

(Entscheid vom 26. August 2003)

Sachverhalt:

A.
Am 6. August 2002 liess sich der 1939 geborene F.________ von der
Sozialberatung D.________ zum Bezug von Zusatzleistungen zur AHV/IV anmelden.
Mit Entscheid vom 26. September 2002 sprach die Durchführungsstelle für
Zusatzleistungen zur AHV/IV der Stadt Dietikon (Durchführungsstelle)
F.________ rückwirkend ab 1. Januar 2001 Ergänzungsleistungen zu seiner
IV-Rente zu. In der Folge nahm sie unter Berücksichtigung einer Erbschaft,
die F.________ im Jahre 1998 angetreten, der Durchführungsstelle aber nicht
angegeben hatte, eine rückwirkende Neuberechnung vor. Dabei ging sie davon
aus, der Versicherte habe den Verzehr des ihm zugefallenen Vermögens nicht
belegen können, weshalb sie die Summe von Fr. 113'000.- in die Berechnung
einsetzte und diesen Betrag ab 1. Januar 2000 jährlich um Fr. 10'000.-
reduzierte. Mit Verfügungen vom 3. Oktober 2002 lehnte die
Durchführungsstelle rückwirkend per 1. Januar 2001 einen Anspruch
Ergänzungsleistungen ab und stellte die Auszahlung dieser Leistungen per 1.
Januar 2002 ein. Gleichentags forderte sie die ausgerichteten Gelder zurück.
Mit Beschluss vom 9. April 2003 bestätigte der Bezirksrat Dietikon auf
Einsprache hin die Verfügungen.

B.
Am 26. August 2003 wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die
Beschwerde des F.________ ab, soweit es darauf eintrat.

C.
F.________ führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit den sinngemässen Anträgen
auf Ausrichtung von Ergänzungsleistungen und Erlass der Rückerstattung.

Mit Eingabe vom 6./8. Oktober 2003 reicht er ein weiteres Schreiben sowie
diverse Bankauszüge zu den Akten.

Die Durchführungsstelle, der Bezirksrat Dietikon und das Bundesamt für
Sozialversicherung verzichten auf Vernehmlassung.
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

1.
Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist nur soweit einzutreten, als sie
sich auf bundesrechtliche Ergänzungsleistungen im Sinne des Bundesgesetzes
über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und
Invalidenversicherung (ELG), und nicht auf kantonale oder kommunale Beihilfen
bezieht (Art. 128 OG in Verbindung mit Art. 97 OG und Art. 5 Abs. 1 VwVG; BGE
124 V 146 Erw. 1 mit Hinweis).

2.
Im Beschwerdeverfahren um die Bewilligung oder Verweigerung von
Versicherungsleistungen - darunter fällt nach ständiger Rechtsprechung auch
die Rückforderung von Versicherungsleistungen (BGE 112 V 100 Erw. 1b) - ist
die Überprüfungsbefugnis des Eidgenössischen Versicherungsgerichts nicht auf
die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch
des Ermessens beschränkt, sondern sie erstreckt sich auch auf die
Angemessenheit der angefochtenen Verfügung; das Gericht ist dabei nicht an
die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
und kann über die Begehren der Parteien zu deren Gunsten oder Ungunsten
hinausgehen (Art. 132 OG).

3.
Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen und Grundsätze über
den Anspruch auf Ergänzungsleistungen, insbesondere die Vorschrift und die
Rechtsprechung bezüglich der Anrechnung von Einkünften und Vermögenswerten,
auf die verzichtet worden ist (Art. 3c Abs. 1 lit. g ELG; BGE 123 V 37 Erw.
1, 121 V 205 Erw. 4a, je mit Hinweisen), richtig wiedergegeben. Zutreffend
ist auch, dass unrechtmässig bezogene Ergänzungsleistungen unter den für die
Wiedererwägung oder die prozessuale Revision massgebenden Voraussetzungen
(BGE 126 V 23 Erw. 4b, 46 Erw. 2b, 122 V 21 Erw. 3a, 271 Erw. 2 und 368 Erw.
3) zurückzuerstatten sind (Art. 27 ELV in Verbindung mit Art. 3a Abs. 7 lit.
f ELG). Darauf wird verwiesen.

Das am 1. Januar 2003 in Kraft getretene Bundesgesetz über den Allgemeinen
Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober 2000 modifiziert die
materielle Rechtslage nicht.

3.1 Nach Lage der Akten steht fest und ist unbestritten, dass dem
Beschwerdeführer im Jahre 1998 aus einer Erbschaft rund Fr. 113'000.-
zugeflossen waren. Fest steht weiter, dass der Versicherte bis Ende 1999
nahezu das gesamte Erbschaftsvermögen von seinem Bankkonto abgehoben hatte,
wobei nicht geklärt werden konnte, an wen bzw. zu welchem Zweck die namhaften
Auszahlungen erfolgten. Der Beschwerdeführer bringt vor, der Verbrauch des
Geldes stehe im Zusammenhang mit seinem beeinträchtigten Gesundheitszustand,
welcher in der fraglichen Zeit mehrere Operationen erfordert habe und
weiterhin nötig machen werde. Genaue Abrechnungen und präzise Zahlen könne er
nicht vorlegen. Das kantonale Gericht erwog, der Beschwerdeführer sei der ihm
obliegenden Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen und habe den Beweis einer
adäquaten Gegenleistung für die Vermögenshingabe nicht erbracht, weshalb er
die Folgen der Beweislosigkeit tragen und sich ein hypothetisches Vermögen
anrechnen lassen müsse.

3.2 Es kann nicht angenommen werden, dass der obligatorisch
krankenpflegeversicherte Beschwerdeführer das Geld für ärztliche Behandlungen
und operative Eingriffe ausgab. Denkbar wäre, dass er das ererbte Vermögen
für krankenversicherungsrechtlich nicht anerkannte Therapien verwendete.
Hierüber aber hätte er nach der ihm obliegenden Mitwirkungspflicht (BGE 125 V
195 Erw. 2, 122 V 158 Erw. 1a, je mit Hinweisen) ohne Wenn und Aber
Aufschluss erteilen müssen, z.B. durch Namensnennung derjenigen Personen, an
die er sich gewandt hatte. Da er solches stets verweigerte und damit nicht
darzutun vermochte, dass seine Geldhingaben im Austausch gegen adäquate
Gegenleistungen erfolgten, ist nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz
mangels entsprechender Beweise die fragliche Erbschaft als Verzichtsvermögen
qualifizierte (AHI 1994 S. 217 f. Erw. 4a und b). Daran ändert auch die
letztinstanzlich eingereichte "eidesstattliche Erklärung" nichts, worin der
Beschwerdeführer angibt, über keine finanziellen Werte im Sinne eines
Verzichtsvermögens und lediglich über ein Renteneinkommen der IV und der
Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) zu verfügen.
Rechtsprechungsgemäss ist fehlendes Vermögen kein faktisch unbeweisbares
Sachvorbringen, das Beweiserleichterungen erforderte (BGE 121 V 204 Erw. 6b
mit Hinweisen).
Zu keinem anderen Ergebnis führt, dass der Versicherte zum Zeitpunkt des
Erbschaftserwerbs die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen nicht kannte,
da niemand aus seiner Rechtsunkenntnis Vorteile zu seinen Gunsten ableiten
kann (BGE 126 V 313 Erw. 2b mit Hinweisen).

4.
4.1 Zu prüfen ist die mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde aufgeworfene und mit
nachträglicher Eingabe vom 8. Oktober 2003 (welche im Rahmen der freien
Kognition aufgrund der Aktenlage von Amtes wegen zu prüfen ist; BGE 110 V 53
Erw. 4) verdeutlichte Frage, wie es sich mit der Rückforderung bereits
ausbezahlter Ergänzungsleistungen verhält. Der Beschwerdeführer behauptet,
den Betrag von Fr. 6'588.- nie erhalten zu haben; es seien ihm lediglich Fr.
678.- überwiesen worden. Dagegen geht das kantonale Gericht davon aus, der
Beschwerdeführer habe insgesamt Fr. 7'266.- zurückzuerstatten.

4.2 Soweit sich der fragliche Betrag aus Beihilfen und Gemeindezuschüssen
zusammensetzt, kann darauf nicht eingetreten werden (Erw. 1 hievor). Zu
prüfen ist jedoch, ob und in welchem Umfang die bundesrechtlichen
Ergänzungsleistungen an die Sozialbehörde D.________ überwiesen worden sind,
da nach der Rechtsprechung für einen ihr zugegangenen Betrag die Behörde als
Drittempfängerin der Leistung und nicht der Versicherte
rückerstattungspflichtig ist (BGE 110 V 10 Erw. 2b; Urteil T. vom 6. April
2004, P 42/03, Erw. 2).

4.3 Mit Anmeldung vom 6. August 2002 liess der Versicherte um Auszahlung der
rückwirkend zugesprochenen Leistungen auf ein Konto der Sozialberatung
D.________ zu seinen Gunsten und um Überweisung der Beiträge ab 1. September
2002 direkt auf sein Bankkonto bei der Zürcher Kantonalbank ersuchen. Mit
Verfügungen vom 3. Oktober 2002 forderte die Durchführungsstelle den Betrag
von Fr. 6'588.- (entsprechend den für die Dauer vom 1. Januar 2001 bis 31.
August 2002 ausgerichteten Beiträgen; davon Fr. 4'040.- bundesrechtliche
Ergänzungsleistungen) von der Sozialberatung, denjenigen von Fr. 678.- (für
die Zeit vom 1. September bis 31. Oktober 2002; davon Fr. 404.-
bundesrechtliche Ergänzungsleistungen) vom Beschwerdeführer direkt zurück,
weshalb davon auszugehen ist, dass sie dem Begehren um geteilte Auszahlung
entsprach. Mit Vernehmlassung im Verwaltungsverfahren vom 11. Dezember 2002
bezifferte die Durchführungsstelle die Rückforderung auf Fr. 678.- (welchen
Betrag der Bezirksrat der Stadt Dietikon im Beschluss vom 9. April 2003
übernahm), was ebenfalls die Darstellung des Versicherten stützt. Erst die
Vorinstanz bezifferte den vom Versicherten zurückzuerstattenden Betrag
(inklusive Beihilfen und Gemeindezuschüssen) auf Fr. 7'266.-. Dass dem
Beschwerdeführer sämtliche für die Zeit vom 1. Januar 2001 bis 31. Oktober
2002 ausgerichteten Ergänzungsleistungen überwiesen wurden, findet nach dem
Gesagten in den Akten keine Stütze. Mit der Verwaltung ist deshalb davon
auszugehen, dass sich der vom Versicherten zurückzuerstattende Betrag auf die
vom 1. September bis 31. Oktober 2002 ausgerichteten Leistungen beschränkt.
Soweit der angefochtene Entscheid den Beschwerdeführer verpflichtet, auch die
der Sozialbehörde überwiesenen Gelder zurückzuerstatten (für welche diese
selbst rückerstattungspflichtig ist; Erw. 5.2 hievor), ist er aufzuheben.

Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

1.
In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, soweit darauf
einzutreten ist, wird der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des
Kantons Zürich vom 26. August 2003 aufgehoben und es wird festgestellt, dass
der Beschwerdeführer der Stadt Dietikon, Stelle für Zusatzleistungen, den
Betrag von Fr. 404.- zurückzuerstatten hat.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt.

Luzern, 28. April 2004
Im Namen des Eidgenössischen Versicherungsgerichts

Der Präsident der IV. Kammer:  Die Gerichtsschreiberin: